Urteil vom Landgericht Dortmund - 17 S 113/03
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts
Dortmund vom 08.07.2003 - 125 C 4576/03 - abgeändert
und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie
folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 856,41 €
(i.W.: achthundertsechsundfünfzig 41/100 Euro) nebst 4 %
Zinsen hieraus seit dem 21.05.2003 zu zahlen.
Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage
abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt
die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung eines Geldausgleichs
4für die erweiterte Nutzung ihrer Grundstücke zu Zwecken der Telekommunikation.
5Die Klägerin ist Eigentümerin der im Grundbuch von E eingetragenen
6Grundstücke G1 und G2, G3 und G4. Die Beklagte ist
7Eigentümerin einer Hochspannungsleitung, die über die Flächen der
8Klägerin verläuft und durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit
9gesichert ist. Der Dienstbarkeit zugrunde liegt dabei ein Gestattungsvertrag
10zwischen den Parteien vom 25.09.1970. Wegen der Einzelheiten des
11Gestattungsvertrages wird auf Blatt 60 der Akten Bezug genommen. Als
12sich der Erlass des Telekommunikationsgesetzes (TKG) abzeichnete,
13rüstete die Beklagte im Jahr 1994 diese Hochspannungsleitung mit einem
14Lichtwellenleiterluftkabel (LWL-Kabel) nach. Seit 1996 ist das LWL-Kabel
15zu 2/3 an einen Telekommunikationsdienstleister vermietet, der das Kabel
16zum Zwecke kommerzieller Telekommunikation nutzt.
17Dies teilte die Beklagte der Klägerin auf deren Anfrage mit Schreiben vom
1825.03.2003 mit.
19Das verbleibende Drittel des Kabels nutzt die Beklagte für die interne
20Kommunikation.
21Die vorbeschriebene im Jahr 1996 erfolgte Nutzungserweiterung des seit
221994 vorhandenen LWL-Kabels war nach außen nicht erkennbar.
23Die Umnutzung zum Zwecke der öffentlichen Telekommunikation erfolgte
24durch einen schlichten technischen Vorgang, ein sog. "Umswitschen", das
25nicht sichtbar ist.
26Die Klägerin hat erstinstanzlich mit Nichtwissen bestritten, dass das
27LWL-Kabel tatsächlich an Dritte vermietet ist. Sie hat die Ansicht
28vertreten, es handele sich bei der Nachrüstung der Hochspannungsleitung
29um eine Nutzungserweiterung im Sinne des § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG.
30Damit stünde ihr ein entsprechender Entschädigungsanspruch gegen die
31Beklagte zu. Dieser könne mangels Kenntnis der Klägerin von der
32Nutzungserweiterung nicht verjährt sein. Zur Höhe macht die Klägerin
33einen Anspruch auf Geldausgleich in Höhe von 5,00 DM pro laufenden
34Meter geltend .
35Die Klägerin hat beantragt,
36die Beklagte zu verurteilen, an sie 856,41 € nebst Zinsen in
37Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2003
38zu zahlen.
39Die Beklagte hat beantragt,
40die Klage abzuweisen.
41Sie hat behauptet, das LWL-Kabel seit 1996 an die B.
42vermietet zu haben. Vor diesem Hintergrund hat sie die Ansicht vertreten,
43nicht passiv legitimiert zu sein. Darüber hinaus hat sie sich auf die Einrede
44der Verjährung berufen. Zur Höhe hat sie eingewandt, es sei nur ein Anspruch
45von 0,50 DM pro laufende Meter angemessen.
46Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt,
47der Klägerin stünde kein Entschädigungsanspruch gem. § 57
48Abs. 2 TKG zu. Dies gelte unabhängig von der Frage der Vermietung des
49Kabels. Die Vermietung vorausgesetzt, fehle der Beklagten die erforderliche
50Betreibereigenschaft, bei Nichtvermietung sei der Anspruch verjährt.
51Im Falle der Vermietung erfülle die Beklagte nicht die Voraussetzungen
52für die Betreibereigenschaft gem. § 3 Nr. 2 TKG. Die Beklagte verfüge
53dann nämlich nicht über die von § 3 Nr. 2 TKG vorgesehene umfassende
54Kontrolle über die Gesamtheit der Funktionen in dem Sinne, dass sie über
55das "ob" und das "wie" der Nutzung in eigener Verantwortung entscheiden
56könne. Zumindest die technischen Funktionen, die zur Informationsübertragung
57erforderlich seien, unterlägen der alleinigen Kontrolle der Mieterin.
58Ferner sei die Beklagte im Falle der Vermietung in ihrer rechtlichen Kontrolle
59eingeschränkt. Die Möglichkeit zur kommerziellen Telekommunikation
60habe die Mieterin durch Einbindung des Kabels in ihre Datenverarbeitungssysteme
61ermöglicht. Die Nutzung des Kabels für die interne
62Kommunikation begründe hingegen keine Betreibereigenschaft. Gegen
63die Betreibereigenschaft der Beklagten hat das Amtsgericht weiter angeführt,
64dass das Vermarktungsinteresse und die finanziellen Vorteile bei
65der Mieterin lägen. Die Vermietung des Kabels gegen Geld könne hiermit
66nicht gleichgesetzt werden. Überdies sei es der Beklagten als Energieversorgungsunternehmen
67schon gesetzlich verboten, Telekommunikationsdienstleistungen
68anzubieten, § 14 Abs.1 TKG. Auch aus diesem Grund
69könne die Beklagte vorliegend nicht Betreiberin im Sinne des Gesetzes
70sein.
71Hierin liege auch kein Widerspruch zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes
72vom 07.07.2000 (BGH NJW 2000, Seite 3206 ff.). Die
73Betreibereigenschaft sei in diesem Urteil nicht problematisiert worden,
74sondern ohne weitere Prüfung angenommen worden. Gleiches gelte für
75die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 22.11.2001 (OLG
76Hamm, NJW-RR 2002, Seite 769 ff.). Dort sei der Fall anders gelagert gewesen.
77Das Kabel sei in dem durch das OLG Hamm zu entscheidenden
78Fall unstreitig noch nicht vermietet gewesen.
79Die Klägerin könne auch nicht mit Erfolg auf die Problematik des Mieterwechsels
80im Hinblick darauf verweisen, dass es sich um einen einmaligen
81Ausgleichsanspruch handele. Dies seien nur praktische Probleme.
82Die Betreibereigenschaft folge auch nicht daraus, dass nur zwischen den
83Parteien, nicht aber zur Mieterin eine Rechtsbeziehung seitens der Klägerin
84bestehe. Eigentum und Betreibereigenschaft könnten auseinander
85fallen. Dies ergebe sich aus der Auslegung des § 57 Abs.1 und 2 TKG.
86Die Vorschrift unterscheide zwischen dem Begünstigten nach Abs. 1 und
87dem Pflichtigen nach Abs. 2. Dies finde seine Bestätigung in § 3
88Nr. 2 TKG. Hier werde auf eine umfassende Funktionsherrschaft abgestellt.
89Dazu gehöre mehr als das Eigentum. Es müsse sich um eine
90funktionstüchtige Telekommunikationslinie im Sinne des § 3 Nr. 20 TKG
91handeln.
92Vorausgesetzt, das Kabel sei nicht vermietet, sei der Anspruch hingegen
93gem. § 58 TKG verjährt. § 58 TKG. § 58 TKG sei auf den Anspruch aus
94§ 57 Abs. 2 TKG anwendbar. Danach verjähre der Anspruch binnen 2
95Jahren. Die Verjährung habe Ende 1996 begonnen. Damit sei Ende 1998
96die Verjährung eingetreten. Auf die Kenntnis der Klägerin von der
97kommerziellen Nutzung komme es nicht an.
98Das Amtsgericht hat darüber hinaus das Bestehen eines Schadensersatzanspruches
99zugunsten der Klägerin verneint. Offen bleiben könne, ob ein
100solcher überhaupt geltend gemacht würde. Die Beklagte habe jedenfalls
101keine Pflicht zur Information der Klägerin getroffen. Eine entsprechende
102Nebenpflicht bestehe nicht. Die Verlegung der Kabel habe nicht übersehen
103werden können. Die Klägerin hätte daher Anlass gehabt, sich bei
104der Beklagten näher zu erkundigen.
