Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 149/05
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 26.199,26 € (i.W.: sechsundzwanzigtausendeinhundertneunundneunzig 26/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.10.2006 und weitere 15.835,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2006 zu zahlen und
es wird festgestellt, dass aus dem Darlehensvertrag vom 18.12.1991/22.12.1991 keine Darlehensrückzahlungs- und Zinszahlungsansprüche der Beklagten gegenüber den Klägern zustehen,
jeweils Zug um Zug gegen Auflassung eines Miteigentumsanteils von 143/10.000 an dem Grundstück G1, Gebäude und Freiflächen, zur Größe von insgesamt 10.572 m² verbunden mit dem Sondereigentum der Wohnung im ersten Obergeschoss links mit einem Kellerraum, Aufteilungsplan Nr. 19, eingetragen im Wohnungsgrundbuch von M Blatt ##### an die Beklagte sowie die Bewilligung der Eintragung im Grundbuch.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Übereignungsanspruchs seit dem 11.4.2001 in Verzug befindet.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte den Klägern den gesamten Schaden und alle Kosten zu ersetzen hat, die durch die Abwicklung des Darlehensvertrages und Übereignung der vorstehend bezeichneten Eigentumswohnung entstehen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 30% und die Beklagte 70% nach einem Streitwert von 157.729,36 €.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Seit 1989 vermittelten die Fa. I & C und die von ihr später gegründeten Firmen J und C2 den Verkauf von mehr als 8000 Eigentumswohnungen und deren Finanzierungen durch Bausparverträge und Vorausdarlehen. Die Beklagte hatte mit den Firmen I & C und C2 Agenturverträge bezüglich der Vermittlung von Bausparverträgen geschlossen. Die Beklagte gewährte der I & C seit 1995 in erheblichem Umfang Kredite, um deren Liquidität zu sichern (Einzelheiten Rn. 38 bis 48 der Stellungnahme der Q ).
3Die B (im Folgenden B) war Eigentümerin von mehr als 8.000 vermieteten Eigentumswohnungen. Sie hatte diese Wohnungen von der in finanzielle Schwierigkeiten geratenen M übernommen und beabsichtigte, die Wohnungen zu veräußern. Die Bewirtschaffung der Wohnungen war wegen der überwiegend nicht auf dem Marktniveau liegenden Mieten und des aufgrund gestiegener Zinsen hohen Kapitaldienstes nicht kostendeckend. An der B war die Beklagte mit 12,85% beteiligt. B2 war bis 2001 Vorstandsmitglied der Beklagten und Aufsichtsratsmitglied der B. Der Vertrieb der Eigentumswohnungen erfolgte unter anderem durch die Fa I & C. Die Geschäftsbeziehung zwischen der B und der I & C hatte die Beklagte vermittelt.
4Mit notariell beurkundetem Kaufvertragsangebot vom 26.11.1991 (Anlage A5) bot die Allwo den Klägern die im Grundbuch von M Blatt ##### eingetragene, 71,87 m² große Eigentumswohnung Nr. 19 des Aufteilungsplanes (E-strasse, 1.Obergeschoss links) zu einem Kaufpreis in Höhe von 106.008,-- DM zum Kauf an. Dieses Angebot nahmen die Kläger, vertreten durch Y mit notariell beurkundeter Erklärung vom 9.12.1991 (Anlage A6) an.
5Der 1941 geborene Kläger war Kfz-Fahrer die 1941 geborene Klägerin Krankenpflegehelferin. Ihr monatliches Nettoeinkommen lag zwischen 4.800,- DM (Blatt 12) und 5.000,- DM (Anlage D1 Blatt 316). Wegen der weiteren Einzelheiten der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger wird auf die "Selbstauskunft/Auftrag" (Anlage D1 Blatt 316) verwiesen.
6Zur Finanzierung des Kaufpreises schlossen die Parteien unter dem 18.12.1991 und 22.12.1991 (Anlage A7 und D8, Blatt 321 - 328) einen schriftlichen Darlehensvertrag unter anderem mit folgendem Inhalt:
7"Vorausdarlehen 125.000,- DM, Zinssatz nominal 7,50%, anfängl. effekt. Jahreszins 8,89%, Zins fest für Jahre 5, Disagio 5.000,- DM, Nettokredit 120.000,- DM, anfängl. Gesamtbetrag 54.650,- DM. ...
8Zur Verzinsung hat der Darlehensnehmer monatlich zu zahlen
9######### 01 393,75 DM
10######### 02 387,50 DM
11......
12Während der Vorfinanzierung wird das Darlehen nicht getilgt. Die Tilgung des Vorausdarlehens erfolgt mit der/den zugeteilten Bausparvertragssumme/n bei folgender Besparung:
13######### 01 63.000,- DM
14######### 02 62.000,- DM
15Die monatliche Sparrate beträgt:
161. – 3. Jahr 94,50 DM
174. – 6. Jahr 132,30 DM
187. – 9. Jahr 182,70 DM
19ab dem 10. Jahr 233,10 DM
20Bei mehreren Bausparverträgen ist zunächst der erste Vertrag zu besparen. Nach dessen Zuteilung sind nacheinander die weiteren Verträge zu besparen.
21......
22Die in § 1 genannten Darlehen werden gesichert durch:
23Guthaben aus den vorfinanzierten Bausparverträgen,
24Grundschuldeintragung zugunsten der C3 über 125.000,- DM ....
25Auszahlungen aus Vorfinanzierungsdarlehen (...) und zugeteilten Bauspardarlehen erfolgen, wenn
26......
27Beitritt in eine Mieteinnahmegemeinschaft, die nur mit unserer Zustimmung gekündigt werden darf......"
28Eine Widerrufsbelehrung enthält der Darlehensvertrag nicht.
29Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 12.12.1991 (Urkundenrolle ######, Anlagen A9 und WK2) bestellte die B der Beklagten eine Grundschuld in Höhe von 125.000,- DM. Die Kläger übernahmen die persönliche Haftung und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Sie wiesen die Beklagte an, das Darlehen auf das Notaranderkonto zu überweisen.
30Sämtliche Verträge wurden durch T angebahnt. Er führte die Verhandlungen mit den Klägern. Einen persönlichen Kontakt zwischen den Klägern und der Beklagten gab es nicht. Der Ort und Inhalt der Vertragsverhandlungen sind streitig. Die "Musterberechnung" (Anlage A2) war Gegenstand der Verhandlungen. Darin heißt es unter anderem wie folgt: ... Courtage: 3.672,- DM,..., Mieteinnahmen monatlich netto: 5,40 DM/m² 393,-- DM,..., Unterdeckung: 359,--DM, Jahresergebnis vor Tilgung (nach Steuererstattung): 219,- DM" Die Kläger unterschrieben folgende formularmäßigen Urkunden:
31Unter dem 13.11.1991:
32Selbstauskunft (Anlage D1, Blatt 316, 317)
33Bausparanträge (Anlage A3),
34Unter dem 15.11.1991:
35Darlehensantrag (Anlage A3),
36Unter dem 18.11.1991
37Risikohinweise (Anlage D2, Blatt 318),
38Besuchsbericht (Anlagen A2 und D3, Blatt 319), unter anderem mit folgendem Inhalt: "...Mieteinnahme: 388,- DM ... mtl. Aufwand vor Steuern 393,-- DM."
39Vereinbarung über Mietenverwaltung ,
40Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag (Anlagen A1 und D5, Blatt 320) an I & C unter anderem mit folgendem Inhalt:
41"Ich erteile hiermit den Auftrag, mir das o.g. Objekt und die Finanzierung zu vermitteln. Der Auftrag soll durch die in Punkt 4 und 5 der nachfolgenden Aufstellung benannte Firma zu den dort genannten Gebührensätzen ausgeführt werden. ...
421. Kaufpreis .....
432. Grunderwerbsteuer .....
443. Notar- und Gerichtskosten .....
454. Finanz.-Verm. Gebühr 2% .....2.500,-
465. Courtage 3,42% .....3.625,-
476. Abschlussgebühr 1,6%......"
48Die Beklagte nahm die Bausparanträge an (Anlage A8) an und zahlte die Darlehenssumme auf das Notaranderkonto.
49Am 28.3.1996 fand eine Besprechung zwischen den Vorständen U und E2 der Fa. B und den Geschäftführern der "I & C Gruppe" statt an der auch B2 teilnahm. In dem von B2 unterschriebenen "Ergebnisprotokoll" heißt es unter anderem:
50"Er (B2) stellt klar, dass die B hervorragende Produkte liefert, die I & C Gruppe erstklassig vertreibt und einen ausgefeilten Service für die Kunden auch in der Zeit nach Durchführung des Kaufes bietet. Was ganz besonders aus der Sicht des Finanzierers wichtig ist, ist die Tatsache, dass man sich stets mit besonderem Engagement um Störfälle kümmert. Von den inzwischen rd. 4.400 durch die C3 finanzierten Wohnungen sind kaum welche in eine Zwangsversteigerung geraten und wenn, habe die Gruppe die Wohnungen unter Inkaufnahme finanzieller Einbußen übernommen. Es läge im allseitigen Interesse, über Abwicklungen zu verfügen, die keinerlei "Rauch" in der Öffentlichkeit aufsteigen ließen.
51Er hebt weiter hervor, dass sowohl die I & C Gruppe als auch die B wechselseitig stets voneinander profitieren, was auch so bleiben soll. Dies liegt ganz besonders auch im Interesse der C3, deren Beteiligung an der B nur dann dem Bausparkassengesetz entspricht, wenn sie aus dieser Verbindung Nutzen für das Bausparerkollektiv in Form von Neugeschäft ziehen kann.
52.......
53Zu dem immer wieder angesprochenen Thema der Abgabepreise führt Herr U aus, dass I & C freilich den maximalen Preis anstrebe. Die B muss aber als Kaufmann den Marktpreis ausloten und ihren Abgabepreis danach ausrichten. Bekommt die Fa. I & C aber höhere Preise, so muss man bei B annehmen, man habe sich verschätzt, oder "sie nehmen dem Kunden zuviel ab". Wir kalkulieren für die B ein möglichst großes Stück aus dem Kuchen.
54Nach langer Diskussion merkt Herr I an, dass die B I & C nicht verstehen kann und erinnert daran, dass der Markt für die Immobilien zu dem von I & C geforderten Preis ohnehin nicht vorhanden ist sondern erst im Beratungsgespräch gemacht werden muss.
55....
56Die Herren U und E2 erkennen den Wunsch auf eine Mehrerlösabrede an. Sie meinen aber, dass mit der 30 %igen Gesamtbelastung der Wohnungen mit Weichkosten die Schallgrenze erreicht ist. Andernfalls leidet das B-Produkt darunter. ......"
