Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 950/04
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger
nach einem Streitwert von 30.677,51 €.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 120 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig
vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Mit notariellem Vertrag vom 13.11.1996 (Einzelheiten Bl. 8 – 20 d.A.) kaufte der Kläger von B die Eigentumswohnung Nr. 28 des Aufteilungsplanes des mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks N-straße # in C. Der Kaufpreis betrug 59.450,00 DM. Der Kläger und B wurden durch G vertreten. Zur Finanzierung des Kaufpreises gewährte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger mit schriftlichem Vertrag vom 19.12.1996 (Einzelheiten Bl. 25 und 26 d.A.) ein Darlehen in Höhe von 60.000,00 DM. Vereinbart wurde u.a., dass das Darlehen durch eine Grundschuld gesichert werden soll. Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 13.11.1996 (Einzelheiten Bl. 117 bis 119 d.A.) bestellten der Kläger und B, jeweils vertreten durch G, eine Grundschuld in Höhe von 60.000,00 DM. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zahlte die Darlehenssumme an den Verkäufer aus.
3Mit Versäumnisurteil vom 13.11.2003 verurteilte das Landgericht Amberg B zur Zahlung von 31.460,17 € an den Kläger. Die Vollstreckung war fruchtlos.
4Der Kläger meint, der Darlehensvertrag sei unwirksam. Er behauptet, der Verkehrswert der Eigentumswohnung habe zum Zeitpunkt des Kaufes 26.000,00 DM betragen und verweist insoweit auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. U vom 07.06.2001 (Bl. 27-51 d.A.). Der Wert sei der Rechtsvorgängerin der Beklagten als ortansässiger Bank bekannt gewesen.
5Der Kläger beantragt,
6festzustellen, dass der Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten vom 19.12.1996 über 60.000,00 DM nichtig ist.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Sie behauptet, der Verkehrswert der Eigentumswohnung habe 60.537,50 DM betragen und verweist insoweit auf das Gutachten des Sachverständigen M vom 09.11.1996 (Bl. 70 - 77 d.A.).
10Entscheidungsgründe
11Die Klage ist nicht begründet.
12Die Kläger können der Beklagten eine etwaige Nichtigkeit des Kaufvertrages – die dahinstehen kann – nicht entgegenhalten, weil es an den dafür erforderlichen Voraussetzungen eines Einwendungsdurchgriffs fehlt.
13Ein Einwendungsdurchgriff nach § 9 VerbrKrG kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil diese Vorschrift nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf das Darlehensverhältnis der Parteien keine Anwendung findet. Bei dem dem Kläger vom der Beklagten zur Verfügung gestellten Darlehen handelt es sich um einen Realkredit, nämlich einen durch ein Grundpfandrecht, nämlich eine Grundschuld, gesicherten Kredit mit banküblichen Bedingungen.
14Ein Einwendungsdurchgriff ergibt sich auch nicht aus § 242 BGB. Bei der Finanzierung von Immobilien wurde schon vor dem Inkrafttreten des Verbraucherkredites der auf § 242 BGB gestützte Einwendungsdurchgriff von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ablehnt (BGH NJW 1988, 1583, WM 2002, 1181). Es fehlt in der Regel bei Immobilienfinanzierungen an einer typischen Dreiecksverbindung zwischen Anleger, Bank und Unternehmen. Ein wirtschaftlich einheitliches Geschäft liegt nicht vor. Der getrennte Abschluss der verschiedenen Verträge mit entsprechender Risikoverteilung liegt im Interesse des Anlegers, der insoweit auch das Aufspaltungsrisiko tragen muss. Im Normalfall sind Kaufvertrag und Kreditvertrag nicht nur rechtlich, sondern regelmäßig auch aus der Sicht des Käufers/Kreditnehmers wirtschaftlich zu trennen. Auch der rechtsunkundige Laie, weiß, dass der Immobilienverkäufer und die kreditgebende Bank verschiedene Rechtsträger sind, die ihre eigenen, jeweils verschiedenen Interessen wahrnehmen.