105Gegen das klageabweisende Urteil, der Klägerin zugestellt am
10615.07.2003, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 06.08.2003, eingegangen
107am darauffolgenden Tage, Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
108Nachdem die Klägerin im Rahmen der Berufungsinstanz zunächst die
109Auffassung vertreten hat, das Amtsgericht wende § 57 Abs. 2 TKG
110rechtsfehlerhaft an, da sich der Anspruch nicht gegen den Betreiber der
111Telekommunikationslinie, sondern gegen den Duldungsberechtigten nach
112§ 57 Abs. 1 TKG richte, ist sie zwischenzeitlich von diesem Standpunkt
113abgerückt und geht nunmehr mit dem Amtsgericht und der Beklagten davon
114aus, dass Anspruchsgegner der Betreiber der Telekommunikationslinie
115ist.
116Hierzu meint die Klägerin unter Berufung auf die Entscheidung des BGH
117(NJW 2000, Seite 3206 ff.) weiter, dass die Beklagte Betreiberin der Telekommunikationslinie und damit passivlegitimiert sei. Das Amtsgericht
118gehe fälschlicherweise zur Begriffsbestimmung von § 3 Nr. 2 TKG aus.
119Hier sei von Telekommunikationsnetzen und nicht Telekommunikationslinien
120die Rede. Es sei zwischen dem Betreiben von Übertragungswegen
121und dem Betreiben von Telekommunikationslinien, § 30 Nr. 20 TKG, zu
122unterscheiden. Ersteres entspreche der Tätigkeit der Mieterin, letzteres
123der Tätigkeit der Beklagten. Nur die Beklagte unterhalte die in § 3 Nr. 20
124TKG genannten technischen Vorrichtungen. Zudem seien die Feststellungen
125des Amtsgerichts im Hinblick auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts
126Hamm vom 22.11.2001 widersprüchlich. Die Rechtsauffassung
127des Amtsgerichts zugrunde gelegt, hätte das OLG Hamm die
128Klage mangels Betreibers abweisen müssen. Sie verweist hinsichtlich der
129Betreibereigenschaft ferner auf die Regelung des § 57 Abs.2 Satz 1 TKG.
130Hierin seien die Tätigkeiten, die zum Betreiben der Telekommunikationslinie
131gehörten, aufgeführt. Dies seien Wartungs- und Reparatur- oder
132vergleichbare mit dem Betrieb der Telekommunikationslinie unmittelbar
133zusammenhängende Maßnahmen. Dies zeige, dass der Betrieb der
134Telekommunikationslinie in der Errichtung, Erneuerung, Wartung und der Durchführung
135vergleichbarer Maßnahmen liege. Dies stehe in Einklang mit § 3
136Nr. 20 TKG. Die fraglichen Maßnahmen würden hingegen unstreitig
137sämtlich durch die Beklagte durchgeführt. Die Mieterin des LWL-Kabels
138habe hingegen das Grundstück der Klägerin noch nie betreten, was
139ebenfalls unstreitig sei.
140Überdies habe die Beklagte auch die Funktionsherrschaft über die Telekommunikationslinie, also die tatsächliche und rechtliche Kontrolle. Die
141rechtliche Kontrolle ergebe sich aus der Dienstbarkeit. Ebenso habe sie
142die tatsächliche Kontrolle. Sie könne die Telekommunikationslinie ohne
143weiteres stilllegen oder unterbrechen. Dies folge aus der Sachherrschaft
144über die Hochspannungsleitung. Dafür spreche weiter, dass die Beklagte
145das LWL-Kabel auch noch zur eigenen internen Kommunikation nutze.
146Ferner erfolge die vom Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung
147für den Ausgleichsanspruch herangezogene Vermarktung der Telekommunikationslinie
148durch die Beklagte.
149Hinsichtlich der Verjährung ist die Klägerin der Auffassung, § 58 TKG beziehe
150sich nicht auf den Ausgleichsanspruch nach § 57 Abs. 2 Satz 2
151TKG. Es handele sich nicht um einen Ersatzanspruch im Sinne des § 58
152TKG, sondern um einen andersartigen Ausgleichsanspruch, der nach den
153allgemeinen gesetzlichen Regelungen verjähre. Hierfür spreche auch die
154Historie des Gesetzgebungsverfahrens, aus der ersichtlich sei, dass der
155Ausgleichsanspruch nach § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG nachträglich eingeführt
156worden sei.
157Darüber hinaus meint die Klägerin, der Beklagten sei die Berufung auf die
158Einrede der Verjährung gem. § 242 BGB verwehrt. Hierfür verweist sie auf
159den unstreitigen Umstand, dass die Vermietung der Kabel und damit die
160neue Nutzungsdimension, auf die es für den Verjährungsbeginn ankomme,
161für sie nicht erkennbar gewesen ist. Zudem sei das
162Telekommunikationsgesetz erst 1996 in Kraft getreten. Die Vermietung
163finde gleichfalls seit 1996 statt.
164Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien sei darüber hinaus auf jahrzehntelange
165Dauer angelegt und von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt.
166Dem widerspreche es, wenn der Energieversorger über die vertraglich
167gestattete Nutzung hinaus die Nutzung erweitere und dies nicht
168mitteile. Hier herrsche ein Informationsgefälle, das nach § 242 BGB die
169Aufklärung gebiete.
170Auf Grund seiner verfassungsrechtlichen Funktion, den Schutz des
171Eigentums zu gewährleisten, beinhalte auch der Ausgleichsanspruch eine
172Mitteilungspflicht. Andernfalls könne der Ausgleichsanspruch seine
173Funktion nicht erfüllen.
174Die Klägerin ist der Auffassung, entgegen der amtsgerichtlichen Feststellungen
175nicht gehalten gewesen zu sein, sich bei der Beklagten innerhalb
176der Verjährungsfrist zu erkundigen.
177Darüber hinaus meint sie, aus der Verletzung der nach ihrer Auffassung
178bestehenden Informationspflicht seitens der Beklagten stünde ihr ein
179Schadensersatzanspruch zu.
180Zur Höhe der Entschädigung hat sich die Klägerin auf ihr erstinstanzliches
181Vorbringen gestützt. Hier hat sie unter Bezugnahme auf die Entscheidung
182des Bundesgerichtshofs vom 07.07.2000 die Auffassung vertreten, die
183Marktverhältnisse seien entscheidend. Hierzu behauptet sie unter näherer
184Darlegung, auf die Bezug genommen wird, ein Betrag von 5,00 DM pro
185qm sei marktüblich.
186Für den Fall, dass die Kammer dieser Auffassung nicht folgen sollte, trägt
187die Klägerin vorsorglich ebenfalls unter Bezugnahme auf die genannte
188Entscheidung des Bundesgerichtshofs vor, dass dann das übliche Entgelt
189für Gestattung der Verlegung von Versorgungsleistungen zu entrichten
190sei. Es würden Preise bei Neuverlegung von Telekommunikationsleitungen
191zwischen 5,00 € und 15,00 € pro Meter gezahlt. Bei der Verlegung
192von LWL-Kabeln auf Erdöl oder Erdgastrassen seien Nutzungsentgelte
193von 3,00 DM bis 4,00 DM pro Ifd. Meter üblich.
194Hilfsweise beantragt die Klägerin die Bestimmung der Anspruchshöhe
195durch das Gericht, § 315 BGB.
196Die Klägerin ist vor der Kammer persönlich angehört worden. Im Rahmen
197ihrer persönlichen Anhörung hat die Klägerin erklärt, sie habe sich nicht
198an B gewandt, da sie keine Anschrift habe und auch von B nicht
199angeschrieben worden sei. Sie könne nicht verpflichtet sein, in den
200luftleeren Raum hinein Ansprüche herzuleiten. Bei rechtzeitiger
201Information durch die Beklagte hätte sie sich an die Beklagte hinsichtlich
202des Ausgleichs gewandt. Bei gleicher Antwort von der Beklagten, wie im
203Rahmen dieses Rechtsstreits geschehen, wäre sie mit Hilfe ihres
204Rechtsanwaltes an die Beklagte herangetreten. Der Klägervertreter hat
205hierzu nochmals bestätigt: "Wir hätten Klage gegen die Beklagte
206erhoben."
207Die Klägerin beantragt,
208das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu
209verurteilen, an sie 856,41 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %
210über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2003 zu zahlen.
