Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 799/04
Tenor
Es wird festgestellt, dass aus dem Vorausdarlehensvertrag vom 18.7.1997/22.7.1997 keine Darlehensrückzahlungs- und Zinszahlungsansprüche der Beklagten zu 1 gegenüber den Klägern zustehen Zug um Zug gegen Auflassung eines Miteigentumsanteils von 5/1.000 an dem Grundstück G1, Gebäude und Freiflächen, zur Größe von insgesamt 13.234 m² verbunden mit dem Sondereigentum der Wohnung im 4. Obergeschoss mit einem Kellerraum, Aufteilungsplan Nr. 22, eingetragen im Wohnungsgrundbuch von H Blatt #### (vorher Grundbuch von H Blatt #### (Amtsgericht H)) an die beklagten Gesamtschuldner sowie die Bewilligung der Eintragung im Grundbuch.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagten mit der Annahme des Übereignungsanspruchs seit dem 16.5.2002 in Verzug befinden.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten den Klägern gesamtschuldnerisch den gesamten Schaden und alle Kosten zu ersetzen hat, die durch die Abwicklung des Darlehensvertrages und Übereignung der vorstehend bezeichneten Eigentumswohnung entstehen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 35% und die Beklagten 65% nach einem Streitwert in Höhe von 146.158,12 €.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
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T a t b e s t a n d
2Seit 1989 vermittelten die Fa. I & C und die von ihr später gegründeten Firmen J und C2 den Verkauf von mehr als 8000 Eigentumswohnungen und deren Finanzierungen durch Bausparverträge und Vorausdarlehen. Die Beklagte zu 1 hatte mit den Firmen I & C und C2 Agenturverträge bezüglich der Vermittlung von Bausparverträgen geschlossen. Die Beklagte zu 1 gewährte der I & C seit 1995 in erheblichem Umfang Kredite, um deren Liquidität zu sichern (Einzelheiten Rn. 38 bis 48 der Stellungnahme der Q).
3Die B (im Folgenden B) war Eigentümerin von mehr als 8.000 vermieteten Eigentumswohnungen. Sie hatte diese Wohnungen von der in finanzielle Schwierigkeiten geratenen M übernommen und beabsichtigte, die Wohnungen zu veräußern. Die Bewirtschaffung der Wohnungen war wegen der überwiegend nicht auf dem Marktniveau liegenden Mieten und des aufgrund gestiegener Zinsen hohen Kapitaldienstes nicht kostendeckend. An der B war die Beklagte zu 1 mit 12,85% beteiligt. B2 war bis 2001 Vorstandsmitglied der Beklagten zu 1 und Aufsichtsratsmitglied der B. Der Vertrieb der Eigentumswohnungen erfolgte unter anderem durch die Fa I & C. Die Geschäftsbeziehung zwischen der B und der I & C hatte die Beklagte zu 1 vermittelt.
4Mit notariell beurkundetem Kaufvertragsangebot vom 15.7.1997 (Anlage A5) bot die B den Klägern die ursprünglich im Grundbuch von H Blatt #### und später im Wohnungsgrundbuch von H Blatt ### eingetragene, 55,50 m² große Eigentumswohnung Nr. 22 des Aufteilungsplanes (T- Str. 1 in H, 4. Obergeschoss) zu einem Kaufpreis in Höhe von 144.578,-- DM zum Kauf an. Dieses Angebot nahmen die Kläger mit notariell beurkundeter Erklärung vom 16.7.1997 an (Anlage A6).
5Der 1948 geborene Kläger war Heilpädagoge die 1952 geborene Klägerin Frisörin. Ihr monatliches Nettoeinkommen lag zwischen 5.800,- DM (Blatt 11) und 5.400,- DM (Anlage D1). Wegen der weiteren Einzelheiten der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger wird auf die "Selbstauskunft/Auftrag" (Anlage D1) verwiesen.
6Zur Finanzierung des Kaufpreises schlossen die Kläger und die Beklagte zu 1, auch handelnd im Namen und für Rechnung der Beklagten zu 2, unter dem 18.7.1997 und 22.7.1997 einen schriftlichen Darlehensvertrag (Anlagen A7 und WK1, Blatt 376 - 389) unter anderem mit folgendem Inhalt:
7"Vorausdarlehen 176.000,- DM, Zinssatz nominal 5,55%, anfängl. effekt. Jahreszins 6,69%, Zins fest für Jahre 5, Disagio 7.040,- DM, Nettokredit 168.960,- DM,
8Zur Verzinsung hat der Darlehensnehmer monatlich zu zahlen: 814,00 DM
9......
10Während der Dauer der Zinsfestschreibung wird das Vorausdarlehen nicht getilgt.
11Die Tilgung des Vorausdarlehens soll mit der/den zugeteilten Bausparsumme/n der nachgenannten Bausparverträge erfolgen:
12########01 88.000,- DM
13########02 88.000,- DM
14Die monatliche Sparrate beträgt:
151. – 3. Jahr 132,00 DM
164. – 6. Jahr 184,80 DM
177. – 9. Jahr 255,20 DM
18ab dem 10. Jahr 325,60 DM
19Bei mehreren Bausparverträgen wird vom Bausparer zunächst der erste Vertrag mit den angegebenen Sparraten bespart. ...Nach dessen Zuteilung gemäß ABB werden nacheinander die weiteren Bausparverträge bespart....
20......
21Die in § 1 genannten Darlehen werden gesichert durch:
22Guthaben aus dem/den vorfinanzierten Bausparvertrag/verträgen Grundschuldeintragung zugunsten der C3 über 176.000,- DM ....
23.......
24Auszahlungen aus Vorfinanzierungsdarlehen (...) und zugeteilten Bauspardarlehen erfolgen, wenn
25......
26Beitritt in eine Mieteinnahmegemeinschaft, die nur mit unserer Zustimmung gekündigt werden darf......"
27Unter dem 22.7.1997 unterschrieben die Kläger eine Widerrufsbelehrung (Blatt 384) in der es unter anderem heißt:
28"Habe ich das Darlehen empfangen, gilt der Widerruf als nicht erfolgt, wenn das Darlehen nicht binnen zweier Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückbezahlt wird."
29Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 12.11.1997 (Urkundenrolle #####, Anlagen A9 und WK 2, Blatt 390, 391) bestellte die B der Beklagten zu 1 eine Grundschuld in Höhe von 176.000,- DM. Die Kläger übernahmen die persönliche Haftung und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Sie wiesen die Beklage zu 2 an das Darlehen auf das Notaranderkonto treuhänderisch zu überweisen.
30Sämtliche Verträge wurden durch T2 angebahnt. Er führte die Verhandlungen mit den Klägern. Einen persönlichen Kontakt zwischen den Klägern und den Beklagten gab es nicht. Der Ort und Inhalt der Vertragsverhandlungen sind streitig.
31Die Kläger unterschrieben folgende formularmäßigen Urkunden:
32unter dem 27.5.1997
33Selbstauskunft (Anlage D1 )
34Unter dem 13.6.1997
35Besuchsbericht (Anlage D3), unter anderem mit folgendem Inhalt: "... Vorauszahlung auf die Mietpoolausschüttung von zZt.: 718,-DM…..mtl. Aufwand vor Steuern 516,-- DM…"
36Besuchsprotokoll (Anlage D7), unter anderem mit folgendem Inhalt:"... Wir wissen, dass nach Abzug der Mietausschüttung ein monatlicher Aufwand inklusive Ansparung von DM 516,- vor Steuer anfällt und dass dieser Betrag monatlich von unserem Konto abgebucht wird. ... "
37unter dem 11.7.1997
38Darlehensantrag und Vollmacht zum Abschluss von Bausparverträgen(Anlage A3),
39Besuchsbericht (Anlage D3a), unter anderem mit folgendem Inhalt: "…..mtl. Aufwand vor Steuern 516,-- DM…"
40Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag (Anlagen A1 –so die Kläger- oder D5 – so die Beklagten-, sowie Anlagen B10 und R18 (Muster)) an J und C2 unter anderem mit folgendem Inhalt:
41"Ich erteile hiermit den Auftrag, mir das o.g. Objekt und die Finanzierung zu vermitteln. Der Auftrag soll durch die in Punkt 4 und 5 der nachfolgenden Aufstellung benannte Firma zu den dort genannten Gebührensätzen ausgeführt werden. ...
421. Kaufpreis .....
432. Grunderwerbsteuer .....
443. Notar- und Gerichtskosten .....
454. Finanz.-Verm. Gebühr .....3.520,- oder 4.860,- DM
465. Courtage 3,45% oder 5,75% ..... 6.815,- oder 8.313,- DM
476. Abschlussgebühr 1,6%......"
48Ohne Datum:
49Risikohinweise (Anlage D2),
50Vereinbarung über Mietenverwaltung (Anlage A4).
51Die Beklagte zu 1 nahm die Bausparanträge der Kläger (Anlage A3) an (Anlage A8) und die Beklagte zu 2 zahlte die Darlehenssumme auf das Notaranderkonto.
52Am 28.3.1996 fand eine Besprechung zwischen den Vorständen U und E der Fa. B und den Geschäftführern der "I & C Gruppe" statt an der auch B2 teilnahm. In dem von B2 unterschriebenen "Ergebnisprotokoll" heißt es unter anderem:
53"Er (B2) stellt klar, dass die B hervorragende Produkte liefert, die I & C Gruppe erstklassig vertreibt und einen ausgefeilten Service für die Kunden auch in der Zeit nach Durchführung des Kaufes bietet. Was ganz besonders aus der Sicht des Finanzierers wichtig ist, ist die Tatsache, dass man sich stets mit besonderem Engagement um Störfälle kümmert. Von den inzwischen rd. 4.400 durch die C3 finanzierten Wohnungen sind kaum welche in eine Zwangsversteigerung geraten und wenn, habe die Gruppe die Wohnungen unter Inkaufnahme finanzieller Einbußen übernommen. Es läge im allseitigen Interesse, über Abwicklungen zu verfügen, die keinerlei "Rauch" in der Öffentlichkeit aufsteigen ließen.
54Er hebt weiter hervor, dass sowohl die I & C Gruppe als auch die B wechselseitig stets voneinander profitieren, was auch so bleiben soll. Dies liegt ganz besonders auch im Interesse der C3, deren Beteiligung an der B nur dann dem Bausparkassengesetz entspricht, wenn sie aus dieser Verbindung Nutzen für das Bausparerkollektiv in Form von Neugeschäft ziehen kann.
