Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 760/05
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger nach einem Streitwert von 113.542,14 € (52.796,85 € + 15.000,00 € + 45.745,29 €).
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Im September 1993 gründeten die I – I 2 Vermögensberatungsgesellschaft mbH & Co, die T Vermögensberatungsgesellschaft mbH, Q und T 3 die I – Gewerbefonds ## Büro- und Geschäftshaus "I 3 Strasse" M GbR (im Folgenden I 4). Gesellschaftszweck war die Errichtung und Vermietung eines Büro- und Geschäftshauses. Zur Realisierung des Gesellschaftszwecks sollten über eine Treuhandgesellschaft, die Fa. K - Treuhand – Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden Fa. K ) weitere Gesellschafter beitreten (Anlage K2/1). Über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte die Fa. K nicht.
3Unter dem 2.8.1994 unterschrieben die Kläger einen formularmäßigen "Auftrag und Vollmacht (Zeichnungsschein) I 4 " womit sie die K -Treuhand Steuerberatungsgesellschaft mbH (Fa. K ) beauftragten, den Beitritt zu der vorgenannten Fondgesellschaft mit einer Anteilssumme in Höhe von 200.000,- DM zu erklären. Sie erteilten der Fa K ausdrücklich Vollmacht sowohl für die Gesellschaft als auch für die einzelnen Gesellschafter die erforderlichen Zwischen- und Endfinanzierungskredite aufzunehmen, namens der Gesellschaft und der Gesellschafter Konten bei Banken zu eröffnen und über Eigen- und Fremdmittel zu verfügen und das Immobilienvermögen des Fonds als Sicherheit insgesamt zu belasten. Finanziert werden sollte der Gesamtaufwand unter anderem durch 70% Fremdkapital ohne Damnum (Weitere Einzelheiten Anlage B2). Die Kläger unterschrieben am gleichen Tag eine formularmäßige Widerrufsbelehrung (Anlage B2) und am 12.8.1994 einen Treuhandvertrag nebst Vollmacht für die Fa. K (Anlage B3). Ein Muster dieser Urkunde (Anlage K2/2) war Bestandteil des Prospektes (Anlage K3), der den Klägern übergeben worden war. Die Unterschriften wurden notariell beglaubigt.
4Zur Zwischen- und Endfinanzierung des Grundstückskaufpreises und der Baukosten in Höhe des Teils der auf jeden Gesellschafter entfallenden Darlehensbeträge schloss die Fa. K im Namen der Gesellschafter der I 4 "gemäß beiliegenden Listen" mit der E-Bank unter dem 22.6.1994/1.7.1994 (Anlage B4) und 21.12.1995 (Anlage B5, B6 (Schreiben vom 21.2.1996)) schriftliche Darlehensverträge mit folgenden Konditionen:
5Darlehenssummen: 140.000,- DM und 15.600,- DM,
6Tilgungsaussetzung gegen Abtretung einer LV,
76,9% Sollzinsen fest für die Zeit vom 30.12.1995 bis 31.3.2004,
8Auszahlung: 90%,
9Darlehensbefristung (Endfinanzierung): 30.12.1995 bis 30.8.2015,
10Sicherung durch Grundschulden in Höhe von insgesamt 37.550.000,- DM.
11Beigefügt waren Listen der Anleger in denen folgende Beträge aufgelistet wurden:
12Bruttodarlehen, Damnum, Bearbeitungsgebühr, Nettodarlehn abgesichert durch Lebensversicherung, Zinsen, Gesamtbetrag aller Zahlungen.
13Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der E-Bank.