211Die Beklagte beantragt,
212die Berufung zurückzuweisen.
213Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung insbesondere im Hinblick
214auf ihre fehlende Betreibereigenschaft und damit auf die fehlende Passivlegitimation.
215Ausgleichspflichtig sei derjenige, der auch den unmittelbaren Nutzen aus
216der Zweckerweiterung ziehe. Die Beklagte meint, der Umstand, dass nur
217ein einmaliger Ausgleich zu zahlen sei, spreche hier nicht für die Passivlegitimation
218des Errichtenden der Telekommunikationslinie. Vielmehr
219spreche dies gerade für die Ausgleichspflicht des Betreibers der Telekommunikationslinie. Nur er erweitere die Nutzung, wofür die Entschädigung
220nach Sinn und Zweck der Regelung zu zahlen sei. Hierfür spreche
221auch, dass der Betreiber ebenso Schuldner des Entschädigungsanspruchs
222nach § 57 Abs. 2 Satz 1 TKG sei, obwohl er in der Regel mit der
223Errichtung der Telekommunikationslinie nichts zu tun habe. Wenn er aber
224gegebenenfalls schon für Handlungen des Eigentümers der
225Telekommunikationslinie im Zuge der Errichtung hafte, dann jedenfalls
226auch für den Ausgleich, der für die Vermarktung zu zahlen sei, deren
227Nutzen er allein habe. Aus § 3 TKG ergebe sich in der Gesamtschau, wer
228Betreiber der Telekommunikationslinie sei. Per Definition sei die
229Telekommunikationslinie Bestandteil des Übertragungsweges. Ein
230Betreiber der Telekommunikationslinie sei nicht ausdrücklich definiert.
231Demnach müsse es der Betreiber des Übertragungsweges sein, der in § 3
232Nr. 1 TKG definiert sei. Dieser Definition entspreche aber die Mieterin des
233LWL-Kabels, nicht hingegen die Beklagte. Die Mieterin habe die erforderliche
234Funktionsherrschaft. Diese sei nicht identisch mit dem Eigentum. Da § 3 TKG den
235Begriff des Betreibers der Telekommunikationslinie zweifelsfrei festlege,
236sei die Begriffsbestimmung einer Auslegung durch die Gerichte entzogen.
237Der Bundesgerichtshof habe hingegen lediglich entschieden, dass die
238Aktivlegitimation im Rahmen des § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG nicht von der
239Lizenzinhaberschaft abhängig sei. Nicht entschieden habe er, dass auch
240die Passivlegitimation im Sinne des § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG von der
241Lizenzinhaberschaft unabhängig sei. Auch die rechtliche Kontrolle folge
242nicht aus dem Leitungsrecht als solchem. Die rechtliche Kontrolle betreffe
243die Frage, wer die Gebrauchsbefugnis habe. Überdies dürfe der Inhaber
244des Leitungsrechts die Telekommunikationslinie nicht betreiben. Die
245Mieterin vermarkte auch das Grundstück. Sie habe gegenüber der
246Klägerin ein originäres Duldungsrecht. In diesem Zusammenhang führt sie
247weiter an, dass sich dies auch durch die Praxis bestätige. In der Praxis sei
248es häufig der Telekommunikationsanbieter selbst, der die Leitungen nachrüste.
249In diesen Fällen mache der Dritte von der Duldungsberechtigung
250des § 57 Abs. 1 TKG Gebrauch. Es sei dann zwangsläufig auch der Dritte,
251der die Anlage in Betrieb nehme. Zwar sei das Leitungsrecht immer von
252dem Leitungsrechtsinhaber, hier der Beklagten, abgeleitet, aber die Inhaberschaft
253hinsichtlich des Leitungsnetzes sei kein Tatbestandsmerkmal
254für die Vermarktung.
255Dass der Betreiber der Leitung oder Anlage nicht als Anspruchsgegner in
256Betracht komme, zeige sich auch in den Gesetzesmaterialien. Aus diesen
257gehe hervor, dass diese Bezeichnung zunächst ins Auge gefasst worden
258sei, dann jedoch der Betreiber der Telekommunikationslinie als An-
259spruchsgegner aufgenommen worden sei. Die ursprünglich beabsichtigte
260Fassung habe dementsprechend auch nur Ausgleichsansprüche für
261solche Tatbestände vorgesehen, die typischerweise mit baulichen Veränderungen
262einher gingen und deren Zuweisung zum Leitungsinhaber
263nahe läge. Der hier streitige Ausgleichsanspruch habe hingegen später
264Eingang in das Gesetz gefunden. Ebenso sei es zu einem Wechsel des
265Schuldners gekommen. Dies lasse sich nur so erklären, dass auf Grund
266des zusätzlichen Ausgleichstatbestandes ein anderer Schuldner gewählt
267worden sei.
268Nachrangig ist für die Beklagte, dass es bei Zugrundelegung ihrer Auffassung
269von der Betreibereigenschaft nur hinsichtlich des ersten Mieters
270einen Ausgleichsanspruch gäbe. Alle weiteren Mieter wären hingegen von
271der Verpflichtung zur Ausgleichszahlung frei, da es sich nach dem Gesetz
272um eine Einmalzahlung handelt. Hierzu meint die Beklagte, es sei typisch,
273dass ein Rechtsnachfolger die Pflichten dessen, dem er nachfolge, nicht
274mehr erfüllen müsse, wenn diese Pflichten bereits einmal erfüllt worden
275seien.
276Keinesfalls sei aber der Leitungseigentümer mit dem Schuldner des Geldausgleichs
277gleichzusetzen. Andernfalls habe der Gesetzgeber dies regeln können.
278Im Hinblick auf die im Juni 2004 in Kraft getretene Neufassung des TKG
279trägt die Beklagte insbesondere zur Frage der Betreibereigenschaft weiter
280wie folgt vor:
281Daraus, dass nunmehr in § 76 Abs. 2 TKG n.F. alternativ zum Betreiber
282der Eigentümer des Leitungsnetzes Anspruchsgegner des Ausgleichsanspruchs
283geworden sei, folge, dass sie als Eigentümerin des Leitungsnetzes
284zuvor nicht ausgleichspflichtig gewesen sei. Gegen ihre Betreiber-
285eigenschaft im Sinne des § 57 TKG a.F. spreche ferner, dass die neue
286Gesetzeslage, diese Auslegung zugrunde gelegt, nicht zu einer Erweiterung
287der Anspruchsgegner führte. Faktisch verbliebe es dann auch
288nach der neuen Regelung bei nur einem Anspruchsgegner. Dies widerspreche
289ersichtlich dem Willen des Gesetzgebers.
290Zur Frage der Verjährung verteidigt die Beklagte ebenfalls die amtsgerichtliche
291Entscheidung. Ein Vergleich mit der Regelung des § 13 TWG
292zeige, dass es auf die Kenntnis des Gläubigers nicht ankomme. Ebenso
293zeige dieser Vergleich, dass alle Ansprüche von der kurzen Verjährungsfrist
294erfasst seien. Die bloße Tatsache, dass sie Kenntnis und die Klägerin
295Unkenntnis gehabt habe, ändere an der Verjährung nichts. Anderes
296widerspräche den Grundsätzen des alten Verjährungsrechts. Dieses sei
297verfassungskonform, auch wenn das neue Verjährungsrecht auf die
298Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände abstelle.
299Durch die kurze Verjährung ohne Bestehen einer Informationspflicht
300werde Artikel 14 Grundgesetz auch nicht ausgehöhlt. Es verhalte sich
301ähnlich wie im Erbrecht, das ebenfalls dem Schutz des Eigentums diene.
302Auch dort seien aber verschiedene kurze Fristen geregelt, innerhalb derer
303Ansprüche unabhängig von etwaiger Kenntnis verjährten.
