Urteil vom Landgericht Dortmund - 22 O 65/06
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger nach einem Streitwert in Höhe von 16.166,70 € (in Worten: sechszehntausendeinhundertsechsund-sechzig 70/100 Euro) auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils bei-zutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz nach einem Autokauf (Käuferkette) in Anspruch.
3Die Firma N Autovermietung verkaufte den streitgegenständlichen Pkw B, Erstzulassung 24.08.2001, an die Beklagte nachdem sie ihn von der U Autovermietung GmbH erworben hatte. Der Pkw wurde in unrepariertem Zustand an die Beklagte veräußert, nachdem er einen schweren Unfallschaden erlitten hatte.
4Mit Vertrag vom 26.03.2002, der einen Kaufpreis in Höhe von 17.990,00 € auswies, verkaufte die Beklagte den Pkw an H weiter. In dem Kaufvertragsformular, wegen dessen näheren Inhalts auf die Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 22 d.A.) Bezug genommen wird, war vermerkt, dass das Fahrzeug einen Unfallschaden (Frontschaden) gehabt habe und ein Vermessungsprotokoll vorliege. Zuvor hatte die Beklagte Reparaturarbeiten an dem Pkw ausführen lassen und eine gutachterliche Äußerung des Sachverständigen C in Auftrag gegeben. Wegen der Einzelheiten der schriftlichen Äußerung des Sachverständigen C wird auf die Anlage K 5 zur Klageschrift (Bl. 30 d.A.) Bezug genommen.
5Mit schriftlichem Vertrag vom 28.04.2004 verkaufte H den Pkw für 19.900,-- € an den Kläger weiter. Wegen der Einzelheiten des Kaufvertrages wird auf die Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 21 d.A.) Bezug genommen. Der Zeuge H erklärte dem Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages, es handele sich nur um einen leichten Unfallschaden. Es seien nur noch Farbunterschiede an der Innenseite des Kotflügels zu sehen, sonst sei das Fahrzeug o.k..
6In der Folge nahm H den Kläger auf Zahlung des Kaufpreises in Anspruch. H erstritt vor dem Landgericht Kiel (4 O 186/02) ein klagezusprechendes Urteil, welches rechtskräftig wurde. Das Landgericht Kiel verneinte ein Rücktrittsrecht des Klägers unter Hinweis auf § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F.. Die Behauptung des Klägers, der Zeuge H habe den Kaufvertrag in Ausübung seiner gewerblichen und selbstständigen beruflichen Tätigkeit abgeschlossen, hat das Landgericht Kiel nicht als bewiesen angesehen.
7Der H hat seine etwaigen Ansprüche gegen die Beklagte an den Kläger abgetreten (Anlage K 10 zur Klageschrift, Bl. 44 d.A.).
8Der Kläger behauptet, die Beklagte habe den Sachverständigen C angehalten, einen Unfallschaden zu verschweigen. In dem Gutachten habe der Sachverständige faktisch einen Unfallschaden ausgeschlossen. Das Gutachten C habe gerade für nachfolgende Verkaufsverhandlung dienen sollen. Die Beklagte habe den Unfallschaden zunächst auch nicht im Kaufvertrag fixieren wollen. Erst auf Hinweis des H sei das Gutachten "nachgebessert" worden und die nachgebesserte Version dem Zeugen H nach Abschluss des Vertrages überreicht worden.
9Mit der Klage macht der Kläger Ansprüche wie folgt geltend:
10I.
11Kaufpreis Kläger 19.900,00 €
12abzüglich Gebrauchsvorteile ./. 10.000,00 €
139.900,00 €
14II.
15Kosten des Rechtsstreits H gegen den Kläger
16vor dem Landgericht Kiel 3.212,64 €
17III.
18Kosten des Rechtsstreits Kläger gegen C aus
19abgetretenem Recht der Rechtsschutzversicherung 3.054,06 €.