55.......
56Zu dem immer wieder angesprochenen Thema der Abgabepreise führt Herr U aus, dass I & C freilich den maximalen Preis anstrebe. Die B muss aber als Kaufmann den Marktpreis ausloten und ihren Abgabepreis danach ausrichten. Bekommt die Fa. I & C aber höhere Preise, so muss man bei B annehmen, man habe sich verschätzt, oder "sie nehmen dem Kunden zuviel ab". Wir kalkulieren für die B ein möglichst großes Stück aus dem Kuchen.
57Nach langer Diskussion merkt Herr I an, dass die B I & C nicht verstehen kann und erinnert daran, dass der Markt für die Immobilien zu dem von I & C geforderten Preis ohnehin nicht vorhanden ist sondern erst im Beratungsgespräch gemacht werden muss.
58....
59Die Herren U und E erkennen den Wunsch auf eine Mehrerlösabrede an. Sie meinen aber, dass mit der 30 %igen Gesamtbelastung der Wohnungen mit Weichkosten die Schallgrenze erreicht ist. Andernfalls leidet das B-Produkt darunter. ......"
60Die Beklagte zu 2 trat ihre Ansprüche aus dem Darlehensvertrag an die Beklagte zu 1 ab (Anlage R14 Muster).
61Mit Anwaltsschreiben vom 16.5.2002 erklärten die Kläger den Widerruf (Anlage WK3, Blatt 392). Mit der vorliegenden Klage begehren sie Schadensersatz wegen eines Verschuldens bei Vertragsschluss und hilfsweise die Rückabwicklung der Verträge.
62Ihren Schaden berechnen sie wie folgt:
63streitige Darlehenszinsen in Höhe von 501,68 € x 85 Monate (August 1997 bis September 2004) = 42.642,80 € (Blatt 151),
64hilfsweise Disagio (3.599,49 €) sowie Mehrkosten gegenüber einem Annuitätendarlehen (die Kläger behaupten 44.953,82 €, Einzelheiten Blatt 51 – 58).
65Die Kläger behaupten, T2 habe sie im Juni 1997 angerufen und gefragt, ob sie Interesse an Steuerersparnissen hätten. Es sei ein Termin in ihrer Privatwohnung vereinbart worden. T2 habe sie dort aufgesucht und die Vorzüge des Erwerbes der vermieteten Eigentumswohnung (Steuerersparnis, steigende Mieten, Sicherheit, Altersvorsorge) herausgestellt. Er habe das Finanzierungsmodell der Beklagten als festen Bestandteil des Kapitalanlagekonzepts angepriesen und alle anderen Finanzierungsmöglichkeiten wegen des Steuersparmodells und der Vollfinanzierung aller Kosten als ungeeignet ausgeschlossen. Er habe erklärt, dass es sich um eine optimale Finanzierungsform handele, die genau auf das Steuersparkonzept der Kapitalanlage abgestimmt sei und den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Kläger am besten entspräche. Das Finanzierungskonzept sei gut durchdacht und nach allen Seiten hin abgesichert. Es sei nur ein monatlicher Betrag in Höhe von 80,98 € (Blatt 63, Anlage A2) einzusetzen. Tatsächlich betrage die erzielbare Miete 4,80 DM je m² (laut Mietspiegel) abzüglich 30% Bewirtschaftungskosten und 15% Mietausfallwagnis mithin 2,86 DM je m² (Blatt 62), die Unterdeckung der Liquidität 1.768,58 € (Blatt 66, 67), die Differenz von Aufwand und Mietertrag nach 10 Jahren 1.306,80 DM (Blatt 464) und der monatlich Aufwand nach Steuern 470,35 DM (Blatt 466 – 468). Die derzeitigen Zahlungen beliefen sich auf 544,28 € (Blatt 468). Alle oben genannten Urkunden und der Darlehensvertrag seien in der Privatwohnung unterschrieben worden.
66Die Kläger meinen, die Beklagten hätten Beratungs- und Aufklärungspflichten verletzt, weil sie nicht über
671. die Vor- und Nachteile der Ausgestaltung der Finanzierung
68einschließlich Disagio (3.599,49 €) insbesondere die Mehrkosten gegenüber einem Annuitätendarlehen (die Kläger behaupten 44.953,82 €), die Laufzeit der Finanzierung (die Kläger behaupten bis zu 35 Jahre) , den vom Regelbausparbeitrag abweichenden, geringeren anfänglichen Bausparbeitrag , den Anstieg der monatlichen Belastungen, die Tilgungsaussetzung, die steuerlichen Auswirkungen, die lebenslange Verschuldung sowie
692. die objektbezogenen Risiken insbesondere des Mietpools und
70dessen Verbindlichkeiten (Auszahlung überhöht kalkulierter Mieteinnahmen), der Liquiditätsunterdeckung, den tatsächlichen Verkehrswert (die Kläger behaupten 59.29,90 DM, Blatt 117 – 123) und die Innenprovisionen (die Kläger behaupten 20% - 40%) hingewiesen worden seien und
713. die Beklagte zu 1 den Beleihungswert nach dem streitigen Vortrag
72der Kläger allein entsprechend der Höhe der Gesamtaufwendungen (Finanzbedarf) unter Missachtung der üblichen Bewertungsfaktoren (Nettomiete, Bodenrichtwert, Miteigentumsanteil, Gesamtnutzungsdauer, Vervielfältiger) und entgegen § 16 der ABB (Anlage B17) viel zu hoch angesetzt habe.
73Sie behaupten, sie hätten den Kauf- und den Kreditvertrag nicht abgeschlossen, wenn die Beklagten ihre Aufklärungspflichten nicht verletzt hätten.
74Die Kläger beantragen,
751. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie die Zinsen des Vorausdarlehens in Höhe von 42642,80 € nebst 5 % Zinsen über dem Basisdiskontsatz der Europäischen Zentralbank seit dem 16.5.2002 zu zahlen,
762. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, die Kläger von den bestehenden Darlehensrückzahlungs- und Zinszahlungsverpflichtungen aus dem zwischen den Klägern und der Beklagten zu 2 bestehenden Vorausdarlehensvertrag vom 18.7.1997, Konto-Nr.: ######### freizustellen,
773. festzustellen, dass aus dem unter Ziffer 2 bezeichneten Vorausdarlehensvertrag keine Darlehensrückzahlungs- und Zinszahlungsansprüche der Beklagten zu 1 gegenüber den Klägern zustehen,
78jeweils Zug um Zug gegen Auflassung eines Miteigentumsanteils von 5/1.000 an dem Grundstück G1, Gebäude und Freiflächen, zur Größe von insgesamt 13.234 m² verbunden mit dem Sondereigentum der Wohnung im 4. Obergeschoss mit einem Kellerraum, Aufteilungsplan Nr. 22, eingetragen im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts H #### an die beklagten Gesamtschuldner sowie die Bewilligung der Eintragung im Grundbuch,
794. festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Annahme des Übereignungsanspruchs seit dem 16.5.2002 in Verzug befinden,
805. die Beklagte zu 1 weiter zu verurteilen, das Bausparguthaben der Kläger nebst Zinsen aus dem Bausparvertrag Nr. ########01 abzurechnen und den sich aus der Abrechnung ergebenden Betrag an die Kläger zu zahlen,
816. festzustellen, dass die Beklagten den Klägern gesamtschuldnerisch den gesamten Schaden und alle Kosten zu ersetzen hat, die durch die Abwicklung des Darlehensvertrages und Übereignung der unter Ziffer 3 bezeichneten Eigentumswohnung entstehen,
827. Hilfsweise gegenüber den Anträgen zu Ziffern 1,2,3,4 und 6
83a. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Kläger 48.553,31 € nebst 5 % Zinsen über dem Basisdiskontsatz der Europäischen Zentralbank seit Rechthängigkeit zu bezahlen,
84b. die Beklagte zu 2 verurteilen, eine Neuberechnung des effektiven Jahreszinses des Darlehensvertrages vom 18.7.1997, Konto-Nr.: ######### auf der Grundlage des gesetzlichen Zinssatzes vorzunehmen und den sich aus der Neuberechnung zugunsten der Kläger ergebenden Betrag an die Kläger zu zahlen.
85Die Beklagten beantragen,
86die Klage abzuweisen und die Beklagte zu 1 widerklagend
871. festzustellen, dass der zwischen den Widerbeklagten (im Folgenden Kläger) und der Beklagten zu 2 abgeschlossene Vorausdarlehensvertrag vom 18.7./22.7.1997 durch den von Klägerseite erklärten Haustürwiderruf nicht aufgelöst worden ist, sondern wirksam fortbesteht und hilfsweise:
882. festzustellen, dass die Beklagte zu 1/Widerklägerin berechtigt ist, wegen ihrer aufgrund Haustürwiderrufes des vorbezeichneten Darlehensvertrages bestehenden Rückabwicklungsansprüche (§ 3 Abs. 1 HWiG a. F.) die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars T3 vom 12.11.1997, UR-Nr. #######, Grundschuld und persönliche Vollstreckungsunterwerfung, gegenüber den Klägern zu betreiben und höchst hilfsweise:
893. die Kläger als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Beklagte zu 1/Widerklägerin 86.387,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen.
90Die Kläger beantragen,
91die Widerklage abzuweisen.
92Die Beklagten berufen sich auf die Einrede der Verjährung.
93Sie meinen, sie träfen keine Aufklärungspflichten über das Risiko der Verwendung des Darlehens und sie hätten ihre Auskunftspflichten über die Finanzierung und den Immobilienmarkt durch die Risikohinweise und den Inhalt des Darlehensvertrages erfüllt. Die Beleihungswertermittlung sei zutreffend und allein in ihrem Interesse und nicht im Interesse der Kläger erfolgt.
94Die Beklagten behaupten, ihnen sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages nicht bekannt gewesen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Vermittlungsprovisionen von der Verkäuferin an die Fa. I & C oder die Firma J bezahlt worden seien.
95Die Beklagten bestreiten die Haustürsituation und deren Kausalität. Für den Fall der Wirksamkeit des Widerrufes erklären sie die Aufrechnung mit Ansprüchen auf Nutzungsvergütung und Kapitalrückzahlung.
