Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 201/05
Tenor
1)
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt,
Zug um Zug gegen kostenneutrale Abgabe sämtlicher Erklärungen, die zur Übertragung des im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Springe, Blatt #### eingetragenen Wohnungseigentums, bestehend aus einem 229/10.000-stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück im Rechtsinn, G1, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Gebäude zum
F-berg , im Erdgeschoss, Nummer ## des Aufteilungsplanes mit sämtli-chen im Grundbuch eingetragenen und nicht eingetragenen Belastungen und Beschränkungen auf die Beklagte erforderlich sind,
a)
an die Kläger 12.901,70 € (i.W.: zwölftausendneunhunderteins 70/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.01.2005 zu zahlen,
b)
die Kläger von den Verbindlichkeiten aus den Darlehensverträgen mit der N eG, L-Str., N1,
Darlehnskontonummer 70394504 und 170394504 freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2)
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Kläger tragen die Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 2) zu 1/3.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt diese selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 3) tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
3)
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Kläger begehren die Rückabwicklung eines Immobilienkaufvertrages und der zu dessen Finanzierung abgeschlossenen Darlehensverträge.
3Mit notariellem Vertrag vom 19.04.2000 kauften die Kläger von der Beklagten zu 2) eine 49 qm große gebrauchte Eigentumswohnung in T zu einem Kaufpreis von 126.910 DM. Die Gewährleistung wurde ausgeschlossen. Die Kläger und die Beklagte zu 2) schlossen am selben Tag einen Vertrag über die Einziehung und Verwendung von Mieteinnahmen (Mietpoolvertrag). Darin wurde vereinbart, dass die Vermietung der Wohnung durch einen Verwalter erfolgt und eine Mieteinnahmegemeinschaft mit den anderen Eigentümern von Eigentumswohnungen in dem Objekt gebildet wird. Die Miete des gesamten Objektes sollte danach nach dem Verhältnis der Wohn- bzw. Nutzflächen der einzelnen Wohnungen an die jeweiligen Eigentümer ausgekehrt werden. Nicht gedeckte Aufwendungen für Verwaltung und Instandhaltung sollten kreditiert und der Mieteinnahmengemeinschaft im Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen auferlegt werden.
4Kaufvertrag und Mietpoolvertrag wurden den Klägern durch den Beklagten zu 3) vermittelt, der ihnen auch eine Finanzierung des Kaufs durch Aufnahme eines Darlehens bei der Beklagten zu 1) vorschlug. Am 08.06.2000 schlossen die Kläger und die Beklagte zu 1) zur Finanzierung des Kaufpreises der Eigentumswohnung zwei Darlehensverträge über insgesamt 126.000 DM als Vorausdarlehen sowie Bausparverträge zur Tilgung des Darlehens. Als von den Klägern zu zahlende Leistungsrate, bestehend aus Zinsrate und Sparrate, wurden 790,53 DM für den ersten Darlehensvertrag und 357,20 DM für den zweiten Darlehensvertrag vereinbart. Zur Sicherung des Darlehens wurde eine Grundschuld eingetragen.
5Die Beklagte zu 1) zahlte die Darlehensbeträge auf ein Notaranderkonto aus. Die Kläger wurden als Eigentümer der Wohnung im Grundbuch eingetragen.
6Die Kläger zahlten ab Juli 2000 Raten auf das Darlehen. Diese belaufen sich insgesamt auf 17.740,99 €. Zudem leisteten sie eine Nachzahlung für den Mietpool in Höhe von 490 € und einen Mitgliedschaftsbeitrag an die Beklagten zu 1) in Höhe von 102,26 €. Für anwaltliche Beratung sind den Klägern Kosten in Höhe von 197,20 € entstanden.
7An die Kläger wurden Mieterträge in Höhe von insgesamt 5.628,75 € ausgezahlt.
8Mit Schreiben vom 10.11.2003 erklärten die Kläger den Widerruf der Verträge nach dem Haustürwiderrufsgesetz, die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sowie die Kündigung der Verträge.
