Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 952/04
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger aus einem Streit-wert in Höhe von 47.656,71 € auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
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T a t b e s t a n d
2Im Jahr 1994 beabsichtigte der Kläger, sich mit einer Summe von 50.000 DM an dem M GbR zu beteiligen. Diese GbR wurde von der T mbH & Co. - sowie der W2 mbH mit dem Zweck gegründet, in der I-Straße ein Büro- und Geschäftshaus in M2 zu errichten, was sodann vermietet und verwaltet werden sollte. Zur Realisierung des Gesellschaftszwecks sollten über eine Treuhandgesellschaft, die K mbH (Treuhänderin) weitere Gesellschafter beitreten und den Gesellschaftszweck durch ihre Kapitaleinlage fördern.
3Am 27.04.1994 unterzeichnete der Kläger zu diesem Zweck ein schriftliches Treuhandangebot an die Treuhänderin, das zugleich eine Vollmacht beinhaltete, womit der unterzeichnende Gesellschafter die Treuhänderin ausdrücklich bevollmächtigte, sowohl für die Gesellschaft als auch für die einzelnen Gesellschafter die erforderlichen Kredite aufzunehmen, Konten bei Banken zu eröffnen, über Eigen- und Fremdmittel zu verfügen sowie das Immobilienfondsvermögen als Sicherheit zu belasten. Der Kläger bevollmächtigte die Treuhänderin zugleich, 70 % der Beteiligungssumme, somit 35.000,00 DM, durch ein Darlehen zu finanzieren.
4Durch notariell beglaubigte Urkunde vom 05.10.1994 wurde das Angebot auf Abschluss eines Treuhandvertrages und Bevollmächtigung der Treuhänderin wiederholt. Die Treuhänderin erklärte für den Kläger den Beitritt zur Fondsgesellschaft.
5Im Jahr 1994 stellte die I2- aus C der Gesellschaft 70 % des Gesamtaufwandes von 48.250.000,00 DM als Kreditmittel zur Verfügung. Das Gesamtnettodarlehen belief sich auf 33.750.000,00 DM. Zur Sicherung dieses Kredites wurden Grundschulden in Höhe von 37.550.000,00 DM bestellt.
6Der Kläger war, vertreten durch die Treuhänderin, durch ein Darlehen in Höhe von insgesamt 38.900,00 DM an diesem Kredit beteiligt, das durch annuitätische Tilgung zurückgezahlt werden sollte. Aufgrund dieser Tilgungsvereinbarung erfolgte kein Abschluss einer Kapitallebensversicherung, die an die Rechtsvorgängerin der Beklagten abgetreten worden wäre.
7Im Jahr 2000 erstellte die I3, F, T und Partner GbR aus E im Auftrag einer zwischenzeitlich gegründeten Interessengemeinschaft ein Konzept, dass die Sanierungswürdigkeit und Fähigkeit des in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gekommenen Fonds begutachtete.
8Mit Schreiben vom 04. September 2000 erklärte die Beklagte, dass sie zu einer Mitwirkung der Sanierung des Fonds bereit sei und bot allen Anlegern, auch dem Kläger, den Abschluss eines Vergleichs an, der u. a. vorsah, dass die Beklagte auf 42,5 % der ursprünglichen Kreditforderung zum 31.12.1999 verzichtete. Unter Ziffer 5) des Vergleiches sollte vereinbart werden, dass
9". . . die bisher geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen nicht zurückgefordert werden, dass dann verbleibende Darlehen nach Ablauf der Sanierungsphase ordnungsgemäß zurückgeführt wird und Sie rechtsverbindlich auf jegliches Ersatz - und sonstige Ansprüche . . . aus den streitgegenständlichen Forderungen - seien diese bekannt oder unbekannt - verzichten."
10Mit Unterschrift vom 27.09.2000 erklärte sich der Kläger mit diesem Vergleich einverstanden. Die zum 31.12.1999 bestehende Kapitalforderung wurde hierdurch auf 18.366,03 DM reduziert.
11Der Kläger behauptet, die Beteiligung an der Fonds GbR sei ihm durch den Finanzmakler X vermittelt worden. Ein Prospekt habe bei der Unterzeichnung nicht vorgelegen. Dies sei ihm erst 3 Jahre später durch den Vermittler übersandt worden. Die hierin enthaltenen Angaben seien falsch. Sie dienten ausschließlich dazu, Interessenten über angebliche Mieterträge und die Werthaltigkeit der Beteiligung zu täuschen. Tatsächlich seien der Fonds Nr. ## schon in der Zeit von 1991 bis 1995 überschuldet gewesen.
