Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 464/06
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der notwendigen Kosten der Streitverkündeten.
Dieses Urteil ist für die Beklagten und die Streitverkündete vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die Streitverkündete vorher Sicherheit in jeweils zu vollstreckender Höhe geleistet haben.
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T a t b e s t a n d
2Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Staubemissionen in Anspruch, die durch die von der Beklagten und der Streitverkündeten durchgeführten Abbrucharbeiten auf dem Eckgrundstück X- Straße/Q-kamp in A entstanden sind. Dabei macht die Klägerin sowohl Rechte aus eigenem Recht wie aus abgetretenem Recht der Fa. Autohaus S, Q-kamp, A geltend. Bei jener, wie die Klägerin selbst, handelt es sich jeweils um Autohäuser, die in einem Fall auf dem dem Abbruchgrundstück unmittelbar benachbarten Grundstück bzw. im anderen Fall auf einem rund 200 m entfernten Grundstück ihre Geschäfte betreiben. Die zu verkaufenden Fahrzeuge werden teils in Hallen, zahlreich auch in den zu den Autohäusern gehörenden jeweiligen Freigeländen feilgeboten. Die Beklagte, eine Baufirma, war mit dem Abriss des auf dem bereits beschriebenen Eckgrundstück befindlichen ehemaligen Lampenwerkes beauftragt. Dabei bediente sie sich u.a. der Mithilfe der Streitverkündeten, die im wesentlichen mit der Zerkleinerung des Bauschutts zum Zwecke des Abtransports bzw. dessen Wiederverwendung auf dem Grundstück selbst befasst war. Die Einzelheiten der durchgeführten Arbeiten stehen sowohl hinsichtlich der Tätigkeit der Beklagten wie auch des Zeitraumes, in dem die Streitverkündete mit der Aufbereitung des Materials auf dem Gelände befasst war, zwischen den Parteien im Streit. Im Zuge des Abrisses des Fabrikgebäudes wie auch der Tätigkeit der Streitverkündeten im Zuge der weiteren Zerkleinerung des Materials kam es zu einer zwischen den Parteien im Einzelnen streitigen Baustaubentwicklung.
3Die Klägerin behauptet, im Zeitraum zwischen dem 15.03.2004 und 15.05.2004 sei es aufgrund der von der Beklagten zu verantwortenden eigenen bzw. in Auftrag gegebenen Arbeiten zu einer schadensersatzbegründeten übermäßigen Staubentwicklung gekommen. Sowohl die Fahrzeuge der Klägerin selbst wie die des Autohauses S seien mit einer Staubschicht überzogen und verunreinigt worden. Die Klägerin bzw. das konkurrierende Autohaus S hätten in diesem Zeitraum die Fahrzeuge wöchentlich einer Oberwagenwäsche unterziehen müssen, um sie wieder in einen verkaufsfördernden Zustand bringen zu können. Dadurch seien ausweislich eines von ihr in Auftrag gegebenen Privatgutachtens E in A vom 15.08.2005, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf dessen Inhalt (Anlage zur Klage vom 28.11.2006) Bezug genommen wird, insgesamt 741 Oberwagenwäschen zu einem Gesamtaufwand von 4.690,53 € erforderlich geworden (Bl. 4 und 6 des Gutachtens). Darüber hinaus seien zur Schaffung eines verkaufsfähigen Zustandes jeweils Endreinigungen notwendig geworden, wobei diese auch die Durchführung einer Motorwäsche in einer dafür genehmigten Waschanlage umfasse sowie überdies die Durchführung von Säuberungsarbeiten im Bereich der Freiräume zwischen den Türen und der Kofferraumklappe. All dies habe insoweit jeweils eine Handwäsche erforderlich gemacht.. Für insgesamt 120 erforderlichen Endreinigungen seien weitere Gesamtkosten in Höhe von 5.047,80 € entstanden. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe im Zuge ihrer Arbeiten die ihr gegenüber der Klägerin bzw. dem Autohaus S bestehenden Pflichten verletzt. Insbesondere habe sie nicht alle Möglichkeiten genutzt, die zur Reduzierung der Staubentwicklung zur Verfügung gestanden hätten. Insbesondere habe sie nicht dafür Sorge getragen, dass bei dem Betrieb der von der Streitverkündeten im Rahmen der seitens der von ihr in Auftrag gegebenen Zerkleinerungsarbeiten, die eingesetzte Maschine etwa mit einer Plane abgedeckt worden sei. Auch habe sie keine anderweitigen hinreichenden Maßnahmen veranlasst, um, was möglich gewesen wäre, eine Staubentwicklung zu reduzieren. Die Beklagte habe auch auf entsprechende Hinweise der Klägerseite nicht reagiert. Unstreitig hat die Beklagte mit Fax vom 24. März 2004 auf eine seitens der Klägerin vorgebrachte Rüge übermäßiger Staubentwicklung die Klägerin darauf verwiesen, sich "mit ihrem Anliegen" direkt an ihre – d. h. der Beklagten – Versicherungsgesellschaft zu wenden.