57Im Jahr 1999 schlossen die Parteien eine Prolongationsvereinbarung Anlage D9, Blatt 329) mit einer Festschreibung von 4 Jahren, einem Zinssatz von 5,15% und einer Zinsrate von 270,38 DM für den Vertrag Nr. ########01.
58Mit Anwaltsschreiben vom 11.4.2002 erklärten die Kläger den Widerruf (Anlage WK3). Mit der vorliegenden Klage begehren sie Schadensersatz wegen eines Verschuldens bei Vertragsschluss und hilfsweise die Rückabwicklung der Verträge.
59Ihren Schaden berechnen sie wie folgt:
60streitige Darlehenszinsen in Höhe von 473,48 € x 155 Monate (Januar 1992 bis September 2004) = 73.389,03 € (Blatt 157) oder (Blatt 839 und 840) 29.418,17 € (########01 1992 bis Oktober 2006) + 29.367,07 € (########02 1992 bis Oktober 2006) + 15.835,30 (VWL auf Bausparvertrag 1992 bis Oktober 2006) und Mietpoolzahlungen in Höhe von 22.618,35 € (Einzelheiten Blatt 839, 840 und Anlagen zum Schriftsatz vom 25.10.2006), hilfsweise Disagio (2.555,46 €) sowie Mehrkosten gegenüber einem Annuitätendarlehen (die Kläger behaupten 45.316,76 €, Einzelheiten Blatt 53 – 60).
61Die Kläger behaupten, T habe sie im Oktober 1991 angerufen und gefragt, ob sie Interesse an Steuerersparnissen hätten. Es sei ein Termin in ihrer Privatwohnung vereinbart worden. T habe sie dort aufgesucht und die Vorzüge des Erwerbes der vermieteten Eigentumswohnung (Steuerersparnis, steigende Mieten, Sicherheit, Altersvorsorge) herausgestellt. Er habe das Finanzierungsmodell der Beklagten als festen Bestandteil des Kapitalanlagekonzepts angepriesen und alle anderen Finanzierungsmöglichkeiten wegen des Steuersparmodells und der Vollfinanzierung aller Kosten als ungeeignet ausgeschlossen. Er habe erklärt, dass es sich um eine optimale Finanzierungsform handele, die genau auf das Steuersparkonzept der Kapitalanlage sowie die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger abgestimmt sei und dass sich die Finanzierung durch die Mieteinnahmen und Steuervorteile praktisch von selbst trage. Das Finanzierungskonzept sei gut durchdacht und nach allen Seiten hin abgesichert. Die monatliche Belastung betrage 150,- € (Blatt 65, Berechnungsbeispiel A2). Tatsächlich betrage die tatsächlich erzielbare Miete 3,58 DM je m² (laut Mietspiegel) abzüglich 30% Bewirtschaftungskosten und 15% Mietausfallwagnis mithin 2,13 DM je m² (Blatt 63, 64), die Unterdeckung der Liquidität 1.101,23 € (Blatt 68, 69), die monatliche Belastung nach 10 Jahren 1.157,14 DM (Blatt 371), die Belastung nach Steuern 492,54 DM (Blatt 374, 375) und ihre derzeitigen Leistungen 409,80 € (Blatt 376). Alle oben genannten Urkunden und der Darlehensvertrag seien in der Privatwohnung unterschrieben worden.
62Die Kläger meinen, die Beklagte habe Beratungs- und Aufklärungspflichten verletzt, weil sie nicht über
631. die Vor- und Nachteile der Ausgestaltung der Finanzierung einschließlich Disagio (2.556,46 €) insbesondere die Mehrkosten gegenüber einem Annuitätendarlehen (die Kläger behaupten 45.316,76 €), die Laufzeit der Finanzierung (die Kläger behaupten bis zu 35 Jahre) , den vom Regelbausparbeitrag abweichenden, geringeren anfänglichen Bausparbeitrag , den Anstieg der monatlichen Belastungen, die Tilgungsaussetzung, die steuerlichen Auswirkungen, die lebenslange Verschuldung sowie
642. die objektbezogenen Risiken insbesondere des Mietpools, der Liquiditätsunterdeckung, den tatsächlichen Verkehrswert (die Kläger behaupten 53.497,23 DM, Blatt 121 – 127) und die Innenprovisionen (die Kläger behaupten 20% - 40%) hingewiesen worden sei und
653. die Beklagte den Beleihungswert nach dem streitigen Vortrag der Kläger allein entsprechend der Höhe der Gesamtaufwendungen (Finanzbedarf) unter Missachtung der üblichen Bewertungsfaktoren (Nettomiete, Bodenrichtwert, Miteigentumsanteil, Gesamtnutzungsdauer, Vervielfältiger) und entgegen § 16 der ABB (Anlage B17) viel zu hoch angesetzt habe.
66Sie behaupten, sie hätten den Kauf- und den Kreditvertrag nicht abgeschlossen, wenn die Beklagte ihre Aufklärungspflichten nicht verletzt hätte.
67Die Kläger beantragen,
681. die Beklagte zu verurteilen, an sie die Zinsen des Vorausdarlehens in Höhe von 73.389,03 € nebst 5 % Zinsen über dem Basisdiskontsatz der Europäischen Zentralbank seit dem 10.4.2001 zu zahlen,
692. festzustellen, dass aus dem Darlehensvertrag vom 18.12.1991 Konto-Nr. ##########01 keine Darlehensrückzahlungs- und Zinszahlungsansprüche der Beklagten gegenüber den Klägern zustehen,
70jeweils Zug um Zug gegen Auflassung eines Miteigentumsanteils von 143/10.000 an dem Grundstück G1, Gebäude und Freiflächen, zur Größe von insgesamt 10.572 m² verbunden mit dem Sondereigentum der Wohnung im ersten Obergeschoss links mit einem Kellerraum, Aufteilungsplan Nr. 19, eingetragen im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts M Blatt ##### an die Beklagte sowie die Bewilligung der Eintragung im Grundbuch,
713. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Übereignungsanspruchs seit dem 11.4.2001 in Verzug befindet,
724. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 15.835.30 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit (24.11.2006) zu zahlen ,
735. festzustellen, dass die Beklagte den Klägern den gesamten Schaden und alle Kosten zu ersetzen hat, die durch die Abwicklung des Darlehensvertrages und Übereignung der unter Ziffer 3 bezeichneten Eigentumswohnung entstehen,
746. hilfsweise gegenüber den Anträgen zu Ziffern 1,2,3 und 5
75a. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 47.873,22 € nebst 5 % Zinsen über dem Basisdiskontsatz der Europäischen Zentralbank seit Rechthängigkeit zu bezahlen,
76b. die Beklagte zu verurteilen, eine Neuberechnung des effektiven Jahreszinses des Darlehensvertrages vom 18.12.1991, Konto-Nr.: ##########01 auf der Grundlage des gesetzlichen Zinssatzes vorzunehmen und den sich aus der Neuberechnung zugunsten der Kläger ergebenden Betrag an die Kläger zu zahlen,
77Die Beklagte beantragt,
78die Klage abzuweisen und widerklagend
791. festzustellen, dass der zwischen den Widerbeklagten (im Folgenden Kläger) und der Widerklägerin (im Folgenden Beklagte) abgeschlossene Vorausdarlehensvertrag vom 18.12.1991/22.12.1991 durch den von den Klägern erklärten Haustürwiderruf nicht aufgelöst worden ist, sondern wirksam fortbesteht und hilfsweise:
802. festzustellen, dass die Beklagte berechtigt ist, wegen ihrer aufgrund Haustürwiderrufes des vorbezeichneten Darlehensvertrages bestehenden Rückabwicklungsansprüche (§ 3 Abs. 1 HWiG a. F.) die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars T2 vom 12.12.1991, UR-Nr. #######, Grundschuld und persönliche Vollstreckungsunterwerfung, gegenüber den Klägern zu betreiben, und höchst hilfsweise:
813. die Kläger als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Beklagte 61.355,03 € (Nettokreditbetrag) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
82Die Kläger beantragen,
83die Widerklage abzuweisen.
84Die Beklagte meint, sie treffe keine Aufklärungspflichten über das Risiko der Verwendung des Darlehens und sie habe ihre Auskunftspflichten über die Finanzierung und den Immobilienmarkt durch die Risikohinweise und den Inhalt des Darlehensvertrages erfüllt. Die Beleihungswertermittlung sei zutreffend und allein in ihrem Interesse und nicht im Interesse der Kläger erfolgt.
85Die Beklagte behauptet, ihr sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages nicht bekannt gewesen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Vermittlungsprovisionen von der Verkäuferin an die Fa. I & C oder die Firma J bezahlt worden seien.
86Die Beklagte bestreitet die Haustürsituation und deren Kausalität. Sie behauptet, die Vertragsverhandlungen hätten in den Geschäftsräumen des Vermittlers stattgefunden. Für den Fall der Wirksamkeit des Widerrufes erklärt sie die Aufrechnung mit Ansprüchen auf Nutzungsvergütung und Kapitalrückzahlung.
87Wegen der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Vortrages der Parteien wird auf den Inhalt der Akten einschließlich Anlagen verwiesen.
88E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
89Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet. Die Widerklage ist teilweise unzulässig und nicht begründet. Die Kläger haben gegen die Beklagte wegen eines Verschuldens bei Vertragsschluss einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Darlehensvertrages (nachfolgend I.) mit den nachfolgend unter II. im Einzelnen für jeden Antrag dargestellten Rechtsfolgen.
90I.
91Es gelten nach Art 229 § 5 EGBGB die Gesetze (BGB, HWiG, VerbrKG) in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, weil die streitgegenständlichen Schuldverhältnisse vorher begründet worden sind.
92Der Beklagten fällt ein Verschulden bei Vertragsschluss (jetzt § 311 BGB) nämlich eine Verletzung einer Aufklärungspflicht zur Last.
93Nach der Entscheidung des BGH vom 16.5.2006 (XI ZR 6/04) können die Anleger in den Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objektes unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospektes über das Anlageobjekt berufen. Die eine eigene Aufklärungspflicht auslösende Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer, Fondsinitiatoren oder die von ihnen beauftragten Vermittler und die Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurden und die Unrichtigkeit der Angaben nach den Umständen des Falls evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.