96Die Klage ist am 26.11.2004 eingegangen. Der mit der Kostenrechnung vom 8.12.2004 angeforderte Vorschuss ist am 30.11.2005 eingezahlt und die Klage daraufhin am 16. und 19.12.2005 zugestellt (Blatt 254, 255) worden.
97Wegen der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Vortrages der Parteien wird auf den Inhalt der Akten einschließlich Anlagen verwiesen.
98E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
99Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen teilweise unzulässig und unbegründet. Die Widerklage ist teilweise unzulässig und nicht begründet. Die Kläger haben gegen die Beklagten wegen eines Verschuldens bei Vertragsschluss oder - sofern insoweit Verjährung eingetreten sein sollte - wegen einer nach § 830 BGB gemeinschaftlich begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung nach § 826 BGB, einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Darlehensvertrages (nachfolgend I.) mit den nachfolgend unter II. im Einzelnen für jeden Antrag dargestellten Rechtsfolgen.
100I.
101Es gelten nach Art 229 § 5 EGBGB die Gesetze (BGB, HWiG, VerbrKG) in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, weil die streitgegenständlichen Schuldverhältnisse vorher begründet worden sind.
102Den Beklagten fällt ein Verschulden bei Vertragsschluss (jetzt § 311 BGB) nämlich eine Verletzung einer Aufklärungspflicht zur Last.
103Nach der Entscheidung des BGH vom 16.5.2006 (XI ZR 6/04) können die Anleger in den Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objektes unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospektes über das Anlageobjekt berufen. Die eine eigene Aufklärungspflicht auslösende Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer, Fondsinitiatoren oder die von ihnen beauftragten Vermittler und die Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurden und die Unrichtigkeit der Angaben nach den Umständen des Falls evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.
104Arglistige Täuschung durch die Vermittler
105Die Vermittler (hier Fa. I & C und deren Untervermittler T2 ) haben die Kläger arglistig über die Höhe der Vermittlungskosten getäuscht. Falsche oder zumindest entstellende (dies ist ausreichend Palandt § 123 Rn 3) Angaben enthält der Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag (Anlagen A1 (diese Anlage betrifft wahrscheinlich den streitgegenständlichen Kauf) oder D5 (diese Anlage betrifft wahrscheinlich nicht den streitgegenständlichen Kauf) zu den Vertriebskosten. Darin sind und 3,45% oder 5,75% (6.815,- oder 8.313,- DM) Courtage beziffert worden (ebenso die Muster B10 und R18). Die tatsächlichen Vertriebskosten, die zusätzlich zu der vorstehend genannten Courtage von der Verkäuferin an I & C gezahlt wurden, lagen über 20 %. Dem entsprechenden, durch zahlreiche Indizien belegten Sachvortrag der Kläger sind die Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten.
106Die Beklagten bestreiten nicht, dass die Verkäufer für die Vermittlung des Kaufvertrages generell eine Verkäuferprovision gezahlt haben. Sie bestreiten die Höhe der von den Klägern behaupteten Provisionen, die die Verkäufer bezahlt haben sollen (20 % bis 40%) tragen aber zur Höhe dieser Provisionen nichts vor. Ihr Bestreiten ist damit unbeachtlich (§ 138 Abs. 3 ZPO).
107Die Erklärungslast des Gegners (§ 138 Abs. 2 ZPO) ist Auswirkung des Verhandlungsgrundsatzes, der Wahrheitspflicht und der Prozessförderungspflicht. Aus ihr folgt, dass der Gegner sich im Allgemeinen nicht auf ein bloßes Bestreiten beschränken darf. Die Erklärungslast ist in Bestehen und Umfang davon abhängig, wie die darlegungspflichtige Partei vorgetragen hat. Trägt der Darlegungspflichtige – wie vorliegend die Kläger - substantiiert vor, dann muss sich der Gegner auch substantiiert äußern (Zöller § 138 Rn. 8, 8a). Eine Partei darf sich nicht durch arbeitsteilige Organisation ihres Betätigungsbereiches ihren prozessualen Erklärungspflichten entziehen, sondern muss innerhalb desselben Erkundigungen anstellen (Zöller § 138 Rn. 16). Dieser Verpflichtung sind die Beklagten nicht nachgekommen.
108Die Beklagten sind mit Beschluss vom 19.6.2006 auf ihre Substantiierungslast hingewiesen worden. Sie haben daraufhin lediglich vorgetragen, ihre Erkundigungen bei den Verkäuferunternehmen über die Vertriebsvereinbarungen und etwaige Provisionssätze hätten bislang zu keinem Erfolg geführt, was damit zusammenhängen mag, dass sich auch die Verkäuferunternehmen zahlreichen Anlegerprozessen ausgesetzt sehen, in denen ihre Interessenlage mit derjenigen der Finanzierungsbanken durchaus divergiert. Es könne nicht "einfach" bei der Firma I & C nachgefragt werden. Die Firmengruppe sei seit Herbst 2000 in Insolvenz. Ob derartige Unterlagen vom Insolvenzverwalter beschafft werden können sei derzeit unklar. Dieser Vortrag rechtfertigt ein einfaches Bestreiten nicht, worauf die Beklagten mit Verfügung vom 11.9.2006 ausdrücklich hingewiesen worden sind. Es fehlt jeglicher konkreter Vortrag dazu, bei wem die Beklagten wann, was und auf welche Weise erfragt haben und welche Reaktion auf diese Nachfrage erfolgte. Die Insolvenz sämtlicher Firmen der I & C Gruppe ist kein nachvollziehbarer Grund, denn die seinerzeit handelnden Personen sind nicht verstorben und können ebenso wie der Insolvenzverwalter befragt werden. Die Beklagte zu 1 hat über 10 Jahre mit der I & C Gruppe institutionell zusammen gearbeitet (dazu später). Nachdem das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firmen der I & C Gruppe eröffnet worden war, veranlasste die Beklagte zu 1, die Herausgabe von Unterlagen die bei diesen Firmen verblieben waren (Seite 35 des Prüfberichtes X). Ihr war es also auch nach der Insolvenzeröffnung möglich, Informationen zu erhalten.
109Zudem ist die Kammer zweifelsfrei davon überzeugt, dass alle Verkäuferinnen für alle von der Fa. I & C und der Fa. J vermittelten Verkäufe, also auch im vorliegenden Fall, Verkaufsprovisionen gezahlt haben, die 15 % des Kaufpreises überstiegen. Diese Feststellung beruht auf den nachfolgend dargestellten unstreitigen Urkunden und Indizien, denen die Beklagten nicht entgegengetreten sind.
1101.
111Gutachten der X vom 27.11.2001 (im Folgenden X )
112Die von dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen im Mai 2001 beauftragten Wirtschaftsprüfer sind bei der Geschäftsprüfung (wegen der Einzelheiten der Prüfungsdurchführung und der Prüfungsunterlagen wird auf Seite 7 bis 9 des Prüfberichtes verwiesen) der Beklagten unter anderem zu folgenden Ergebnissen gekommen:
113(Seite 39)
114Aus den von der U2 bzw. der W im Falle der Eheleute H zu Verfügung gestellten Unterlagen ergibt sich, dass dem "Vertriebspartner" der I & C, Frau K, für die Objekt- und Finanzierungsvermittlung eine Provision von 12,5 % des Nettokaufpreises plus Mehrwertsteuer sowie eine Sonderprovision von 1,6 % der Finanzierungssumme zuzüglich Mehrwertsteuer zugesagt worden ist. In dem vorliegenden Fall müsste somit ein Provisionsbetrag von 15.436 (brutto) an den Vertriebspartner geflossen sein. Selbst wenn man unterstellt, dass die J und die C2 in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt waren, übersteigt dieser Betrag die gegenüber den Kreditnehmern ausgewiesenen Beträge für die Finanzierungsvermittlungsgebühr, die Abschlussgebühr und die Nettocourtage von 6.727 um 6.696.
115Da I & C neben den Provisionen an die Vertriebspartner auch noch die Kostren des eigenen Geschäftsbetriebes decken mussten, kann davon ausgegangen werden, dass ein nicht unerheblicher Teil des beurkundeten "Kaufpreises" nicht an den Verkäufer der Eigentumswohnung (im vorliegenden Fall die zu I & C gehörende M) geflossen ist, sondern bei den Vertriebsgesellschaften verblieben ist.
116In den Fällen, in denen die Wohnungen von der B verkauft worden sind ist zu vermuten, dass ein Teil des Kaufpreises von der B an I & C erstattet worden ist.
117Welchen Umfang diese über den erhöhten Kaufpreis mitfinanzierten sogenannten "weichen" Kosten hatten, konnten wir nicht eindeutig nachvollziehen, da wir trotz der Aufsichtsratstätigkeit von Herrn B2 bei der B bei der E3 keine Unterlagen über die Kalkulation der Abgabepreise der B vorgefunden hatten. Hinweise auf die Größenordnung der Weichkosten ergeben sich jedoch aus dem Protokoll einer von Herrn B2 moderierten Besprechung zwischen dem Vorstand der B und den Herren I und C am 28.März 1996, in der es um die zukünftige Zusammenarbeit im Immobilienvertrieb ging. Von Seiten der B wurde kritisiert, dass I & C auf zu hohe Verkaufspreise dränge und festgestellt" ... dass mit einer 30 %igen Gesamtbelastung der Wohnungen mit Weichkosten die Schallgrenze erreicht ist (vgl. Anlage 4.2 Nr. 5 Blatt 7).
118....
119In den Fällen, in denen I & C Objekte anderer Anbieter vertrieben hat, scheint die Relation von 30 % Weichkosten im Verhältnis zum Wert der Immobilien deutlich überschritten worden zu sein. Dies ergibt sich aus einem Schreiben des Kreditnehmers H2 an die E3 vom 4.1.1999 (Anlage 4.2 Nr. 6). ... Aus der Kostenrechnung des Notars ergibt sich, dass an I & C Provisionen in Höhe von 49.237,39 geflossen sind; dies entspricht ca. 60 % des für die Pfandfreistellung bzw. zur Auszahlung an den Verkäufer verwendeten Betrags."