12Der Kläger behauptet, weder bei Darlehensvertragsabschluss noch bei Abschluss des Vergleiches sei ihm der auf ihn entfallende Anteil am Gesamtaufwand mitgeteilt worden. Er vertritt die Auffassung, das bei Vertragsschluss des Vergleiches beide Parteien von der Wirksamkeit der Beteiligung ausgegangen seien und nur aus diesem Grund einen Vergleich im September 2000 geschlossen hätten. Nach Auffassung des Klägers ist dieser Vergleich nach § 779 BGB unwirksam. Hätte er zum Zeitpunkt des Vergleichabschlusses gewusst, dass der ursprüngliche Darlehensvertrag aus dem Jahr 1994 unwirksam war, hätte er den Vergleich nicht abgeschlossen. Zudem hätten sich die Parteien über die Sanierungsfähigkeit des Fonds getäuscht.
13Der Kläger meint außerdem, sowohl der Darlehensvertrag als auch die Vergleichsvereinbarung enthielten nicht die erforderlichen Angaben bzgl. des Kreditbetrages oder der zur Tilgung und Begleichung der Zinsen und sonstiger Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen.
14Der Kläger behauptet, in der gesamten Laufzeit 10.755,60 € an Zins- und Tilgungsleistungen erbracht zu haben. Zudem habe er für den Beitritt zur Interessengemeinschaft einen Beitrag von 127,82 € sowie an die Hausverwaltung einen Nachschuss in Höhe von 132,46 € zahlen müssen. Hiergegen habe er eine Ausschüttung in Höhe von 147,44 € und Steuervorteile in Höhe von 7.149,82 € erhalten.
15Nach teilweiser Klageerweiterung und Klagerücknahme beantragt der Kläger nunmehr:
16- festzustellen, dass die Beklagte gegen den Kläger keine Ansprüche aus Darlehensvereinbarungen im Zusammenhang mit der Begründung der Beteiligung des Klägers an der M GbR sowie keine Ansprüche aus dem mit dem Kläger am 04.09.2000 geschlossenen Vergleich hat,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 17.402,39 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 27.01.2005 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückübertragung seiner Beteiligung an der M GbR,
- hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, Schadensersatz in Höhe von 10.365,41 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 27.01.2005 an den Kläger zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Sie ist der Auffassung, im Prospekt seien die Risiken der Beteiligung eindeutig aufgeführt. Insbesondere sei das Vermietungsrisiko hervorgehoben. Die Beklagte behauptet, bei Abschluss des Darlehensvertrages zwischen der Treuhänderin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten habe die Originalvollmacht des Klägers oder aber zumindest eine Ausfertigung der notariell beglaubigten Unterschrift vorgelegen.
20Die Beklagte vertritt die Auffassung, sowohl der Darlehensvertrag als auch der im Jahr 2000 folgende Vergleich seien wirksam. Bei Abschluss des Vergleiches seien die rechtlichen Probleme bzgl. der Wirksamkeit der Darlehensvereinbarung bekannt gewesen. Über diese rechtliche Unsicherheit habe man sich durch die Vergleichsvereinbarung gerade einigen wollen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
22A. Zulässigkeit
23Soweit der Kläger die Feststellung beantragt hat, dass die Beklagten gegen ihn keine Ansprüche aus dem ursprünglichen Darlehensvertrag geltend machen könne, ist dieser insoweit gestellte Hauptfeststellungsantrag unzulässig. Denn nur für den Fall, dass die zeitlich nachfolgende Vergleichsvereinbarung zwischen den Parteien nicht wirksam ist, könnte die Beklagte weitere Ansprüche aus dem ursprünglichen Darlehensvertrag gegen den Kläger geltend machen. Der Kläger hätte daher den Feststellungsantrag bzgl. der ursprünglichen Darlehensvereinbarung nur hilfsweise für den Fall stellen können, dass die Feststellung, dass die Beklagte aus dem am 04.09.2000 geschlossenen Vergleich keine weiteren Ansprüche gegen ihn geltend machen kann, unbegründet ist.
24B. Begründetheit
25I. Wirksamkeit des Vergleichs vom 04.09./27.09.2000
26Der Antrag des Klägers auf Feststellung, dass die Beklagte aus dem im September 2000 zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich keine Ansprüche gegen den Kläger herleiten kann, ist unbegründet. Denn die zwischen den Parteien geschlossene Vergleichsvereinbarung ist wirksam.
271.