94Arglistige Täuschung durch die Vermittler
95Die Vermittler (hier Fa. I & C und deren Untervermittler T) haben die Kläger arglistig über die Höhe der Vermittlungskosten getäuscht. Falsche oder zumindest entstellende (dies ist ausreichend Palandt § 123 Rn 3) Angaben enthält der unstreitige Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag zu den Vertriebskosten. Darin sind 2% Finanzierungsvermittlungs-Gebühr (2.500,- DM) und 3,42% Courtage (3.625,- DM) beziffert worden (Anlagen A1 und D5 Blatt 320)). Die tatsächlichen Vertriebskosten, die zusätzlich zu der vorstehend genannten Courtage von der Verkäuferin an I & C gezahlt wurden, lagen über 20 %. Dem entsprechenden, durch zahlreiche Indizien belegten Sachvortrag der Kläger ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten.
96Die Beklagte bestreitet nicht, dass die Verkäufer für die Vermittlung des Kaufvertrages generell eine Verkäuferprovision gezahlt haben. Sie bestreitet die Höhe der von den Klägern behaupteten Provisionen, die die Verkäufer bezahlt haben sollen (20 % bis 40%) trägt aber zur Höhe dieser Provisionen nichts vor. Ihr Bestreiten ist damit unbeachtlich (§ 138 Abs. 3 ZPO).
97Die Erklärungslast des Gegners (§ 138 Abs. 2 ZPO) ist Auswirkung des Verhandlungsgrundsatzes, der Wahrheitspflicht und der Prozessförderungspflicht. Aus ihr folgt, dass der Gegner sich im Allgemeinen nicht auf ein bloßes Bestreiten beschränken darf. Die Erklärungslast ist in Bestehen und Umfang davon abhängig, wie die darlegungspflichtige Partei vorgetragen hat. Trägt der Darlegungspflichtige – wie vorliegend die Kläger - substantiiert vor, dann muss sich der Gegner auch substantiiert äußern (Zöller § 138 Rn. 8, 8a). Eine Partei darf sich nicht durch arbeitsteilige Organisation ihres Betätigungsbereiches ihren prozessualen Erklärungspflichten entziehen, sondern muss innerhalb desselben Erkundigungen anstellen (Zöller § 138 Rn. 16). Dieser Verpflichtung ist die Beklagte nicht nachgekommen.
98Die Beklagte ist mit Beschluss vom 16.6.2006 auf ihre Substantiierungslast hingewiesen worden. Sie hat daraufhin lediglich vorgetragen, ihre Erkundigungen bei den Verkäuferunternehmen über die Vertriebsvereinbarungen und etwaige Provisionssätze hätten bislang zu keinem Erfolg geführt, was damit zusammenhängen mag, dass sich auch die Verkäuferunternehmen zahlreichen Anlegerprozessen ausgesetzt sehen, in denen ihre Interessenlage mit derjenigen der Finanzierungsbanken durchaus divergiert. Es könne nicht "einfach" bei der Firma I & C nachgefragt werden. Die Firmengruppe sei seit Herbst 2000 in Insolvenz. Ob derartige Unterlagen vom Insolvenzverwalter beschafft werden können sei derzeit unklar. Dieser Vortrag rechtfertigt ein einfaches Bestreiten nicht, worauf die Beklagte mit Verfügung vom 11.9.2006 ausdrücklich hingewiesen worden ist. Es fehlt jeglicher konkreter Vortrag dazu, bei wem die Beklagte wann, was und auf welche Weise erfragt hat und welche Reaktion auf diese Nachfrage erfolgte. Die Insolvenz sämtlicher Firmen der I & C Gruppe ist kein nachvollziehbarer Grund, denn die seinerzeit handelnden Personen sind nicht verstorben und können ebenso wie der Insolvenzverwalter befragt werden. Die Beklagte hat über 10 Jahre mit der I & C Gruppe institutionell zusammen gearbeitet (dazu später). Nachdem das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firmen der I & C Gruppe eröffnet worden war, veranlasste die Beklagte, die Herausgabe von Unterlagen die bei diesen Firmen verblieben waren (Seite 35 des Prüfberichtes V). Ihr war es also auch nach der Insolvenzeröffnung möglich, Informationen zu erhalten. Dies gesteht sie auch auf Seite 4 ihres Schriftsatzes vom 3.11.2006 (Blatt 844) zu.
99Zudem ist die Kammer zweifelsfrei davon überzeugt, dass alle Verkäuferinnen für alle von der Fa. I & C und der Fa. J vermittelten Verkäufe, also auch im vorliegenden Fall, Verkaufsprovisionen gezahlt haben, die 15 % des Kaufpreises überstiegen. Diese Feststellung beruht auf den nachfolgend dargestellten unstreitigen Urkunden und Indizien, denen die Beklagte nicht entgegengetreten ist.
1001.
101Gutachten der V vom 27.11.2001 (im Folgenden V )
102Die von dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen im Mai 2001 beauftragten Wirtschaftsprüfer sind bei der Geschäftsprüfung (wegen der Einzelheiten der Prüfungsdurchführung und der Prüfungsunterlagen wird auf Seite 7 bis 9 des Prüfberichtes verwiesen) der Beklagten unter anderem zu folgenden Ergebnissen gekommen:
103(Seite 39)
104Aus den von der U2 bzw. der W im Falle der Eheleute H zu Verfügung gestellten Unterlagen ergibt sich, dass dem "Vertriebspartner" der I & C, Frau K , für die Objekt- und Finanzierungsvermittlung eine Provision von 12,5 % des Nettokaufpreises plus Mehrwertsteuer sowie eine Sonderprovision von 1,6 % der Finanzierungssumme zuzüglich Mehrwertsteuer zugesagt worden ist. In dem vorliegenden Fall müsste somit ein Provisionsbetrag von 15.436 (brutto) an den Vertriebspartner geflossen sein. Selbst wenn man unterstellt, dass die J und die C2 in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt waren, übersteigt dieser Betrag die gegenüber den Kreditnehmern ausgewiesenen Beträge für die Finanzierungsvermittlungsgebühr, die Abschlussgebühr und die Nettocourtage von 6.727 um 6.696.
105Da I & C neben den Provisionen an die Vertriebspartner auch noch die Kosten des eigenen Geschäftsbetriebes decken mussten, kann davon ausgegangen werden, dass ein nicht unerheblicher Teil des beurkundeten "Kaufpreises" nicht an den Verkäufer der Eigentumswohnung (im vorliegenden Fall die zu I & B gehörende M2 ) geflossen ist, sondern bei den Vertriebsgesellschaften verblieben ist.
106In den Fällen, in denen die Wohnungen von der B verkauft worden sind ist zu vermuten, dass ein Teil des Kaufpreises von der B an I & C erstattet worden ist.
107Welchen Umfang diese über den erhöhten Kaufpreis mitfinanzierten sogenannten "weichen" Kosten hatten, konnten wir nicht eindeutig nachvollziehen, da wir trotz der Aufsichtsratstätigkeit von Herrn B2 bei der Bbei der E3 keine Unterlagen über die Kalkulation der Abgabepreise der B vorgefunden hatten. Hinweise auf die Größenordnung der Weichkosten ergeben sich jedoch aus dem Protokoll einer von Herrn B2 moderierten Besprechung zwischen dem Vorstand der B und den Herren I und C am 28.März 1996, in der es um die zukünftige Zusammenarbeit im Immobilienvertrieb ging. Von Seiten der Bwurde kritisiert, dass I &C auf zu hohe Verkaufspreise dränge und festgestellt" ... dass mit einer 30 %igen Gesamtbelastung der Wohnungen mit Weichkosten die Schallgrenze erreicht ist (vgl. Anlage 4.2 Nr. 5 Blatt 7).
108....
109In den Fällen, in denen I & C Objekte anderer Anbieter vertrieben hat, scheint die Relation von 30 % Weichkosten im Verhältnis zum Wert der Immobilien deutlich überschritten worden zu sein. Dies ergibt sich aus einem Schreiben des Kreditnehmers H2 an die E3 vom 4.1.1999 (Anlage 4.2 Nr. 6). ... Aus der Kostenrechnung des Notars ergibt sich, dass an I & C Provisionen in Höhe von 49.237,39 geflossen sind; dies entspricht ca 60 % des für die Pfandfreistellung bzw. zur Auszahlung an den Verkäufer verwendeten Betrags."
110Die Kammer schließt sich den Schlussfolgerungen der Wirtschaftsprüfer, denen die Beklagte nicht entgegengetreten ist, an. Daraus ergibt sich, dass die Verkäuferinnen in der Regel mehr als 15 % Verkaufprovisionen gezahlt haben denn Weichkosten von mindestens 30 % stehen ausweislich der Objekt- und Finanzierungsvermittlungsaufträge (Anlage B10 und R18) lediglich ausgewiesene Kosten von 12,73 % (B10/1), 12,93 % (B10/2), 12,36 % (B10/3), 9,13 % (B10/4), 14,72 % (R18a), 16,98 % (R18b), 16,93 % (R18c), 12,76 (R18d), 15,12 % (R18e) und 10,78 % (R18f) gegenüber.
111Ein weiteres Indiz dafür, dass unüblich hohe Verkäuferprovisionen gezahlt wurden ist die Notiz B2 vom 26.1.1990 (Anlage 4.1 Nr. 4 des Berichtes V )
112B2 beichtet darin über ein Telefongespräch mit I2 (Vorstand B) unter anderem wie folgt:
113"Im Übrigen würde Herr I2 es gerne sehen, wenn die beiden Herren nicht schon wieder "mit mir gedroht" hätten und sich darüber hinaus endlich mit bescheideneren Provisionen begnügen würden. ...
114Was die Frage der Provisionen angeht, machte ich Herrn I2 darauf aufmerksam, dass diese ja nicht den Deckungskostenbetrag der B schmälern und er daher dieser Frage nicht mit solchem Nachdruck nachsetzen sollte. ...."
115Daraus lässt sich zwar nicht die genaue Höhe der Verkäuferprovisionen entnehmen, wohl aber, dass erheblich überdurchschnittliche Provisionen gezahlt wurden. Andernfalls wäre die Beschwerde des Vorstandes der B unverständlich.
116Vertriebsvereinbarungen mit L2 und E4 (Anlage B26)
117Daraus folgt, dass mit den Untervermittlern Provisionen von 5 % bis 12 % des Nettokaufpreises vereinbart worden waren. Da I & C nicht unentgeltlich tätig sein konnte, müssen die gezahlten Provisionen erheblich darüber gelegen haben.
1183.
119Protokoll der mündlichen Verhandlung der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 7.9.2006 in dem Verfahren 1 o 582/04 (Zur Verwertung als Urkundenbeweis wird auf Zöller § 373 Rn. 9 verwiesen).