120Die Kammer schließt sich den Schlussfolgerungen der Wirtschaftsprüfer, denen die Beklagten nicht entgegengetreten sind, an. Daraus ergibt sich, dass die Verkäuferinnen in der Regel mehr als 15 % Verkaufprovisionen gezahlt haben denn Weichkosten von mindestens 30 % stehen ausweislich der Objekt- und Finanzierungsvermittlungsaufträge (Anlage B10 und R18) lediglich ausgewiesene Kosten von 12,73 % (B10/1), 12,93 % (B10/2), 12,36 % (B10/3), 9,13 % (B10/4), 14,72 % (R18a), 16,98 % (R18b), 16,93 % (R18c), 12,76 (R18d), 15,12 % (R18e) und 10,78 % (R18f) gegenüber.
121Ein weiteres Indiz dafür, dass unüblich hohe Verkäuferprovisionen gezahlt wurden ist die Notiz B2 vom 26.1.1990 (Anlage 4.1 Nr. 4 des Berichtes X)
122B2 beichtet darin über ein Telefongespräch mit I2 (Vorstand B) unter anderem wie folgt:
123"Im Übrigen würde Herr I2 es gerne sehen, wenn die beiden Herren nicht schon wieder "mit mir gedroht" hätten und sich darüber hinaus endlich mit bescheideneren Provisionen begnügen würden. ...
124Was die Frage der Provisionen angeht, machte ich Herrn I2 darauf aufmerksam, dass diese ja nicht den Deckungskostenbetrag der B schmälern und er daher dieser Frage nicht mit solchem Nachdruck nachsetzen sollte. ...."
125Daraus lässt sich zwar nicht die genaue Höhe der Verkäuferprovisionen entnehmen, wohl aber, dass erheblich überdurchschnittliche Provisionen gezahlt wurden. Andernfalls wäre die Beschwerde des Vorstandes der B unverständlich.
1262.
127Vertriebsvereinbarungen mit L und E4 (Anlage B26)
128Daraus folgt, dass mit den Untervermittlern Provisionen von 5 % bis 12 % des Nettokaufpreises vereinbart worden waren. Da I & C nicht unentgeltlich tätig sein konnte, müssen die gezahlten Provisionen erheblich darüber gelegen haben.
1293.
130Protokoll der mündlichen Verhandlung der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 7.9.2006 in dem Verfahren 1 o 582/04 (Zur Verwertung als Urkundenbeweis wird auf Zöller § 373 Rn. 9 verwiesen).
131Die Zeugin E5 hat unter anderem ausgesagt:
132"Bevor ein Objekt des B in den Vertrieb ging, fand eine gemeinsame Besprechung von Mitarbeitern der B, der C3 und von I und C statt. Bei diesen Gesprächen äußerte die Firma B zunächst den erwarteten Kaufpreis. C3 teilte dann mit, bis zu welchem Betrag das Objekt finanziert würde. Herr I oder Herr C erhielten dann auf Grund einer Vereinbarung, die bei diesen Gesprächen getroffen wurde, 23 % Provision vom Verkaufspreis, den die B festsetzte. Die entsprechende von B an I und C gezahlte Provision wurde dann in den Verkaufspreis, der von B festgesetzt wurde, eingerechnet. ….
133Ich weiß deshalb über die Vorgänge so genau Bescheid, weil ich 1 ½ Jahre die Sekretärin von Herrn C war, und zwar von März 90 bis Ende 91, es kann auch Anfang 92 gewesen sein und an den vor mir geschilderten Gesprächen selbst teilgenommen habe. Ich musste nämlich die entsprechenden Niederschriften fertigen. … "
134Der Zeuge X2hat unter anderem ausgesagt:
135"Ich erhielt für die Vermittlung einer Wohnung in der Regel 9 % Provision. Diese Provision bekam ich von Herrn T4, für dessen Vertrieb ich arbeitete. Wie viel Provision Herr T4 selbst erhalten hat, weiß ich nicht."
136Aus der Aussage der Zeugin E5 ergibt sich eindeutig, dass die B stets 23 % Verkäuferprovision zahlte. Zur Aussage des Zeuge X2 gilt das zu den Vertriebsvereinbarungen mit L und E4 (Anlage B26) Gesagte.
137Die vorgenannten Urkunden beziehen sich zwar nicht auf den konkreten Fall aber auf die allgemeine Geschäftspraxis von I & C und den von I & C betriebenen Vertrieb von Eigentumswohnungen und Finanzierungen, die in allen Fällen identisch waren. Daraus folgert die Kammer, dass auch im vorliegenden Fall an I & C mindestens 15% Verkäuferprovision gezahlt worden sind. Anhaltspunkte, die gegen diese Schlussfolgerung sprechen, sind weder ersichtlich noch dargelegt.
138Festzuhalten bleibt damit, dass die Beklagten den Vortrag der Kläger, es seien zu den in dem Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag ausgewiesenen Kosten und Provisionen weitere 20 % bis 40 % Verkäuferprovisionen gezahlt worden nicht substantiiert bestritten haben und die Kammer zudem aufgrund der vorstehend dargestellten Urkunden zweifelsfrei davon überzeugt ist, dass jede Verkäuferin für jeden einzelnen Verkauf mindestens 15 % Verkäuferprovision an I & C gezahlt hat.
139Den Vermittlern fällt eine Täuschungshandlung zur Last. In diesem Zusammenhang spielt es letztlich keine entscheidende Rolle, ob die Täuschung in einem aktiven Tun (positive Falschangabe der Vermittlungskosten in dem Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag) oder einem Unterlassen (Verschweigen der im Kaufpreis einkalkulierten oder versteckten Provisionen) liegt, denn die Vermittler traf eine Offenbarungspflicht.
140Eine Aufklärungspflicht besteht immer dann, wenn es sich um besonders wichtige Umstände handelt, die für den anderen Vertragsteil offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind. Diese müssen ungefragt offenbart werden (Palandt § 123 Rn. 5b). Dies gilt insbesondere für Tatsachen, die den Vertragszweck erheblich gefährden. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn sich ein Makler – hier I & C – nicht nur von dem Käufer sondern auch von der Verkäuferin Provisionen und zwar in einem weit über das übliche Maß hinausgehende Umfang versprechen und bezahlen lässt, denn den von der Verkäuferin in den Kaufpreis einkalkulierten Verkäuferprovisionen steht kein entsprechender Ertrags- und/oder Sachwert gegenüber. Insbesondere bei einer aus Immobilien bestehenden Vermögensanlage (eine Selbstnutzung der Wohnung durch die Kläger war nicht vorgesehen) können sich aus der Existenz und der Höhe von Innenprovisionen, die als solche nicht die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen, Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und der Rentabilität der Kapitalanlage ergeben (BGH NJW 2004, 1732 (1734) = BGHZ 158, 110ff). Sie sind geeignet, den wirtschaftlichen Sinn der Vermögensanlage in Zweifel zu ziehen (BGH III ZR 290/04).
141Zwar ist eine Doppelmakelung, wie § 654 BGB zeigt, grundsätzlich zulässig (BGH III ZR 318/02) sofern kein "institutionalisierter Interessenkonflikt" (BGH NJW 1992, 2818, BGHZ 138, 170) vorliegt (Handelsvertreter). Ist dem Makler – wie im vorliegenden Fall - die Doppeltätigkeit gestattet, so bleibt dennoch die Grundpflicht des Maklers bestehen, für seinen (hier: seine) Auftraggeber treu tätig zu werden. Es ist anerkannt, dass er auch bei einem Doppelauftrag nicht den einen dadurch bevorzugen darf, dass er den Vorteil des anderen »schlecht und gewissenlos« wahrnimmt, gar »Mittel, die gegen die guten Sitten verstoßen«, anwendet (so RG JW 1913,641 = RG WarnRspr 1913 Nr. 288). Auch bei einem erlaubten Doppel-Auftrag ist deshalb der Makler gehalten, seinen Auftraggeber - hier also beide - über all das aufzuklären, was für dessen Entschluss bestimmend sein kann und was er wissen muss, um sich vor Schaden zu bewahren (RGZ 138, 94, 97; BGH Urt. v. 8. März 1956 - II ZR 73/55 -, BB 1956, 733; BGHZ 48, 344 ff; BGH III ZR 290/04 für einen Geschäftsbesorger). Diese Pflicht zum Reden, die ihm gegenüber dem einen Auftraggeber obliegt, geht der gegenüber dem anderen Teil bestehenden Pflicht vor, die von diesem Teil ihm anvertrauten ungünstigen Umstände für sich zu behalten. Das entspricht dem wohlverstandenen Interesse seiner beiden Auftraggeber. Jeder von ihnen nimmt in Kauf, dass der Makler den Gegner über ungünstige Umstände aufklärt, weil dem der Vorteil gegenübersteht, vom Makler auch das zu erfahren, was dem Gegner ungünstig ist. Dennoch hat auch der Doppel-Makler die Interessen seiner beiden Auftraggeber zu wahren, indem er sich strenger Unparteilichkeit gegenüber beiden befleißigen muss, um ihnen in fairer Weise zu dienen (BGHZ 48, 344 ff). Unerheblich ist, dass die Vermittler nicht die Aufgabe hatten, die Rentierlichkeit der Kapitalanlage der Kläger zu überprüfen, denn es geht hier um die Offenbarung von vorhandenen Kenntnissen der Vermittler (BGH III ZR 290/04 für Geschäftsbesorger). Das oder die Gespräche mit dem Vermittler waren die entscheidende Informationsquelle für die Kläger und damit die maßgebliche Grundlage für ihre Anlageentscheidung. Sie sind besonders schutzwürdig, weil ihnen eine nähere Prüfung der Werthaltigkeit bei derart komplexen Anlageentscheidungen kaum möglich ist und nach dem nächstliegenden Verständnis eines durchschnittlichen Erwerbers die Vorstellung ausgeschlossen ist, in dem Gesamtaufwand könnten so außergewöhnliche Gewinnspannen für den Verkäufer stecken, dass die Rentabilität oder der Wert der Anlage von vorneherein in Frage gestellt sein könnte (BGH III ZR 290/04).