28Der zwischen den Parteien geschlossene Vergleich aus September 2000 ist nicht nach § 6 Abs. 1 Verbraucherkreditgesetz nichtig. Die Vereinbarung verstößt nicht gegen die Formvorschriften des § 4 Verbraucherkreditgesetz (in der bis zum 30. September 2000 gültigen Fassung). § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 a Verbraucherkreditgesetz sieht vor, dass die vom Verbraucher zu unterzeichnende Kreditvereinbarung die Angabe des Nettokreditbetrages, gegebenenfalls die Höchstgrenze des Kredites enthalten muss. Diese Angabe ist in der Vergleichsvereinbarung enthalten. Für den Kläger ist erkennbar, dass mit Annahme des Vergleiches mit Wirkung zum 31.12.1999 zugunsten der Beklagten eine Kapitalforderung in Höhe von 18.366,03 DM bestand.
29Der Wirksamkeit der Vereinbarung steht zudem nicht entgegen, dass der Vergleichstext nicht den nach § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b Verbraucherkreditgesetz zu benennenden Gesamtbetrag aller vom Verbraucher zur Tilgung des Kredits sowie zur Zahlung der Zinsen und sonstigen Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen aufweist. Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Verbraucherkreditgesetzes findet diese Vorschrift keine Anwendung auf Kreditverträge, nach denen der Kredit durch ein Grundpfandrecht gesichert ist. Ausweislich Ziffer 8 der Vergleichsvereinbarung sicherte die bereits ursprünglich eingetragene Grundschuld über nominal 37,55 Millionen DM nebst Zinsen und einmaliger Nebenleistung nach Maßgabe der bereits unterzeichneten Zweckvereinbarung weiterhin den Gesamtkredit der Beklagten. Die Kammer folgt der Auffassung des 2. Senates des Bundesgerichtshofs, § 3 Abs. 2 Nr. 2 Verbraucherkreditgesetz beziehe sich nicht auf Kreditverträge, bei denen das Grundpfandrecht bereits vor Abschluss des Vertrages bestellt war, nicht (vgl. Urteil des 2. Senates vom 14.06.2004, AZ II ZR 393/02, Urteil des 2. Senats vom 21.03.2005, AZ II ZR 411/02). Denn der Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 Verbraucherkreditgesetz sieht keine Unterscheidung zwischen Grundpfandrechten, die bereits zur Sicherung des Kredites vor Vertragsabschluss und nach Vertragsabschluss bestellt wurden, vor (vgl. auch Urteil des 11. Senats vom 26.10.2004, AZ XI ZR 255/03).
302.
31Die Vergleichsvereinbarung vom 04.09./27.09.2000 ist auch nicht gemäß § 779 BGB unwirksam. Ausweislich des Schriftverkehrs, der bereits zwischen der gegründeten Interessengemeinschaft und der Rechtsvorgängerin der Beklagten ab Ende des Jahres 1998 geführt wurde, war auch die Unwirksamkeit der ursprünglich geschlossenen Darlehensverträge Gegenstand der Vergleichsverhandlungen. Durch Abschluss des Vergleiches sollte die bestehende Unsicherheit bzgl. der Wirksamkeit des Darlehensvertrages beseitigt werden. Der Kläger selbst war nach eigenem Vortrag Mitglied dieser Interessengemeinschaft und daher rechtlich beraten. Er kann sich daher nicht darauf berufen, dass er sich zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses nicht darüber bewusst gewesen wäre, dass der ursprünglich geschlossene Darlehensvertrag möglicherweise rechtlich unwirksam war. Auch ein möglicher Irrtum der Parteien über die Sanierungsfähigkeit des Fonds führt nicht zu einer Unwirksamkeit des Vergleiches nach § 779 BGB. Denn es handelte sich um einen Sachverhalt, dessen Ausgang für beide Parteien ungewiss war. Wenn es dann zu ungünstigen Abweichungen kommt, fällt dies in das Risiko der Parteien und führt weder zur Unwirksamkeit noch Anfechtbarkeit des Vergleichs (vgl. Palandt § 779 BGB Rdnr. 15).
32Da die Vergleichsvereinbarung aus dem Jahr 2000 wirksam ist, hatte der Feststellungsantrag des Klägers keinen Erfolg.
33II.
34Aufgrund der Wirksamkeit des Vergleiches war die Beklagte nicht zur Zahlung von 17.402,39 € Zug um Zug gegen Rückübertragung der Fondsbeteiligung zu verurteilen. Dem Kläger steht kein Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen die Beklagte zu, da die Zahlungen aufgrund der wirksamen Vergleichsvereinbarung, die den ursprünglichen Darlehensvertrag aus dem Jahr 1994 ersetzt, erfolgten.
35III.
36Der Kläger kann gegen die Beklagte auch keine Schadensersatzansprüche geltend machen, da er gemäß Ziffer 5 des Vergleiches rechtsverbindlich auf jegliche Ersatz und sonstige Ansprüche gegen die Beklagte, seien sie bekannt oder unbekannt - verzichtet hat.
37IV.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 ZPO.
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Referenzen
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