14Im September 2000 schlossen die Parteien eine "Vergleichsvereinbarung" mit Folgenden Konditionen (K 7):
15Erlass der Darlehensforderung durch die Beklagte in Höhe von 42,5%,
16"neue Kapitalforderung per 31.12.1999" 80.500,00 DM + 8.970,00 DM,
175,25% Zinsen zahlbar am 15.3., 15.6., 15.9. und 15.12. eines jeden Jahres fest für die Zeit vom 1.1.2000 bis 31.12.2010,
18anfänglicher effektiver Jahreszins 5,25%,
19Tilgungsaussetzung bis zum Ablauf des Zinsbindungszeitraums und Abtretung Lebensversicherung,
20Sicherung durch bestehende Grundschulden in Höhe von 37.550.000,- DM,
21…5. "Da zwischen allen Parteien Einigkeit besteht, dass die Sanierung der Fondsgesellschaft gemeinsam angestrebt wird, erklären sie mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung rechtsverbindlich, dass die bisher geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen nicht zurückgefordert werden, dass dann verbleibende Darlehen nach Ablauf der Sanierungsphase ordnungsgemäß zurückgeführt wird und sie rechtsverbindlich auf jegliche Ersatz- und sonstigen Ansprüche gegenüber … aus den streitgegenständlichen Forderungen – seien diese bekannt oder unbekannt – verzichten. .. "
22Vorangegangen waren Verhandlungen mit der "Interessengemeinschaft" der I 4 und I 5, vertreten durch T 3 und I 6. Mit Anwaltsschreiben vom 23.11.1998 (Anlage B7) hatte die Interessengemeinschaft unter anderem Ansprüche auf Schadensersatz wegen unterlassener Risikohinweise und Rückzahlung von Zinsen und Kreditkosten sowie Freistellung aufgrund der Unwirksamkeit der Vollmacht geltend gemacht, die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 8.6.1999 (Anlage B8) zurückgewiesen worden waren.
23Die Kläger begehren mit der vorliegenden Klage die Rückzahlung ihrer Zinszahlungen in dem Zeitraum 1996 bis 2003 in Höhe von 31.322,59 € (Anlage K10) und ihrer Eigenkapitalzahlung in Höhe von 21.474,26 € sowie des Rückkaufwertes der Lebensversicherung, Freistellung und hilfsweise Feststellung. Sie erklärten mit der vorliegenden Klage die Anfechtung des Vergleiches und den Widerruf der in dem Zeichnungsschein enthaltenen Erklärungen. Sie meinen, die Darlehensverträge und der Vergleich seien unwirksam (Einzelheiten Blatt 7 bis 25 der Klage, Blatt 2 bis 24 des Schriftsatzes vom 28.6.2006 und Blatt 1 bis 7 des Schriftsatzes vom 16.8.2006).
24Sie behaupten, ein Vermittler habe sie in ihrer Privatwohnung aufgesucht. Er habe lediglich die Vorteile nicht aber die Risiken der Kapitalanlage dargestellt.
25Die Gründer der Interessengemeinschaft hätten in großem Umfang Beteiligungen an den I Fonds vermittelt und hauptsächlich im eigenen Interesse, nämlich Schadensersatzforderungen abzuwehren, gehandelt. Den Klägern sei bewusst wahrheitswidrig suggeriert worden, dass mit dem Abschluss des Vergleiches die im Prospekt prognostizierte wirtschaftliche Entwicklung des Fonds erreicht werde, was nicht der Fall gewesen sei. Der Beklagten sei dies bekannt gewesen.
26Die Kläger beantragen,
27die Beklagte zu verurteilen,
281. an sie 52.796,85 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übertragung des Geschäftsanteils an dem I 4 in Höhe einer Beteiligungssumme von 200.000,- DM und etwaigen Schadensersatzansprüchen gegen Dritte wie Fondsinitiatoren etc. zu bezahlen,
292. die zur Sicherheit abgetretene Lebensversicherung bei der O Lebensversicherungs AG mit der Nummer #### zurückabzutreten
303. die Kläger bzgl. aller Verpflichtungen, welche im Zusammenhang mit ihrer Gesellschafterstellung an dem I 4 gegenüber Mitgesellschaftern und anderen Dritten stehen und die bis zum Zeitpunkt der Übertragung ihres Geschäftsanteils an die Beklagte entstehen bzw. entstanden sind, insbesondere von den Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag vom 22.6/1.7.1994 bzw. dem Vergleich vom 4.9/25.9.2000 freizustellen,
31hilfsweise
32festzustellen, dass der mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der E-Bank, geschlossene Darlehensvertrag ebenso wie der mit der Beklagten geschlossene Vergleich vom 4.9.2000/25.9.2000 unwirksam sind.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie beruft sich auf die Einrede der Verjährung.
36Entscheidungsgründe
37Die Klage ist nach dem eigenen Vortrag der Kläger nicht begründet.
38Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der Zins- und Eigenkapitalleistungen (Klageantrag zu 1), Rückabtretung der Lebensversicherung (Klageantrag zu 2) und Freistellung (Klageantrag zu 3). Die Parteien haben im Jahr 2000 eine "Vergleichsvereinbarung" geschlossen mit folgenden Rechtsfolgen:
391. Die Kläger können die bis zum Ende des Jahres 1999 an die Rechtsvorgängerin der Beklagten und die Fa. K (Eigenkapital) geleisteten Zahlungen aus keinem Rechtsgrund ersetzt verlangen, weil die Parteien in Nummer 5 einen vollständigen Erlass vereinbart haben. Der Wortlaut der Vereinbarung ist eindeutig und hinreichend bestimmt. Die Kläger erklären darin unter anderem "rechtsverbindlich", dass die bisher geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen nicht zurückgefordert werden, .... und sie rechtsverbindlich auf jegliche Ersatz- und sonstigen Ansprüche gegenüber … aus den streitgegenständlichen Forderungen – seien diese bekannt oder unbekannt – verzichten. Erfasst sind damit alle Ansprüche.
402. Die Kläger können nicht die Rückgewähr der ab Anfang 2000 an die Beklagte geleisteten Zahlungen und der an die Beklagte abgetretenen Lebensversicherung verlangen, weil die Parteien einen Darlehensvertrag geschlossen haben und die Kläger daher verpflichtet sind, die vereinbarten Zinsen und Tilgung (Abtretung der Lebensversicherung) zu leisten.
413. Die Kläger können aus keinem Rechtsgrund Freistellung von Ansprüchen Dritter verlangen, weil der Erlassvertrag sämtliche Ansprüche mithin auch alle Schadensersatzansprüche der Klägers wegen eines Verschuldens bei Vertragsschluss gegen die Beklagte und deren Rechtsvorgängerrinnen erfasst. Ausweislich des Anwaltsschreibens vom 23.11.1998 (Anlage B7, Seite 10 bis 22) waren unter anderem diese Ansprüche Streitgegenstand.
42Die "Vergleichsvereinbarung" ist wirksam.
43Sie ist nicht nach § 6 Abs.1 VerbrKG wegen eines Verstoßes gegen die Formvorschriften des § 4 Abs.1 S.4 Nr. 1a bis 1g VerbrKG nichtig.
44Die Vergleichsvereinbarung verstößt nicht gegen § 4 Abs.1 S.4 Nr. 1b VerbrKG, denn diese Norm findet nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKG keine Anwendung auf Kreditverträge zu üblichen Bedingungen (im vorliegenden Fall unstreitig gegeben), die durch Grundpfandrechte gesichert werden (Realkredit). Die Vergleichsvereinbarung enthält in Nr. 8 die Vereinbarung, dass der Kredit durch die im Grundbuch von M Blatt #### eingetragene Grundschuld gesichert wird. Dies ist ausreichend (BGH XI ZR 201/03, 255/03, 315/03, 219/04, 29/05). Ein Realkredit liegt auch dann vor, wenn der Kreditnehmer das Grundpfandrecht nicht selbst bestellt, sondern ein bestehendes (ganz oder teilweise) übernimmt. Der eindeutige Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKG stellt nicht auf die tatsächliche Bestellung sondern auf die schuldrechtliche Verpflichtung dazu ab.
45Die "Vergleichsvereinbarung" verstößt nicht gegen § 4 Abs. 1 S.4 Nr. 1c, 1d, 1e VerbrKG, denn Nummer 7 enthält die notwendigen Angaben zur Art und Weise der Rückzahlung (Rückzahlung am Ende der Zinsfestschreibung und Tilgungsaussetzung durch Abtretung einer Lebensversicherung), den Zinssatz (5,25%) und den effektiver Jahreszins (5,25%).
46Dahinstehen kann, ob die "Vergleichsvereinbarung" gegen § 4 Abs. 1 S.4 Nr. 1a (Angabe Nettokreditbetrag) und Nr. 1f (Angabe der Kosten der Lebensversicherung) VerbrKG verstößt, denn diese Mängel sind nach § 6 Abs. 2 S. 1VerbrKG geheilt. Danach wird ein wegen eines Verstoßes gegen die Formvorschriften des § 4 Abs.1 S. 4 Nr. 1a bis 1f VerbrKG nach § 6 Abs. 1 VerbrKG nichtiger Darlehensvertrag gültig, soweit der Verbraucher das Darlehen empfängt oder den Kredit in Anspruch nimmt.