142Dieses Gebot haben I & C und deren Untervermittler verletzt. Sie haben von den Verkäuferinnen Provisionen von mindestens 15 % erhalten und diese den Klägern unstreitig nicht offenbart. Diese Provision übersteigt die ortübliche Verkäuferprovision von 3,45 % bis maximal 5,75 % bei weitem und ist für die Kaufentscheidung der Erwerber von erheblicher Bedeutung, weil sie als solche nicht die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellt und Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der Kapitalanlage ermöglicht (BGH NJW 2004, 1732 (1734). Zudem besteht bei einer so hohen Provision die nahe liegende Gefahr, die sich im vorliegenden Fall auch verwirklicht hat, dass der Makler dass Vertrauen und die Interessen der Käufer verletzt und sich allein von seinem Provisionsinteresse leiten lässt. Deutliche Indizien für diese Interessenkollision sind das Besprechungsprotokoll vom 28.3.1996 und die Feststellungen der Wirtschaftsprüfer im Gutachten von X . Danach diente der Verkauf der Eigentumswohnungen überwiegend den Umsatzinteressen der Beklagten, I & C sowie der Verkäuferin und nicht den Interessen der Erwerber. Ihre Steuersparmöglichkeiten waren angesichts ihrer verhältnismäßig geringen Einkommen stark eingeschränkt. Sie standen in keinem vernünftigen Verhältnis zu ihrem verfügbaren Einkommen. Die Steuersparmöglichkeiten dienten im Wesentlichen als Verkaufargument der Vermittler. Von sich aus hatten die Erwerber dafür keinen Bedarf geäußert. Er wurde ihnen in den Verkaufsgesprächen eingeredet.
143Ohne Bedeutung ist, ob die Verkäuferin gegenüber den Klägern verpflichtet ist, den Teil der Provision, den sie an I & C zahlt und in den Kaufpreis einkalkuliert oder anders ausgedrückt versteckt (im Folgenden Innenprovision), zu offenbaren, denn hier geht es um die Pflichten des Maklers, der nach Treu und Glauben in viel weitergehendem Ausmaß die Interessen seines Auftraggebers wahrnehmen muss als ein Verkäufer, der einen möglichst hohen Kaufpreis erzielen will, und für jedermann erkennbar offensichtlich in erster Linie eigene Interessen vertritt (im Ergebnis ebenso BGH III ZR 290/04). Die bisherige Rechtsprechung des BGH zu den Aufklärungspflichten einer Bank über gezahlte Innenprovisionen (BGH XI ZR 53/02 = NJW- RR 2004, 632) dürfte damit, jedenfalls dann, wenn der BGH ernsthaft dem Verbraucherschutz und den Risiken der vorliegenden Vertriebsumstände Rechnung tragen will (BGH XI ZR 6/04 Rn. 50), in der vorliegenden Fallkonstellation - arglistige Täuschung über die Provisionen, die insgesamt an die Maklerin insgesamt gezahlt werden - überholt sein. Entscheidend für diese Ausdehnung der Haftung der Beklagten ist, dass die Beklagte und I & C bewusst und gewollt zusammengearbeitet haben, um Kleinanleger durch ausgeklügelte Vertriebsmethoden zu veranlassen, mit erheblichen Vertriebskosten belastete Eigentumswohnungen zu erwerben, für die sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen keinen Bedarf hatten und von sich aus auch keinen Bedarf geäußert haben (dies ergibt sich eindrucksvoll aus dem Besprechungsprotokoll vom 28.3.1996). Wenn die Beklagten sich die Vertriebsmethode zu Nutze machen (Neugeschäft mit Bausparverträgen und Krediten, dies belegt die Notiz B2 vom 26.1.1990, X Anlage 4.1 Nr. 4), dann müssen sie auch für sämtliche arglistige Täuschungen des Vertriebes nach §§ 123 Abs. 2 BGB einstehen. Für den Fall einer arglistigen Täuschung kommt es nicht darauf an, in welchem Pflichtenkreis der Anlagevermittler tätig wird, denn andernfalls wäre die neue Rechtsprechung des BGH zur Haftung der Bank für unrichtige Mieteinnahmen (die betreffen das Anlageobjekt und gehören zum Pflichtenkreis der Verkäuferin und nicht der Bank) unverständlich (jetzt Urteil vom 17.10.2006, XI ZR 205/05).
144Die Pflichtenkreisrechtsprechung führt nur im Regelfall, nämlich bei gutverdienenden, steuerberatenen Kapitalanlegern, die wegen ihrer hohen Steuerbelastung nach Steuersparmöglichkeiten suchen und die sich daraus ergebenden Risiken nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auch tragen können, zu einer interessengerechten Risikoverteilung zwischen Kreditnehmer und Bank. Dies gilt aber dann nicht, wenn – wie im vorliegenden Fall - Gering- oder Durchschnittsverdiener, die bis zur streitgegenständlichen Kapitalanlage aus ihren Einkünften kein (oder zumindest kein nennenswertes) Vermögen bilden konnten und auch nicht gebildet haben und die zudem eine absolut gesehen geringe Steuerbelastung zu tragen haben, im Wege des Strukturvertriebes mit erheblichen Vertriebskosten belastete, vollständig fremdfinanzierte Eigentumswohnungen aufgeschwatzt bekommen, bei denen die Kredithöhe und das Risiko in keinem vernünftigen Verhältnis zu ihren Einkünften und ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen steht und ihnen jegliche Liquiditätsreserven – soweit sie überhaupt vorhanden sein sollten – rauben.
145Es gibt keinen vernünftigen Grund und es ist deshalb ungerecht, dass ein Kaufinteressent einer Immobilie oder eines Immobilienanteils im Rahmen eines Steuerspar- oder Geldanlagemodells (Fondanteil oder Eigentumswohnung), dem das Anlageobjekt von dem Vertreiber mittels eines Prospektes vorgestellt wird (Hinweispflicht bei Innenprovisionen von mehr als 15% so BGH III ZR 359/02) anders behandelt werden soll als derjenige dem das Objekt durch eine mündliche Beratung anhand eines Berechnungsbeispiels – wie vorliegend – vorgestellt wird (keine ungefragte Hinweispflicht so BGH V ZR 66/06). Der in der Entscheidung des BGH vom 13.10.2006 (V ZR 66/06) für diese Differenzierung genannte Grund, dass der Käufer einer Immobilie keinen Anspruch auf den Erwerb zum Verkehrswert hat, gilt für jede Kapitalanlage (Fondsanteil oder Eigentumswohnung) und jede Vertriebsform. Dass ein Vermittler bei einem persönlichen Gespräch/Beratung über ihm bekannte Innenprovisionen von mehr als 15% schweigen darf ein Prospekt über dieselbe Tatsache hingegen ausdrücklich hinweisen muss, leuchtet nicht ein. Beide Vertriebsmethoden dienen dem Zweck, den Kapitalanleger zum Erwerb der Eigentumswohnung oder des Fondsanteils zu bewegen. Bei beiden Vertriebsmethoden ist das Informationsdefizit des Kapitalanlegers identisch und jeder Kapitalanleger ist gleich schutzwürdig. Bei einem persönlichen Gespräch besteht zwar anders als bei einem anonymen Vertrieb durch einen Prospekt die Möglichkeit Fragen zu stellen. Dieser Aspekt rechtfertigt aber keine Ungleichbehandlung, weil nach dem nächstliegenden Verständnis eines durchschnittlichen Erwerbers die Vorstellung ausgeschlossen ist, in dem Gesamtaufwand könnten so außergewöhnliche Gewinnspannen für den Verkäufer stecken, dass die Rentabilität oder der Wert der Anlage von vorneherein in Frage gestellt sein könnte (BGH III ZR 290/04). Es fehlt somit ein Anlass, dem Vermittler entsprechende Fragen zu stellen. Hinzu kommt, dass die Kammer davon überzeugt ist, dass die vor Ort den Erwerbern gegenüber auftretenden Abschlussvermittler bestrebt waren, die Innenprovisionen, die als solche für jedermann (auch die Vermittler und Erwerber) erkennbar nicht die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen und Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der Kapitalanlage ermöglicht hätten (BGH NJW 2004, 1732 (1734), den "Erwerbern" gegenüber nicht aufzudecken und keinen Argwohn oder Zweifel zu wecken (wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die nachfolgende Begründung der Arglist verwiesen). Gerade deshalb besteht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben die Verpflichtung, für die Entscheidung besonders wichtige Umstände (dazu zählt eine Innenprovision von mehr als 15%, weil sie die Rentabilität oder der Wert der Anlage von vorneherein in Frage gestellt sein könnte (BGH III ZR 290/04)) ungefragt zu offenbaren. Es geht hier letztlich um die Offenbarung von vorhandenem Wissen der Vermittler, welches für die Entscheidung der Kapitalanleger unabhängig von der Art der Kapitalanlage von ausschlaggebender Bedeutung ist. Dieses Wissen darf ein redlicher Makler nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht zurückhalten zumal dem hier betroffenen Personenkreis (geschäftsunerfahrene Kapitalanleger mit eher kleinen, allenfalls mittleren Einkommen) eine nähere Prüfung der Werthaltigkeit bei derart komplexen Anlageentscheidungen kaum möglich wenn nicht sogar unmöglich ist.
146Für eine Gleichbehandlung beider Vertriebsmethoden spricht schließlich auch der Umstand, dass keine vernünftige Differenzierung der unterschiedlichen Hinweispflichten möglich ist, wenn bei in einem persönlichen Gespräch ein Prospekt, der keinen Hinweis auf die Innenprovisionen von mehr als 15% enthält, ganz oder teilweise übergeben oder vorgelegt wird.
147Die Vermittler (sowohl I & C als auch deren Untervermittler) handelten arglistig. Arglist erfordert einen Täuschungswillen, der gegeben ist, wenn der Handelnde die Unrichtigkeit seiner Angaben kennt und weiß, dass der andere Teil durch die Täuschung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt wird, das heißt dass dieser bei wahrheitsgemäßer Erklärung nicht oder nur zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte. Insoweit genügt bedingter Vorsatz, nämlich die Vorstellung, die unrichtige Erklärung könne möglicherweise für die Willensbildung des anderen Teils von Bedeutung sein (Palandt § 123 Rn. 11). Diese Voraussetzungen liegen vor.
148Die Vermittler kannten die von ihnen mit den Verkäuferinnen vereinbarten und von den Verkäuferinnen an sie auch gezahlten Innenprovisionen. Sie handelten auch mit Täuschungswillen.