9Die Kläger behaupten, sie seien von dem Beklagten zu 3) in ihrer Wohnung aufgesucht worden. Dieser habe ihnen trotz ihrer finanziell angespannten Situation den Kauf der Wohnung zum Zweck der Steuerersparnis und der Altersvorsorge angeboten. Er habe erklärt, dass es sich um eine Wohnung in einer erstklassigen, vollrenovierten Wohnanlage handele, und dass die Wohnung eine gute Kapitalanlage sei, da eine ständige Wertsteigerung der Anlage zu erwarten wäre. Die Mieterträge seien zusätzlich durch den Mietpool gesichert. Auch ein späterer Verkauf der Wohnung – auch an die Beklagte zu 2) – sei kein Problem. Tatsächlich hat die Beklagte zu 2), was unstreitig ist, einen Rückkauf der Wohnung im August 2002 abgelehnt.
10Der Beklagte zu 3) habe den Klägern weiter unter Vorlage von Berechnungsbeispielen erklärt, dass sich die Wohnung mit einem monatlichen Eigenaufwand in Höhe von 354 DM finanzieren ließe. Der monatliche Gesamtaufwand vor Steuern betrage 832 DM. Davon würde ein Mieter der Wohnung 319 DM zahlen und die Steuervorteile für die Kläger betrügen 160 DM. Nur der Rest sei durch die Kläger zu finanzieren.
11Im Jahr 2002 hätten die Kläger dann bemerkt, dass ihr Eigenanteil wesentlich höher gelegen habe. Zudem habe von Anfang an eine hohe Mietpoolunterdeckung bestanden, die auf notwendige, überfällige und vorhersehbare Reparaturarbeiten an der Immobilie zurückzuführen gewesen seien.
12Die Kläger sind der Ansicht, die Darlehensverträge seien gemäß § 6 VerbrKG nichtig. Sie berufen sich auf § 3 HWiG und machen gegen die Beklagten jeweils Ansprüche wegen vorvertraglicher Falschberatung bzw. wegen Verletzung von Pflichten aus einem Beratervertrag geltend.
13Die Kläger beantragen,
141. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 12.901,70 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2003 zu zahlen.
152. Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Kläger von den Verbindlichkeiten aus den Darlehensverträgen mit der N eG, L-Str. in N1, Darlehenskontonummer 70394504 und 170394504 freizustellen.
163. Die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ein Angebot der N eG auf Rückabtretung der zur Sicherheit abgetretenen Ansprüche der Kläger aus dem Bausparvertrag mit der I AG, Bausparnummer 13876640 B 01 sowie den Lebensversicherungsverträgen mit der M AG, S- Str. in L1, Versicherungsnummer 477867588002 und 08039909 an die Kläger herbeizuführen.
174. Die Verurteilung der Beklagten zu Ziffer 1) bis 3) erfolgt jeweils Zug um Zug gegen kostenneutrale Abgabe sämtlicher Erklärungen, die zur Übertragung des im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Springe, Blat #### eingetragenen Wohnungseigentums, bestehend aus einem 229/10.000-stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück im Rechtssinn, G1, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Gebäude zum F-berg , im Erdgeschoss, Nummer ## des Aufteilungsplanes mit sämtlichen im Grundbuch eingetragenen und nicht eingetragenen Belastungen und Beschränkungen auf die Beklagten erforderlich sind.
185. Festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Klägern sämtliche ab April 2000 entstandenen und künftig noch entstehenden Schäden zu ersetzen, die im Zusammenhang mit dem Kauf der in Ziffer 4 bezeichneten Immobilie stehen.
