Beschluss vom Landgericht Dortmund - 9 T 527/04
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 1).
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu € 5.000,00 festgesetzt.
1
Gründe
2I.
3Die Beteiligten zu 3) stellten mit Schriftsatz vom 27.05.2003 einen Antrag auf Anordnung des Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahrens bezüglich des im Rubrum näher bezeichneten Wohnungseigentums, dessen Eigentümer die Beteiligten zu 1) und 2) sind. Die Zwangsversteigerung wurde durch Beschluss vom 04.09.2003, der teilweise durch Beschluss vom 21.10.2003 bezüglich der Höhe der Gläubigerforderung aufgehoben wurde, angeordnet. Unter dem Aktenzeichen 272 L 2/03 wird zudem die Zwangsverwaltung betrieben.
4Mit Schreiben vom 27.11.2003 wurde der Sachverständige I mit der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens beauftragt. Unter dem 22.12.2003 lehnte der Beteiligte zu 1) den Sachverständigen I wegen Befangenheit ab, mit der Begründung, die Hinweise im Anschreiben des Sachverständigen vom 17.12.2003, in dem dieser den Termin zur Ortsbesichtigung mitteilte, dürften eine Nötigung sein. Weiter beantragte er, einen anderen geeigneten Sachverständigen zu beauftragen. Durch Beschluss vom 15.01.2004 wies das Amtsgericht Dortmund durch den Rechtspfleger den Befangenheitsantrag des Beteiligten zu 1) zurück. Dieser Beschluss wurde dem Beteiligten zu 1) am 23.01.2004 zugestellt. Es wird auf die Postzustellungsurkunde (Bl. 65 d. A.) Bezug genommen.
5Der Sachverständige I fertigte unter dem 08.03.2004 ein Gutachten zur Feststellung des Verkehrswertes und unter dem 10.03.2004 ein Exposé zu diesem Gutachten. Er ermittelte den Verkehrswert des Objekts mit € 80.450,00. Dabei leitete er den Verkehrswert aus dem von ihm ermittelten Vergleichswert von rund € 70.000,00, dem Ertragswert von rund € 81.600,00 und dem Sachwert von rund € 87.600,00 ab und bezog weiter die Einflüsse der Grunddienstbarkeiten mit einem Abzug von € 300,00 und der Baulasteintragungen mit einem Mehrwert von € 1.050,00 in seine Berechnung ein (Seite 33 des Gutachtens).
6Mit Schreiben vom 21.06.2004 teilte das Amtsgericht Dortmund den Beteiligten mit, dass es beabsichtige, den Verkehrswert dem Sachverständigengutachten folgend auf € 80.450,00 festzusetzen. Es wies weiter darauf hin , dass das Gutachten des Sachverständigen auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Dortmund nach telefonischer Rücksprache eingesehen werden könne. Zusammen mit dem Schreiben wurde das Exposé vom 10.03.2004 in Ablichtung an die Beteiligten gesandt.
7Unter dem 08.07.2004 bat der Beteiligte zu 1) um die Übersendung einer vollständigen Kopie des Verkehrswertgutachtens. Gleichzeitig wandte er gegen das Gutachten ein, dass es sich entgegen der gutachterlichen Feststellung bei dem Objekt um ein reines Wohnhaus und nicht um ein Wohn- und Geschäftshaus handele , die Darstellung des Grundrisses des Erdgeschosses im Gutachten sei daher ebenfalls irreführend und führe zu einer unsachgemäßen Bewertung des in der Rede stehenden Wohneigentums. Eintragungen im Grundbuch, die erheblichen Einfluss auf den Verkehrswert des Objektes hätten, seien vom Sachverständigen nicht vermerkt worden. Außerdem sei nicht erkennbar, in wie weit das Sondernutzungsrecht an dem Stellplatz Nr. 2 bewertet wurden sei.
8Mit Schreiben vom 14.07.2004 teilte das Amtsgericht Dortmund dem Beteiligten zu 1) mit, dass eine Kopie der vollständigen Fassung des Gutachtens gegen Erstattung der Kopierkosten von € 34,60 zu erhalten sei. Zudem wurde er ein weiteres Mal auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, das vollständige Gutachten beim Amtsgericht einsehen zu können. Zudem wurde die Frist zur Stellungnahme bis zum 16.08.2004 verlängert. Eine Reaktion des Beteiligten zu 1) erfolgte nicht.
9Durch Beschluss vom 12.08.2004 wurde der Beitritt der Beteiligten zu 4) zu diesem Verfahren zugelassen.
10Mit Beschluss vom 17.08.2004 hat das Amtsgericht Dortmund den Verkehrswert wie angekündigt festgesetzt. Dagegen hat der Beteiligte zu 1) unter dem 08.09.2004 sofortige Beschwerde eingelegt. Er wendet gegen das Gutachten ein, dass er das Gutachten nicht zur Verfügung gestellt bekommen habe. Zudem habe er Einwendungen gegen den Sachverständigen erhoben. Eine Entscheidung über diese Einwendungen sei ihm nicht zugegangen.
11Der Beschwerde hat das Amtsgericht Dortmund nicht abgeholfen.
12II.
13Die sofortige Beschwerde gegen den Verkehrswertfestsetzungsbeschluss ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 74a V 3 ZVG und rechtzeitig eingelegt innerhalb der Frist des § 569 I ZPO.
14Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Gericht entscheidet nach Ermittlung der tatsächlichen Umstände nach freier Überzeugung über den Verkehrswert (Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 74a, Rn. 7.5). Ein Fehler bei der Bestimmung ist hier nicht ersichtlich. Das Amtsgericht hat entsprechend § 74a V 1 ZVG das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt und sich bei der Wertfestsetzung am Ergebnis dieses Gutachtens orientiert. Das Gutachten entspricht auch insoweit den Anforderungen, als der Gutachter die tatsächlichen Grundlagen seiner Wertfeststellungen erkennbar gemach hat. In nicht zu beanstandender Weise ist deshalb das Amtsgericht Dortmund dem Gutachten des Sachverständigen bei der Verkehrswertfestsetzung gefolgt.
15Richtigerweise ist der Sachverständige bei der Bewertung des Wohnungseigentums davon ausgegangen, dass es sich bei dem Gebäude um ein Wohn- und Geschäftshaus handelt. Der Sachverständige legte dabei das Wohnungsgrundbuch und die nicht geänderte Teilungserklärung zugrunde und bewertete die Wohnung unter Kostenbezug zu einem Mehrfamilienhaus. Damit ist sowohl berücksichtigt, dass zum Bewertungszeitpunkt in dem als Gewerbe ausgewiesenen Objekt keine Gaststätte betrieben wurde, als auch, dass nach den grundbuchrechtlichen Gegebenheiten und der Teilungserklärung die zweite Wohnung im Erdgeschoss als Gewerbeobjekt einzustufen war. Aus dem gleichen Grund ist auch die Darstellung des Grundrisses des Erdgeschosses, in dem die zweite Einheit als Gaststätte mit Schankraum aufgeführt wird, nicht irreführend. Eine unsachgemäße Bewertung des in Rede stehenden Wohneigentums liegt demnach nicht vor.
16Soweit der Beteiligte zu 1) einwendet, dass Eintragungen im Grundbuch, die erheblichen Einfluss auf den Verkehrswert des Objektes hätten, nicht vom Sachverständigen vermerkt worden seien, so kann dieser Einwand zu keiner anderen Bewertung führen. Bereits in seinem Gutachten hat der Sachverständige in nicht zu beanstandender Weise die Eintragungen im Grundbuch des Wohnungsgrundbuchs unter Ziff. 1 (Seite 2 des Gutachtens) aufgeführt und dabei die Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsvermerke sowie die Auflassungsvormerkung als ohne Einfluss auf den Verkehrswert bewertet. Die Grunddienstbarkeiten und Baulasten wurden ebenfalls hinreichend berücksichtigt und im Gutachten unter Ziff. 11 und 12 (Seiten 31 und 32 des Gutachtens) ausführlich und nachvollziehbar behandelt.
17Auch das Sondernutzungsrecht an dem Stellplatz Nr. 2 wurde von dem Sachverständigen ausreichend in die Verkehrswertberechnung einbezogen. Dieses ist sowohl unter Ziff. 5 (Seite 6 des Gutachtens) im Rahmen der Baubeschreibung aufgeführt als auch bei der Ertragswertermittlung unter Ziff. 9.4 (Seite 19 des Gutachtens) gewürdigt worden.
18Der Beteiligte zu 1) kann auch nicht mit dem Einwand gehört werden, ihm sei das Gutachten nicht zur Verfügung gestellt worden. Das Amtsgericht hat dem Beteiligten zu 1) ausreichende Möglichkeit gegeben, zu der Wertfestsetzung im Vorfeld zu dem Beschluss vom 17.08.2004 Stellung zu nehmen. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs (Art 103 I GG) ist nicht gegeben. Grundsätzlich verlangt das Recht auf Gehör, dass der Wertfestsetzung nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (BVerfG NJW 1957, 17; BVerfG BVerfGE 16, 283). Dazu ist nötig, dass den Beteiligten die Unterlagen (Sachverständigengutachten) zugänglich gemacht werden und ihnen ermöglicht wird, diese zu prüfen und sich zu äußern (Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 74a, Rn. 7.15 m. w. N.). Zusammen mit der Mitteilung über die beabsichtigte Wertfestsetzung vom 21.06.2004 wurde dem Beteiligten zu 1) das Exposé vom 10.03.2004 übersandt. Außerdem wurde ihm die Möglichkeit gegeben, das Gutachten auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts einzusehen oder gegen Erstattung der Kopierkosten das Gutachten in Ablichtung zu erhalten. Mit dem Schreiben vom 14.07.2004, in welchem dem Beteiligten zu 1) mitgeteilt wurde, dass die Möglichkeit bestehe, eine Kopie des Gutachtens gegen Zahlung der Kosten zu erhalten, wurde zudem die Frist zur Stellungnahme zum Gutachten bis zum 16.08.2004 verlängert. Damit hatte der Beteiligte zu 1) ausreichend Möglichkeiten, sich Kenntnisse über die Tatsachen und Beweisergebnisse zu verschaffen, und genügend Zeit, um zu dem Gutachten Stellung zu nehmen.
19Der Einwand des Beteiligten zu 1), ihm sei eine Entscheidung über seinen Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen I nicht zugegangen, ist widerlegt durch die Postzustellungsurkunde vom 23.01.2004 (Bl. 65 d. A.), welche belegt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 15.01.2004, mit dem der Antrag zurückgewiesen wurde, dem Beteiligten zu 1) durch Übergabe an eine in dem Geschäftsbetrieb des Beteiligten zu 1) Beschäftigte übergeben wurde. Auch bestehen keine Bedenken gegen die Behandlung des Befangenheitsantrags durch den Rechtspfleger des Amtsgerichts (vgl. Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 74a, Rn. 10.9). Rechtsmittel gegen den zurückweisenden Beschluss wurden nicht eingelegt.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 12 GKG, 3 ZPO. Der Geschäftswert wurde geschätzt, da aus dem Beschwerdevorbringen keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich waren, in welchem Umfang der Beteiligte zu 1) eine Änderung der Wertfestsetzung erstrebte.
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