149Sämtliche Beteiligte, auch für die vor Ort den Erwerbern gegenüber auftretenden Abschlussvermittler waren bestrebt, die gesamten Kaufnebenkosten, die einschließlich Innenprovisionen mindestens 30 % des Kaufpreises betrugen und die als solche für jedermann (auch die Vermittler und Erwerber) erkennbar nicht die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen und Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der Kapitalanlage ermöglicht hätten (BGH NJW 2004, 1732 (1734), den "Erwerbern" gegenüber nicht aufzudecken. Allen gemein war das Wissen, dass bei Aufdeckung der erheblichen, im Kaufpreis versteckten Innenprovisionen die Erwerber möglicherweise vom Kauf abgehalten hätten werden können. Diesbezüglichen Argwohn gerade angesichts des potentiellen Erwerberklientels (nicht geschäftserfahrene Kapitalanleger mit eher kleinen, allenfalls mittleren Einkommen) nicht entstehen zu lassen, war ersichtlich Motivation der scheinbar vollständigen Offenlegung aller "weichen Kosten", die an Notar und die I & C Gruppe zu zahlen waren. Insoweit greift auch der mögliche Einwand nicht, offengelegt seien nur die "vom Erwerber unmittelbar selbst" zu zahlenden Provisionen. Nach Überzeugung des Gerichts belegt die gesamte Gestaltung des Vertriebes der Eigentumswohnungen ("I & C verkauft alles wie z.B. Emden und Nordenham, weil auch für solche Objekte der Markt geschaffen wird" Zitat aus dem Ergebnisprotokoll der Besprechung vom 28.3.1996) und die Art und Weise der Finanzierung (Vollfinanzierung des Kaufpreises und aller Kosten, geringe Anfangsbelastung, die Erwerber mussten nur die ihnen vorgelegten Formulare unterschreiben und sich in keiner Weise aktiv um die Finanzierung kümmern), dass es allen Beteiligten (Vermittler, Verkäufer, Beklagte) ohne Rücksichtnahme auf die Interesses der Erwerber allein darauf ankam, ihre Umsatzinteressen durchzusetzen und keinerlei Argwohn oder Zweifel bei den Erwerbern zu wecken. Belegt wird diese Feststellung zudem durch folgende Urkunden und Indizien:
1501.
151Notiz B2 vom 26.1.1990 (X Anlage 4.1 Nr. 4)
152Darin heißt es unter anderem wie folgt:
153"Was die Frage der Provisionen angeht, machte ich Herrn I2 darauf aufmerksam, dass diese ja nicht den Deckungskostenbetrag der B schmälern und er daher dieser Frage nicht mit solchem Nachdruck nachsetzen sollte. Im Übrigen wies ich darauf hin, dass wir uns an der Allwo nicht mit 30 % beteiligen mussten, von unserer Vorarbeit abgesehen, wenn wir dann "nur gerecht" bedient würden. Ich ... äußerte aber meine Erwartung, dass wir etwas gerechter als gerecht behandelt werden sollten. Ich sähe mich zunehmend kritischer Fragen nach dem Sinn des B-Engagements gegenüber, so dass ich sehr dafür wäre, wenn die Herren I & C Volumen bekommen könnten, da dies die einzige Schiene sei, über die wir überhaupt etwas von der B hätten. Die übrigen, so gerecht behandelten Partner, bringen uns nichts. ..."
1542.
155Ergebnisprotokoll B2 vom 9.4.1996 über die Besprechung vom 28.3.1996 (X Anlage 4.2 Nr. 5)
156Darin heiß es unter anderem wie folgt:
157"Er (B2) stellt klar, dass die B hervorragende Produkte liefert, die I & C Gruppe erstklassig vertreibt und einen ausgefeilten Service für die Kunden auch in der Zeit nach Durchführung des Kaufes bietet. Was ganz besonders aus der Sicht des Finanzierers wichtig ist, ist die Tatsache, dass man sich stets mit besonderem Engagement um Störfälle kümmert. Von den inzwischen rd. 4.400 durch die C3finanzierten Wohnungen sind kaum welche in eine Zwangsversteigerung geraten und wenn, habe die Gruppe die Wohnungen unter Inkaufnahme finanzieller Einbußen übernommen. Es läge im allseitigen Interesse, über Abwicklungen zu verfügen, die keinerlei "Rauch" in der Öffentlichkeit aufsteigen ließen.
158Er hebt weiter hervor, dass sowohl die I & C Gruppe als auch die B wechselseitig stets voneinander profitieren, was auch so bleiben soll. Dies liegt ganz besonders auch im Interesse der C3, deren Beteiligung an der B nur dann dem Bausparkassengesetz entspricht, wenn sie aus dieser Verbindung Nutzen für das Bausparerkollektiv in Form von Neugeschäft ziehen kann.
159.......
160Um die direkte Vergleichbarkeit zu gewährleisten, stellt die M der J exakt 20 % zur Verfügung, woraus die direkt dem Vertrieb zuzuordnenden Kosten finanziert werden.
161......
162Zu dem immer wieder angesprochenen Thema der Abgabepreise führt Herr U aus, dass I & C freilich den maximalen Preis anstrebe. Die B muss aber als Kaufmann den Marktpreis ausloten und ihren Abgabepreis danach ausrichten. Bekommt die Fa. I & C aber höhere Preise, so muss man bei B annehmen, man habe sich verschätzt, oder "sie nehmen dem Kunden zuviel ab". Wir kalkulieren für die B ein möglichst großes Stück aus dem Kuchen.
163Nach langer Diskussion merkt Herr I an, dass die B I & C nicht verstehen kann und erinnert daran, dass der Markt für die Immobilien zu dem von I & C geforderten Preis ohnehin nicht vorhanden ist sondern erst im Beratungsgespräch gemacht werden muss.
164....
165Die Herren U und E erkennen den Wunsch auf eine Mehrerlösabrede an. Sie meinen aber, dass mit der 30 %igen Gesamtbelastung der Wohnungen mit Weichkosten die Schallgrenze erreicht ist. Andernfalls leidet das B-Produkt darunter. ......"
166Unerheblich ist, dass diese Urkunden nicht unmittelbar die streitgegenständlichen Vertragsschlüsse betreffen, denn daraus ergibt sich deutlich die allgemeine Geschäftspraxis von I & C insbesondere deren Egoismus und Gewissenlosigkeit.
167Festzuhalten bleibt damit zunächst, dass den Vermittlern eine arglistige Täuschung der Kläger zu Last fällt.
168Die Anlagevermittler und I & C waren für die Beklagten wegen der Zusammenarbeit in institutionalisierter Art und Weise (dazu später) auch keine Dritte nach § 123 Abs. 2 BGB.
169Wissensvorsprung
170Die eine eigene Aufklärungspflicht auslösende Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer, Fondsinitiatoren oder die von ihnen beauftragten Vermittler und die Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurden und die Unrichtigkeit der Angaben nach den Umständen des Falls evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (BGH XI ZR 6/04 Rn 52).
171Erforderlich ist zunächst, dass zwischen den Verkäufern, den von ihren beauftragten Vermittlern und der finanzierenden Bank ständige Geschäftsbeziehungen bestanden. Diese können etwa in Form einer Vertriebsvereinbarung, eines Rahmenvertrages oder konkreter Vertriebsabsprachen bestanden haben, oder sich daraus ergeben, dass von den eingeschalteten Vermittlern - von der Bank unbeanstandet – Formulare des Kreditgebers benutzt wurden, oder daraus, dass die Vermittler dem finanzierenden Institut wiederholt Finanzierungen von Eigentumswohnungen desselben Objekts vermittelt haben (BGH XI ZR 6/04 Rn. 53). Diese Voraussetzungen liegen vor. Zwischen den Beklagten, B und I & C bestand unstreitig seit 1990 eine ständige Geschäftsbeziehung und ein gemeinsames Vertriebskonzept (BGH XI ZR 6/04 Rn. 59). Dies ergibt sich auch aus dem Gutachten X insbesondere der Anlage 4.1 Nr. 4. Die Beklagten finanzierten unstreitig den Erwerb zahlreicher Eigentumswohnungenen in einem Objekt. Allein vor dieser Kammer sind mehr als 200 Verfahren rechtshängig gewesen (80) bzw. noch rechtshängig (120). Die Gesamtzahl überschreitet 5000.
172Dass die Finanzierung der Kapitalanlage vom Vermittler angeboten wurde ist dann anzunehmen, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande kommt, der von sich aus eine Bank zur Finanzierung seines Erwerbgeschäftes aussucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte dem Interessenten im Zusammenhang mit den Anlage- oder Verkaufunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstitutes vorgelegt hat, das sich zuvor dem Verkäufer gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte (BGH XI ZR 6/04 Rn. 54). Dies war vorliegend der Fall. Sämtliche Verträge wurden durch I & C und deren Untervermittler angebahnt. Der Vermittler legte den Klägern das Darlehensantrags- und die Bausparantragsformulare der Beklagten vor (Darlehens- und Bausparanträge Anlagen A3 und B19 (Muster)). Einen persönlichen Kontakt zwischen den Parteien gab es nicht. Von den Klägern ging keinerlei Initiative aus. Die Art und Weise der Finanzierung durch die Beklagten war vorab zwischen I & C, der Verkäuferin und der Beklagten zu 1 abgesprochen.
173Von einer evidenten Unrichtigkeit der Angaben der Vermittler ist dann auszugehen, wenn sie sich objektiv als grob falsch dargestellt haben, so dass sich aufdrängt, die kreditgebende Bank habe sich der Kenntnis der Unrichtigkeit und der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (BGH XI ZR 6/04 Rn. 55). Auch dies ist vorliegend der Fall.
174Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang die unsubstantiierte und im Hinblick auf die oben zitierten Urkunden zumindest schwer nachvollziehbare Behauptung der Beklagten, ihnen (wem genau?) sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht bekannt gewesen, ob und in welcher Höhe für Vermittlung des konkreten von der Klägerseite erworbenen Immobilienobjektes eine Verkaufprovision – kaufpreiserhöhend – bezahlt worden sei, weil ihnen (wem genau?) die zwischen I & C und den Verkäuferinnen geschlossenen Vertriebsvereinbarungen nicht bekannt gewesen seien. Es fehlt jeglicher konkreter Vortrag zur Organisation des internen Ablaufes und Informationsaustausches und dazu, welcher Mitarbeiter der Beklagten an der Vorbereitung und dem Abschluss der Darlehensverträge im Allgemeinen und im streitgegenständlichen Fall beteiligt war und welche Kenntnisse jeder von ihnen hatte. Auf ihren unsubstantiierten Vortrag sind die Beklagten mit Verfügung vom 11.9.2006 ausdrücklich hingewiesen worden. Die Beklagten müssen sich die Kenntnisse ihrer Hilfspersonen auch der selbständigen Vermittler, entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen (BGH NJW 2004 S. 2156, NJW 1992, S. 899; Palandt § 166 Rn. 6, 6a, 8). Selbst wenn entgegen der vorgenannte Gründe zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass ihr Vortrag hinreichend substantiiert ist und aus welchen Gründen auch immer eine Kenntniszurechnung ausscheidet, ist davon auszugehen, dass den Beklagten die von den Verkäuferinnen gezahlten Provisionen und das Verschweigen derselben bekannt war.
175Wenn den Beklagten diese Umstände nicht bekannt gewesen sein sollten, dann haben sie sich der Kenntnis geradezu verschlossen, weil sie die erheblichen, in den Kaufpreis einkalkulierten und den Erwerbern unstreitig nicht aufgedeckten Innenprovisionen nicht übersehen konnten. Aus der Notiz B2 vom 26.1.1990 (X Anlage 4.1 Nr. 4) ergibt sich zweifelsfrei, dass B2 wusste, dass I & C erhebliche und nicht die üblichen Provisionen verlangten und erhielten, die auf den "Deckungskostenbeitrag" der Verkäuferin aufgeschlagen wurden. Aus dem Ergebnisprotokoll über die Besprechung vom 28.3.1996 (X Anlage 4.2 Nr. 5) ergibt sich, dass im Beisein von B2 über Verkäuferprovisionen für I & C von 20 % (M) oder 30 % "Weichkosten" der Wohnungen der B gesprochen wurde und dies eine bereits bestehende und keine neue Art und Weise der Zusammenarbeit betraf. Eine Frage hätte genügt, und B2 hätte genau gewusst, welche Provisionen gezahlt werden. Anhaltspunkte und Gelegenheiten, konkret nachzufragen, gab es nach den oben dargestellten Urkunden genug.
176Da sich die Beklagten der Kenntnis zumindest geradezu verschlossen haben (die Beklagte zu 2 muss sich nach § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis der Beklagten zu 1 zurechnen lassen, weil die Beklagte zu 1 rechtsgeschäftliche Vertreterin der Beklagten zu 2 war), müssen sie sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (der Strukturvertrieb erfolgte mit Wissen und Wollen und auch im Umsatzinteresse der Beklagten), im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen, die nicht als verbundene Geschäfte behandelt werden können und um dem in den Entscheidungen des EuGH vom 25.10.2005 (C-350/03 und C-229/04) zum Ausdruck kommenden Gedanken des Verbraucherschutzes vor den Risiken von Kapitalanlagemodellen Rechnung zu tragen (BGH XI ZR 6/04 Rn. 50) auch so behandeln lassen, wie bei positiver Kenntnis (vgl. dazu auch BGH NJW 1999, 423, 2000, 952 und 2001, 1721).
177Die zahlreichen weiteren Pflichtverletzungen, die die Kläger den Beklagten vorwerfen, können damit dahinstehen.
178Schaden
179Welcher Schaden unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss erstattungsfähig ist, richtet sich angesichts der Vielgestaltigkeit, in der eine Verletzung vorvertraglicher Pflichten in Betracht kommen kann, nach der Ursächlichkeit des schadensstiftenden Verhaltens für den eingetretenen Schaden im Einzelfall. Da die Grundlage eines solchen Schadensersatzanspruchs enttäuschtes Vertrauen ist, geht er in der Regel auf Ersatz des sog. negativen Interesses; d.h. der Geschädigte ist so zu stellen, wie er ohne das schadensstiftende Verhalten des anderen Teils stehen würde (BGH Urteil vom 16.5.2006 XI ZR 6/04 Rn. 61, BGH, NJW-RR 1997, 144, NJW 1981, 2050 = WM 1981, 689 (690) m.w.Nachw. Palandt § 311 Rn. 24, 42, 57). Steht fest, dass die benachteiligte Partei im Falle pflichtgemäßer Aufklärung einen für sie ungünstigen Vertrag nicht abgeschlossen hätte, so kann sie Rückgängigmachung des Vertrags verlangen (BGH WM 1982, 960f.). Der durch die Pflichtverletzung verursachte Schaden liegt dann in der Eingehung des für sie nachteiligen Vertrags. Bereits der Eingriff in die persönliche Entscheidungsfreiheit begründet den Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrages (BGH NJW 2005, 2450)
180Die Beweislast obliegt in diesem Zusammenhang den Beklagten. Wer vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt ist beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten entstanden wäre, denn es besteht eine Vermutung, dass sich der Geschädigte aufklärungsrichtig verhalten hätte (Palandt § 280 Rn. 39). Die Kläger behaupten, sie hätten den Kaufvertrag und damit auch die Finanzierungsverträge nicht abgeschlossen, wenn sie zutreffend aufgeklärt worden wären.
181Die Beklagte haben keine Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass dies unzutreffend ist. Sie sind mit Beschluss vom 19.6.2006 auf ihre Darlegungslast hingewiesen worden.
182Festzuhalten bleibt damit, dass die Kläger gegen die Beklagten wegen eines Verschuldens bei Vertragsschluss einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Darlehensvertrages haben.
183Verjährung
184Dahinstehen kann die umstrittene Rechtsfrage, ob die Verjährung des Schadensersatzanspruches wegen eines Verschuldens bei Vertragsschluss kenntnisunabhängig am 31.12.2001 begann und demzufolge Verjährung am 1.1.2005 eintrat (dagegen: Palandt Art 229 § 6 Rn 6, Münchener Kommentar Art 229 § 6 EGBGB Rn 12, Staudinger, Neubearbeitung 2003, Art 229 EGBGB Rn. 11, Erman 11. Aufl. Vor § 194 Rn. 9; Oberlandesgerichte Stuttgart (6 U 92/05) und Bamberg NJW 2006, 304; dafür OLG Hamm 5 U 43/00 und 5 U 202/00) und ob die Voraussetzungen des § 167 ZPO angesichts der erst am 30.11.2005 erfolgten Vorschusszahlung vorliegen. Wenn der vertragliche Anspruch der Kläger verjährt sein sollte, dann steht ihnen gleichwohl ein Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages zu und zwar aus §§ 826, 830 BGB (dazu nachfolgend 1), der nicht verjährt ist (dazu nachfolgend 2).
1851.
186Den Beklagten fällt eine gemeinschaftliche, vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung nach §§ 826, 830 BGB zur Last, denn eine arglistige Täuschung erfüllt den Tatbestand einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung. Das Verschweigen von Umständen ist sittenwidrig, wenn sie dem Vertragspartner unbekannt sind, nach Treu und Glauben aber bekannt sein müssen, weil sein Verhalten bei den Vertragsverhandlungen und die von ihm zu treffenden Entscheidungen davon wesentlich beeinflusst werden (Palandt § 826 Rn. 23).
187Die Vermittler haben die Kläger nach dem oben zu I. Gesagten über die von der Verkäuferin gezahlte Vermittlungsprovision arglistig getäuscht.
188Die Beklagten waren Mittäter oder Beteiligte, denn sie haben nach dem oben zu I. Gesagten institutionell mit den Vermittlern zusammengearbeitet. Nach Überzeugung des Gerichts belegt die gesamte Gestaltung des Vertriebes der Eigentumswohnungen ("I & C verkauft alles wie z.B. Emden und Nordenham, weil auch für solche Objekte der Markt geschaffen wird" Zitat aus dem Ergebnisprotokoll der Besprechung vom 28.3.1996) und die Art und Weise der Finanzierung (Vollfinanzierung des Kaufpreises und aller Kosten, geringe Anfangsbelastung, die Erwerber mussten nur die ihnen vorgelegten Formulare unterschreiben und sich in keiner Weise aktiv um die Finanzierung kümmern), dass es allen Beteiligten (Vermittler, Verkäufer, Beklagte) ohne Rücksichtnahme auf die Interesses der Erwerber allein darauf ankam, ihre Umsatzinteressen durchzusetzen und keinerlei Argwohn oder Zweifel bei den Erwerbern zu wecken.
189Dahinstehen kann, ob den Beklagten die Einzelheiten des Vertriebes insbesondere die Verkäuferprovisionen bekannt waren. Die Tatbeiträge der anderen Mittäter sind jedem Beteiligten zuzurechnen unabhängig davon, ob er sie in den Einzelheiten gekannt bzw. den Schaden eigenhändig mitverursacht. Nur Exzesse anderer Mittäter, die vorliegend unzweifelhaft nicht gegeben sind, sind davon ausgenommen (Palandt § 830 Rn. 3). Selbst wenn den Beklagten nicht alle Umstände bekannt gewesen sein sollten, dann haben sie sich der Kenntnis bewusst verschlossen, weil sie die erheblichen, in den Kaufpreis einkalkulierten und den Erwerbern unstreitig nicht aufgedeckten Innenprovisionen nicht übersehen konnten. Diese entlastet sie nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (der Strukturvertrieb erfolgte mit Wissen und Wollen und auch im Umsatzinteresse der Beklagten) natürlich nicht. Das Gegenteil ist der Fall, denn keine Partei kann sich durch eine arbeitsteilige Organisation ihrer Haftung entziehen.
190Zu ersetzen ist das negative Interesse (Palandt § 826 Rn. 15 und Vor § 823 Rn. 17), das heißt die Kläger können auch hier die Befreiung von den vertraglichen Verpflichtungen verlangen.
1912.
192Der Beginn der Verjährung einer unerlaubten Handlung, die vor dem 1.1.2002 begangen worden ist, richtet sich nach Art 229 § 6 Abs 1 S. 2 EGBGB für die Zeit bis zum 31.12.2001 nach § 852 BGB a F. Danach beginnt die Verjährung erst mit der Kenntnis von Schädiger und Schaden. Die Darlegung- und Beweislast für die Kenntnis sowohl vor als auch dem 1.1.2002 trifft die Beklagten (Palandt § 199 Rn 46, Vor 194 Rn 23). Darauf sind die Beklagten mit Beschluss vom 19.6.2006 ausdrücklich hingewiesen worden. Sie haben habe keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass die Kläger vor dem 1.1.2002 Kenntnis von den streitgegenständlichen anspruchsbegründenden Tatsachen insbesondere der arglistigen Täuschung hatten (vgl. dazu Palandt 61. Aufl. § 852 Rn. 11).