15Beim finanzierten Immobilienkauf kommt ein Einwendungsdurchgriff ausnahmsweise dann in Betracht, wenn sich die kreditgewährende Bank nicht auf ihre Rolle als Kreditgeberin beschränkt, sondern sich in darüber hinaus gehender Weise aktiv an dem fremdfinanzierten Geschäft beteiligt und dadurch dem Käufer gleichsam als Partner des finanzierten Geschäftes gegenüber getreten ist. Dafür reicht es nicht aus, dass der Darlehensvertrag durch die streitige Vermittlung des Verkäufers oder der für ihn handelnden Person zustande gekommen ist (OLG Hamm, Urt. v. 06.11.2003 AZ.: 5 U 37/01). Dieser Umstand hält sich im Rahmen der bei drittfinanzierten Geschäften üblichen Zusammenarbeit zwischen Verkäufer und Bank. Dadurch konnte auf Seiten des Klägers noch nicht der Eindruck entstehen, Verkäufer und Kreditgeber stünden ihm als einheitlicher Vertragspartner gegenüber. Dass die Bank darüber hinaus aktiv in das Immobiliengeschäft eingeschaltet war oder Verkäuferfunktionen wahrnahm, ist weder ersichtlich noch dargelegt.
16Dem Kläger steht schließlich auch kein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten gegen die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin zu, aufgrund dessen er verlangen könnte, so gestellt zu werden, als sei der Darlehensvertrag nicht abgeschlossen worden.
17Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist eine kreditgebende Bank grundsätzlich nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer über die Risiken der von ihm beabsichtigten Verwendung des Darlehens aufzuklären. Nur in Ausnahmefällen könne sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls nach Treu und Glauben Aufklärungspflichten und Hinweispflichten ergeben. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, Durchführung oder dem Vertrieb des Objektes über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht (Dies ist nach dem obengesagten nicht der Fall), wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken solcher Projekte hinzutretenden Gefährdungstatbestand für den Kreditnehmer schafft, wenn sie sich in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf die speziellen Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat (Einzelheiten Palandt § 280 Rdnr. 63 – 68). Anspruchsvoraussetzung des letztgenannten Umstandes ist die positive Kenntnis der Bank von den aufklärungspflichtigen Tatsachen. Die Bank ist gegenüber den Kreditinteressenten nicht verpflichtet, sich durch gezielte Auswertung der ihr zugänglichen Unterlagen oder weiterer Nachforschungen einen Wissensvorsprung zu verschaffen. Der positiven Kenntnis ist die bloße Erkennbarkeit nur dann gleich zu stellen, wenn sich die für den Kreditnehmer bedeutsamen Tatsachen – hier der Verkehrswert der Eigentumswohnung – nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen mussten (BGH WM 1992, 602, OLG Hamm, WM 1998, 1230). Dies war vorliegend nicht der Fall. Der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin lag unstreitig das Gutachten des Sachverständigen M vom 09.11.1996 vor. Daraus ergibt sich ein Wert der Eigentumswohnung, der in etwa der Darlehenssumme entsprach. Dahinstehen kann, ob dieses Gutachten in Teilbereichen offensichtlich fehlerhaft war. Der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin musste sich dadurch nicht aufdrängen, dass der Verkehrswert nur 26.000,00 DM betragen haben soll. Dafür sind keine hinreichenden Tatsachen vorgetragen. Dass es sich bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten um eine ortsansässige Bank handelt, ist kein hinreichendes Kriterium. Daraus ergibt sich nicht, dass der Rechtsvorgängerin der konkrete Verkehrswert der von dem Kläger gekauften Eigentumswohnung insbesondere deren Baumängel positiv bekannt waren.
18Allein die geschäftliche Unerfahrenheit des Klägers begründet keine Aufklärungspflichten (Palandt § 280 Rdnr. 68).
19Tatsachen, die einen besonderen Gefährdungstatbestand begründen, sind weder ersichtlich noch dargelegt. Die streitige Vorfinanzierung ist dafür kein hinreichendes Kriterium (BGH NJW 2003, 2088 (2090)). Durch die Einholung und Weiterleitung des Gutachtens über die streitgegenständliche Eigentumswohnung hat die Beklagte keinen besonderen, zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken solcher Projekte hinzutretenden Gefährdungstatbestand für den Kreditnehmer, hier den Kläger, geschaffen. Es war ausschließlich seine Sache, sich durch in Augenscheinnahme und Einholung eines Gutachtens Gewissheit über den Wert der von ihm erworbenen Eigentumswohnung zu verschaffen.
20Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
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