Beschluss vom Landgericht Dortmund - 9 T 148/06
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 396,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der Beteiligte zu 1) ist der Betreuer der Betroffenen. Die Betroffene wohnt in einem Appartement in dem Wohnstift L. Das Appartement ist 32 qm groß und besteht aus einem Wohnraum, einem Badezimmer und einem Flur mit einer eingebauten Küchenzeile. Die Betroffene hat das Appartement mit einem Wohnstiftvertrag vom 24.9.1999 angemietet. Das monatliche Entgelt beträgt zur Zeit 1.480,00 €. Damit sind neben der Überlassung der Räume auch im Vertrag näher bezeichnete Stiftsleistungen abgegolten. Es wird insoweit auf § 4 des Wohnstiftsvertrages vom 24.9.1999 (Bl. 115 d.A. SH) Bezug genommen.
4Mit Schreiben vom 1.10.2005 und 1.1.2006 beantragte der Beteiligte zu 1), die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung für die Betreuung in dem Zeitraum 1.7.2005 – 30.9.2005 und 1.10.2005 – 31.12.2005 auf jeweils 462,00 € festzusetzen. Er ist der Auffassung, dass die Betroffene nicht in einem Heim im Sinne des VBVG untergebracht ist und ihm deshalb die höhere Vergütung nach § 5 VBVG zustehe.
5Die Beteiligte zu 2) dagegen geht von einer Heimunterbringung aus und hält eine Vergütung von jeweils 264 € für gerechtfertigt.
6Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die von den Beteiligten abgegebenen Stellungnahmen Bezug genommen.
7Durch Beschluss vom 2.2.2006 hat sich das Amtsgericht Dortmund der Auffassung der Beteiligten zu 2) angeschlossen und hat die Vergütung für die Betreuung in dem Zeitraum 1.7.2005 – 30.9.2005 und 1.10.2005 – 31.12.2005 auf insgesamt 528,00 € (2 x 264 €) festgesetzt.
8Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seiner sofortigen Beschwerde.
9II.
10Die gem. § 56g Abs. 5 FGG zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
11Das Amtsgericht Dortmund ist bei der Berechnung der dem Beteiligten zu 1) aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung zu Recht von einer Heimunterbringung der Betroffenen ausgegangen.
12Die Höhe der Vergütung eines Berufsbetreuers nach § 5 VBVG hängt unter anderen davon ob, ob die Betroffene in einem Heim unterbracht ist oder nicht. Der Gesetzgeber ist bei der Regelung der Pauschalvergütung davon ausgegangen, dass der Arbeitsaufwand bei der Betreuung einer Person, die in einer eigenen Wohnung lebt, wesentlich höher ist als bei einer im Heim untergebrachten Person. In einem Heim ist der Tagesablauf der betreuten Person strukturiert und organisiert. Viele Angelegenheiten werden durch die Heimleitung erledigt, so dass für einen Betreuer weniger Aufwand anfällt.
13§ 5 Abs. 3 VBVG greift dabei die Definition des Heimgesetzes auf und verweist insoweit auch auf § 1 Abs. 2 des Heimgesetzes.
14Nach § 5 Abs. 3 VBVG sind Heime Einrichtungen, die dem Zweck dienen, Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie tatsächliche Betreuung und Verpflegung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden. Das Heim ist so von der Wohnform des Betreuten Wohnens abzugrenzen.
15Da auch im Rahmen des Betreuten Wohnens Versorgungs- und Pflegeleistungen angeboten werden, kann die Abgrenzung schwierig sein.
16Bei der Differenzierung zwischen Betreutem Wohnen und Heimunterbringung ist nach der Begründung des Gesetzgebers (BT-Drucksache 14/5399) folgendes zu berücksichtigen: Ein Heim liegt dann vor, wenn die Einrichtung Menschen aufnimmt und an die Überlassung des Wohnraums umfangreiche Betreuungs- und Verpflegungsleistungen gekoppelt sind. Mit dem Begriff "Aufnehmen" ist eine gewisse Intensität der Eingliederung des Bewohners in den Organismus "Heim" verbunden. Indiz für eine solche feste Eingliederung kann die Ausstattung der Einrichtung sein, wenn diese nämlich über Gemeinschafts- und Therapieräume verfügt und Angebote der sozialen Betreuung, der Tagesstrukturierung oder sonstige Angebote macht, die ein Zusammenleben der Bewohner ermöglichen. Zudem spricht für eine Heimunterbringung, wenn die im Entgelt enthaltene Betreuungspauschale im Verhältnis zur Miete nicht mehr von untergeordneter Bedeutung ist, wenn sie erheblich über 20 % des monatlichen Entgelts für Miete einschließlich der Betriebskosen liegt.
17Im vorliegenden Fall erscheint die von der Betroffenen genutzte Wohnform bei oberflächlicher Betrachtung nicht den Anforderungen an ein Heim zu genügen. Die Betroffene bewohnt in dem Wohnstift ein eigenes Appartement mit Küche, so dass sie eigenständig ist und die Möglichkeit hat, sich selbst zu versorgen. Zudem hat der Träger des Wohnstifts mit der Betroffenen einen Wohnstiftvertrag abgeschlossen. Für die Unterbringung im Pflegebereich des Stifts verwendet der Träger hingegen sogenannte Heimverträge.
18Bei näherer Betrachtung der in § 4 des Wohnstiftvertrages vereinbarten Service-Leistungen ist aber festzustellen, dass das im Entgelt enthaltene Angebot die im Rahmen eines Betreuten Wohnens üblichen Leistungen deutlich übersteigt.
19Neben den Grundleistungen wie Hausnotruf, Zimmerreinigung, Reinigung der Wäsche u.s.w werden auch Leistungen in Anspruch genommen oder vorgehalten, die typischerweise in einem Heim zu finden sind. So findet das tägliche Mittagessen gemeinsam mit anderen Bewohnern im Restaurant und nicht in dem eigenen Appartement statt. Die umfassende Betreuung bei vorübergehender Krankheit ist sichergestellt. Es werden umfangreiche Angebote zur Strukturierung des Tagesablaufs gemacht. Dazu zählen die Therapieangebote, kulturelle Veranstaltungen, die Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen und die Bereitstellung von Fahrdiensten für gemeinsame Veranstaltungen. Gerade dies zeigt, dass die Eingliederung in die Einrichtung ein wesentlicher Bestandteil der Leistungen ist.
20Zudem spricht die Höhe des Entgelts von 1.480 € für Wohnraumüberlassung und Service-Leistungen dafür, dass die für ein Heim typischen Leistungen von ganz erheblicher Bedeutung sind. Bei einem 32 qm großen Appartement kann auch bei Annahme eines hohen Mietzinses immer noch davon ausgegangen werden, dass der Entgeltanteil für die Betreuungsleistungen deutlich über 20 % des Mietzinsanteils liegt. Bezüglich der Berechnung wird auf die insoweit zutreffende Stellungnahme der Beteiligten zu 2) vom 13.2.2006 verwiesen.
21Dem Beteiligten zu 1) steht daher nur die niedrigere Vergütung bei Heimunterbringung zu.
22Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131 II, 30 I KostO.
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