20Der Kläger beantragt,
21- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.900,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit abzüglich einer in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Summe an gezogenen Gebrauchsvorteilen zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 6.266,70 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an vorgerichtlichen Kosten zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Sie behauptet, eine gutachterliche Stellungnahme würde von ihr nach der Schuldrechtsform für jeden Pkw angefertigt.
25Der Kläger könne schon keine Gewährleistungsansprüche aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte geltend machen, da der Zeuge H von ihr keine Nacherfüllung verlangt habe.
26Sie erhebt die Einrede der Verjährung und weist insoweit auf § 438 Abs. 3 BGB hin.
27Der Kläger macht demgegenüber geltend, er habe von dem Ankauf des Pkws im unreparierten Zustand durch die Beklagte erst durch das Schreiben der Firma N vom 05.09.2005 Kenntnis erhalten.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
29Die zulässige Klage ist nicht begründet.
30Ansprüche stehen dem Kläger weder aus eigenem, noch aus abgetretenem Recht zu.
31I.
32Dem Kläger stehen Ansprüche aus eigenem Recht nicht zu.
331.
34Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB oder aus § 826 BGB. Ein Anspruch des Klägers als nur mittelbar Geschädigter kann sich nur dann ergeben, sofern bei der Beklagten Bewusstsein und Wille einer Schädigung sich auch – zumindest bedingt – gegen ihn gerichtet hätte. Zwar braucht ein Täter nicht den genauen Kausalverlauf sich vorgestellt zu haben. Es ist nicht erforderlich, dass er weißt, wer geschädigt wird. Aber er muss doch wenigstens die Richtung, wie sich sein Handeln zum Schaden anderer auswirken kann, voraussehen. Eine nur allgemeine Vorstellung insoweit genügt nicht (OLG Hamm, NJW 1974, 2091 (2092 m.w.N.)). Eine solche Feststellung kann bereits nicht getroffen werden. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die für die Beklagte handelnden Personen – einen überhaupt vorliegenden Schädigungsvorsatz gedanklich unterstellt – damit rechneten, dass H den Pkw weiter verkaufen würde und dann ein anderer als dieser hätte geschädigt werden können. Anders kann der Fall liegen, wenn der Käufer gewerblich mit Pkws handelt, so dass der Verkäufer mit einem Wiederverkauf rechnen muss (OLG Hamm NJW 1997, 2121; OLG Nürnberg DAR 2005, 630 ff.). Hierfür sind indes keine Anhaltspunkte durch den Kläger vorgetragen worden. Eine entsprechende Behauptung hat er in dem Rechtsstreit mit dem Zeugen H vor dem Landgericht Kiel nicht beweisen können. Er hat dies im vorliegenden Rechtsstreit auch nicht mehr aufgegriffen. Daneben scheitern Ansprüche aus einer deliktischen Haftung gegenüber dem Kläger auch daran, dass der Kläger ein kollusives Zusammenwirken der Beklagten mit dem Sachverständigen C nicht hat beweisen können. Er hat sich für die Behauptung, die Beklagte habe den Sachverständigen C angehalten, den Unfallschaden sogar vollumfänglich zu verschweigen bzw. ein unzutreffendes Gutachten abzugeben, nur auf das Zeugnis des H berufen. Dieser hatte ersichtlich keinen Einblick in die Abreden zwischen dem Sachverständigen und der Beklagten, so dass mit Hilfe des Zeugen H der Nachweis eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen der Beklagten und dem Sachverständigen C nicht gelingen kann. Allein der Umstand, dass ein zunächst von dem Sachverständigen C erstelltes Gutachten den Unfallschaden nicht erwähnt, reicht für den Beweis eines kollusiven Zusammenwirkens mit der Beklagten nicht aus. Denn dem H ist bei Abschluss des Kaufvertrages jedenfalls der Unfallschaden offengelegt worden und ein korrigiertes Exemplar des Sachverständigengutachtens überreicht worden, welches unter dem Absatz "Karosserie" Unfallschäden und einen in Stand gesetzten Frontschaden benennt. Nach alledem kann dahinstehen, ob etwaige deliktische Ansprüche auch gemäß den §§ 195, 199 BGB verjährt wären. Für eine hinreichende Kenntnis des Klägers von den anspruchsbegründenden Tatsachen könnte allerdings bereits das Schreiben der Rechtsanwälte Dr. T vom 18.12.2002 (Anl. K 11 zur Klageschrift (Bl. 45 d.A.)) sprechen. In diesem Schreiben wird der Beklagten vorgehalten, den Pkw in ihrer Werkstatt repariert zu haben. Dies kann auf eine Kenntnis des Klägers schließen lassen, dass der PKW der Beklagten im unreparierten Zustand übergeben wurde.