4Die Klägerin beantragt,
5die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 9.732,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem geltenden Basiszins seit dem 22.09.2005 zu zahlen.
6Die Beklagte beantragt,
7die Klage abzuweisen.
8Die Streitverkündete beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe sämtliche ihr zur Eindämmung der Staubentwicklung möglichen Pflichten eingehalten. Die Bearbeitung des Materials sei lege artis erfolgt, insbesondere sei während der Verarbeitung des Abrisses schließlich ständig befeuchtet worden. Im Übrigen seien lediglich Geräte von ihr bzw. der Streitverkündeten zum Einsatz gekommen, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Die Arbeiten seien nicht nur behördlich genehmigt, sondern die Durchführung der Arbeiten sei auch von Mitarbeitern des zuständigen Tiefbauamtes kontrolliert worden. Dabei sei es zu keinerlei Beanstandungen gekommen.
11Ungeachtet der nicht gegebenen Haftung dem Grunde nach bestehe der geltend gemachten Anspruch nicht. Insoweit sei die Schadensermittlung gänzlich unsubstantiiert. Die entsprechende Berechnung sei durch den Privatgutachter nur nach einseitiger Vorgabe der Klägerin ohne nähere Darlegung und Nachweis vorgenommen worden. Höchst hilfsweise müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden zurechnen lassen, da sie in Kenntnis der durchgeführten Arbeiten, die Wagen nicht, soweit möglich, in die existenten Verkaufshallen gebracht bzw. während der Abrissarbeiten ausgelagert habe.
12Die Streitverkündete trägt – insoweit den Vortrag der Beklagten ergänzend bzw. vertiefend - vor, die Recyclingarbeiten seien bereits am 07.04.2005 abgeschlossen worden, was sich schon daraus ergebe, dass die Rechnung der Streitverkündeten unter dem 07.04.2004 datiere.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die Erklärungen der Parteivertreter im Termin vom 04.05.2007 verwiesen.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
15Die zulässige Klage ist unbegründet.
16Die Klägerin ist auch insoweit aktivlegitimiert, als nicht eigene sondern abgetretene Rechte des Autohauses S geltend macht. Insoweit ist die Aktivlegitimation durch die Abtretungserklärung vom 21.04.2004 dargetan. Da vorliegend eine Vollabtretung der Rechte vorgenommen ist, kann dahinstehen, inwieweit Geltendmachung in bloß gewillkürter Prozessstandschaft zulässig gewesen wäre.
17Gleichwohl hat die Klage unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinerlei Schadensersatzansprüche. Dabei kann vorliegend sogar dahinstehen, inwieweit hinsichtlich einzelner Haftungstatbestände die Beklagte nicht schon deshalb nicht ersatzpflichtig ist, weil sie sich insoweit nach § 831 BGB exkulpieren kann. Selbst bei einer unterstellten umfassenden Zurechnung des Verhaltens der Streitverkündeten haftet die Beklagte gegenüber der Klägerin nicht.
18Eine unmittelbar auf vertragliche Grundlage gestützte Haftung scheidet aus. Zwischen den Parteien bestehen keine vertraglichen Beziehungen.