47Die Kläger haben den Kredit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 6.12.2005 XI ZR 139/05) in Anspruch genommen. Die Inanspruchnahme liegt in der Fortsetzung der Darlehensnutzung durch die Kläger. Die Heilung des Formmangels fällt insofern mit dem formwidrigen Vertragsschluss zusammen (ebenso Münchener Kommentar § 494 Rn. 24, Staudinger § 494 Rn. 23, v. Westfalen BB 1994 S. 1721 ff (1725)).
48Die Kläger haben die Kredite nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteile vom 25.4.2006 XI ZR 219/04, 29/05 und 106/05 sowie vom 15.11.2005 XI ZR 376/04) und des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 10.7.2006 31 U 11/06), der sich die Kammer anschließt, auch empfangen.
49Ein Empfang des Darlehens im Sinne des § 6 Abs. 2 S. 1 VerbrKG ist ebenso wie im Fall des § 7 Abs. 3 VerbrKG und des § 607 Abs. 1 BGB aF zu bejahen, wenn der Darlehensgegenstand aus dem Vermögen des Darlehensgebers ausgeschieden und dem Vermögen des Darlehensnehmers in der vereinbarten Form endgültig zugeführt wurde. Wird die Darlehensvaluta auf Weisung des Darlehensnehmers an einen Dritten ausgezahlt, so hat der Darlehensnehmer regelmäßig den Darlehensbetrag im Sinne des § 607 BGB aF empfangen, wenn der von ihm als Empfänger namhaft gemachte Dritte das Geld vom Darlehensgeber erhalten hat, es sei denn, der Dritte ist nicht überwiegend im Interesse des Darlehensnehmers, sondern sozusagen als "verlängerter Arm" des Darlehensgebers tätig geworden. Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob der Kreditvertrag und der Fondsbeitritt verbundene Geschäfte darstellen, denn dies führt nicht dazu, dass der Partner des finanzierten Geschäfts (Fondsgesellschaft) die Valuta in erster Linie im Interesse der Darlehensgeberin und nicht überwiegend im Interesse des Klägers erhalten hat.
50Es kommt damit darauf an, ob die der Fa. K erteilte Vollmacht in dem Zeichnungsschein wirksam ist. Wenn dies der Fall ist, dann haben die Kläger die Darlehenssumme empfangen, da die Darlehensvaluta in diesem Fall auf ihre Weisung ausgezahlt wurden (BGH XI ZR 376/04). Dies ist der Fall.
51Der Zeichnungsschein enthält eine ausdrückliche Vollmacht der Treuhänderin zum Abschluss der Finanzierungsdarlehen, die nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstößt. Da angesichts der rechtlichen Durchdringung nahezu aller Lebensbereiche eine Besorgung wirtschaftlicher Belange vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist, ist für die Frage, ob eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne von Art. 1 § 1 RBerG vorliegt, nicht allein auf die rechtliche Form einer Tätigkeit, sondern auf ihren Kern und Schwerpunkt abzustellen, d.h. darauf, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht ( BVerfGE 97, 12 , 27 f.; BGH, Urteile vom 18. Mai 1995 - III ZR 109/94, WM 1995, 1586 , 1587, vom 25. Juni 1998 - I ZR 62/96 , WM 1998, 2162 , 2163 und vom 30. März 2000 - I ZR 289/97 , WM 2000, 1466 , 1467 f. m.w.Nachw. sowie vom 11. November 2004 - I ZR 213/01 , WM 2005, 412 , 414). Die in dem Zeichnungsschein enthaltene Vollmacht hat im Gegensatz zu der notariell beglaubigten Vollmacht nicht den Abschluss eines ganzen Bündels von Verträgen mit mannigfaltigem rechtlichen Beratungsbedarf zum Gegenstand, sondern beschränkt sich auf die Erklärung des Beitritts zur Fondsgesellschaft und auf die Aufnahme der Finanzierungsdarlehen, mithin auf die Wahrnehmung von im Wesentlichen wirtschaftlichen Belangen.