120Die Zeugin E5 hat unter anderem ausgesagt:
121"Bevor ein Objekt des Allwo in den Vertrieb ging, fand eine gemeinsame Besprechung von Mitarbeitern der B, der C3 und von I und C statt. Bei diesen Gesprächen äußerte die Firma B zunächst den erwarteten Kaufpreis. C3 teilte dann mit, bis zu welchem Betrag das Objekt finanziert würde. Herr I oder Herr Cerhielten dann auf Grund einer Vereinbarung, die bei diesen Gesprächen getroffen wurde, 23 % Provision vom Verkaufspreis, den die B festsetzte. Die entsprechende von B an I und C gezahlte Provision wurde dann in den Verkaufspreis, der von B festgesetzt wurde, eingerechnet. ….
122Ich weiß deshalb über die Vorgänge so genau Bescheid, weil ich 1 ½ Jahre die Sekretärin von Herrn C war, und zwar von März 90 bis Ende 91, es kann auch Anfang 92 gewesen sein und an den vor mir geschilderten Gesprächen selbst teilgenommen habe. Ich musste nämlich die entsprechenden Niederschriften fertigen. … "
123Der Zeuge X hat unter anderem ausgesagt:
124Ich erhielt für die Vermittlung einer Wohnung in der Regel 9 % Provision. Diese Provision bekam ich von Herrn T, für dessen Vertrieb ich arbeitete. Wie viel Provision Herr T selbst erhalten hat, weiß ich nicht.
125Aus der Aussage der Zeugin E5 ergibt sich eindeutig, dass die B stets 23 % Verkäuferprovision zahlte. Zur Aussage des Zeuge X gilt das zu den Vertriebsvereinbarungen mit L2 und E4 (Anlage B26) Gesagte.
126Unerheblich ist, das die oben dargestellte Besprechung erst im Jahr 1996 stattfand, denn aus dem Ergebnisprotokoll ergibt sich zweifelsfrei, dass es um eine bereits bestehende und keine neue Art und Weise der Zusammenarbeit geht. Belegt wird dies auch durch die unter Nr. 1 zitierte Notiz B2 und das Protokoll der Vernehmung der Zeugin E5.
127Die vorgenannten Urkunden beziehen sich zwar nicht auf die streitgegenständlichen Verträge wohl aber auf die allgemeine Geschäftspraxis und die Umstände des von I & C betriebenen Vertriebes von Eigentumswohnungen und deren Finanzierungen, die in allen Fällen identisch waren. Daraus folgert die Kammer, dass I & C von allen Verkäuferinnen in allen Fällen mindestens 15% Verkäuferprovision erhielt. Umstände, die eine abweichende Beurteilung im vorliegenden Fall rechtfertigen, sind weder ersichtlich noch dargelegt.
128Festzuhalten bleibt damit, dass die Beklagte den Vortrag der Kläger, es seien zu den in dem Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag ausgewiesenen Kosten und Provisionen weitere 20 % bis 40 % Verkäuferprovisionen gezahlt worden nicht substantiiert bestritten hat und die Kammer zudem aufgrund der vorstehend dargestellten Urkunden zweifelsfrei davon überzeugt ist, dass in jede Verkäuferin für jeden einzelnen Verkauf mindestens 15 % Verkäuferprovision an I & C gezahlt hat.
129Den Vermittlern fällt eine Täuschungshandlung zur Last. In diesem Zusammenhang spielt es letztlich keine entscheidende Rolle, ob die Täuschung in einem aktiven Tun (positive Falschangabe der Vermittlungskosten in dem Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag) oder einem Unterlassen (Verschweigen der im Kaufpreis einkalkulierten oder versteckten Provisionen) liegt, denn die Vermittler traf eine Offenbarungspflicht.
130Eine Aufklärungspflicht besteht immer dann, wenn es sich um besonders wichtige Umstände handelt, die für den anderen Vertragsteil offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind. Diese müssen ungefragt offenbart werden (Palandt § 123 Rn. 5b). Dies gilt insbesondere für Tatsachen, die den Vertragszweck erheblich gefährden. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn sich ein Makler – hier I & C – nicht nur von dem Käufer sondern auch von der Verkäuferin Provisionen und zwar in einem weit über das übliche Maß hinausgehende Umfang versprechen und bezahlen lässt, denn den von der Verkäuferin in den Kaufpreis einkalkulierten Verkäuferprovisionen steht kein entsprechender Ertrags- und/oder Sachwert gegenüber. Insbesondere bei einer aus Immobilien bestehenden Vermögensanlage (eine Selbstnutzung der Wohnung durch die Kläger war nicht vorgesehen) können sich aus der Existenz und der Höhe von Innenprovisionen, die als solche nicht die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen, Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und der Rentabilität der Kapitalanlage ergeben (BGH NJW 2004, 1732 (1734) = BGHZ 158, 110ff). Sie sind geeignet, den wirtschaftlichen Sinn der Vermögensanlage in Zweifel zu ziehen (BGH III ZR 290/04).
131Zwar ist eine Doppelmakelung, wie § 654 BGB zeigt, grundsätzlich zulässig (BGH III ZR 318/02) sofern kein "institutionalisierter Interessenkonflikt" (BGH NJW 1992, 2818, BGHZ 138, 170) vorliegt (Handelsvertreter). Ist dem Makler – wie im vorliegenden Fall - die Doppeltätigkeit gestattet, so bleibt dennoch die Grundpflicht des Maklers bestehen, für seinen (hier: seine) Auftraggeber treu tätig zu werden. Es ist anerkannt, dass er auch bei einem Doppelauftrag nicht den einen dadurch bevorzugen darf, dass er den Vorteil des anderen »schlecht und gewissenlos« wahrnimmt, gar »Mittel, die gegen die guten Sitten verstoßen«, anwendet (so RG JW 1913,641 = RG WarnRspr 1913 Nr. 288). Auch bei einem erlaubten Doppel-Auftrag ist deshalb der Makler gehalten, seinen Auftraggeber - hier also beide - über all das aufzuklären, was für dessen Entschluss bestimmend sein kann und was er wissen muss, um sich vor Schaden zu bewahren (RGZ 138, 94, 97; BGH Urt. v. 8. März 1956 - II ZR 73/55 -, BB 1956, 733; BGHZ 48, 344 ff; BGH III ZR 290/04 für einen Geschäftsbesorger). Diese Pflicht zum Reden, die ihm gegenüber dem einen Auftraggeber obliegt, geht der gegenüber dem anderen Teil bestehenden Pflicht vor, die von diesem Teil ihm anvertrauten ungünstigen Umstände für sich zu behalten. Das entspricht dem wohlverstandenen Interesse seiner beiden Auftraggeber. Jeder von ihnen nimmt in Kauf, dass der Makler den Gegner über ungünstige Umstände aufklärt, weil dem der Vorteil gegenübersteht, vom Makler auch das zu erfahren, was dem Gegner ungünstig ist. Dennoch hat auch der Doppel-Makler die Interessen seiner beiden Auftraggeber zu wahren, indem er sich strenger Unparteilichkeit gegenüber beiden befleißigen muss, um ihnen in fairer Weise zu dienen (BGHZ 48, 344 ff). Unerheblich ist, dass die Vermittler nicht die Aufgabe hatten, die Rentierlichkeit der Kapitalanlage der Kläger zu überprüfen, denn es geht hier um die Offenbarung von vorhandenen Kenntnissen der Vermittler (BGH III ZR 290/04 für Geschäftsbesorger). Das oder die Gespräche mit dem Vermittler waren die entscheidende Informationsquelle für die Kläger und damit die maßgebliche Grundlage für ihre Anlageentscheidung. Sie sind besonders schutzwürdig, weil ihnen eine nähere Prüfung der Werthaltigkeit bei derart komplexen Anlageentscheidungen kaum möglich ist und nach dem nächstliegenden Verständnis eines durchschnittlichen Erwerbers die Vorstellung ausgeschlossen ist, in dem Gesamtaufwand könnten so außergewöhnliche Gewinnspannen für den Verkäufer stecken, dass die Rentabilität oder der Wert der Anlage von vorneherein in Frage gestellt sein könnte (BGH III ZR 290/04).
132Dieses Gebot haben I & C und deren Untervermittler verletzt. Sie haben von den Verkäuferinnen Provisionen von mindestens 15 % erhalten und diese den Klägern unstreitig nicht offenbart. Diese Provision übersteigt die ortübliche Verkäuferprovision von 3,45 % bis maximal 5,75 % bei weitem und ist für die Kaufentscheidung der Erwerber von erheblicher Bedeutung, weil sie als solche nicht die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellt und Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der Kapitalanlage ermöglicht (BGH NJW 2004, 1732 (1734). Zudem besteht bei einer so hohen Provision die nahe liegende Gefahr, die sich im vorliegenden Fall auch verwirklicht hat, dass der Makler dass Vertrauen und die Interessen der Käufer verletzt und sich allein von seinem Provisionsinteresse leiten lässt. Deutliche Indizien für diese Interessenkollision sind das Besprechungsprotokoll vom 28.3.1996 und die Feststellungen der Wirtschaftsprüfer im Gutachten von V. Danach diente der Verkauf der Eigentumswohnungen überwiegend den Umsatzinteressen der Beklagten, I & C sowie der Verkäuferin und nicht den Interessen der Erwerber. Ihre Steuersparmöglichkeiten waren angesichts ihrer verhältnismäßig geringen Einkommen stark eingeschränkt. Sie standen in keinem vernünftigen Verhältnis zu ihrem verfügbaren Einkommen. Die Steuersparmöglichkeiten dienten im Wesentlichen als Verkaufargument der Vermittler. Von sich aus hatten die Erwerber dafür keinen Bedarf geäußert. Er wurde ihnen in den Verkaufsgesprächen eingeredet.