19Hilfsweise beantragen die Kläger,
20die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie zu Händen eines von den Klägern zu beauftragenden Notars 12.901,70 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2003 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe folgender notariell beurkundeter Erklärung der Kläger vor dem beauftragten Notar: "Wir sind eingetragene Eigentümer der im Gebäude zum F-berg gelegenen und im Grundbuch von Springe, Blatt #### eingetragenen Wohnungseigentums, Nr. ## des Aufteilungsplanes. Wir verpflichten uns hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentum auf die N eG, L2 & Co KG sowie Herrn C, T-Str., C1 zu übertragen frei von der in Abteilung II. des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der N eG in Höhe von 126.000 DM = 64.422,77 €. Wir erteilen hiermit an die N eG sowie an die L2 & Co. KG und Herrn C unwiderruflich Vollmacht, in unserem Namen und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Auflassung zu erklären. Wir erklären unser Einverständnis mit einer Weisung der N eG, L2 & Co. KG und Herrn C an den unterzeichnenden Notar, den eingehenden Zahlungsbetrag zur Ablösung der in der Abteilung III des Grundbuches eingetragenen Grundschuld der N eG in Höhe von 126.000 DM = 64.422,77 € zu verwenden. Wir bewilligen die Eintragung der N eG, L2 & Co. KG und Herrn C als Eigentümer. Der Notar darf von dieser Erklärung Gebrauch machen, wenn die Verurteilungssumme auf seinem Notaranderkonto eingegangen ist. Ein etwaig überschießender Betrag ist an uns auszuzahlen."
21Die Beklagten beantragen,
22die Klage abzuweisen.
23Sie rügen die fehlende örtliche Zuständigkeit des LG Dortmund.
24Die Beklagte zu 1) ist der Ansicht, sie habe den Klägern gegenüber keine Aufklärungspflicht im Hinblick auf den Immobilienkauf verletzt. Sie behauptet, dass der Darlehensvertrag zudem nicht in einer Haustürsituation angebahnt worden sei.
25Die Beklagten zu 2) und 3) behaupten, die Kläger seien in ausführlichen Beratungsgesprächen auf alle Rechtsfolgen des Beitritts zum Mietpool – einschließlich der möglichen Nachhaftung – hingewiesen worden. Der Beitritt zum Mietpool sei den Klägern zudem freigestellt worden und der Mietpoolvertrag habe, was unstreitig ist, binnen einer Frist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden können. Es habe vor dem Kauf auch mindestens zwei Recherchegespräche gegeben, bei denen den Klägern der Kauf und die Finanzierung erklärt worden sei. Zudem sei den Klägern kein bestimmter Mietertrag zugesichert worden. Sie seien vielmehr darüber aufgeklärt worden, dass das Risiko des Mietausfalls bestehe, dies aber durch den Mietpool abgemildert werde.
26Ein Reparaturstau habe bei Vertragsschluss nicht vorgelegen. Es seien im Folgenden auch nur die üblichen Instandhaltungsarbeiten ausgeführt worden. Die Unterdeckung des Mietpools beruhe ausschließlich auf einem Einbruch des Mietmarktes, der bei Vertragsschluss nicht absehbar gewesen sei.
27Entscheidungsgründe
28Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Dortmund ist aufgrund der bindenden Verweisung des Landgerichts Hannover vom 01.04.2005 gemäß § 281 Abs. 2 ZPO zuständig.
29Die Klage ist aber nur teilweise begründet.
30Den Klägern stehen die mit dem Klageantrag zu 1) und 2) geltend gemachte Ansprüche auf Zahlung von 12.901,70 € sowie Freistellung von den Verbindlichkeiten aus den Darlehensverträgen Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums an der Wohnung gegen die Beklagte zu 2) aus § 280 BGB wegen Verletzung einer besonderen vertraglichen Beratungspflicht zu.
31Die Beklagte zu 2) hat ihre Pflichten aus einem Beratungsvertrag verletzt. Zwischen den Klägern und der Beklagten zu 2) ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen, da die Kläger unstreitig vor dem Abschluss des Kaufvertrages beraten worden sind und ihnen eine Vielzahl von Berechnungsbeispielen und Besuchsprotokollen vorgelegt wurden, die die Kläger teilweise auch unterzeichnet haben. Nach der Rechtsprechung des BGH kommt zwischen einem Verkäufer und einem Käufer ein Beratungsvertrag zu Stande, wenn der Verkäufer im Zuge eingehender Vertragsverhandlungen dem Käufer, insbesondere auf Befragen, einen ausdrücklichen Rat erteilt. Gleiches gilt auch bereits dann, wenn der Verkäufer dem Käufer als Ergebnis der Verhandlungen ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, das der Herbeiführung des Geschäftsabschlusses dienen soll (BGH NJW 2004, 64, 65; NJW 2003, 1811, 1812; NJW 1999, 638ff.).
32Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Den Klägern wurde unstreitig im Rahmen der Vertragsverhandlungen und der Beratung vom Beklagten zu 3) das Schaubild "die große Vermögensbildung" (Bl. 22 d.A.) und eine für sie erstellte individuelle "Musterrentabilitätsberechnung" (Bl. 23 d.A.) sowie durch andere Mitarbeiter der Beklagten zu 2) zwei Besuchsaufträge mit einer entsprechenden Berechnung der Kosten übergeben bzw. vorgelegt.
33Der Beklagte zu 3) konnte als Vertreter der Beklagten zu 2) für diese einen solchen Beratungsvertrag schließen. Stellt sich nämlich bei der Vermittlung des Kaufvertrags die Aufgabe der Beratung des Kaufinteressenten und ist diese vom Verkäufer einem Dritten überlassen, so kann sich dessen stillschweigende Bevollmächtigung zum Abschluss des Beratervertrags aus den Umständen ergeben, § 167 BGB. Hat der Käufer seinerseits keinen Maklerauftrag erteilt, sind für die Annahme einer stillschweigenden Bevollmächtigung keine zu strengen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, dass die individuelle Beratung des Kaufinteressenten – wie vorliegend – eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss der Verkaufsbemühungen ist (BGH NJW 2003, 1811, 1812f.). Den Klägern wurde durch die vorgelegten Berechnungen der Eindruck vermittelt, dass es sich um ein für sie rentierliches Geschäft handelt. Die Belastungen aus dem Immobilienkauf wurden durch Vorlage der Rentabilitätsberechnungen als tragbar dargestellt, und so wurde für die Kläger ein Anreiz geschaffen, mit vermeintlich geringem Aufwand Wohnungseigentum zu erwerben. Im Anschluss an die Vorlage der "Beispielrechnungen" fanden sich die Kläger daher auch bereit, die zur Finanzierung des Kaufs erforderlichen Vereinbarungen mit Darlehensgebern abzuschließen und damit den Weg für das Zustandekommen des Kaufvertrags freizumachen.
34Die Beklagte zu 2) war aufgrund des Beratungsvertrages den Klägern gegenüber verpflichtet, die Kläger umfassend und vor allem richtig über den Vertragsabschluss und dessen wirtschaftlichen Risiken und Folgen zu beraten und dabei der Beratung eine seriöse Kalkulation zu Grunde zu legen (BGH NJW 2004, 64, 66). Kernstück dieser Beratungspflicht war die zuverlässige und richtige Ermittlung des (monatlichen) Eigenaufwands der Kläger als Käufer, denn diese sollte die Kläger von der Möglichkeit überzeugen, das Objekt mit ihren Mitteln erwerben und halten zu können (BGH NJW 2004, 64, 66).
35Diese Pflicht hat die Beklagte zu 2) verletzt, denn die Beratung der Kläger war bereits auf Grund der vorgelegten fehlerhaften "Beispielrechnungen" nicht ordnungsgemäß. Die Beispielrechnungen weisen die tatsächliche monatliche Belastung der Kläger falsch aus. Das Schaubild "Die große Vermögensbildung", die "Musterrentabilitätsberechnung" für die Kläger und die Besuchsaufträge weisen sämtlich eine Gesamtbelastung der Kläger vor Steuern, bestehend aus Zins und Tilgung in Höhe von 832 DM aus. Tatsächlich müssen die Kläger aufgrund der abgeschlossenen Darlehensverträge monatlich 790, 53 DM (Bl. 36 d.A.) und 357,20 DM (Bl. 40 d.A.), d.h. insgesamt 1.147,73 DM zahlen. Diese Abweichung wurde auch nicht – für die Beklagte zu 2) unvorhersehbar – durch ein von den Klägern nachträglich gewähltes anderes Finanzierungsmodell hervorgerufen. Auch die Beklagte zu 2) hat nämlich bereits bei ihren Berechnungen ausweislich der Besuchsaufträge (Bl. 143 und 156 d.A.) Bausparverträge zur Tilgung der Darlehen vorgesehen und damit genau das später gewählte Finanzierungsmodell zugrunde gelegt. Anhaltspunkte für eine nachträgliche, eigenverantwortliche Änderungen des Finanzierungskonzepts durch die Kläger sind nicht ersichtlich.