304Die Beklagte meint, sie könne sich auch nach Treu und Glauben auf den
305Einwand der Verjährunq berufen. Die Durchbrechung der Verjährung sei
306an strenge Anforderungen geknüpft, die nicht vorlägen. Eine gesetzliche
307Informationspflicht habe sie nicht getroffen. Die Möglichkeit der Nutzungserweiterung
308habe sich erst mit dem TKG eröffnet. Auf Grund der gesetzlichen
309Erlaubnis habe auch keine Mitteilungspflicht bestanden. Der Gesetzgeber
310habe im Rahmen des § 57 TKG die Möglichkeit, dass Inhaber
311des Leitungsrechts und Betreiber der Telekommunikationslinie ausein-
312anderfallen können, im Blick gehabt. Damit habe er zugleich vorgesehen,
313dass der Eigentümer des Grundstücks nicht ohne Weiteres erkennen
314könne, ob und von wem die Telekommunikationslinie genutzt werde.
315Wenn das Gesetz dem erkennbaren Informationsbedarf des Grundstückseigentümers
316nicht abhelfe, könne aus Treu und Glauben nicht eine
317solche Informationspflicht abgeleitet werden. Eine Regelungslücke liege
318nicht vor.
319Die Beklagte ist der Auffassung, eine Aufklärungspflicht aus einem zu der
320Klägerin auf Grund der Dienstbarkeit gegebenen Treueverhältnisse bestehe
321nicht. Die diesbezüglichen Rechte und Pflichten folgten aus
322§§ 1090 ff. BGB und dem zugrundeliegenden Gestattungsvertrag. Soweit
323der Begünstigte das Grundstück über den ihm zustehenden Umfang
324hinaus nutze, sei er nicht zur Aufklärung, sondern nur zur Unterlassung
325verpflichtet. Die Verletzung von Eigentumsrechten löse keine Informationspflichten
326aus. Der Anspruch aus § 57 Abs. 1 TKG bestehe
327unabhängig von der Dienstbarkeit, daher könne aus der Dienstbarkeit
328auch keine Aufklärungspflicht in dieser Hinsicht entstehen.
329Soweit eine Aufklärungspflicht als unselbstständige Nebenpflicht gern.
330§ 242 BGB entstehen könne, stehe dem vorliegend die Funktion der Aufklärungspflicht
331entgegen. Diese sei regelmäßig, berechtigtes Vertrauen
332des einen (Unwissenden) in die Loyalität des anderen (Wissenden) zu
333schützen, insbesondere soweit es darum gehe, dass der eine einen Vertrag
334bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht abgeschlossen hätte. Daraus
335folge, dass eine solche Aufklärungspflicht eine Rechtsbeziehung voraussetze,
336die in besonderem Maße dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme
337unterliege, wie es im Rahmen eines Vertrages oder der Vertragsanbahnung
338der Fall sein könne. Ein solches Verhältnis sei vorliegend
339nicht gegeben. Es gehe nicht um einen seitens der Beklagten zu
340erzielenden Verhandlungserfolg. Vielmehr setze die Beklagte eine
341Rechtsposition durch, die ihr gesetzlich zustehe. Ein allgemeines Verbot,
342Informationsvorsprünge auszunutzen, gebe es jedoch nicht.
343Ferner bestehe auch das erforderliche Informationsgefälle nicht. Hierzu
344führt sie erstmals in zweiter Instanz im Einzelnen näher aus, dass die
345Klägerin sich nicht auf mangelnde Kenntnis berufen könne. Die Problematik
346sei sowohl Thema in der allgemeinen Medienberichterstattung gewesen,
347als auch mit den zuständigen Interessenverbänden diskutiert
348worden.
349Die Beklagte macht ebenso erstmals in zweiter Instanz geltend, dass die
350Klägerin nicht darlege, warum sie nicht in unverjährter Zeit ihren Anspruch
351geltend gemacht habe. Die Klägerin habe die in eigenen Angelegenheiten
352erforderliche Sorgfalt nicht beobachtet. Sie habe ohne weiteres die Möglichkeit
353gehabt, sich alle erforderlichen Informationen zu beschaffen.
354Auch aus der Drittwirkung der Grundrechte folge keine Aufklärungspflicht.
355Diese könnten nur über die Auslegung von Generalklauseln wie § 242
356BGB wirken. Hier lägen aber unmittelbar gültige Rechtsnormen vor. Eine
357Anwendung von § 242 BGB komme daher nicht in Betracht.
358Die Beklagte meint im Hinblick auf eine vermeintliche Schadensersatzverpflichtung
359weiter, eine vertragliche Nebenpflicht zur Information über die
360Nutzungserweiterung habe nicht bestanden. Unter Berufung auf die
361Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt (MMR 1999, Seite 161
362ff.) ist sie der Auffassung, sie habe davon ausgehen dürfen, die
363Nutzungserweiterung sei ohne Ausgleichsverpflichtung zulässig gewesen.
364Hinsichtlich der Höhe der zu zahlenden Entschädigung behauptet die Beklagte,
365diese bemesse sich nach dem sogenannten Entwertungsbruchteil
366und betrage 0,27 € pro Meter. Hilfsweise nimmt die Beklagte auf die Ent-
367scheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 12.11.2001 Bezug und
368errechnet einen Betrag von 1,24 € pro Ifd. Meter.
369Der für die Beklagte im Termin vom 12.03.2004 vor der Kammer erschienene
370Herr I erklärte im Rahmen seiner persönlichen
371Anhörung, das LWL-Kabel sei 1994 auf die bestehenden Leitungen aufgebracht
372worden. Zu diesem Zeitpunkt habe sich das TKG abgezeichnet.
373Ein paar Fasern seien für die Beklagte vorgesehen und genutzt worden.
374Ab 1996 seien die Leitungen an B übergeben worden. Die betriebsinterne
375Nutzung habe zum selben Zeitpunkt eingesetzt, da die Beklagte
376zuvor keine Empfangsvorrichtungen gehabt habe. Derzeit nutze die Beklagte
377ca. 1/3 des Kabels für sich und 2/3 seien an B vermietet.
378Auf das Berufungsvorbringen der Beklagten zu der Neuregelung des Telekommunikationsgesetzes nimmt die Klägerin wie folgt Stellung:
379Sie verweist darauf, dass sich aus den Gesetzesmaterialien ergebe, dass
380mit der Neuregelung "klargestellt" werden solle, dass nicht nur der Betreiber,
381sondern auch der Inhaber des Leitungsnetzes ausgleichspflichtig
382sein soll. Die Formulierung sei lediglich unglücklich gewählt. Dennoch
383meint sie, es gehe nicht um eine Erweiterung des Schuldnerkreises,
384sondern lediglich um eine KlarsteIlung, dass der Eigentümer des Netzes
385schon immer ausgleichspflichtig gewesen sei.
386Zudem meint sie, es könne nicht im Sinne der Beklagten von der Neuregelung
387auf die Altregelung zurückgeschlossen werden.
388Zur Stützung ihrer Ansicht legt sie nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist
389erstmals in zweiter Instanz einen Vertrag vor, wie er von
390den Energieversorgern mit den jeweiligen Telekommunikationsanbietern
391geschlossen werde. Danach erfolge der Betrieb der Telekommunikationslinie
392eindeutig durch den Energieversorger.
393Die Vorlage des Mietvertrages rügt die Beklagte als verspätet und verweist
394zudem darauf, dass dieser Vertrag keine Aussagekraft für den
395streitgegenständlichen Mietvertrag zwischen der Beklagten und B
396habe.
397Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
398überreichten Schriftsätze und die zu den Akten gelangten Unterlagen Bezug
399genommen.
400II.
401Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
402Das Amtsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Klägerin steht
403der geltend gemachte Ausgleichsanspruch in voller Höhe gegen die Beklagte
404zu. Die Klägerin ist gern. § 57 I Nr. 1 TKG zur Duldung der streitgegenständlichen
405Einwirkung auf ihr Grundstück, dem Nachrüsten der
406Hochspannungsleitung mit LWL-Kabeln, verpflichtet. Die Beklagte ist
407Betreiberin im Sinne des § 57 Abs. 2 TKG. Offen bleiben kann, ob der
408damit gegen sie gerichtete Ausgleichsanspruch des § 57 Abs. 2 Satz 2
409TKG gem. § 58 TKG verjährt ist oder ob für diesen Anspruch die normalen
410gesetzlichen Verjährungsregelungengelten mit dem Ergebnis, dass die
411Verjährung noch nicht eingetreten ist. Jedenfalls kann sich die Beklagte
412vorliegend nicht auf die Einrede der Verjährung berufen.
413Im Einzelnen:
4141.