133Ohne Bedeutung ist, ob die Verkäuferin gegenüber den Klägern verpflichtet ist, den Teil der Provision, den sie an I & C zahlt und in den Kaufpreis einkalkuliert oder anders ausgedrückt versteckt (im Folgenden Innenprovision), zu offenbaren, denn hier geht es um die Pflichten des Maklers, der nach Treu und Glauben in viel weitergehendem Ausmaß die Interessen seines Auftraggebers wahrnehmen muss als ein Verkäufer, der einen möglichst hohen Kaufpreis erzielen will, und für jedermann erkennbar offensichtlich in erster Linie eigene Interessen vertritt im Ergebnis ebenso BGH III ZR 290/04). Die bisherige Rechtsprechung des BGH zu den Aufklärungspflichten einer Bank über gezahlte Innenprovisionen (BGH XI ZR 53/02 = NJW- RR 2004, 632) dürfte damit, jedenfalls dann, wenn der BGH ernsthaft dem Verbraucherschutz und den Risiken der vorliegenden Vertriebsumstände Rechnung tragen will (BGH XI ZR 6/04 Rn. 50), in der vorliegenden Fallkonstellation - arglistige Täuschung über die Provisionen, die insgesamt an die Maklerin insgesamt gezahlt werden - überholt sein. Entscheidend für diese Ausdehnung der Haftung der Beklagten ist, dass die Beklagte und I & C bewusst und gewollt zusammengearbeitet haben, um Kleinanleger durch ausgeklügelte Vertriebsmethoden zu veranlassen, mit erheblichen Vertriebskosten belastete Eigentumswohnungen zu erwerben, für die sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen keinen Bedarf hatten und von sich aus auch keinen Bedarf geäußert haben (dies ergibt sich eindrucksvoll aus dem Besprechungsprotokoll vom 28.3.1996). Wenn die Beklagte sich die Vertriebsmethode zu Nutze macht (Neugeschäft mit Bausparverträgen und Krediten, dies belegt die Notiz B2 vom 26.1.1990, V Anlage 4.1 Nr. 4), dann muss sie auch für sämtliche arglistige Täuschungen des Vertriebes nach §§ 123 Abs. 2 BGB einstehen. Für den Fall einer arglistigen Täuschung kommt es nicht darauf an, in welchem Pflichtenkreis der Anlagevermittler tätig wird, denn andernfalls wäre die neue Rechtsprechung des BGH zur Haftung der Bank für unrichtige Mieteinnahmen (die betreffen das Anlageobjekt und gehören zum Pflichtenkreis der Verkäuferin und nicht der Bank) unverständlich (BGH XI ZR 205/05).
134Die Pflichtenkreisrechtsprechung führt nur im Regelfall, nämlich bei gutverdienenden, steuerberatenen Kapitalanlegern, die wegen ihrer hohen Steuerbelastung nach Steuersparmöglichkeiten suchen und die sich daraus ergebenden Risiken nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auch tragen können, zu einer interessengerechten Risikoverteilung zwischen Kreditnehmer und Bank. Dies gilt aber dann nicht, wenn – wie im vorliegenden Fall - Gering- oder Durchschnittsverdiener, die bis zur streitgegenständlichen Kapitalanlage aus ihren Einkünften kein (oder zumindest kein nennenswertes) Vermögen bilden konnten und auch nicht gebildet haben und die zudem eine absolut gesehen geringe Steuerbelastung zu tragen haben, im Wege des Strukturvertriebes mit erheblichen Vertriebskosten belastete, vollständig fremdfinanzierte Eigentumswohnungen aufgeschwatzt bekommen, bei denen die Kredithöhe und das Risiko in keinem vernünftigen Verhältnis zu ihren Einkünften und ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen steht und ihnen jegliche Liquiditätsreserven – soweit sie überhaupt vorhanden sein sollten – rauben.
135Es gibt keinen vernünftigen Grund und es ist deshalb ungerecht, dass ein Kaufinteressent einer Immobilie oder eines Immobilienanteils im Rahmen eines Steuerspar- oder Geldanlagemodells (Fondanteil oder Eigentumswohnung), dem das Anlageobjekt von dem Vertreiber mittels eines Prospektes vorgestellt wird (Hinweispflicht bei Innenprovisionen von mehr als 15% so BGH III ZR 359/02) anders behandelt werden soll als derjenige dem das Objekt durch eine mündliche Beratung anhand eines Berechnungsbeispiels – wie vorliegend – vorgestellt wird (keine ungefragte Hinweispflicht so BGH V ZR 66/06). Der in der Entscheidung des BGH vom 13.10.2006 (V ZR 66/06) für diese Differenzierung genannte Grund, dass der Käufer einer Immobilie keinen Anspruch auf den Erwerb zum Verkehrswert hat, gilt für jede Kapitalanlage (Fondsanteil oder Eigentumswohnung) und jede Vertriebsform. Dass ein Vermittler bei einem persönlichen Gespräch/Beratung über ihm bekannte Innenprovisionen von mehr als 15% schweigen darf ein Prospekt über dieselbe Tatsache hingegen ausdrücklich hinweisen muss, leuchtet nicht ein. Beide Vertriebsmethoden dienen dem Zweck, den Kapitalanleger zum Erwerb der Eigentumswohnung oder des Fondsanteils zu bewegen. Bei beiden Vertriebsmethoden ist das Informationsdefizit des Kapitalanlegers identisch und jeder Kapitalanleger ist gleich schutzwürdig. Bei einem persönlichen Gespräch besteht zwar anders als bei einem anonymen Vertrieb durch einen Prospekt die Möglichkeit Fragen zu stellen. Dieser Aspekt rechtfertigt aber keine Ungleichbehandlung, weil nach dem nächstliegenden Verständnis eines durchschnittlichen Erwerbers die Vorstellung ausgeschlossen ist, in dem Gesamtaufwand könnten so außergewöhnliche Gewinnspannen für den Verkäufer stecken, dass die Rentabilität oder der Wert der Anlage von vorneherein in Frage gestellt sein könnte (BGH III ZR 290/04). Es fehlt somit ein Anlass, dem Vermittler entsprechende Fragen zu stellen. Hinzu kommt, dass die Kammer davon überzeugt ist, dass die vor Ort den Erwerbern gegenüber auftretenden Abschlussvermittler bestrebt waren, die Innenprovisionen, die als solche für jedermann (auch die Vermittler und Erwerber) erkennbar nicht die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen und Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der Kapitalanlage ermöglicht hätten (BGH NJW 2004, 1732 (1734), den "Erwerbern" gegenüber nicht aufzudecken und keinen Argwohn oder Zweifel zu wecken (wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die nachfolgende Begründung der Arglist verwiesen). Gerade deshalb besteht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben die Verpflichtung, für die Entscheidung besonders wichtige Umstände (dazu zählt eine Innenprovision von mehr als 15%, weil sie die Rentabilität oder der Wert der Anlage von vorneherein in Frage gestellt sein könnte (BGH III ZR 290/04)) ungefragt zu offenbaren. Es geht hier letztlich um die Offenbarung von vorhandenem Wissen der Vermittler, welches für die Entscheidung der Kapitalanleger unabhängig von der Art der Kapitalanlage von ausschlaggebender Bedeutung ist. Dieses Wissen darf ein redlicher Makler nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht zurückhalten zumal dem hier betroffenen Personenkreis (geschäftsunerfahrene Kapitalanleger mit eher kleinen, allenfalls mittleren Einkommen) eine nähere Prüfung der Werthaltigkeit bei derart komplexen Anlageentscheidungen kaum möglich wenn nicht sogar unmöglich ist.
136Für eine Gleichbehandlung beider Vertriebsmethoden spricht schließlich auch der Umstand, dass keine vernünftige Differenzierung der unterschiedlichen Hinweispflichten möglich ist, wenn bei in einem persönlichen Gespräch ein Prospekt, der keinen Hinweis auf die Innenprovisionen von mehr als 15% enthält, ganz oder teilweise übergeben oder vorgelegt wird.
137Die Vermittler (sowohl I & C als auch deren Untervermittler) handelten arglistig. Arglist erfordert einen Täuschungswillen, der gegeben ist, wenn der Handelnde die Unrichtigkeit seiner Angaben kennt und weiß, dass der andere Teil durch die Täuschung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt wird, das heißt dass dieser bei wahrheitsgemäßer Erklärung nicht oder nur zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte. Insoweit genügt bedingter Vorsatz, nämlich die Vorstellung, die unrichtige Erklärung könne möglicherweise für die Willensbildung des anderen Teils von Bedeutung sein (Palandt § 123 Rn. 11). Diese Voraussetzungen liegen vor.
138Die Vermittler kannten die von ihnen mit den Verkäuferinnen vereinbarten und von den Verkäuferinnen an sie auch gezahlten Innenprovisionen. Sie handelten auch mit Täuschungswillen.
139Sämtliche Beteiligte, auch für die vor Ort den Erwerbern gegenüber auftretenden Abschlussvermittler waren bestrebt, die gesamten Kaufnebenkosten, die einschließlich Innenprovisionen mindestens 30 % des Kaufpreises betrugen und die als solche für jedermann (auch die Vermittler und Erwerber) erkennbar nicht die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen und Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der Kapitalanlage ermöglicht hätten (BGH NJW 2004, 1732 (1734), den "Erwerbern" gegenüber nicht aufzudecken. Allen gemein war das Wissen, dass bei Aufdeckung der erheblichen, im Kaufpreis versteckten Innenprovisionen die Erwerber möglicherweise vom Kauf abgehalten hätten werden können. Diesbezüglichen Argwohn gerade angesichts des potentiellen Erwerberklientels (nicht geschäftserfahrene Kapitalanleger mit eher kleinen, allenfalls mittleren Einkommen) nicht entstehen zu lassen, war ersichtlich Motivation der scheinbar vollständigen Offenlegung aller "weichen Kosten", die an Notar und die I & C Gruppe zu zahlen waren. Insoweit greift auch der mögliche Einwand nicht, offengelegt seien nur die "vom Erwerber unmittelbar selbst" zu zahlenden Provisionen. Nach Überzeugung des Gerichts belegt die gesamte Gestaltung des Vertriebes der Eigentumswohnungen ("I & C verkauft alles wie z.B. Emden und Nordenham, weil auch für solche Objekte der Markt geschaffen wird" Zitat aus dem Ergebnisprotokoll der Besprechung vom 28.3.1996) und die Art und Weise der Finanzierung (Vollfinanzierung des Kaufpreises und aller Kosten, geringe Anfangsbelastung, die Erwerber mussten nur die ihnen vorgelegten Formulare unterschreiben und sich in keiner Weise aktiv um die Finanzierung kümmern), dass es allen Beteiligten (Vermittler, Verkäufer, Beklagte) ohne Rücksichtnahme auf die Interesses der Erwerber allein darauf ankam, ihre Umsatzinteressen durchzusetzen und keinerlei Argwohn oder Zweifel bei den Erwerbern zu wecken. Belegt wird diese Feststellung zudem durch folgende Urkunden und Indizien:
1401.