36Die tatsächliche monatliche Belastung der Kläger erhöht sich noch um weitere 50 DM an Nebenkosten für die Verwaltung, so dass sie tatsächliche Belastung von Anfang an 1.197,73 DM statt errechneter 832 DM pro Monat betrug.
37Auch aus den Abrechnungen der Mieteinnahmen für den streitgegenständlichen Zeitraum ergibt sich eine erhebliche Differenz zwischen der im Rahmen der Beratung errechneten und der tatsächlichen Belastung der Kläger. So stehen der jährlichen Belastung der Kläger aus den Darlehensverträgen in Höhe von 13.772,76 DM in den Jahren 2001 bis 2003 Ausschüttungen nur in Höhe von umgerechnet jährlich 3.222,19 DM gegenüber. Die Belastung der Kläger beträgt daher jährlich 10.550,57 DM und monatlich 879,23 DM statt des in den Berechnungen angegebenen Aufwands vor Steuern von 514 DM bzw. 437,50 DM
38Schließlich hat die Beklagte zu 2) ihre Beratungspflichten auch dadurch verletzt, dass sie bei der Berechnung der monatlichen Belastungen der Kläger eine mögliche und absehbare Mietpoolunterdeckung nicht berücksichtigt hat. Schon im Jahr 2002, d.h. eineinhalb Jahre nach dem Vertragsschluss, wies der Mietpool eine erhebliche Unterdeckung auf und die Kläger traf eine Nachzahlungspflicht in Höhe von 490 €. Für das Jahr 2002 erhöht sich damit die tatsächliche monatliche Belastung der Kläger um weitere 79,87 DM. Die Beklagte zu 2) hat diese Entwicklung bei der Kalkulation der Mieteinnahmen und der Kosten der Anlage nicht berücksichtigt und damit nicht seriös kalkuliert. Dies gilt selbst dann, wenn die Unterdeckung durch einen Rückgang der erzielten Mieten hervorgerufen worden wäre. Die Entwicklung auf dem Mietmarkt war – insbesondere für informierte Kreise, zu denen auch die Beklagte zu 2) gehört – bei Abschluss des Vertrages im April 2000 bereits vorhersehbar.
39Die tatsächlichen Belastungen der Kläger stehen damit in einem eklatanten Missverhältnis zu dem, was die Kläger nach den "Beispielrechnungen" der Beklagten zu 2) erwarten durfte.
40Die Beklagte zu 2) hat die Unrichtigkeit der in den Berechnungen enthaltenen Angaben auch zu vertreten. Sie haftet insbesondere auch für das Verhalten des Beklagten zu 3) als ihrem Erfüllungsgehilfen, § 278 BGB.
41Die fehlerhafte Beratung der Kläger ist für das Zustandekommen des für sie nachteiligen Kaufvertrags ursächlich geworden. Infolge der unrichtigen Beratung ist den Klägern auch ein Schaden entstanden. Hierfür reicht es aus, dass für die Kläger in Anbetracht ihrer ersichtlich beschränkten finanziellen Möglichkeiten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein Immobilienerwerb subjektiv nur dann sinnvoll war, wenn sich dadurch keine nachhaltige Beeinträchtigung der sonstigen Lebensführung ergab (BGH NJW 2003, 1811, 1813).