52Unerheblich ist nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die im Zeichnungsschein enthaltenen zusätzlichen Verpflichtung der Kläger, noch eine notariell beglaubigte Vollmacht zu erteilen. Der Zeichnungsschein ist ausdrücklich mit "Auftrag und Vollmacht" überschrieben. Außerdem heißt es im Text des Zeichnungsscheins in einem gesonderten Abschnitt, der Anleger erteile "dem Treuhänder ausdrücklich Vollmacht, sowohl für die Gesellschaft als auch für die einzelnen Gesellschafter, die erforderlichen Zwischen- und Endfinanzierungsdarlehen einschließlich der Eigenkapitalvorfinanzierung aufzunehmen". Die im Zeichnungsschein zusätzlich enthaltene Verpflichtung noch eine notariell beglaubigte Vollmacht zu erteilen, bezieht sich auf die darin geregelten Aufgaben und hat den Sinn, dem Formerfordernis des § 29 GBO bei der Eintragung des Anlegers als Miteigentümer des Fondsgrundstücks im Grundbuch Rechnung zu tragen. Die davon abweichende Auslegung (BGHZ 159 294ff) berücksichtigt nicht, dass der eindeutigen und ausdrücklichen Vollmachtserteilung im Zeichnungsschein andernfalls jeglicher Sinngehalt genommen würde.
53Die im Zeichnungsschein enthaltene Vollmacht wird nicht von der Nichtigkeit des Treuhandvertrages und der notariell beglaubigten Vollmacht erfasst, denn der Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes, den Rechtssuchenden möglichst umfassend vor unsachgemäßer Rechtsbesorgung und deren häufig nachteiligen rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen zu schützen, erfordert nicht die Unwirksamkeit der zeitlich ersten, gesonderten Vollmacht. Der weitere Bestand der in dem Zeichnungsschein enthaltenen Vollmacht versetzte die Treuhänderin nicht in die Lage, eine gesetzlich missbilligte Tätigkeit zu Ende zu führen.. Angesichts der Unwirksamkeit des Treuhandvertrages war die Treuhänderin allein in der Lage, aufgrund der zeitlich ersten im Zeichnungsschein enthaltenen Vollmacht, den Beitritt zur Fondsgesellschaft zu erklären und die erforderlichen Zwischen und Endfinanzierungskredite aufzunehmen. Eine derart beschränkte Tätigkeit war der Treuhänderin nach dem oben Gesagten nach dem Rechtsberatungsgesetz nicht verboten. Dem Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes wird in der vorliegenden Fallkonstellation dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass dem Treuhänder die schwerpunktmäßig rechtliche Tätigkeit aufgrund des unwirksamen Geschäftsbesorgungsvertrages und der unwirksamen notariell beglaubigten Vollmacht untersagt blieb.
54Die Nichtigkeit des Treuhandvertrages erfasst die im Zeichnungsschein enthaltene, gegenständlich beschränkte Vollmacht auch nicht gemäß § 139 BGB. Die zeitlich erste gesonderte Vollmacht und der Treuhandvertrag stellen kein einheitliches Rechtsgeschäft dar. Sie sind schon äußerlich getrennt voneinander zustande gekommen. Zudem ist auch unter Berücksichtigung der Interessenlage und der Verkehrssitte nicht davon auszugehen, dass der Wille der Kläger dahin ging, dass die zeitlich erste, gesonderte Vollmacht und der Treuhandvertrag miteinander stehen und fallen sollten. Das Interesse der Kläger war darauf gerichtet, der Fondsgesellschaft beizutreten und die Einlage durch einen Kredit zu finanzieren. Dieses Ziel konnten die Kläger auch ohne den Abschluss des Treuhandvertrages erreichen.
55Festzuhalten bleibt damit zunächst, dass die "Vergleichsvereinbarung" nicht nach §§ 4 und 6 VerbrKG formunwirksam ist.
56Unerheblich ist, dass die "Vergleichsvereinbarung" keine Widerrufsbelehrung enthält. Nach § 7 Abs. 2 S.3 VerbrKG erlischt das sich aus § 7 Abs. 1 VerbrKG ergebende Widerrufsrecht auch bei unterbliebener Belehrung spätestens ein Jahr nach Abgabe der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenerklärung, im vorliegenden Fall also im Jahr 2001.
57Ein zeitlich uneingeschränktes Widerrufsrecht nach §§ 1 und 2 HWiG steht den Klägern nicht zu, weil die "Vergleichsvereinbarung" nicht durch mündliche Verhandlungen an ihrem Arbeitsplatz oder in ihrer Privatwohnung zustande gekommen ist. Es gab keinerlei mündliche Verhandlungen zwischen den Parteien.