141Notiz B2 vom 26.1.1990 (V Anlage 4.1 Nr. 4)
142Darin heißt es unter anderem wie folgt:
143"Was die Frage der Provisionen angeht, machte ich Herrn I2 darauf aufmerksam, dass diese ja nicht den Deckungskostenbetrag der B schmälern und er daher dieser Frage nicht mit solchem Nachdruck nachsetzen sollte. Im Übrigen wies ich darauf hin, dass wir uns an der B nicht mit 30 % beteiligen mussten, von unserer Vorarbeit abgesehen, wenn wir dann "nur gerecht" bedient würden. Ich ... äußerte aber meine Erwartung, dass wir etwas gerechter als gerecht behandelt werden sollten. Ich sähe mich zunehmend kritischer Fragen nach dem Sinn des B-Engagements gegenüber, so dass ich sehr dafür wäre, wenn die Herren I & C Volumen bekommen könnten, da dies die einzige Schiene sei, über die wir überhaupt etwas von der B hätten. Die übrigen, so gerecht behandelten Partner, bringen uns nichts. ..."
1442.
145Ergebnisprotokoll B2 vom 9.4.1996 über die Besprechung vom 28.3.1996 (V Anlage 4.2 Nr. 5)
146Darin heiß es unter anderem wie folgt:
147"Er (B2) stellt klar, dass die B hervorragende Produkte liefert, die I & C Gruppe erstklassig vertreibt und einen ausgefeilten Service für die Kunden auch in der Zeit nach Durchführung des Kaufes bietet. Was ganz besonders aus der Sicht des Finanzierers wichtig ist, ist die Tatsache, dass man sich stets mit besonderem Engagement um Störfälle kümmert. Von den inzwischen rd. 4.400 durch die C3 finanzierten Wohnungen sind kaum welche in eine Zwangsversteigerung geraten und wenn, habe die Gruppe die Wohnungen unter Inkaufnahme finanzieller Einbußen übernommen. Es läge im allseitigen Interesse, über Abwicklungen zu verfügen, die keinerlei "Rauch" in der Öffentlichkeit aufsteigen ließen.
148Er hebt weiter hervor, dass sowohl die I & C Gruppe als auch die B wechselseitig stets voneinander profitieren, was auch so bleiben soll. Dies liegt ganz besonders auch im Interesse der C3, deren Beteiligung an der B nur dann dem Bausparkassengesetz entspricht, wenn sie aus dieser Verbindung Nutzen für das Bausparerkollektiv in Form von Neugeschäft ziehen kann.
149.......
150Um die direkte Vergleichbarkeit zu gewährleisten, stellt die M2 der J exakt 20 % zur Verfügung, woraus die direkt dem Vertrieb zuzuordnenden Kosten finanziert werden.
151......
152Zu dem immer wieder angesprochenen Thema der Abgabepreise führt Herr U aus, dass I & C freilich den maximalen Preis anstrebe. Die B muss aber als Kaufmann den Marktpreis ausloten und ihren Abgabepreis danach ausrichten. Bekommt die Fa. I & C aber höhere Preise, so muss man bei B annehmen, man habe sich verschätzt, oder "sie nehmen dem Kunden zuviel ab". Wir kalkulieren für die B ein möglichst großes Stück aus dem Kuchen.
153Nach langer Diskussion merkt Herr I an, dass die B I & C nicht verstehen kann und erinnert daran, dass der Markt für die Immobilien zu dem von I & C geforderten Preis ohnehin nicht vorhanden ist sondern erst im Beratungsgespräch gemacht werden muss.
154....
155Die Herren U und E2 erkennen den Wunsch auf eine Mehrerlösabrede an. Sie meinen aber, dass mit der 30 %igen Gesamtbelastung der Wohnungen mit Weichkosten die Schallgrenze erreicht ist. Andernfalls leidet das B-Produkt darunter. ......"
156Unerheblich ist, das diese Besprechung erst im Jahr 1996 stattfand und nicht unmittelbar die streitgegenständlichen Vertragsschlüsse betrifft, denn daraus ergibt sich deutlich die allgemeine Geschäftspraxis von I & C insbesondere deren Egoismus und Gewissenlosigkeit und dass es um eine bereits bestehende und keine neue Art und Weise der Zusammenarbeit geht. Belegt wird dies auch durch die unter Nr. 1 zitierte Notiz B2 und das Protokoll der Aussage der Zeugin E5.
157Festzuhalten bleibt damit zunächst, dass den Vermittlern eine arglistige Täuschung der Kläger zu Last fällt.
158Die Anlagevermittler und I & C waren für die Beklagte wegen der Zusammenarbeit in institutionalisierter Art und Weise (dazu später) auch keine Dritte nach § 123 Abs. 2 BGB.
159Wissensvorsprung
160Die eine eigene Aufklärungspflicht auslösende Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer, Fondsinitiatoren oder die von ihnen beauftragten Vermittler und die Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurden und die Unrichtigkeit der Angaben nach den Umständen des Falls evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (BGH XI ZR 6/04 Rn 52).
161Erforderlich ist zunächst, dass zwischen den Verkäufern, den von ihren beauftragten Vermittlern und der finanzierenden Bank ständige Geschäftsbeziehungen bestanden. Diese können etwa in Form einer Vertriebsvereinbarung, eines Rahmenvertrages oder konkreter Vertriebsabsprachen bestanden haben, oder sich daraus ergeben, dass von den eingeschalteten Vermittlern - von der Bank unbeanstandet – Formulare des Kreditgebers benutzt wurden, oder daraus, dass die Vermittler dem finanzierenden Institut wiederholt Finanzierungen von Eigentumswohnungen desselben Objekts vermittelt haben (BGH XI ZR 6/04 Rn. 53). Diese Voraussetzungen liegen vor. Zwischen der Beklagten, B und I & C bestand unstreitig seit 1990 eine ständige Geschäftsbeziehung und ein gemeinsames Vertriebskonzept (BGH XI ZR 6/04 Rn. 59). Dies ergibt sich auch aus dem Gutachten V insbesondere der Anlage 4.1 Nr. 4. Die Beklagte finanzierte unstreitig den Erwerb zahlreicher Eigentumswohnungen in einem Objekt. Allein vor dieser Kammer sind mehr als 200 Verfahren rechtshängig gewesen (80) bzw. noch rechtshängig (120). Die Gesamtzahl überschreitet 5000.
162Dass die Finanzierung der Kapitalanlage vom Vermittler angeboten wurde ist dann anzunehmen, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande kommt, der von sich aus eine Bank zur Finanzierung seines Erwerbgeschäftes aussucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte dem Interessenten im Zusammenhang mit den Anlage- oder Verkaufunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstitutes vorgelegt hat, das sich zuvor dem Verkäufer gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte (BGH XI ZR 6/04 Rn. 54). Dies war vorliegend der Fall. Sämtliche Verträge wurden durch I & C und deren Untervermittler angebahnt. Der Vermittler legte den Klägern das Darlehensantrags- und die Bausparantragsformulare der Beklagten vor (Darlehens- und Bausparanträge Anlagen A3 und B19 (Muster)). Einen persönlichen Kontakt zwischen den Parteien gab es nicht. Von den Klägern ging keinerlei Initiative aus. Die Art und Weise der Finanzierung durch die Beklagte war vorab zwischen I & C, der Verkäuferin und der Beklagten abgesprochen.
163Von einer evidenten Unrichtigkeit der Angaben der Vermittler ist dann auszugehen, wenn sie sich objektiv als grob falsch dargestellt haben, so dass sich aufdrängt, die kreditgebende Bank habe sich der Kenntnis der Unrichtigkeit und der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (BGH XI ZR 6/04 Rn. 55). Auch die ist vorliegend der Fall.
164Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang die unsubstantiierte und im Hinblick auf die oben zitierten Urkunden zumindest schwer nachvollziehbare Behauptung der Beklagten, ihr (wem genau?) sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht bekannt gewesen, ob und in welcher Höhe für Vermittlung des konkreten von der Klägerseite erworbenen Immobilienobjektes eine Verkaufprovision – kaufpreiserhöhend – bezahlt worden sei, weil ihr (wem genau?) die zwischen I & C und den Verkäuferinnen geschlossenen Vertriebsvereinbarungen nicht bekannt gewesen seien. Es fehlt jeglicher konkreter Vortrag zur Organisation des internen Ablaufes und Informationsaustausches und dazu, welcher Mitarbeiter der Beklagten an der Vorbereitung und dem Abschluss der Darlehensverträge im Allgemeinen und im streitgegenständlichen Fall beteiligt war und welche Kenntnisse jeder von ihnen hatte. Auf ihren unsubstantiierten Vortrag ist die Beklagte mit Verfügung vom 11.9.2006 ausdrücklich hingewiesen worden. Die Beklagte muss sich die Kenntnisse ihrer Hilfspersonen auch der selbständigen Vermittler, entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen (BGH NJW 2004 S. 2156, NJW 1992, S. 899; Palandt § 166 Rn. 6, 6a, 8). Selbst wenn entgegen der vorgenannte Gründe zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass ihr Vortrag hinreichend substantiiert ist und aus welchen Gründen auch immer eine Kenntniszurechnung ausscheidet, ist davon auszugehen, dass der Beklagten die von den Verkäuferinnen gezahlten Provisionen und das Verschweigen derselben bekannt war.
165Wenn der Beklagten diese Umstände nicht bekannt gewesen sein sollten, dann hat sie sich der Kenntnis geradezu verschlossen, weil sie die erheblichen, in den Kaufpreis einkalkulierten und den Erwerbern unstreitig nicht aufgedeckten Innenprovisionen nicht übersehen konnte. Aus der Notiz B2 vom 26.1.1990 (V Anlage 4.1 Nr. 4) ergibt sich zweifelsfrei, dass B2 wusste, dass I & C erhebliche und nicht die üblichen Provisionen verlangten und erhielten, die auf den "Deckungskostenbeitrag" der Verkäuferin aufgeschlagen wurden. Aus dem Ergebnisprotokoll über die Besprechung vom 28.3.1996 (V Anlage 4.2 Nr. 5) ergibt sich, dass im Beisein von B2 über Verkäuferprovisionen für I & C von 20 % (M2) oder 30 % "Weichkosten" der Wohnungen der B gesprochen wurde und dies eine bereits bestehende und keine neue Art und Weise der Zusammenarbeit betraf. Eine Frage hätte genügt, und B2 hätte genau gewusst, welche Provisionen gezahlt werden. Anhaltspunkte und Gelegenheiten, konkret nachzufragen, gab es nach den oben dargestellten Urkunden genug.
166Da sich die Beklagte der Kenntnis zumindest geradezu verschlossen hat, muss sie sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (der Strukturvertrieb erfolgte mit Wissen und Wollen und auch im Umsatzinteresse der Beklagten), im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen, die nicht als verbundene Geschäfte behandelt werden können und um dem in den Entscheidungen des EuGH vom 25.10.2005 (C-350/03 und C-229/04) zum Ausdruck kommenden Gedanken des Verbraucherschutzes vor den Risiken von Kapitalanlagemodellen Rechnung zu tragen (BGH XI ZR 6/04 Rn. 50) auch so behandeln lassen, wie bei positiver Kenntnis (vgl. dazu auch BGH NJW 1999, 423, 2000, 952 und 2001, 1721).