42Die Beklagte zu 2) hat an die Kläger im Rahmen des Schadensersatzes – Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums an der Wohnung – die von den Klägern auf das Darlehen erbrachten Leistungen abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen zu zahlen und sie von weiteren Verbindlichkeiten aus den Darlehensverträgen freizustellen.
43Die Beklagte zu 2) hat den Klägern auch die weiteren streitgegenständlichen Kosten für den Mitgliedschaftsbeitrag der Beklagten zu 1) in Höhe von 102,26 €, die Nachschusspflicht in Höhe von 490 € für den Mietpool und die Anwaltskosten in Höhe von 197,20 € zu ersetzen, da den Klägern ohne die fehlerhafte Beratung durch die Beklagte zu 2) diese Kosten nicht entstanden wären.
44Der Umfang des von der Beklagten zu 2) geschuldeten Schadensersatzes wird durch ein mitwirkendes Verschulden der Kläger im Sinne des § 254 BGB nicht geschmälert. Insbesondere kann die Beklagte zu 2) den Klägern nicht entgegenhalten, dass diese die von der Berechnung abweichende monatliche Belastung aus den Darlehensverträgen hätten erkennen können. Ist ein Schadensersatzanspruch wegen unrichtiger Beratung gegeben, so ist dem Schädiger in aller Regel der Einwand verwehrt, der Geschädigte habe sich auf die Richtigkeit seiner Angaben nicht verlassen dürfen. Alles andere widerspräche dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der in § 254 BGB lediglich eine besondere Ausprägung erhalten hat (BGH NJW 2003, 1811, 1813; NJW 1998, 302, 305 m.w. Nachw.).
45Der Zinsanspruch der Kläger folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Anhaltspunkte für einen früheren Verzug der Beklagten zu 2) sind nicht ersichtlich.
46Der mit dem Klageantrag zu 3) geltend gemachte Anspruch auf Herbeiführung der Rückabtretung der Bausparverträge steht den Klägern hingegen nicht zu. Die Kläger können den ihnen entstandenen Schaden nur einmal geltend machen. Sie können daher neben der Rückzahlung der auf die Bausparverträge geleisteten Zahlungen nicht auch die Rückabtretung der Verträge verlangen.
47Der Feststellungsantrag zu 5) der Kläger hat ebenfalls keinen Erfolg. Den Klägern steht kein weitergehender Schadensersatzanspruch zu. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass den Klägern weitere Schäden entstehen werden.
48Die Klage gegen die Beklagte zu 1) und den Beklagten zu 3) ist unbegründet.
49Den Klägern stehen die geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) nicht zu.
50Insbesondere folgt ein Anspruch der Kläger auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleitsteten Zahlungen gegen die Beklagte zu 1) nicht als Rückabwicklungsanspruch aus § 3 HWiG. Zwar kann grundsätzlich auch ein in einer Haustürsituation angebahnter Verbraucherdarlehensvertrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen werden. § 5 Abs. 2 HWiG steht dem nicht entgegen (BGH NJW 2003, 422, 423). Vorliegend kann jedoch dahinstehen, ob die Darlehensverträge in einer Haustürsituation angebahnt worden sind, da ein Widerruf der Verträge nach § 1 HWiG a.F. nicht die von den Klägern begehrte Rechtsfolge hätte. Die Kläger hätten zwar einen Anspruch auf Rückzahlung der auf das Darlehen erbrachten Leistungen. Im Gegenzug wären sie aber gemäß § 3 HWiG a.F. verpflichtet, der Beklagten zu 1) die Darlehensvaluta einschließlich einer marktüblichen Verzinsung zurückzuzahlen (BGH NJW 2002, 1181), so dass der Geltendmachung des Anspruchs der Kläger die Einrede unzulässiger Rechtsausübung aus § 242 BGB entgegen stünde.