352.
36Vertragliche Ansprüche stehen dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu, da die Beklagte nicht Vertragspartnerin des Klägers geworden ist. Auch ein Anspruch nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation ist nicht gegeben. Es ist allerdings anerkannt, dass in Abweichung von dem Grundsatz, dass Schadensersatz nur beanspruchen kann, wer den Schaden erlitten hat, unter bestimmten Umständen einer Vertragspartei das Recht zusteht, den Schaden eines Dritten als eigenen Schaden geltend zu machen; dieser Anspruch kann an den geschädigten Dritten abgetreten werden. Die Fälle, in denen ein solches Recht besteht, weisen zwar eine verschiedene Gestaltung auf. Ihnen ist aber gemeinsam, dass der aus dem Vertrag Berechtigte und der Träger des durch den Vertrag gestützten Interesses verschiedene Personen sind. Die Liquidation des Drittschadens setzt also eine Sachlage voraus, die bewirkt, dass das schädigende Verhalten des Verpflichteten einen Schaden nicht in der Person des Anspruchsberechtigten, sondern nur in der Person eines Dritten hervorrufen kann; es darf nur ein Schaden entstanden sein, der, wenn der Anspruchsberechtigte auch Träger des geschützten Rechtsguts wäre, in dessen Person erwachsen wäre (OLG Hamm, a.a.O., m.w.N.). Danach liegt ein Fall der Schadensverlagerung hier nicht vor. Denn auch in der Person des H wäre (ggf.) zunächst ein Schaden entstanden.
37Das reformierte Schuldrecht bietet keine Anhaltspunkte, die eine Abweichung von den vom OLG Hamm aufgestellten Grundsätzen gebieten würde.
38II.
39Dem Kläger stehen auch keine Ansprüche aus abgetretenem Recht zu.
401.
41Ansprüche aus abgetretenem Recht scheitern bereits daran, dass der Kläger keine Schadensposition geltend macht, welche in der Person des H gegen die Beklagte etwa entstanden wäre. So hat der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass die Position 1. sich auf den Schaden des Klägers hinsichtlich des von ihm gezahlten Kaufpreises beziehe. Dies lag bereits wegen des Gleichlaufs mit dem von dem Kläger gezahlten Kaufpreis nahe, war allerdings klärungsbedürftig, da Ausführungen in der Klageschrift teilweise suggerierten, es sei ein Schaden des Zeugen H gemeint.
422.
43Darüber hinaus scheitern Ansprüche aus abgetretenem Recht aber auch aus weiteren Gründen. So scheitert ein Anspruch aus Gewährleistungsrecht bereits an § 438 Abs. 1, Nr. 3, Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift sind etwaige Gewährleistungsansprüche des Zeugen H zum Zeitpunkt der Klageerhebung verjährt.
443.
45Eine deliktische Haftung der Beklagten gegenüber dem Zeugen H scheitert darüber hinaus, wie bereits oben in anderem Zusammenhang dargelegt, daran, dass der Kläger den Beweis, die Beklagte habe den Zeugen H im kollusiven Zusammenwirken mit dem Sachverständigen C arglistig getäuscht, nicht führen kann.
46Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.
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