415Unstreitig ist die Klägerin gegenüber der Beklagten gern. § 57 Abs. 1 Nr. 1
416TKG zur Duldung der streitgegenständlichen Einwirkung auf ihr Grundstück
417verpflichtet. Der Beklagten steht das Recht zur Errichtung der Hochspannungsleitung
418mit allen Folgeverrichtungen durch eine beschränkt persönliche
419Dienstbarkeit gesichert gegenüber der Klägerin zu. Diese bestehende,
420durch ein Recht gesicherte Leitung, ist vorliegend für die Errichtung
421der Telekommunikationslinie genutzt worden.
4222.
423Ebenso unstreitig hat eine Nutzungserweiterung dieser Telekommunikationsleitung
424im Sinne des § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG stattgefunden. Die
425bereits 1994 seitens der Beklagten errichtete Telekommunikationslinie ist
426seit 1996 für kommerzielle Zwecke genutzt worden. Dabei geht die
427Kammer davon aus, dass die Vermietung des Kabels zwischen den
428Parteien in zweiter Instanz unstreitig ist. Mit der Berufungsbegründung hat
429die Klägerin ihr Bestreiten nicht dezidiert aufrechterhalten. Vielmehr hat
430sie im Rahmen ihrer Ausführungen vorgetragen "Der Mieter dieser
431Vorrichtungen (in diesem Fall B) hat ....". Auf den Schriftsatz
432vom 06.08.2003 (Blatt 92) wird insoweit Bezug genommen. Die Kammer
433hat daraufhin mit Verfügung vom 20.10.2003 darauf hingewiesen, dass
434die Vermietung nunmehr unstreitig sein dürfte. Dem ist die Klägerin nicht
435substantiiert entgegengetreten. Im Gegenteil hat die Klägerin mit
436Schriftsatz vom 23.01.2004 (Blatt 296 ff.) vorgetragen, die Vermarktung
437des Grundstücks finde seitens der Beklagten durch Vermietung an die
438B statt. Soweit die Klägerin sodann mit gleichem Schriftsatz
439pauschal bestreitet, dass eine Vermietung stattgefunden habe, ist dieses
440Vorbringen widersprüchlich und damit unbeachtlich. Unschädlich ist
441insoweit, dass die Nutzung zur kommerziellen Telekommunikation erst
442nachträglich, also zeitlich deutlich nach Errichtung der Telekommunikationslinie,
443begonnen hat. Zwar entfiele eine Ausgleichspflicht vorliegend
444in diesem Fall nach dem Wortlaut der Vorschrift, höchstrichterlich ist
445jedoch festgestellt, dass die Ausgleichspflicht auch dann besteht, wenn
446ein Übergang von interner zu kommerzieller Nutzung stattfindet (BGH
447NJW 2000, Seite 3206, BverfG NJW 2001, 2960). Andernfalls stünde § 57
448TKG als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nicht in
449Einklang mit Artikel 14 Grundgesetz.
450Gleiches muss auch dann gelten, wenn - wie hier - die Errichtung und die
451Nutzung insgesamt sowohl intern wie auch kommerziell-zeitlich
452auseinanderfallen.
4533.
454Die Beklagte ist auch passivlegitimiert. Passivlegitimiert für den Ausgleichsanspruch
455ist der Betreiber der Telekommunikationslinie. Dies ist
456vorliegend die Beklagte.
457§ 57 Abs. 2 Satz 2 TKG nennt zwar anders als Satz 1 und 3 explizit
458keinen Anspruchsgegner. Dies eröffnet zunächst die Frage, wer die in
459§ 57 Abs. 2 Satz 2 TKG normierte Ausgleichspflicht trägt. Die Kammer
460geht dabei in Übereinstimmung mit beiden Parteien davon aus, dass dies
461der Betreiber der Telekommunikationslinie ist. Dafür spricht, dass § 57
462Abs. 1 TKG die Duldungspflicht des Grundeigentümers gegenüber
463demjenigen, der eine Telekommunikationslinie errichtet, betreibt und
464erneuert, normiert. Korrespondierend mit der Duldungspflicht normiert
465Abs. 2 sodann in Satz 1 und 3 Ersatzansprüche, die sich ausdrücklich
466gegen den Betreiber der Telekommunikationslinie richten. Bei wörtlicher
467Auslegung des Satzes 2 spricht die Formulierung "darüber hinaus" dafür,
468dass die in Satz 1 begonnene Normierung von Ansprüchen gegen den
469Betreiber in Satz 2 weitergeführt werden soll. Dies gilt umso mehr, als kein
470weiterer Adressat in Satz 2 genannt wird. Hätte der Gesetzgeber hier
471einen anderen Anspruchsgegner bestimmen wollen, hätte es nahe
472gelegen, dies ausdrücklich in Abgrenzung zum gesamten übrigen Inhalt
473'des § 57 Abs. 2 TKG zu tun. Ferner spricht auch die systematische
474Stellung des Ausgleichsanspruchs in Satz 2 zwischen den Ansprüchen
475gegen den Betreiber in Satz 1 und 3 dafür, dass der Anspruch nach Satz
4762 gegen den Betreiber gerichtet sein soll. Diese Auffassung wird
477zusätzlich dadurch gestützt, dass der Ausgleichsanspruch nach Satz 2
478wie die beiden anderen Ausgleichsansprüche nach Satz 1 und 3 auf die
479Duldungspflicht nach Abs. 1 zurückgeht.
480Der damit feststehende Anspruchsgegner, nämlich der Betreiber der Telekommunikationslinie, ist der Inhaber des Leitungsrechts, mithin die Beklagte.
481Hierfür spricht bereits die Systematik des § 57 TKG. Aus ihr geht hervor,
482dass Duldungsberechtigung und Ausgleichsverpflichtung korrespondieren.
483Es liegt auf der Hand, dass derjenige, der Gläubiger eines Duldungsanspruchs
484ist und hiervon auch Gebrauch macht, auch zugleich der
485Schuldner des Ausgleichsanspruchs ist, wenn ein solcher Anspruch - wie
486hier - vorgesehen ist. Dafür, dass nicht der Mieter, sondern der Eigentümer
487der Leitung Betreiber im Sinne des § 57 TKG ist, spricht - entgegen
488der Auffassung der Beklagten - auch, dass es sich um eine einmalige
489Zahlung handelt, die dafür gezahlt wird, dass der Eigentümer des Grundstücks
490in seinem Recht begrenzt wird, mit der Sache nach Belieben zu
491verfahren, eine Fremdnutzung zu untersagen oder sich marktgerecht vergüten
492zu lassen (BGH NJW 2000, Seite 3206, 3210). Die erste und dauerhafte
493Vermarktung der Telekommunikationslinie erfolgt durch den Inhaber
494des Leitungsrechts, entweder durch eigene Nutzung zu kommerziellen
495Zwecken oder wie hier durch Vermietung. Die weitergehende Vermarktung
496durch den jeweiligen Mieter ist jeweils nur von der Vermarktung
497durch den Eigentümer der Leitung abgeleitet, wovon letztlich auch die Beklagte
498ausgeht. Für die von der Kammer vertretene Auslegung der
499Betreibereigenschaft spricht auch, dass anderenfalls die Situation einträte,
500dass nur der erste Mieter den Einmalanspruch auszugleichen hätte, die
501nachfolgenden Mieter hingegen nicht. Warum der erste Mieter der Anlage
502ausgleichspflichtig und damit schlechter gestellt sein sollte als alle
503anderen nach ihm folgenden Mieter, ist hingegen nicht begründbar.
504Soweit die Beklagte darauf verweist, es handele sich hier um ein
505nachrangiges und bei der Gesetzesauslegung nicht zu beachtendes
506Problem, geht sie fehl. Zu Unrecht nimmt die Beklagte hier ein
507bestehendes Rechtsnachfolgeverhältnis zwischen den verschiedenen Mietern an, weshalb die Erfüllung durch den ersten Mieter dann für die folgenden gelten könne.
508Jeder Mieter handelt einen neuen Vertrag mit dem Leitungsrechtsinhaber
509aus. Ein Fall der Rechtsnachfolge ist vorliegend nicht gegeben.
510Die Betreibereigenschaft des Errichters der Telekommunikationslinie bzw.