51Bei der Rückabwicklung des Darlehensvertrages nach § 3 HWiG steht der Bank ein Anspruch auf Rückzahlung der Darlehenssumme einschließlich marktüblicher Verzinsung zu. Eine andere Beurteilung ist auch nicht aufgrund einer wirtschaftlichen Einheit der von den Parteien geschlossenen Darlehensverträge und dem Kaufvertrag im Sinne des § 9 VerbrKG gerechtfertigt. § 9 VerbrKrG findet auf einen Realkreditvertrag, der – wie vorliegend – von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wird, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKG keine Anwendung (BGH NJW 2003, 422, 423). Auch ein Anspruch der Kläger gegen die Bank wegen Pflichtverletzungen beim Abschluss des Kaufvertrages im Wege eines Einwendungs- bzw. Rückforderungsdurchgriffs gemäß § 9 VerbrKrG scheidet aus diesem Grund aus.
52Im Fall einer Rückabwicklung der Verträge nach § 3 HWiG a.F., steht den Klägern auch kein Anspruch auf Freigabe der Sicherheiten zu, da die der Beklagten zu 1) gewährten Sicherheiten auch zur Sicherung eventueller Ansprüche auf Rückzahlung der Darlehensvaluta nach § 3 HwiG a.F. bzw. § 812 BGB dienen (BGH NJW 2003, 885).
53Ein Anspruch der Kläger gegen die Beklagte zu 1) auf Rückabwicklung der Darlehensverträge folgt auch nicht aus § 812 Abs. 1 BGB, da die Darlehensverträge nicht gemäß § 6 VerbrKG a.F. nichtig sind. Die Kosten der erst 2002 abgeschlossenen Lebensversicherungen konnten in den Darlehensverträgen aus dem Jahr 2000 noch nicht berücksichtigt werden. Dass den Klägern für den Bausparvertrag weitere Kosten entstanden sind, ist nicht ersichtlich. Zudem ist § 4 Abs. 1 S. 4 lit. b VerbrKG a.F. gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKG a.F. auf Realkreditverträge nicht anwendbar. Die in § 4 Abs. 1 S. 4 lit. a bis f und Nr. 2 a bis e genannten Angaben fehlen in dem Vertrag nicht. Etwaige unrichtige Angaben hätten zudem gemäß § 6 VerbrKG nicht die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge (Palandt, 60. Aufl., § 6 VerbrKG Rn. 12; BGH NJW 2004, 154).
54Auch steht den Klägern gegen die Beklagte zu 1) kein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss zu. Die Beklagte zu 1) hat den Klägern gegenüber keine Beratungs- oder Aufklärungspflichten verletzt. Eine, einen Wohnungskauf finanzierende Bank trifft eine vorvertragliche Pflicht zur Aufklärung grundsätzlich nur im Hinblick auf den Darlehensvertrag. Die Bank trifft jedoch grundsätzlich keine Pflicht zur Aufklärung und Beratung über den zu finanzierenden Immobilienkauf (BGH NJW 2004, 158; NJW 2003, 885; NJW 2003, 422). Das Risiko einer sachgerechten Verwendung des Kredits trägt vielmehr der Kreditnehmer. Sofern ein Vertreter der Immobilienverkäufer falsche Angaben über das Kaufobjekt gemacht hat, ist dies der Bank auch nicht zuzurechnen, da der Vermittler insoweit nicht in ihrem Pflichtenkreis tätig geworden ist.
55Nur in bestimmten Ausnahmefällen trifft die Bank eine Hinweispflicht (Palandt, 64. Aufl. § 280 Rn. 64). Ein solcher Ausnahmefall liegt jedoch nicht vor. Dass die Bank ihre Kreditgeberrolle überschritten hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch liegt kein schwerwiegender Interessenkonflikt oder ein konkreter Wissensvorsprung der Beklagten zu 1) vor. Schließlich hat sie sich den Klägern gegenüber auch nicht gefahrerhöhend verhalten. Entgegen der Ansicht der Kläger besteht ein solches gefahrerhöhendes Verhalten der Beklagten zu 1) nicht darin, dass diese Kenntnis davon hatte, dass die Kläger einen Mietpoolvertrag abgeschlossen hatten. Anders als im vom OLG Karlsruhe entschiedenen Fall (OLG Karlsruhe ZIP 2005, 698), hat die Bank den Abschluss des Mietpoolvertrags nicht zur Vertragsbedingung gemacht. Die Kläger hatten den Mietpoolvertrag vielmehr bereits zuvor abgeschlossen. Im Hinblick auf einen bereits abgeschlossenen Vertrag, auf dessen Abschluss die Beklagte zu 1) keinen Einfluss hatte, besteht keine Aufklärungspflicht der Beklagten zu 1).