19Auch das nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis, das gelegentlich im Einzelfall als Ansatz eines gesetzlichen Schuldverhältnisses Anspruchsgrundlage bilden kann, begründet vorliegend keinerlei Haftung der Beklagten. Die Beklagte ist selbst nicht Nachbarin. Überdies sind die hier geltend gemachten Emissionen gerade solche, die vom gesetzlichen Anspruch des § 906 BGB umfasst werden, sodass insoweit für einen Rückgriff auf dieses Rechtsinstitut vorliegend ob der gesetzlichen Regelung kein Raum ist.
20Auf § 823 Abs. 1 BGB kann die Beklagte ihre Haftung nicht stützen. Soweit die Klägerin Einwirkungen auf die abgeparkten Fahrzeuge geltend gemacht hat, liegt nach ihrem eigenen Vortrag bereits keine Eigentumsverletzung vor. Die Einwirkung auf die Fahrzeuge in Form eines – hier unterstellt – hohen Verschmutzungsgrades durch Staub im Zuge der Abbrucharbeiten stellt keine unmittelbare Einwirkung auf die Fahrzeuge selbst dar. Eine Substanzverletzung ist insoweit nicht gegeben. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von einer Vielzahl vergleichbarer Fälle zur Emissionsrechtsprechung in denen etwa ätzend wirkende Stoffe tatsächlich zu Substanzverletzungen geführt haben.(vgl. etwa BGHZ 92, 142 ff.).
21Die Kammer verkennt darüber hinaus auch nicht, dass die Eigentumsverletzung nicht ausschließlich durch die Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch sonstige die Eigentümerbefugnisse betreffende tatsächliche Einwirkungen auf die Sache erfolgen kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Fahrzeug jede Bewegungsmöglichkeit verliert oder ihm sein bestimmungsgemäßer Gebrauch entzogen wird (vgl. etwa BGH NJW RR 1990, 1172; BGH-Urteil vom 11.01.2005, NJW RR 2005, 673 ff.). Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn das Fahrzeug unter Beibehaltung seiner Bewegungsmöglichkeit etwa nur über wenige Stunden an der konkreten Fahrt gehindert und damit lediglich in seiner wirtschaftlichen Nutzung vorübergehend eingeengt ist ( so etwa ausdrücklich BGH NJW RR 2005, 673 m. w. N.) So verhält es sich hier. Hier ist nicht einmal die Bewegungsfähigkeit der Fahrzeuge eingeschränkt oder überhaupt die Nutzung der Fahrzeuge der Klägerin unterbunden. In ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch sind die Fahrzeuge auch in Folge der Verunreinigung nicht beeinträchtigt. Denn der bestimmungsgemäße Gebrauch eines Autos ist ausschließlich in der Fahrtüchtigkeit zu sehen. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich insoweit um Verkaufsobjekte handelt, die im Hinblick auf potentielle Kunden präsentiert werden müssen, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Dies gilt auch dann, wenn die Kammer nicht verkennt, dass ein zu unterstellender "Staubmantel" nicht unbedingt verkaufsfördernd wirkt. Gleichwohl liegt darin keine Beeinträchtigung eines bestimmungsgemäßen Gebrauchs in dem Sinne, der in Ansehung der Systematik der Rechtsgüter des § 823 Abs. 1 zu fordern ist. Ausschlaggebend für die Kaufentscheidung der Kunden sind Leistungsfähigkeit und Ausstattung des Autos. Die Verschmutzung des Wagens stellt vorliegend schon deshalb kein evidentes nachhaltiges Verkaufshindernis dar, weil, wie aus den Lichtbildern zu erkennen ist, der freie Blick auf das Nachbargrundstück möglich ist. Somit erklärt sich der Umstand der Staubablagerung von selbst. Schon weil eine Endreinigung bei der Auslieferung eines Fahrzeugs regelmäßig nicht nur bei Neufahrzeugen, sondern auch bei gebrauchten Fahrzeugen geschäftsüblich ist, erfährt die Attraktivität eines Verkaufsobjekts insoweit keine relevante Beeinträchtigung. Bei der Durchführung der hier - auch - in Rechnung gestellten Endreinigung handelt es sich bei getätigten Verkäufen somit ohnehin um bereits nach Schadensgrundsätzen ohnehin um nicht erstattungsfähige Sowiesokosten.