511des Inhabers des Leitungsrechtes ergibt sich auch aus folgender Überlegung:
512Einhellige Auffassung ist, dass der Betreiber der Telekommunikationslinie
513der Anspruchsgegner aller in § 57 Abs. 2 TKG genannten
514Ansprüche ist. Ansprüche nach Abs. 2 Satz 1 können aber bereits
515unmittelbar bei Errichtung der Telekommunikationslinie entstehen. Würde
516dann nicht derjenige haften, der die Nutzungsbeeinträchtigung im Zuge
517der Errichtung verursacht hat und in der Folge keine Vermietung der
518Telekommunikationslinie zu kommerziellen Zwecken erfolgen, bliebe der
519Eingriff in das Eigentumsrecht - abgesehen von deliktischen Ansprüchen
520- mangels Anspruchsgegners entschädigungslos. Dies läuft ersichtlich
521dem Zweck der Vorschrift zuwider. Soweit die Beklagte hierzu meint, es
522sei unbeachtlich, dass bei Zugrundelegung ihrer Auffassung ohne
523Vermietung der Anlage kein Anspruchsgegner für eventuelle
524Entschädigungsansprüche vorhanden sei, da in solchen Fällen bei
525Beeinträchtigungen des Grundstücks in jedem Fall ein deckungsgleicher
526Entschädigungsanspruch außerhalb des TKG entstehe, folgt ihr die
527Kammer nicht. Hier ist der Beklagten entgegen zu halten, dass es sich, da
528das Gesetz einen Anspruchsgegner klar vorgibt, ansonsten nur um
529deliktische Ansprüche handeln könnte, die an weitergehende Voraussetzungen
530geknüpft sind. Im Übrigen würde dies dazu führen, dass der
531Betreiber, wenn er nach Auffassung der Beklagten vorhanden ist, auch für
532die Schäden bei der Errichtung haften würde, die der Leitungsinhaber verursacht
533hat. Eine solche Blankohaftungsübernahme für ein fremdes, nicht
534beeinflussbares Handeln ist aber fernliegend und mit dem Rechtssystem
535nicht vereinbar, zumal unstreitig sämtliche Arbeiten vor Ort, die zu
536Schäden führen können, von dem Inhaber der Leitung, hier der
537Beklagten, vorgenommen werden.
538Die Betreiberrolle der Beklagten als Eigentümerin der Leitung ergibt sich
539darüber hinaus auch in Anbetracht der in § 3 TKG normierten Begrifflichkeiten.
540Anders als andere Formen des Betreibens ist der Begriff des
541Betreibens einer Telekommunikationslinie nicht legal definiert. Legal definiert
542ist aber der Begriff der Telekommunikationslinie in § 3 Nr. 20 TKG.
543Danach stellen - verkürzt dargestellt - eine Telekommunikationslinie dle
544körperlichen Bestandteile dar, die erforderlich sind, um sodann durch nicht
545körperliche Einwirkung (Funksignale etc.) tatsächlich Telekommunikation
546ermöglichen zu können. Aus dieser Definition ist ersichtlich, dass das
547Betreiben von Telekommunikationslinien im Wesentlichen das Vorhalten
548der körperlichen Bestandteile, die für die Telekommunikation erforderlich
549sind, beinhaltet. Der Begriff des Betreibens, als solcher ist in § 3 Nr. 1
550und 2 TKG in Bezug auf Übertragungswege und Telekommunikations24
551netze jeweils als tatsächliche und rechtliche Kontrolle (Funktionsherrschaft)
552beschrieben. Davon ausgehend ist Betreiber der Telekommunikationslinie,
553wer die tatsächliche und rechtliche Kontrolle an ihr
554hat. Dies ist hier die Beklagte. Sie hat als Eigentümerin der Leitung und
555Inhaberin des Leitungsrechts die rechtliche Kontrolle. Dieser begibt sie
556sich auch nicht durch die Vermietung des Kabels, vielmehr macht sie von
557ihrer rechtlichen Kontrollmöglichkeit durch die Vermietung Gebrauch.
558Ebenso hat die Beklagte die tatsächliche Kontrolle über die Telekommunikationslinie.
559Dies folgt bereits daraus, dass sie die Leitungswege
560nach wie vor für die Energieversorgung und die nachgerüsteten LWL-Kabel
561zum Teil für ihre eigene Kommunikation nutzt. Unwidersprochen hat
562die Klägerin dazu vorgetragen, dass es allein Sache der Beklagtem ist, die
563Leitungen zu erhalten. Die Mieterin habe ihr Grundstück noch nie betreten.
564Auch dies belegt, dass die tatsächliche Kontrolle weiterhin bei der
565Beklagten liegt.
566Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht auf § 3 Nr. 1 TKG berufen.
567Hier ist ausdrücklich das Betreiben von Übertragungswegen geregelt.
568Diese sind mit den Telekommunikationslinien nicht identisch. Dies folgt
569bereits aus der im Gesetz vorgenommenen Differenzierung zwischen den
570Begriffen in § 3 Nr. 20 und 22. Deutlich wird der Unterschied zudem in § 6
571TKG. Danach benötigen die Betreiber eines Übertragungsweges eine
572Lizenz. Eine Lizenzpflicht für die Betreiber einer Telekommunikationslinie
573besteht hingegen nicht.
574Die Hinweise der Beklagten auf das Gesetzgebungsverfahren verfangen
575ebenfalls nicht. Zwingende Schlüsse auf die Identität des Betreibers ergeben
576sich hieraus nicht.
577Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Beklagte Betreiberin
578der Telekommunikationslinie im Sinne des Gesetzes ist. Diese Auslegung
579des Gesetzes steht zudem in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen
580und höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat
581problemlos den Leitungsrechtsinhaber als Anspruchsgegner angesehen.
582Auf die bereits zitierte Entscheidung vom 07.07.2000 wird insoweit Bezug
583genommen. Auch das Oberlandesgericht Hamm hat in seiner Entscheidung
584vom 22.11.2001 (NJW 2002, Seite 769 ff.) grundsätzlich die
585Ausgleichspflicht des Energieversorgers für die Nachrüstung seiner
586Leitungen angenommen.
587Soweit die Beklagte demgegenüber meint, die Tatsache, dass die
588Nutzungserweiterung die Ausgleichspflicht begründe, beschreibe die
589Betreibereigenschaft in dem Sinne, dass derjenige der Betreiber sei, der
590die erweiterte Nutzung durchführe, geht sie fehl. Ihre Argumentation basiert
591hier auf einem Zirkelschluss. Sie setzt voraus, dass die Erweiterung
592der Nutzung durch die kommerzielle Vermarktung seitens des Mieters erfolgt.
593Sie liegt hingegen bereits in der Vermietung des Kabels.
594Ebenso wenig ist der Verweis der Beklagten auf die Gesetzesmaterialien
595zur alten Fassung des Telekommunikationsgesetzes zwingend, wonach
596zunächst der Betreiber der Leitung oder Anlage als Anspruchsgegner in
597Betracht gezogen worden sei und sodann der Betreiber der Telekommunikationslinie
598ins Gesetz Eingang gefunden habe. Soweit die Beklagte
599darüber hinaus meint, aus der Neufassung des Telekommunikationsgesetzes
600Rückschlüsse auf die Auslegung der alten Fassung des TKG
601ziehen zu können, geht sie ebenfalls fehl. Die Neuregelung eines Gesetzes
602kann nicht die Auslegung einer bisher geltenden Norm bestimmen.
603Vielmehr ist diese im Lichte der Umstände und der Gesetzeslage auszulegen,
604die in dem Zeitpunkt der Gültigkeit der auszulegenden Norm bestanden
605hat.
606Ebenso wenig greift das Argument der Beklagten, der Eigentümer der
607Leitung könne nicht mit dem Schuldner des Ausgleichsanspruchs automatisch
608gleichgesetzt werden. Nicht das Eigentum löst den Ausgleichsanspruch
609aus, sondern die Nutzungserweiterung durch den Eigentümer
610der Leitung.
611Mithin ist die Beklagte Betreiberin im Sinne des § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG
612und damit für den geltend gemachten Anspruch passivlegitimiert.
6134.
614Ob der gegen die Beklagte gerichtete Ausgleichsanspruch gern. § 58 TKG
615bereits unabhängig von der Kenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden
616Umständen im Jahre 1998 verjährt war oder ob die allgemeinen
617Verjährungsregelungen auf diesen Anspruch anzuwenden sind
618mit der Folge, dass der Anspruch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht
619verjährt wäre, kann vorliegend offen bleiben. Jedenfalls ist es der Beklagten
620gern. § 242 BGB in Verbindung mit Artikel 14 Grundgesetz verwehrt,
621sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Dabei ist der Beklagten
622zuzugeben, dass die Verjährungsdurchbrechung vorliegend nicht
623aus der Verletzung von Auskunftspflichten folgt. Die Beklagte hat die von
624der Klägerin begehrte Auskunft unstreitig zeitnah nach Stellung der Anfrage
625seitens der Klägerin erteilt. Damit ist die Beklagte ihrer Auskunftsverpflichtung
626nachgekommen.
627Über die von ihr erfüllte Auskunftsverpflichtung hinaus bestand für die Beklagte
628aber auch eine Aufklärungspflicht gegenüber der Klägerin. Offen
629bleiben kann, ob eine solche aus der zugunsten der Beklagten eingetragenen
630beschränkten persönlichen Dienstbarkeit in Verbindung mit dem
631der Dienstbarkeit zugrunde liegenden Gestattungsvertrag folgt. Eine
632solche Aufklärungspflicht folgt jedenfalls aus der verfassungskonformen
633Auslegung des § 57 TKG. Dabei kann vorliegend als unstreitig angenommen
634werden, dass die Klägerin bis zu der von ihr initiierten Anfrage
635bei der Beklagten im März 2003 keine Kenntnis von der Nutzungserweiterung
636hatte. Dies war in erster Instanz unstreitig. Den entsprechenden
637Behauptungen der Klägerin ist die Beklagte nicht substantiiert entgegen
638getreten. Soweit sie dies erstmals in zweiter Instanz und dazu nach Ablauf
639der Berufungserwiderungsfrist tut, ist sie mit diesem Vorbringen gern.
640§ 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.
641Vor diesem Hintergrund bestand eine Mitteilungspflicht der Beklagten
642gegenüber der Klägerin, die sie unstreitig verletzt hat. Grundsätzlich besteht
643eine Mitteilungspflicht als Nebenpflicht dann, wenn der andere Teil
644nach den im Verkehr herrschenden Anschauungen redlicherweise Aufklärung
645erwarten darf. Angesichts dessen, dass die Nutzungserweiterung
646für den Grundstückseigentümer, hier die Klägerin, in keiner Weise erkennbar
647war, droht dem Grundstückseigentümer in einer solchen
648Konstellation ein Schaden, wenn er seinen Ausgleichsanspruch mangels
649Kenntnis nicht verwirklichen kann, so dass dieser Ausgleichsanspruch im
650Ergebnis entwertet wird. Unabhängig davon, ob sich in den Fällen des
651§ 57 TKG bereits eine konkrete Verkehrsauffassung zu einer bestehenden
652Aufklärungspflicht des Energieversorgers und Leitungsrechtsinhabers
653herausgebildet hat, erscheint es vor dem dargestellten tatsächlichen
654Hintergrund unbillig, wenn der Leitungsberechtigte, der die Aufrüstung
655bewusst und zu seinen eigenen Gunsten initiiert, dem Grundstückseigentümer
656den Ausgleich unter Ausnutzung seines auf Grund der Umstände
657gegebenen Wissensvorsprungs vorenthält (vgl. Wendland, MMR 2004,
658S. 297 ff., 301).
659Für die Konstatierung einer solchen Aufklärungspflicht im Rahmen des
660§ 57 TKG spricht auch die Struktur des gesetzlich vorgesehenen Ausgleichsanspruchs.
661Das TKG normiert eine Duldungspflicht für den Grund-
662stückseigentümer gegenüber dem Betreiber und Leitungsberechtigten,
663der er sich nicht entziehen kann. Die Duldungspflicht wirkt dabei
664unmittelbar, so dass der Anspruchsinhaber, nämlich der Inhaber des
665Leitungsrechts, dieses gesetzlich eingeräumte
666Nutzungserweiterungsrecht nicht erst gegenüber dem
667Grundstückseigentümer geltend machen muss. Der
668Grundstückseigentümer hat darüber hinaus auch kein Zurückbehaltungs-.
669recht gegenüber dem Leitungsrechtsinhaber, bis ein etwaiger Ausgleich
670gezahlt wird. Dies liefe dem Zweck der Duldungspflicht zuwider, ein
671funktionierendes Telekommunikationsnetz aufzubauen, wenn einzelne
672Grundstückseigentümer es vorläufig unterbrechen könnten. Entgeltverhandlungen
673sollen gerade nicht stattfinden müssen. Zur Erreichung dieses
674Zieles hat das Gesetz dem Grundstückseigentümer mithin jegliche Interventionsmöglichkeit gegen die Nutzungserweiterung und damit gegen die
675erweiterte Nutzung seines Grundstücks genommen. Dieser Eingriff in das
676Eigentum ist mit der verfassungsrechtlichen Garantie des Eigentums gemäß
677Artikel 14 Grundgesetz nur dann vereinbar, wenn zugleich eine Ausgleichspflicht
678des Leitungsrechtsinhabers besteht, der die Nutzungserweiterung
679herbeiführt. Einen solchen Ausgleichsanspruch hat das Gesetz
680in § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG auch vorgesehen. Dieser verfassungsrechtlich
681gebotene Ausgleichsanspruch läuft hingegen leer, wenn die Anspruchsentstehung
682für den Grundstückseigentümer nicht erkennbar ist und er
683zudem kenntnisunabhängig innerhalb von nur 2 Jahren verjährte. Angesichts
684dessen, dass die in § 57 Abs. 1 TKG normierte Duldungspflicht des
685Grundstückseigentümers auch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung
686(BverfG NJW 2001, Seite 2960) nur dann verfassungsrechtlich unbedenklich
687ist, wenn der Duldungspflicht ein entsprechender Ausgleichsanspruch
688gegenübersteht, ist § 57 TKG hier im Lichte von Artikel 14 Grundgesetz in
689Verbindung mit § 242 BGB auszulegen. Hieraus folgt, dass der Beklagten
690gern. § 242 BGB im Wege der Drittwirkung des Grundrechts des Artikel 14
691Grundgesetz eine Mitteilungspflicht obliegt. Diese scheitert auch nicht
692daran, dass es der Klägerin grundsätzlich frei gestanden hätte, in regelmäßigen
693Abständen nach einer Nutzungserweiterung bzw. einer Errichtung
694der Telekommunikationslinie zu fragen und sodann eine entsprechende
695Auskunft erteilt worden wäre. Die Klägerin kann nicht gehalten
696sein, ohne konkreten Anhaltspunkt in regelmäßigen Abständen zu
697erfragen, ob auf ihrem Grundstück über die bestehende Dienstbarkeit
698hinaus Veränderungen vorgenommen worden sind und hieran eventuelle
699Ausgleichsansprüche geknüpft sein können. Es ist offenkundig, dass
700solche periodischen Anfragen, die rein vorbeugend ohne Anhaltspunkt zu
701stellen wären, weder zumutbar noch notwendig sind. Mit der
702Konstatierung einer solchen Verpflichtung. seitens der Klägerin aber auch
703einer entsprechenden Auskunftsverpflichtung seitens der Beklagten
704würden beide Parteien ersichtlich unnötig belastet (vgl. für alles Vorstehende
705Wendland, MMR 2004, S. 297 ff., 301 ff.). Die nach dem vorstehend
706Gesagten zu Lasten der Beklagten bestehende Mitteilungspflicht
707hat diese unstreitig verletzt, durch die Verletzung dieser Pflicht hat die
708Klägerin ihren Anspruch nicht rechtzeitig geltend machen können, vorausgesetzt
709die kurze Verjährungsfrist des § 58 TKG wäre anwendbar. Davon,
710dass die Klägerin sich kurzfristig nach Erhalt der entsprechenden Mitteilung
711seitens der Beklagten hinsichtlich des zu zahlenden Ausgleichs
712auch an die Beklagte gewandt hätte und verjährunqsunterbrechende
713Maßnahmen vorgenommen hätte, ist auszugehen. Vorliegend hat die
714Klägerin zeitnah knapp 4 Wochen nach Erhalt der Mitteilung von der
715Nutzungserweiterung Klage gegenüber der Beklagten erhoben. Damit ist
716die Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten auch kausal geworden für
717den Schaden der Klägerin, nämlich den Verlust des Ausgleichsanspruchs,
718unter der Voraussetzung, dass die kurze Verjährungsfrist des § 58 TKG
719für diesen Anspruch greift. Damit ist der Beklagten die Berufung auf die
720Einrede der Verjährung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben
721vorliegend verwehrt.