193Dahinstehen kann, ob die Kläger einen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages nach § 3 HWiG (jetzt §§ 355, 357 BGB) haben, denn dieser Anspruch gewährt keine weitergehenden Ansprüche als der oben dargestellte Schadensersatzanspruch wegen eines Verschuldens bei Vertragsschluss oder wegen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung.
194II.
195Der Klageantrag zu 1 (Zahlung in Höhe von 42.642,80 €) ist nicht begründet.
196Die Kläger haben zwar nach der unter I. dargelegten Rechtslage dem Grunde nach einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Darlehensvertrages, mithin Rückzahlung ihrer Leistungen. Der streitige Vortrag der Kläger zur Höhe ihrer Leistungen ist aber unsubstantiiert und nicht unter Beweis gestellt, worauf die Kläger sowohl in dem Beschluss vom 19.6.2006 als auch mit Verfügung vom 11.9.2006 ausdrücklich hingewiesen worden sind.
197Die Kläger behaupten, sie hätten "Darlehenszinsen" in Höhe von 501,68 € x 85 Monate mithin 42.642,80 € gezahlt (Blatt 151). Dieser Vortrag ist evident ins Blaue hinein aufgestellt und falsch. Er sollte die Beklagten lediglich zur sehr umfangreichen, zeit- und arbeitsaufwendigen Darstellung aller Zahlungen der Kläger veranlassen, wozu sie nicht verpflichtet sind (Zöller § 138 Rn 8). Der von den Klägern behauptete monatliche Betrag übersteigt die ursprünglich vereinbarten Zinsen (814,00 DM = 416,19 €). Er lässt sich auch nicht durch eine Addition mit den monatlichen Sparraten erklären, weil diese nicht gleich blieben sondern anstiegen, die Bausparleistungen Gegenstand des Antrages zu 5 sind und die Addition nicht den streitgegenständlichen Betrag ergibt. Hinzu kommt, dass unstreitig Zahlungen – in welcher Höhe auch immer - aufgrund der Vereinbarung über die Mietverwaltung (im Folgenden Mietpool) erfolgt sind und die Kläger deshalb auch nicht den vollen Betrag in Höhe von 416,19 € an die Beklagten gezahlt haben. Die von dem Mietpool an die Beklagten gezahlten Beträge sind nicht ersatzfähig (Palandt § 311 Rn. 57), weil es sich insoweit um den Gewinn aus der Durchführung des Kaufvertrages handelt, die Kläger aber so zu stellen sind, als wenn der Vertrag nicht zustande gekommen wäre. Der Vortrag der Kläger ist auch nicht in Einklang zu bringen mit der vereinbarten Zinsfestschreibung. Nach deren Ablauf wurden nicht dieselben Zinsen vereinbart und gezahlt. Schließlich haben die Kläger für ihre in zulässiger Weise bestrittenen (Zöller § 138 Rn. 8) Zahlungen keinerlei Belege beispielsweise Kontoauszüge vorgelegt.
198Der Klageantrag zu 2 (Freistellung von Ansprüchen der Beklagten zu 2 durch die Beklagte zu 1) ist nicht begründet, weil der Beklagten zu 2 nach der unstreitigen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus dem Darlehensvertrag an die Beklagte zu 2 keinerlei Ansprüche gegen die Kläger mehr zustehen worauf die Kläger mit Beschluss vom 19.6.2006 ausdrücklich hingewiesen worden sind.
199Der Klageantrag zu 3 (Feststellung, dass der Beklagten zu 1 keine Ansprüche aus dem Darlehensvertrag zustehen) ist zulässig und begründet.
200Die Zulässigkeit ergibt sich aus § 256 ZPO (Zöller § 256 Rn 7, 14a), denn das Rechtsverhältnis ist streitig. Die Beklagte zu 1 berühmt sich eines Darlehensrückzahlungsanspruches aus abgetretenem Recht. Die Widerklage lässt das Feststellungsinteresse nicht entfallen.
201Erhebt der Beklagte der negativen Feststellungsklage seinerseits wegen desselben Streitgegenstandes eine Leistungswiderklage oder eine ausnahmsweise zulässige positive Feststellungsklage, dann besteht das ursprüngliche Feststellungsinteresse nur solange fort, bis über die neue Klage streitig verhandelt wurde, diese also nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil die Beklagte zu 1 eine unzulässige positive Feststellungsklage und hilfsweise eine zulässige Leistungsklage mit anderem Streitgegenstand erhoben hat.
202Der Widerklageantrag zu 1 ist unzulässig, nachdem die Beklagte zu 1 in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klargestellt hat, dass das Ziel des Antrages die Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufes und nicht die positive Feststellung des Fortbestehens des Darlehensvertrages (so hatte die Kammer den Antrag bis zur mündlichen Verhandlung ausgelegt und darauf auch im Beschluss vom 19.6.2006 hingewiesen) ist. Nur das Rechtsverhältnis selbst kann Gegenstand der Feststellungsklage sein, nicht aber seine Vorfragen oder einzelne Elemente (Zöller § 256 Rn. 3). Kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO ist die Wirksamkeit einer Rechtshandlung (BGHZ 37, 331 ff, Zöller § 256 Rn. 5), die im vorliegenden Fall nach der ausdrücklichen Klarstellung in der mündlichen Verhandlung allein Streitgegenstand ist.
203Der Streitgegenstand der hilfsweise Leistungsklage auf Rückgewähr der Nettokreditsumme und des Klageantrages zu 3 auf Feststellung, dass der Beklagten zu 1 keine Darlehensrückzahlungsansprüche zustehen ist nicht identisch. Streitgegenstand des Widerklageantrages zu 3 ist ein Rückgewähranspruch gemäß § 3 HWiG (Seite 15 der Widerklage und Sachzusammenhang sowie Stufenverhältnis mit dem Widerklageantrag zu 1) , Streitgegenstand des Klageantrages zu 3 alle Ansprüche aus dem Darlehensvertrag.
204Der Antrag ist begründet, weil die Kläger nach dem Oben zu I. Gesagten einen Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung des Vertrages haben, den sie ihrer Inanspruchnahme entgegenhalten können (BGH XI ZR 6/04 Rn. 61).
205Der Klageantrag zu 4 (Feststellung des Annahmeverzuges) ist zulässig und begründet.
206Das Feststellungsinteresse ergibt sich aus § 756 ZPO (Zöller § 256 Rn. 3, § 756 Rn. 9). Der Antrag ist nach §§ 295, 298 BGB begründet, weil die Kläger nach dem oben zu I Gesagten einen Anspruch auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages haben und die Beklagten die von ihnen geschuldeten Leistungen verweigern.
207Der Klageantrag zu 5 (Abrechnung und Auszahlung des Bausparguthabens) ist unzulässig. Die Stufenklage und damit die einstweilige Befreiung von der Bezifferungspflicht des § 253 Abs. 2 ist nur zulässig, wo die Auskunft der Bestimmung des Leistungsanspruchs und nicht der Beschaffung von Informationen zu seiner Durchsetzung dient (Zöller § 254 R. 2). Die Kläger kennen die von ihnen an die Beklagten geleisteten Zahlungen und wollen die Beklagte zu 1 mit der Stufenklage lediglich zur sehr umfangreichen, zeit- und arbeitsaufwendigen Darstellung ihrer Zahlungen veranlassen, wozu sie nicht verpflichtet ist (Zöller § 138 Rn 8).
208Der Antrag ist auch nicht begründet, weil die Kläger ihren streitigen Schaden nicht dargelegt und unter Beweis gestellt haben. Es gilt insoweit das zu dem Klageantrag zu 1 Gesagte entsprechend.
209Der Klageantrag zu 6 (Feststellung der weiteren Ersatzpflicht) ist zulässig und begründet. Die Kläger haben nach dem oben zu I Gesagten einen Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung. Sie können den Schaden, der Gegenstand dieses Antrages nicht beziffern, weil die Höhe nicht feststeht, so dass eine vorrangige Leistungsklage ausscheidet (Zöller § 256 Rn. 7a).
210Über den hilfsweise gestellten Klageantrag zu 7 (Zahlung des Differenzschadens sowie Neuberechnung und die sich daraus ergebende teilweise Rückzahlung der gezahlten Zinsen) war nicht zu entscheiden, weil die Kläger nach dem Oben zu I Gesagten dem Grunde nach einen weitergehenden Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung der Verträge haben und die Hilfsanträge nur für den Fall gestellt worden sind, dass dieser Anspruch nicht besteht.
211Der unzulässige (insoweit wird auf das Oben zu dem Klageantrag zu 3 Gesagte verwiesen) Widerklageantrag zu 1 (Feststellung, dass der Widerruf unwirksam ist) und die zulässigen Widerklageanträge zu 2 (hilfsweise Feststellung der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der notariellen Vollstreckungsunterwerfungserklärung) und zu 3 (äußerst hilfsweise Zahlung des Nettokreditbetrages) sind nicht begründet, weil die Kläger nach dem Oben zu I Gesagten einen Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung des Vertrages haben, den sie ihrer Inanspruchnahme entgegenhalten können (BGH XI ZR 6/04 Rn. 61).
212Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO und berücksichtigt das jeweilige Unterliegen der Parteien. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
213Der Streitwert in Höhe von 146.158,12 € berechnet sich wie folgt:
214Klageantrag zu 1 (Nennwert): 42.642,80 €
215Klageantrag zu 2 und zu 3 (Nettokreditbetrag, da
216beide Anträge wirtschaftlich identisch sind): 86.387,88 €
217Klageantrag zu 4: 1.000,00 €
218Klageantrag zu 5 (Blatt 4): 7.527,44 €
219Klageantrag zu 6 (1/10 des Nettokreditbetrages): 8.600,00 €
220Klageantrag zu 7: Es gilt § 45 Abs. 1 S. 2 GKG
221Widerklageanträge: Es gilt das Additionsverbot wegen wirtschaftlicher Identität (Zöller § 5 Rn. 8).
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