22Auch eine Verletzung der weiteren Rechtsgüter des § 823 Abs. 1 kommt nicht in Betracht. Ein Entzug des Besitzes liegt aus vorgenannten Gründen bereits nicht vor.
23Gleichfalls steht der erfolgten Klageabweisung auch eine Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht entgegen. Hier fehlt es nämlich bereits an einem unmittelbaren und betriebsbezogenen Eingriff. Denn bei den Staubablagerungen handelt es sich allenfalls um mittelbare Beeinträchtigungen, die durch ein von außerhalb eintretendes Ereignis, nämlich die Abbrucharbeiten, entstanden sind (vgl. etwa LG Hannover, NJW spezial 2006, 451). Es handelt sich insoweit vorliegend um einen bloßen Vermögensschaden. Denn die Beeinträchtigung der Attraktivität der Verkaufsobjekte hat keinen Einfluss auf die unternehmerische Entscheidungsfreiheit oder den betrieblichen Organismus der den hier klagenden Autohäusern betriebenen Geschäftsbetrieben (vgl. etwa Palandt-Sprauck, § 823 Rn. 128).
24Die Beklagte haftet auch nicht auf Schadensersatz gem. § 823 in Verbindung mit einem Schutzgesetz.
25Die Klägerin hat die Verletzung sie schützender öffentlich rechtlicher Vorschriften nicht vorgetragen. Der pauschale Hinweis darauf, nicht bzw. nicht hinreichend bzw. nicht während des gesamten Zeitraums der Staubentwicklung vorgebeugt zu haben, ist insoweit gänzlich unsubstantiiert.
26Die Klägerin hat gegen die Beklagte schließlich auch keinen Anspruch auf Schadensersatz gestützt auf § 906 BGB. Eine unmittelbare Anwendung des § 906 BGB kommt vorliegend bereits deshalb nicht in Betracht, da sie selbst nicht Nachbarin ist, so dass eine unmittelbare Anwendung nicht greift. Gleichwohl verkennt die Kammer nicht, dass die Rechtssprechung von § 906 BGB hier vor dem Hintergrund zur Anwendung kommt, als § 906 Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dahin Wirkung entfaltet, dass hier eine Haftung unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht begründet sein könnte. Insoweit bildet die Regelung des § 906 BGB im Verhältnis der Parteien eine die wechselseitigen Pflichten begründende bzw. einschränkende Regelung. Insoweit schuldet die Beklagte als von der Eigentümerin mit der Durchführung von Abrissarbeiten Beauftragte im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht aber auch nicht mehr als die Eigentümerin selbst ihrem Nachbarn gem. § 906 BGB schuldet.
27§ 906 BGB greift vorliegend zu Gunsten der Klägerin sowohl hinsichtlich ihrer Stellung aus eigenem wie aus abgetretenem Recht nicht ein. Nach Art und Ausmaß der geltend gemachten Beeinträchtigung stellt die Nutzung des Abrissgrundstücks keine solche dar, die ob ihrer Beeinträchtigung von der Klägerin als Nachbarn nicht hingenommen werden braucht, und somit Unterlassungsansprüche gegeben hätte bzw. einen Anspruch auf Schadloshaltung im Sinne eines Schadensersatzanspruchs begründet. Die Beeinträchtigung der Nutzung des Grundstückes durch einen Nachbarn ist für die Klägerin dann abwehrfähig bzw. begründet Schadensersatzansprüche, wenn sie nicht hingenommen werden muss, d. h. wenn sie wesentlich ist und durch eine solche Benutzung des störenden Grundstücks verursacht wird, die nicht ortsüblich ist. Nur im letzteren Fall nämlich bestünde generell ein Unterlassungsanspruch, an dem unter Umständen der Anspruch auf Schadloshaltung treten kann. Insoweit ist hier zunächst festzustellen, dass Baumaßnahmen – auch ein Teilabriss bzw. ein Gesamtabriss des Gebäudes - eine mit jeder Bewirtschaftung eines Grundstücks notwendigerweise verbundene Maßnahme ist, die sich – zugegebenermaßen in mehr oder weniger großen zeitlichen Abständen – auf jedem bebauten Grundstück wiederholt. Dabei ist bereits darauf hinzuweisen, dass solche Maßnahmen in Gewerbegebieten ob des raschen Wandels der Geschäftsfelder sowie der damit verbundenen baulichen Notwendigkeiten naturgemäß in vergleichsweise erheblich kürzeren Zeitabständen notwendig werden. Insoweit bestimmt sich das Maß dessen, was in concreto von Grundstücksnachbarn hinsichtlich von benachbarten Grundstücken ausgehenden Belastungen hinzunehmen ist, nicht pauschal, sondern unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Lage und Nutzung der Grundstücke selbst (vgl. BGHZ 30,273, 277 BGHZ 54, 385, 389).