58Die "Vergleichsvereinbarung" ist nicht nach §§ 123, 142 BGB wegen arglistiger Täuschung nichtig (Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm vom 10.7.2006 31 U 11/06).
59Die Beklagte hat den Klägern nicht arglistig verschwiegen, dass die Interessengemeinschaft, die unstreitig mit der Beklagten die dem Vergleichsangebot vorausgehenden Verhandlungen geführt hatte, von den ehemaligen Vermittlern T 3 und I 6 gegründet worden war. Das Verschweigen von Tatsachen stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsachen eine Aufklärungspflicht besteht. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob der andere Teil nach Treu und Glauben redlicherweise Aufklärung erwarten durfte, denn grundsätzlich es ist Sache jeder Partei, ihre eigenen Interessen selbst wahrzunehmen. Es besteht daher keine allgemeine Pflicht, alle Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sein können. Nur solche Umstände, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind, müssen ungefragt offenbart werden. Dies trifft vor allem auf solche Umstände zu, die den Vertragszweck vereiteln oder erheblich gefährden können (Palandt § 123 Rn 5 und 5a).
60Eine entsprechende Hinweispflicht der Beklagten wäre daher allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn es für die Beklagte offensichtlich war, dass T 3 und I 6 im Rahmen der Sanierungs- und Vergleichsverhandlungen ausschließlich eigene Interessen, nicht aber die Interessen der übrigen Anleger wahrnahmen. Davon kann angesichts der ungewissen und streitigen Rechtslage, die sich aus dem Inhalt der wechselseitigen Korrespondenz (Anlagen B7 und B8) ergibt und insbesondere wegen des Forderungsverzichtes der Beklagten in Höhe von 42,5 % der Darlehensforderung keine Rede sein.
61 62Der streitige Vortrag der Kläger, sie seien über die wirtschaftliche Entwicklung und Sanierungsaussichten der Fondsgesellschaft getäuscht worden, ist unsubstantiiert. Die Kläger haben keine konkreten Tatsachen vorgetragen, warum die Sanierung angeblich nicht erfolgversprechend gewesen sein soll sowie aus welchen Umständen und Indizien sich eine entsprechende Kenntnis der Beklagten ergeben soll. Wäre eine Sanierung aus Sicht der Beklagten nicht erfolgversprechend gewesen, hätte sie keinen ernsthaften Anlass gehabt, in diesem Zusammenhang 475.000,- DM an die Fondsgesellschaft zu zahlen und auf ihre gegen die Gesellschafter persönlich gerichteten Darlehensforderungen zu verzichten (OLG Hamm 31 U 11/06, Seite 19).
63Die "Vergleichsvereinbarung" ist schließlich auch nicht nach § 779 BGB unwirksam (OLG Hamm 31 U 11/06 Seite 20 bis 26). Nach dieser Vorschrift ist ein Vergleich dann unwirksam, wenn der nach dem Inhalt der Vereinbarung als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre. Diese Voraussetzungen liegen nicht aus dem Grund vor, dass die Parteien bei Abschluss der "Vergleichsvereinbarung" übereinstimmend stillschweigend vorausgesetzt haben, dass die ursprünglichen Darlehensverträge nicht wegen der Nichtigkeit der Treuhändervollmacht nach dem Rechtsberatungsgesetz unwirksam ist. Weitere Gesichtspunkte, die einen gemeinsamen Irrtum der Parteien über die Vergleichsgrundlage hätten begründen können sind weder ersichtlich noch dargelegt. Die rechtliche Annahme, dass die ursprünglichen Darlehensverträge nicht wegen der Nichtigkeit der Treuhändervollmacht nach dem Rechtsberatungsgesetz unwirksam ist, ist schon nicht Vergleichsgrundlage geworden. Die Vertragspartner des Vergleiches haben in Erwägung gezogen, dass die ursprünglichen Darlehensverträge auch aus ihnen unbekannten Gründen unwirksam sein könnten und sich hieraus möglicherweise Rechte und Ansprüche der Kreditnehmer ergeben könnten. Dies zeigt die Formulierung in Nummer 5, dass zwischen den Parteien Einigkeit besteht, dass der Kläger auf jegliche Ersatz- und sonstigen Ansprüche gegenüber … aus den streitgegenständlichen Forderungen – seien diese bekannt oder unbekannt – verzichtet. Hieraus folgt, dass die Vertragspartner gerade nicht übereinstimmend zugrunde gelegt haben, dass die von der Fa. K für die Kläger geschlossenen Darlehensverträge nicht aus sonstigen Gründen, die nicht in der Korrespondenz und den Verhandlungen mit den Vertretern der Interessengemeinschaft angesprochen wurden, unwirksam sind. Sie haben die Möglichkeit eines unbekannten Unwirksamkeitsgrundes vielmehr ausdrücklich in Betracht gezogen. Dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Verstoß von Treuhändervollmachten gegen das Rechtsberatungsgesetz und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen unverändert bleibt, konnten die Parteien bei Abschluss der "Vergleichsvereinbarung ohnehin nicht als feststehend zugrunde legen. Insoweit handelte es sich um eine zukünftige und damit nicht sicher voraussehbare Entwicklung (Palandt § 779 Rn. 16).