167Die zahlreichen weiteren Pflichtverletzungen, die die Kläger der Beklagten vorwerfen, können damit dahinstehen.
168Schaden
169Welcher Schaden unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss erstattungsfähig ist, richtet sich angesichts der Vielgestaltigkeit, in der eine Verletzung vorvertraglicher Pflichten in Betracht kommen kann, nach der Ursächlichkeit des schadensstiftenden Verhaltens für den eingetretenen Schaden im Einzelfall. Da die Grundlage eines solchen Schadensersatzanspruchs enttäuschtes Vertrauen ist, geht er in der Regel auf Ersatz des sog. negativen Interesses; d.h. der Geschädigte ist so zu stellen, wie er ohne das schadensstiftende Verhalten des anderen Teils stehen würde (BGH Urteil vom 16.5.2006 XI ZR 6/04 Rn. 61, BGH, NJW-RR 1997, 144, NJW 1981, 2050 = WM 1981, 689 (690) m.w.Nachw. Palandt § 311 Rn. 24, 42, 57). Steht fest, dass die benachteiligte Partei im Falle pflichtgemäßer Aufklärung einen für sie ungünstigen Vertrag nicht abgeschlossen hätte, so kann sie Rückgängigmachung des Vertrags verlangen (BGH WM 1982, 960f.). Der durch die Pflichtverletzung verursachte Schaden liegt dann in der Eingehung des für sie nachteiligen Vertrags. Bereits der Eingriff in die persönliche Entscheidungsfreiheit begründet den Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrages (BGH NJW 2005, 2450).
170Die Beweislast obliegt in diesem Zusammenhang der Beklagten. Wer vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt ist beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten entstanden wäre, denn es besteht eine Vermutung, dass sich der Geschädigte aufklärungsrichtig verhalten hätte (Palandt § 280 Rn. 39). Die Kläger behaupten, sie hätten den Kaufvertrag und damit auch die Finanzierungsverträge nicht abgeschlossen, wenn sie zutreffend aufgeklärt worden wären.
171Die Beklagte hat keine Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass dies unzutreffend ist. Sie ist mit Beschluss vom 16.6.2006 auf ihre Darlegungslast hingewiesen worden.
172Festzuhalten bleibt damit, dass die Kläger gegen die Beklagte wegen eines Verschuldens bei Vertragsschluss einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Darlehensvertrages haben.
173II.
174Der Klageantrag zu 1 (Zahlung in Höhe von 73.389,03 €) ist teilweise begründet.
175Die Kläger haben nach der unter I. dargelegten Rechtslage dem Grunde nach einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Darlehensvertrages, mithin Rückzahlung ihrer Leistungen.
176Sie haben nach ihrem Vortrag im Schriftsatz vom 25.10.2006 (Blatt 839 und 840), dem die Beklagte im Schriftsatz vom 23.11.2006 (Blatt 875 bis 877) nur zu einem geringen Teil widersprochen hat (dazu später), in dem Zeitraum 1992 bis 2006 Darlehenszinsen in Höhe von 29.418,17 € (#########01) und 29.367,07 € (########02) = 58.785,24 € gezahlt. Streitig und durch den Kontoauszug für das Darlehen Nr. ######01 für das Jahr 2005 belegt sind lediglich 1.563,58 €, so dass sich der vorgenannte Betrag von 58.785,24 € um 677,72 € (2.241,30 € (von den Klägern einkalkulierter Betrag) – 1.563,58 (streitige und belegte Zahlungen der Kläger) auf 58.107,52 € ermäßigt.
177Die Kläger haben folgende Mietpoolausschüttungen erhalten, die anspruchsmindernd zu berücksichtigen sind (dazu später):
1781992 bis 1997 (unstreitig) 6 x 4.657,08 DM = 27.942,48 DM = 14.286,76 €
1791998 (streitig) belegt sind durch die Kontoauszüge 1998 "Vorausdarlehen" Einzahlungen in Höhe von 194,04 + 194,05 für 12 Monate mithin 388,09 x 12 = 4.657,08 DM = 2.381,13 €
1801999 (unstreitig) 3.723,69 DM = 1.903,89 €
1812000 belegt durch die Mietpoolabrechnung Spalte 4 lfd. Nr. 30 und 30a 1.519,61 DM + 354,50 DM = 1.874,11 = 958,22 €
1822001belegt durch den Kontoauszug W Spalte "SollUms. EUR" ohne den Übertrag der Mietpoolergebnisse 1999 und 2000 (437,65 + 274,20) sind 785,18 €, dieser Betrag deckt sich mit der Mietpoolabrechnung 2001 Spalte 4 lfd. Nr. 30 "Mietausschüttungen" in Höhe von 1.535,68 DM = 785,18 €
1832002 belegt durch den Kontoauszug W Spalte "SollUms.EUR "ohne den Übertrag des Mietpoolergebnisses 2001 (548,63) sind 359,36 €, dieser Betrag deckt sich mit der Mietpoolabrechnung 2002 Spalte 4 lfd. Nr. 30 "Mietausschüttungen" in Höhe von 359,36 €
1842003 belegt durch den Kontoauszug W Spalte "SollUms.EUR" ohne den Übertrag des Mietpoolergebnisses 2002 (238,06) sind 624,38 €, dieser Betrag deckt sich mit der Mietpoolabrechnung 2003 Spalte 4 lfd. Nr. 30 "Mietausschüttungen" in Höhe von 624,38 €
1852004 belegt durch den Kontoauszug W Spalte "SollUms.EUR" ohne den Übertrag des Mietpoolergebnisses 2003 (209,65) sind 628,86 €, dieser Betrag deckt sich mit der Mietpoolabrechnung 2004 Spalte 4 lfd. Nr. 30 "Mietausschüttungen" in Höhe von 628,86 €
1862005 belegt durch den Kontoauszug W Spalte "SollUms.EUR" ohne den Übertrag des Mietpoolergebnisses 2004 (326,55) sind 392,15 €, dieser Betrag deckt sich mit der Mietpoolabrechnung 2005 Spalte 4 lfd. Nr. 30 "Mietausschüttungen" in Höhe von 392,15 €
1872006 belegt durch den Kontoauszug W Spalte "SollUms.EUR" sind 610,90 €
188Bei den in den vorgenannten Kontoauszügen aufgeführten "Abrechnungsergebnissen" der jeweiligen Vorjahre handelt es sich zweifellos nicht um eine Auszahlung an die Kläger sondern um eine Rechnungsposition nämlich die Differenz zwischen dem Anspruch der Kläger, der sich aus der Abrechnung ergibt, und den an sie erfolgten Auszahlungen. Sie sind deshalb entgegen der Ansicht der Beklagten herauszurechnen. Die in den vorgenannten Kontoauszügen in der vorletzten Zeile genannten und von der Beklagten im Schriftsatz vom 31.11.2006 (Blatt 876) zitierten Gesamtumsätze decken sich deshalb auch nicht mit den Auszahlungen der Mietpoolverwalterin an die Kläger. Die ergibt sich offensichtlich aus den jeweiligen oben dargestellten Mietpoolabrechnungen.
189Insgesamt haben die Kläger damit 22.930,83 € Mietpoolausschüttungen erhalten, die anspruchsmindernd zu berücksichtigen sind, weil
1901. die Kläger in dem Zeitraum, in dem die Mietpoolverwalterin direkt an die Beklagte zahlte, nur die Differenz zwischen der Mietpoolausschüttung und den vereinbarten Zinsen an die Beklagte zahlten (dies ergibt sich sowohl aus dem Vortrag der Kläger Blatt 32 der Klage als auch aus dem Besuchsbericht D3 Blatt 319) und
1912. die Kläger die Mietpoolausschüttungen im Wege der Vorteilsausgleichung (Palandt Vor § 249 Rn. 119 ff) vollständig herauszugeben haben. Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung ist eine Minderung des Schadens dann zu berücksichtigen, wenn sie in einem adäquat-ursächlichen Zusammenhang zu dem schädigenden Ereignis steht und außerdem die Anrechnung dem Zweck des Schadensersatzes entspricht und weder den Geschädigten unzumutbar belastet noch den Schädiger unbillig entlastet (vgl. BGHZ 74, 103 [113f.] = NJW 1979, 1449; BGHZ 109, 380 [392] = NJW 1990, 1038). Dies ist vorliegend der Fall, denn zwischen dem schädigenden Ereignis, nämlich der Verletzung der Aufklärungspflicht und dem dadurch verursachten Abschluss aller streitgegenständlichen Verträge und dem Vorteil, nämlich den Mieteinnahmen besteht ein innerer Zusammenhang, denn die Kläger hätten keinerlei Mietausschüttungen erhalten, wenn sie alle streitgegenständlichen Verträge nicht geschlossen hätten. Auf die von dem Mietpool sowohl an die Beklagte als auch an die Kläger gezahlten Beträge hatten die Kläger keinen Anspruch, weil es sich insoweit um den Gewinn aus der Durchführung des Kaufvertrages handelt, die Kläger aber so zu stellen sind, als wenn dieser Vertrag nicht zustande gekommen wäre (Palandt § 311 Rn. 57). Die Vorteilsausgleichung entspricht damit auch der Billigkeit.
192Zugunsten der Kläger ergibt sich damit ein Betrag in Höhe von 58.107,52 € (Zinszahlungen) - 22.930,83 € (Mietpoolausschüttungen) = 35.176,69 €
193Auch die Anrechnung von Steuervorteilen richtet sich nach den vorgenannten Grundsätzen der Vorteilsausgleichung (BGH III ZR 350/04 = NJW 2006, 499 m.w.N., Palandt Vor § 249 Rn 144). Zu den auf den Schadensersatzanspruch eines Geschädigten anzurechnenden Vorteilen gehören grundsätzlich auch Steuern, die der Geschädigte infolge der Schädigung beispielsweise durch Verlustzuweisungen erspart hat (BGH III ZR 350/04).