28Somit ist zunächst festzuhalten, dass die mit einer zeitweise erhöhten Einwirkung verbundenen Erhaltungs- und Umgestaltungsmaßnahmen auf einem benachbarten Grundstück generell ortsüblich sind und insoweit schon als solche hinzunehmen sind, soweit sie sich in baulärmbedingten zeitweisen erhöhten Geräuschemissionen auch in gegenüber dem Normalfall gesteigerter Staubemissionen darstellen.
29In einem solchen Fall sieht die Kammer nicht einmal eine übermäßige, d. h. nicht ortsübliche Nutzung eines Grundstücks. Anders dürfte es sich doch generell hier deshalb verhalten, da hier – selbst nach dem eingeschränkten Beklagtenvortrag - durch den Abriss des gesamten aufstehenden Gebäudes und zusätzlich die Zerkleinerung des Bauschutts an Ort und Stelle durch die als Subunternehmerin tätig werdende Streitverkündete eine Baumaßnahme im Zeitraum vom 15. März bis zumindestens 8. April, damit über 3 Wochen erfolgte. Dass es in dieser Zeit zu einer durchaus relevanten Staubemission gekommen ist unterliegt keinem Zweifel. Gleichwohl begründete dies vorliegend keine Haftung. Es liegt insoweit nämlich noch keine wesentliche Beeinträchtigung vor, die die Nachbarn nicht haben entschädigungslos hinnehmen müssen. Insoweit ist zu berücksichtigen Art und Umfang der von der Beklagten vorgetragenen Staubemissionen. Insoweit ist das Vorbringen bereits an der Grenze der Substantiierung. Vorgetragen wird insoweit nur, dass einmal wöchentlich eine – so versteht die Kammer den Vortrag – zusätzliche Waschung der ausgestellten Fahrzeuge notwendig geworden ist. Berücksichtigt man zudem die Fotos auf den eingereichten Lichtbildern, so offenbart sich die doch eher als marginal zu bezeichnenden Ablagerungen auf den Fahrzeugen selbst. Insoweit dürfte sich bereits die Frage stellen, inwieweit im Gebrauchtwagenhandel ausgestellte Fahrzeuge nicht ohnehin zur vermeintlichen Steigerung ihrer Verkaufsfähigkeit in regelmäßigen, d. h. wöchentlichen Abständen gewaschen werden. Dass dies zumeist der Fall ist, ist dem erkennenden Richter aufgrund des eigenen familiären Hintergrundes bekannt. Berücksichtigt man zudem, dass für jeden potentiellen Käufer die Ursache dieser zusätzlichen oberflächlichen – eine Substanzverletzung lag ja nach dem eigenen Vortrag der Klägerin in keinem Fall vor – Staubablagerung geradezu dem Käufer vor Augen stand, so wird ersichtlich, dass tatsächlich eine Beeinträchtigung der Verkaufsfähigkeit nicht vorliegt. Überdies hat man sich zu vergegenwärtigen, dass die Tatsache, dass Staubemissionen hier überhaupt von der Klägerin bzw. von dem dem Abrissgelände unmittelbar benachbarten Autohaus S nur deshalb überhaupt als relevant empfunden wurden, weil jene ihre Grundstücke in einer besonderen Weise, nämlich zu Ausstellungszwecken in den Freiflächen nutzten. Insoweit resultierte die klägerseits als vermeintliche übermäßig empfundene Beeinträchtigung in erster Linie aus der eigenen Nutzung der Grundstücke. