Beschluss vom Landgericht Dortmund - 9 T 84/05
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Beteiligten zu 2)
zurückgewiesen.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligte zu 2) ist deutsche Staatsangehörige und lebt in I. Bei der
4Beteiligten zu 1) handelt es sich um die Nichte der Beteiligten zu 2). Das Kind lebt mit
5seinen Geschwistern bei seinen leiblichen Eltern in der Türkei.
6Die Beteiligte zu 2) adoptierte in der Türkei nach türkischem Recht die Beteiligte zu
71) und beantragte beim Standesamt Herford, die Anerkennung der Adoption
8festzustellen.
9In seiner Entscheidung über die Adoption ging das türkische Gericht allerdings von
10nicht zutreffenden Tatsachen aus. So wurde die Beteiligte zu 2) als Witwe bezeichnet, und es wurde als Wohnsitz eine Anschrift in der Türkei aufgenommen, obwohl sie geschieden ist und in Deutschland lebt. Außerdem heißt es in der Entscheidung, dass
11das Kind seit der Geburt bei der Beteiligten zu 2) lebe, was tatsächlich nicht der Fall
12ist. Bei ihrer Anhörung vor dem Amtsgericht Hamm hat die Beteiligte zu 2)
13angegeben, dass sie zwei- bis dreimal im Jahr für zwei bis drei Wochen in der Türkei
14gewesen sei. In dieser Zeit habe das Mädchen bei ihr gewohnt.
15Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Amtsgerichts Erdemli vom
1613.5.2002 (BI. 31 ff.d.A.) und das Anhörungsprotokoll des Amtsgerichts Hamm vom
1728.10.2003 (BI. 10 f. d.A.) Bezug genommen.
18Die Bundeszentralstelle für Auslandsadoptionen wurde angehört. Es wird insoweit
19auf die Stellungnahme vom 21.6.2004 verwiesen.
20Mit Beschluss vom 15.10.2004 hat das Amtsgericht Hamm festgestellt, dass die
21Adoptionsentscheidung des Amtsgerichts Erdemil vom 13.5.2002 nicht
22anzuerkennen ist (BI. 39 d.A.). Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, dass die
23Anerkennung nach § 16a Nr. 4 FGG zu versagen sei, weil das türkische Gericht von
24unzutreffenden Tatsachen ausgegangen und das Kindeswohl nur unzulänglich
25berücksichtigt worden sei.
26Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2).
27Dass das türkische Gericht teilweise von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen
28sei, sei für die Entscheidung ohne Belang und stehe der Geeignetheit der
29Adoptionsbewerberin nicht entgegen. Zudem sei nicht hinreichend berücksichtigt
30worden, dass die leiblichen Eltern der Adoption zugestimmt hätten und es sich nicht
31um eine Volladoption wie im deutschen Recht handele.
32II.
33Die sofortige Beschwerde ist gern. § 5 Abs. 4 Satz AdWirkG, aber unbegründet.
34Das Amtsgericht hat mit zutreffender Begründung die Anerkennung der
35Auslandsadoption nach § 16a Nr. 4 FGG abgelehnt. Die Anerkennung der
36Entscheidung wäre hier mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts
37offensichtlich nicht vereinbar.
38Das Amtsgericht Erdemil hat nämlich das Kindeswohl, dass bei Adoptionen sowohl
39nach deutschem Recht als auch nach türkischem Recht von herausragender
40Bedeutung ist, nicht hinreichend berücksichtigt. Insoweit ist es entgegen der
41Auffassung der Beteiligten zu 2) von Bedeutung, dass das Amtsgericht Erdemil von
42unzutreffenden Tatsachen ausgegangen ist. Das Kindeswohl wird im türkischen
43Recht u.a. dadurch geschützt, dass die Adoption gem. Art. 305 ZGB nur möglich sein
44soll, wenn der Adoptivmutter vor der Adoption bereits ein Jahr die Sorge und
45Erziehung für das Kind oblag. Dadurch wird gewährleistet, dass sich eine dem
46Kindeswohl dienende Mutter-Kind-Beziehung einstellt. Hier hatte sich die Beteiligte
47zu 2) aber nur während der Zeit ihres Urlaubs in der Türkei um das Kind gekümmert.
48Das Gericht konnte. sich in Unkenntnis der wahren Sachlage nicht mit der Frage
49auseinandersetzen, wie sich die Trennung von den leiblichen Eltern und
50Geschwistern und der Umzug in ein fremdes Land auf das Kindeswohl auswirken.
51Dass bei einer Adoption nach türkischem Recht die rechtlichen Bindungen zu den
52leiblichen Eltern nicht vollständig aufgelöst werden, kann zu keiner anderen
53Beurteilung führen. Denn durch die räumliche Distanz werden sich die Bindungen zur
54leiblichen Familie zwangsläufig lösen, so dass sich das türkische Gericht mit den
55Auswirkungen des Umzugs auf das Kindeswohl hätte befassen müssen.
56Diese nicht ausreichende Auseinandersetzung mit der Frage des Kindeswohls
57widerspricht somit dem ordre public.
58Soweit die Beteiligte zu 2) geltend macht, dass die leiblichen Eltern der Adoption
59zugestimmt hätten, kann dies keine andere Entscheidung rechtfertigen, weil gem.
60Art. 309 ZGB die Zustimmung der Eltern Voraussetzung für die Adoption nach
61türkischem Recht ist. Aus der Zustimmung der Eltern kann nicht ohne weiteres
62geschlossen werden, dass die Adoption auch dem Wohl des Kindes entspricht. Es ist
63möglich, dass bei der Entscheidung der Eltern wirtschaftliche Aspekte im
64Vordergrund stehen.
65Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zur weiteren Begründung auf die
66zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
67Die Kammer hat von einer erneuten Anhörung der Beteiligten zu 2) abgesehen, weil
68die entscheidungserheblichen Tatsachen unstreitig sind und die Beschwerde auch
69nicht auf neue Tatsachen gestützt wird, die Entscheidung nicht auf dem persönlichen
70Eindruck der Beteiligten beruht und die Kammer die Angaben der Beteiligten und die
71rechtlichen Gesichtspunkte in gleicher Weise würdigt wie das Amtsgericht Hamm.
72Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 13a Abs. 1 Satz 2 FGG, 131, 30 Abs. 3 Kost.
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