56Zudem stellt der Abschluss des Mietpoolvertrages durch die Kläger keine Gefahrerhöhung, sondern im Gegenteil eine Risikoverringerung dar. Sinn und Zweck des Beitritts zum Mietpool ist es gerade, u.a. das Risiko einzelner Leerstände auf die Schultern vieler Miteigentümer zu verteilen (OLG Hamm Urteil vom 10.03.2005 Az.: 5 U 140/04).
57Die Beklagte zu 1) hat die Kläger auch im erforderlichen Umfang über den Darlehensvertrag informiert. Die Beklagte zu 1) war insbesondere nicht verpflichtet, auf Besonderheiten des Vorausdarlehens und der vereinbarten Tilgung durch den Bausparvertrag hinzuweisen, da es grundsätzlich zum Aufgabenbereich des Kreditnehmers gehört, sich die notwendigen Informationen zu beschaffen (OLG Hamm Urteil vom 10.03.2005 Az.: 5 U 140/04). Ein Beratungsvertrag mit weitergehenden Aufklärungspflichten bestand zwischen den Klägern und der Beklagten zu 1) nicht.
58Ein Anspruch der Kläger gegen die Beklagte zu 1) gemäß §§ 812 Abs. 1, 123, 142 BGB, scheitert daran, dass den Klägern kein Anfechtungsgrund zusteht. Die Beklagte zu 1) hat die Kläger bei Vertragsschluss nicht durch das Verschweigen von Tatsachen arglistig getäuscht, da sie – wie dargelegt – bereits keine entsprechende Aufklärungspflicht traf.
59Die Anträge der Kläger auf Rückabtretung der Bausparverträge und Feststellung einer weiteren Haftung der Beklagten zu 1) sind ebenfalls unbegründet, da die Beklagte zu 1) – wie dargestellt – den Klägern gegenüber nicht zum Schadensersatz verpflichtet ist.
60Auch die Klage gegen den Beklagten zu 3) ist nicht begründet. Insbesondere steht den Klägern gegen den Beklagten zu 3) kein Anspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss zu, da der Beklagte zu 3) lediglich Vermittler, nicht aber Partei des angebahnten Vertrages war. Der Verhandlungsgehilfe haftet nur dann wegen eigenen Verschuldens bei Vertragsschluss, wenn er ein eigenes, unmittelbares wirtschaftliches Interesse am Vertragsschluss hat – d.h. wenn er wirtschaftlich betrachtet gleichsam in eigener Sache tätig wird – oder im Sinne des § 311 Abs. 3 BGB besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat – d.h. wenn der Vertreter und dadurch eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität des Vertrages übernommen hat (Palandt, 64. Aufl., § 311 Rn. 63).
61Beides ist vorliegend nicht der Fall. Der Beklagte zu 3) hat weder ein besonderes Vertrauensverhältnis zu den Klägern ausgenutzt, noch hat er ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse am Vertragsschluss. Das bloß mittelbare Interesse des Beklagten zu 3) an einer Provision, genügt dazu nicht (vgl. Palandt, 64. Aufl., § 311 Rn. 61).
62Die Kläger haben gegen den Beklagten zu 3) auch keinen Schadensersatzanspruch wegen unerlabter Handlung gemäß § 823 ff BGB. Anhaltspunkte für Ansprüche aus Delikt bzw. unerlaubter Handlung sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
63Mangels einer persönlichen Haftung des Beklagten zu 3) sind auch die Anträge der Kläger auf Rückabtretung der Bausparverträge und Feststellung einer weiteren Haftung des Beklagten zu 3) unbegründet.
64Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 92 Abs. 1, 100 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
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