Beschluss vom Landgericht Dortmund - 14 (XI) Qs 81/97
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin verworfen.
1
Gründe:
2Die Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.
3Daß im konkreten Fall die tatsächlichen Voraussetzungen der
4§§ 100 a f StPO für die Anordnung, der Überwachung des Fern-
5meldeverkehrs, namentlich der Verdacht einer dort aufge-
6führten Katalogtat, vorgelegen hat, ist nicht zweifelhaft.
7Der Beschluß des Amtsgerichts wird, soweit darin die Auf-
8zeichnung des Fernmeldeverkehrs und die Standortermittlung
9telefonierender Teilnehmer angeordnet wird, von der Be-
10schwerdeführerin auch ausdrücklich nicht angefochten. Sie
11wehrt sich gegen die Anordnung des angefochtenen Beschlus-
12ses, wonach sie als Betreiberin der Fernmeldeanlage auch
13zur Aufenthaltsermittlung und Standortmitteilung verpflich-
14tet wurde, soweit die Teilnehmer nicht telefonierten.
15Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist auch
16diese Anordnung - mit der Klarstellung, daß es sich bei dem
17mitzuteilenden Standort um die konkrete Funkzelle handelt -
18rechtmäßig und von den für die Anordnung maßgeblichen Vor-
19schriftten der §§ 100 a f StPO gedeckt.
20Der Beschwerdeführerin ist insoweit zuzustimmen, daß eine
21solche Überwachung auch der technisch bedingten Positions-
22meldungen der nicht telefonierenden Mobiltelefone der Rege-
23lung und Einschränkung der §§ 100 a f StPO unterfällt. Denn
24nicht nur das gesprochene Wort selbst ist vom Fernmeldege-
25heimnis geschützt; neben dem Inhalt unterliegen ihm auch
26auch die "näheren Umstände" der Telekommunikation. Das er-
27gibt sich aus der Legaldefinition in § 85 Abs. 1 TKG ( zu
28vergl. BGHSt 35, 32 (33) zur mit Einführung des TKG am
2926. 7.1996 außer Kraft getretenen Regelung in § 10 Abs. 1
30FAG). Zu diesen näheren Umständen führt § 85 Abs. 1 TKG le-
31diglich beispielhaft die Tatsache auf, ob jemand an einem
32Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das
33stellt aber keine abschließende Regelung dar: denn die ge-
34samten Umstände, ob und wann und zwischen welchen Personen
35und Anschlüssen Fernmeldeverkehr stattgefunden hat, unter-
36fallen dem geschützten Kommunikationsvorgang (BVerfGE 85,
37386 (396). Aus diesem Grunde zählt auch die Frage, wo sich
38das Endgerät befindet und. damit möglicherweise diese Person
39aufhält, zu den "näheren Umständen" der Telekommunikation.
40Das bedeutet auf der anderen Seite aber auch, daß auf diese
41Daten unter den Voraussetzungen der §§ 1OO a f StPO zuge-
42griffen werden kann und daß zu den Informationen, die von
43dem Betreiber der Fernmeldeanlage aufgrund einer Anordnung
44§§ 1OO a f StPO zu übermitteln sind, also auch die technisch
45bedingten Positionsmeldungen nicht telefonierender Mobilte-
46lefone zählen.
47Die hiergegen vorgebrachten Bedenken der Beschwerdeführerin
48überzeugen nicht.
49Es dürfte zunächst weder Zweck noch Auswirkung der Regelun-
50gen der FÜV sein, die materiellrechtlichen Vorschriften der
51§ 1OO a f StPO zu ergänzen oder gar einzuschränken. Die Ver-
52ordnung regelt nämlich lediglich "die Anforderungen und das
53Verfahren zur technischen Umsetzung von Überwachungsmaßnah-
54men", setzt eine bestehende Anordnung also bereits als ge-
55geben voraus. Für den konkreten Fall kann dies letztlich
56aber dahinstehen, weil unter die in § 3 Abs. 2 FÜV zu sub-
57summierenden Fälle auch die Übermittlung der hier streiti-
58gen technisch bedingten Positionsmeldungen nicht telefonie-
59render Mobiltelefone fällt. Zu den ..mit dem Fernmeldevor-
60gang zusammenhängenden näheren Umständen" zählt nach § 3.
61Abs. 2 Nr. 4 FÜV "bei überwachten Mobilanschlüssen auch die
62Funkzelle, über die die Verbindung abgewickelt wird". Das
63betrifft aber entgegen der Auffassung der Beschwerdeführe-
64rin nicht nur die Zeiträume, während derer telefoniert
65wird, sondern - soweit technisch möglich - den gesamten
66Zeitraum der richterlichen Anordnung. Dagegen spricht nicht
67der Wortlaut der Regelung. Das Wort "Verbindung" beschränkt
68nicht auf Zeiträume tatsächlichen Telefonierens. Wie die
69Beschwerdeführerin selbst darlegt, muß ein Mobiltelefon, um
70ständig erreichbar zu sein, seine Position regelmäßig mit-
71teilen, also eben für die Dauer der dazu erforderlichen Da-
72tenübertragung "Verbindung" herstellen. Insoweit ist es be-
73deutungslos, daß Daten und nicht gesprochene Worte übertra-
74gen werden. Daß tatsächliche Kommunikation mit einem ande-
75ren Teilnehmer nicht erforderlich ist, ergibt sich bereits
76aus der Legaldefinition des Fernmeldeverkehrs in § 85 Abs.
771 S. 2 TKG. Danach stehen die näheren Umstände erfolgloser
78Verbindungsversuche den näheren Umständen der Telekommuni-
79kation gleich. Ob die Verbindung tatsächlich zustandekommt,
80ist danach bedeutungslos.
81Soweit sich die Beschwerdeführerin auch gegen die Formulie-
82rung wendet, sie sei zur Mitteilung des Standortes ver-
83pflichtet, während § 3 Abs.. 2 Nr. 4 FÜV nur von der Funk-
84zelle spricht, bedeutet dies in der Sache keine Beschwer.
85Insoweit wird der Beschwerdeführerin keine Ermittlung des
86konkreten Standortes - etwa durch Peilung und Laufzeitmes-
87sungen wie in dem durch das LG Berlin entschiedenen Fall -
88abverlangt. Die Auslegung des Beschlusses und seiner Formu-
89lierung ergibt, daß auch hier - wie bei telefonierenden
90Teilnehmern - nur die Mitteilung der jeweiligen Funkzelle
91verlangt wird. Die Frage, ob eine - anders als in den Fäl-
92len des LG Berlin und BGHSt 35, 32 - richterliche Anord-
93nung, durch Peilung o.ä. den konkreten Standort zu ermit-
94teln, von §§ 1OO a f StPO gedeckt würde, stellt sich hier
95nach alledem nicht.
96§ 5 Abs. 2 FÜV führt zu keiner anderen Beurteilung; die
97hinsichtlich des Erfordernisses, Feststellungen zu der je-
98weiligen Funkzeile in den Betriebsräumen des Betreibers
99.treffen zu müssen, geltend gemachten Vorbehalte gälten
100gleichermaßen, unabhängig davon, ob telefoniert würde oder
101nicht. Daß der Verordnungsgeber dennoch ausdrücklich die
102Verpflichtung zur Mitteilung der Funkzelle in § 3 FÜV auf-
103genommen hat, belegt, daß er diese Vorbehalte hinsichtlich
104der örtlichen Umsetzung der Überwachungsanordnung in Räumen
105des Betreibers nicht hatte.
106Die Kosten Entscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
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