194Dazu haben die Kläger keine konkreten Tatsachen vorgetragen insbesondere keine Steuerbescheide vorgelegt obwohl sie mit Beschluss von 16.6.2006 und Verfügung vom 11.9.2006 auf diese Rechtlage hingewiesen worden sind. Die Kammer schätzt daher nach § 287 ZPO die Steuervorteile wie in dem Beschluss vom 16.6.2006 angekündigt auf 20% sämtlicher Erwerbsnebenkosten und der negativen Einkünfte der Kläger (Mieteinnahmen minus Zinszahlungen = tatsächlichen Zahlungen der Kläger). Beide Parteien haben dagegen keinerlei konkrete Einwendungen erhoben. Die Erwerbsnebenkosten einschließlich Disagio belaufen sich auf 125.000,00 DM (Vorausdarlehen) – 106.008,00 DM (Kaufpreis) = 18.992,00 DM = 9.710,46 € und die negativen Einkünfte auf 58.107,52 € (Zinszahlungen) - 22.930,83 € (Mietpoolausschüttungen) = 35.176,69 €. Es errechnen sich damit Steuervorteile von 9.710,46 € (Erwerbsnebenkosten) + 35.176,69 € (negative Einkünfte) = 44.887,15 € x 20% = 8.977,43 € die anspruchsmindernd zu berücksichtigen sind.
195Zwar ist bei der Betrachtung möglicher Steuervorteile auch zu beachten, ob dem Geschädigten aus der Zuerkennung des Schadensersatzanspruchs und dessen Gestaltung steuerliche Nachteile erwachsen, sei es durch eine Nachforderung des Finanzamts (vgl. BGHZ 53, 132 [134ff.] = NJW 1970, 461), sei es durch eine Besteuerung der Schadensersatzleistung (vgl. BGHZ 74, 103 [114ff.] = NJW 1979, 1449) oder der gegebenenfalls - so auch im Streitfall - Zug um Zug gegen die Schadensersatzleistung vorgesehenen Übertragung der Kapitalanlage (vgl. BGH, VersR 1990, 95 [96]; Loritz/Wagner, ZfIR 2003, 753 [761]). Dazu haben die Kläger keine konkreten Tatsachen vorgetragen. Zukünftige Schäden, die durch die Rückübertragung der streitgegenständlichen Eigentumswohnung entstehen sind zudem Gegenstand des Klageantrages zu 6.
196Der ersatzfähige Schaden beläuft sich somit auf 58.107,52 € (Zinszahlungen) - 22.930,83 € (Mietpoolausschüttungen) = 35.176,69 € - 8.977,43 € (Steuervorteile) = 26.199,26 €.
197Der davon abweichende, unsubstatiierte Vortrag in der Klage vom 14.12.2004 (Blatt 157) ist evident ins Blaue hinein aufgestellt und falsch. Er sollte die Beklagte lediglich zur sehr umfangreichen, zeit- und arbeitsaufwendigen Darstellung aller Zahlungen der Kläger veranlassen, wozu sie nicht verpflichtet ist (Zöller § 138 Rn 8). Der von den Klägern dort behauptete monatliche Betrag in Höhe von 473,48 € (Blatt 157) übersteigt die ursprünglich vereinbarten Zinsen (393,75 DM + 387,50 DM = 781,25 DM = 399,45 €). Er lässt sich auch nicht durch eine Addition mit den monatlichen Sparraten erklären, weil diese nicht gleich blieben sondern anstiegen, die Bausparleistungen Gegenstand des Antrages zu 4 sind und die Addition nicht den streitgegenständlichen Betrag ergibt. Hinzu kommt, dass unstreitig Zahlungen – in welcher Höhe auch immer - aufgrund der Vereinbarung über die Mietverwaltung (im Folgenden Mietpool) erfolgt sind und die Kläger deshalb auch nicht den vollen Betrag in Höhe von 399,45 € an die Beklagte gezahlt haben. Die von dem Mietpool an die Beklagte gezahlten Beträge sind nicht ersatzfähig (Palandt § 311 Rn. 57), weil es sich insoweit um den Gewinn aus der Durchführung des Kaufvertrages handelt, die Kläger aber so zu stellen sind, als wenn der Vertrag nicht zustande gekommen wäre.
198Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286, 288 BGB. Verzug ist erst mit dem Zugang des Schriftsatzes vom 6.11.2006 (erste konkrete Schadensberechnung durch die Kläger) eingetreten, denn ein Gläubiger kann aus einer Mahnung keine Rechte herleiten, wenn er – wie vorliegend – eine weit übersetzte Forderung geltend macht, insbesondere dann nicht, wenn der Schuldner die wirklich geschuldete Leistung nicht zuverlässig feststellen kann (Palandt § 286 Rn. 20).
199Der Klageantrag zu 2 (Feststellung, dass der Beklagten keine Ansprüche aus dem Darlehensvertrag zustehen) ist zulässig und begründet.
200Die Zulässigkeit ergibt sich aus § 256 ZPO (Zöller § 256 Rn 7, 14a), denn das Rechtsverhältnis ist streitig. Die Beklagte berühmt sich eines Darlehensrückzahlungsanspruches.
201Die Widerklage lässt das Feststellungsinteresse nicht entfallen.
202Erhebt der Beklagte der negativen Feststellungsklage seinerseits wegen desselben Streitgegenstandes eine Leistungswiderklage oder eine ausnahmsweise zulässige positive Feststellungsklage, dann besteht das ursprüngliche Feststellungsinteresse nur solange fort, bis über die neue Klage streitig verhandelt wurde, diese also nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil die Beklagte eine unzulässige positive Feststellungsklage und hilfsweise eine zulässige Leistungsklage mit anderem Streitgegenstand erhoben hat.
203Der Widerklageantrag zu 1 ist unzulässig, nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klargestellt hat, dass das Ziel des Antrages die Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufes und nicht die positive Feststellung des Fortbestehens des Darlehensvertrages (so hat die Kammer den Antrag bis zur mündlichen Verhandlung ausgelegt und darauf auch im Beschluss vom 16.6.2006 hingewiesen) ist. Nur das Rechtsverhältnis selbst kann Gegenstand der Feststellungsklage sein, nicht aber seine Vorfragen oder einzelne Elemente (Zöller § 256 Rn. 3). Kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO ist die Wirksamkeit einer Rechtshandlung (BGHZ 37, 331 ff, Zöller § 256 Rn. 5), die im vorliegenden Fall nach der ausdrücklichen Klarstellung in der mündlichen Verhandlung allein Streitgegenstand ist.
204Der Streitgegenstand der hilfsweisen Leistungsklage auf Rückgewähr der Nettokreditsumme und des Klageantrages zu 2 auf Feststellung, dass der Beklagten keine Darlehensrückzahlungsansprüche zustehen ist nicht identisch. Streitgegenstand des Widerklageantrages zu 3 ist ein Rückgewähranspruch gemäß § 3 HWiG (Seite 14 der Widerklage und Sachzusammenhang sowie Stufenverhältnis mit dem Widerklageantrag zu 1) , Streitgegenstand des Klageantrages zu 2 alle Ansprüche aus dem Darlehensvertrag.
205Der Antrag ist begründet, weil die Kläger nach dem Oben zu I. Gesagten einen Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung des Vertrages haben, den sie ihrer Inanspruchnahme entgegenhalten können (BGH XI ZR 6/04 Rn. 61).
206Der Klageantrag zu 3 (Feststellung des Annahmeverzuges) ist zulässig und begründet.
207Das Feststellungsinteresse ergibt sich aus § 756 ZPO (Zöller § 256 Rn 3, § 756 Rn. 9). Der Antrag ist nach §§ 295, 298 BGB begründet, weil die Kläger nach dem oben zu I Gesagten einen Anspruch auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages haben und die Beklagte die von ihr geschuldeten Leistungen nicht vornimmt.
208Der Klageantrag zu 4 (Zahlung von 15.835,30 €) ist begründet.
209Die Kläger haben nach der unter I. dargelegten Rechtslage dem Grunde nach einen Anspruch auf Rückgängigmachung der Bausparverträge, mithin Rückzahlung ihrer Leistungen.
210Sie behaupten im Schriftsatz vom 25.10.2006 (Blatt 839 und 840) Bausparleistungen in Höhe von 15.835,30 €. Die Beklagte bestreitet die Zahlungen der Jahre 1992, 1994 1998, 2000, 2001 und 2002 ohne nähere Spezifikation (Ausnahme 1992). Dahinstehen kann, ob ihr Bestreiten hinreichend substantiiert und erheblich ist, denn das Bausparguthaben der Kläger beläuft sich nach den unstreitigen Kontoauszügen 2005 auf 13.846,33 € (#########01) + 3.876,63 € (#########02) = 17.722,96 € und übersteigt damit die Klageforderung.
211Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286, 288 BGB.
212Der Klageantrag zu 5 (Feststellung der weiteren Ersatzpflicht) ist zulässig und begründet. Die Kläger haben nach dem oben zu I Gesagten einen Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung. Sie können den Schaden, der Gegenstand dieses Antrages nicht beziffern, weil die Höhe nicht feststeht, so dass eine vorrangige Leistungsklage ausscheidet (Zöller § 256 Rn. 7a).
213Über den hilfsweise gestellten Klageantrag zu 6 (Zahlung des Differenzschadens sowie Neuberechnung und die sich daraus ergebende teilweise Rückzahlung der gezahlten Zinsen) war nicht zu entscheiden, weil die Kläger nach dem Oben zu I Gesagten dem Grunde nach einen weitergehenden Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung der Verträge haben und die Hilfsanträge nur für den Fall gestellt worden sind, dass dieser Anspruch nicht besteht.
214Der unzulässige (insoweit wird auf das Oben zu dem Klageantrag zu 2 Gesagte verwiesen) Widerklageantrag zu 1 (Feststellung, dass der Widerruf unwirksam ist) und die zulässigen Widerklageanträge zu 2 (hilfsweise Feststellung der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der notariellen Vollstreckungsunterwerfungserklärung) und zu 3 (äußerst hilfsweise Zahlung des Nettokreditbetrages) sind nicht begründet, weil die Kläger nach dem Oben zu I. Gesagten einen Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung des Vertrages haben, den sie ihrer Inanspruchnahme entgegenhalten können (BGH XI ZR 6/04 Rn. 61).
215Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO und berücksichtigt das jeweilige Unterliegen der Parteien. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
216Der Streitwert in Höhe von 157.729,36 € berechnet sich wie folgt:
217Klageantrag zu 1 (Nennwert): 73.389,03 €
218Klageantrag zu 2 und zu 3 (restlicher Nettokreditbetrag, da beide Anträge wirtschaftlich identisch sind): 61.355,03 €
219Klageantrag zu 4: 1.000,00 €
220Klageantrag zu 5 (Nennwert):15.835,30 €
221Klageantrag zu 6 (1/10 des Nettokreditbetrages): 6.150,00 €
222Klageantrag zu 7: Es gilt § 45 Abs. 1 S. 2 GKG
223Widerklageanträge: Es gilt das Additionsverbot wegen wirtschaftlicher Identität (Zöller § 5 Rn. 8).
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