Urteil vom Landgericht Dortmund - 2 S 27/02
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28. Juni 2002
verkündete Urteil des Amtsgerichts Dortmund abgeändert
und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 971,45 €
- i. B.: neunhunderteinundsiebzig 45/100 Euro - nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.06.2001 zu
zahlen.
Der weitergehende Zinsantrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des
4angefochtenen Urteils Bezug genommen.
5II.
6Die zulässige Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag in Verbindung mit § 1 Abs. 1 WG einen Anspruch auf Zahlung von Krankenhaustagegeld in der geltend gemachten Höhe für die ersten 19 Tage der stationären Behandlung in der T-Klinik , die vom 27.12.2000 bis zum 30.1.2001 andauerte.
7Die stationäre Heilbehandlung der Klägerin war medizinisch notwendig. Dies ist
8durch das erstinstanzlich eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. U
9vom 2.5.2002 bewiesen. Der Sachverständige hat ausgeführt, daß durch die stationären Behandlungsmaßnahmen eine Stabilisierung bzw. eine partielle Verbesserung der klinischen Symptomatik bei der Klägerin erreicht wurde. Da
10hierdurch das verlaufstypische Fortschreiten der sekundär chronisch progredient verlaufenden multiplen Sklerose, an der die Klägerin leidet, ohne Zweifel zumindest abgebremst werden könne, sei die medizinische Notwendigkeit einer stationären Heilbehandlung in Abständen von etwa 1 Jahr bei der Klägerin gegeben. Eine ambulante Heilmaßnahme könne die Progredienz nicht so wirkungsvoll vermindern.
11Diesen überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen schließt sich die Kammer an.
12Der Anspruch der Klägerin ist nicht nach § 5 Nr. 1 d AVB ausgeschlossen. Zwar
13handelte es sich um eine stationäre Rehabilitationsbehandlung, wie der
14Sachverständige ausgeführt hat, die Rehabilitationsmaßnahme war aber nicht von einem Sozialversicherungsträger bewilligt worden. Die Klausel führt daher von ihrem Wortlaut her nicht zu einem Ausschluss des Krankenhaustagegeldanspruchs. Auch von ihrem objektiven Erklärungswert her kann die Klausel von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs nur so verstanden werden,
15dass für sonstige Rehabilitationsmaßnahmen, die nicht von einem
16Sozialversicherungsträger bewilligt wurden, Versicherungsschutz besteht (vgl. zum Auslegungskriterium BGH VersR 1993, 957; VersR 1999, 1224). Für eine
17erweiternde Auslegung zu Gunsten der Beklagten als Klauselverwenderin ist
18mangels Unklarheit der Regelung oder Regelungslücke kein Raum. Im Übrigen wäre eine ergänzende Auslegung zu Gunsten des Verwenders wegen seiner
19Formulierungsverantwortung nur ausnahmsweise zulässig (Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl. § 5 AGBG Rn 11). Es ist nicht erkennbar, dass die einschränkende Auslegung zu Gunsten des Versicherungsnehmers, die der Bundesgerichtshof vorgenommen hat (BGH VersR 1983, 677), wonach auch bei einer von einem Sozialversicherungsträger bewilligten Rehabilitationsmaßnahme entscheidend ist, ob die Behandlung, die dem Versicherungsnehmer gewährt wird, eher einer Krankenhausbehandlung herkömmlicher Art oder einem Kur- oder Sanatoriumsaufenthalt entspricht, hier zu Lasten des Versicherungsnehmers anzuwenden ist. Dies verbietet sich schon wegen des Wortlauts der Klausel.
20Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.
21Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. ZPO.
22Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf der Grundlage anerkannter Auffassungen in der Rechtsprechung, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt ( § 543 ZPO)
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