64Zudem entspricht der Sachverhalt der Wirklichkeit, wenn die Parteien - entgegen den vorgenannten Gründen - zur Vergleichsgrundlage gemacht haben sollten, dass die Treuhändervollmacht nicht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam ist, denn die der Fa. K im Zeichnungsschein erteilte Vollmacht ist wirksam.
65Festzuhalten bleibt damit, dass die Vergleichsvereinbarung wirksam ist und die Klageanträge zu 1 bis 3 nicht begründet sind. Der Hilfsantrag ist unzulässig soweit die Feststellung der Unwirksamkeit der Darlehensverträge mit der E- Bank begehrt wird. Im Übrigen (Feststellung der Unwirksamkeit der "Vergleichsvereinbarung) ist der Hilfsantrag nach dem oben Gesagten nicht begründet, weil die Vereinbarung wirksam ist.
66Der Hilfsantrag ist teilweise unzulässig, weil die Beklagte nur für den Fall der Unwirksamkeit der "Vergleichsvereinbarung" noch Ansprüche aus den ursprünglichen Darlehensvereinbarungen zwischen den Klägern und der E- Bank geltend machen kann und sich solcher Ansprüche für den Fall der Wirksamkeit der "Vergleichsvereinbarung" auch nicht berühmt. Die Kläger hätte daher den Feststellungsantrag insoweit nur hilfsweise für den Fall der Feststellung der Unwirksamkeit der "Vergleichsvereinbarung" stellen können.
67Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
68Von der im Schriftsatz vom 21.9.2006 angeregten Möglichkeit nach § 156 ZPO, die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anzuordnen, hat das Gericht keinen Gebrauch gemacht. Der Vortrag im Schriftsatz vom 21.9.2006 gibt dazu keine Veranlassung.
69Eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht oder eine Verletzung des Anspruches auf rechtliches Gehöhr (§ 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) liegt nicht vor. Das Gegenteil ist der Fall. Auf die veränderte Rechtslage hat der Vorsitzende 10 Tage vor dem Termin mit Verfügung vom 15.8.2006 ausdrücklich unter Übersendung einer Ablichtung des Urteils des Oberlandesgerichtes Hamm vom 10.7.2006 hingewiesen und dies erläutert. Die Rechtslage ist in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert worden und zwar genau so wie in den Entscheidungsgründen dargestellt. Der Vorsitzende hat keinen Zweifel daran gelassen, dass er der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichtes folgen wird. Beide Parteien hatten die Möglichkeit, in der mündlichen Verhandlung, ihre Rechtsansichten darzulegen. Keine Partei hat den Antrag gestellt, noch weiter vorzutragen.
70Der im Schriftsatz vom 14.9.2006 dargestellte Vergleich hat keinerlei Einfluss auf das streitgegenständliche Darlehen und den vorliegenden Rechtsstreit, weil die Gesellschafter keine Gesamtschuldner sind. Die Darlehensverträge und der streitgegenständliche Vergleich aus dem Jahr 2000 beschränken sich auf die zu finanzierende Beteiligungssumme jedes einzelnen Gesellschafters.
71Der weitere Vortrag (Inhalt der Strafanzeige vom 13.4.2005) ist nach § 296a ZPO verspätet und gebietet schon deshalb keine Veranlassung, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten. Er ist zudem nach dem oben Gesagten unerheblich.
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