722Der Ausgleichsanspruch besteht daher dem Grunde nach fort.
7235.
724Der geltend gemachte Anspruch besteht auch in der von der Klägerin
725verlangten Höhe. Die Beklagte ist verpflichtet, 2,55 € (5,00 DM) pro
726laufenden Meter Entschädigung zu zahlen.
727Die Höhe des Entgelts ist dabei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung
728(BGH NJW 2000, Seite 3206, 3211) in erster Linie an den jeweiligen
729Marktverhältnissen für die Einräumung eines Nutzungsrechts zu Telekommunikationszwecken zu orientieren. Ein entsprechender Marktpreis,
730der für die Höhe der Entschädigung zugrunde zu legen wäre, hat sich vorliegend
731indes noch nicht gebildet. Die Klägerin hat hierzu lediglich zwei
732Abschlüsse vorgelegt, einen Abschluss der Stadtwerke C und
733einen Abschluss der Stadtwerke M. Zwei solche regional begrenzten
734Vertragsabschlüsse zu einem Preis von 5,00 DM pro Ifd. Meter
735begründen indes noch keinen Marktpreis.
736Danach ist gemäß § 287 ZPO die Höhe des angemessenen Ausgleichs
737zu schätzen.
738Die Schätzung hat in Anlehnung an die Preise, die für die Verlegung von
739Versorgungsleitungen zu entrichten sind, zu erfolgen (BGH a.a.O.). Dabei
740hat der BGH in dem von ihm entschiedenen Fall berücksichtigt, dass die
741dortige Klägerin für die Einräumung eines Leitungsrechts, das ein Lichtleiterkabel
742zur betriebsinternen Nutzung einschloss, bereits ein Entgelt
743erhalten hatte. Im vorliegenden Fall verhält es sich ebenso. Aus dem
744Gestattungsvertrag ergibt sich dies zwar nicht ausdrücklich, allerdings hat
745die Beklagte, was die Klägerin bestätigt hat, vorgetragen, dass die Ver-
746legung des Kabels zum Zwecke interner Kommunikation im Rahmen ihrer
747dinglichen Befugnisse erfolgt und damit bereits abgegolten ist..
748Der Schätzung legt die Kammer folgende unstreitigen Werte zugrunde:
749Das Entgelt für die Einräumung eines Nutzungsrechts für oberirdische
750Telekommunikationsleitungen liegt zwischen 5,00 und 15,00 €. Unstreitig
751bieten die Stadtwerke C und M einen Betrag von 2,55 € je
752Ifd. Meter für die Nachrüstung bzw. Neuerrichtung von Leitungen an. Für
753die Neuerrichtung von Telekommunikationsleitungen, die nicht der Duldungspflicht
754der Eigentümer unterworfen sind, werden unstreitig 5,00 bis
755über 15,00 € je Ifd. Meter gezahlt. Für die Nachverlegung in unterirdischen
756Leitungen werden etwa 1,50 bis 2,00 € je Ifd. Meter gezahlt. Der Vortrag
757der Beklagten zur Höhe der Entschädigung, dahin, dass das marktübliche
758Entgelt für die Verlegung von Versorgungsleitungen der Entschädigung
759für Leitungsdienstbarkeiten entspreche und diese zwischen 1960 und
7601980 in der Regel bei 20 % des Verkehrswertes des betroffenen
761Grundstücks betragen habe und sich danach auf einen
762Entwertungsbruchteil von rund 10 %eingependelt habe, ist
763demgegenüber vorliegend unerheblich. Die Beklagte hat die durch die
764Klägerin behaupteten aktuellen bzw. in der nahen Vergangenheit
765liegenden Zahlungen verschiedener Versorgungsunternehmen nicht
766bestritten. Die Bemessungskriterien in den 60er, 70er und 80er Jahren
767können hingegen bei der Bemessung der üblichen Vergütung im Jahre
7681996 keine Rolle spielen.
769Auf der Basis dieser verschiedenen Beträge schätzt die Kammer den Entschädigungsbeitrag für die Einräumung der Rechte zur Nutzung der Telekommunikation auf 2,55 € (5,00 DM) pro Ifd. Meter.
770Im Einzelnen gelangt die Kammer hierzu aus folgenden Erwägungen
771Zu berücksichtigen waren sowohl die für die unterirdische Nachverlegung
772zu zahlenden Beträge als auch die weitaus höheren Ausgleichsbeträge,
773die für die Einräumung von Nutzungsrechten im Rahmen freier Verhandlung
774zu zahlen sind. Eine Differenzierung zwischen frei ausgehandelten
775Entschädigungen und denjenigen, die auf Grund gesetzlicher
776Vorschriften als Ausgleich für eine normierte Duldungspflicht zu zahlen
777sind, erscheint dabei nicht sachgerecht. Sinn und Zweck des Telekommunikationsgesetzes ist es nicht, den gesetzlich normierten Ausgleichsanspruch
778geringer zu gestalten als den Ausgleichsanspruch, der im
779Wege freier Verhandlungen zu erzielen wäre. Einziger Zweck der normierten
780Duldungspflicht und des damit einhergehenden Ausgleichsanspruchs
781ist es, die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit
782Telekommunikation in schnellstmöglicher Zeit und ohne Unterbrechungen
783durch einzelne Rechtsstreitigkeiten verschiedener Grundeigentümer
784gegenüber dem Energieversorger zu gewährleisten. Die Höhe des zu ermittelnden
785Ausgleichsanspruchs ist von diesem Gesetzeszweck nicht berührt.
786Die Kammer gelangt in Ansehung der eingangs genannten verschiedenen
787Marktpreise für die Verlegung von Telekommunikationsleitungen
788zu einem geschätzten Wert von 3,50 € pro Ifd. Meter.
789In Anlehnung an die obergerichtliche Rechtsprechung (OLG Hamm,
790a.a.O.) ist von diesem Wert ein Abschlag vorzunehmen. Dieser Abschlag
791erscheint gerechtfertigt, da durch die weitere oberirdisch verlegte Leitung
792keine Erhöhung des Haftungsrisikos des Grundstückseigentümers oder
793eine weitere Nutzungseinschränkung gegenüber dem früheren Zustand
794eintritt. Eine Ermäßigung auf den von der Klägerin geforderten Betrag von
7952,55 € (5,00 DM) pro Ifd. Meter erscheint danach angemessen.
796Danach errechnet sich der der Klägerin zustehende Entschädigungsanspruch
797aus der Gesamtlänge der über ihr Grundstück verlaufenden
798Leitung von 335 Metern, multipliziert mit dem Betrag von 5,00 DM pro Ifd.
799Meter bzw. 2,55 € pro Ifd. Meter. Damit steht der Klägerin der geltend gemachte
800Anspruch in voller Höhe, also 856,41 € gegen die Beklagte zu.
8016.
802Lediglich hinsichtlich des Zinsanspruchs war die Klage nur teilweise begründet.
803Ein Zinsanspruch in der von der Klägerin geltend gemachten
804Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz steht ihr nicht zu. Der Ausgleichs-
805anspruch ist mit Einwirkung auf das Grundstück bzw. mit der Nutzungserweiterung
806fällig geworden. Diese erfolgte hier unstreitig vor dem
80701.05.2000. Damit gilt gemäß Artikel 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB, § 288
808BGB in der vor diesem Zeitpunkt geltenden Fassung..zum damaligen
809Zeitpunkt betrug der Zinssatz gern. § 288 BGB a.F. aber nur 4 %. Damit
810stehen der Klägerin lediglich 4 % Zinsen aus dem Ausgleichsanspruch
811seit Rechtshängigkeit, mithin ab dem 21.05.2003, zu.
8127.
813Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
814Die Revision war gern. § 543 I ZPO i.V.m. § 543 II Nr. 2 ZPO zur
815Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Die Frage, ob
816eine Mitteilungspflicht hinsichtlich der Nutzungserweiterung besteht, wird
817in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.
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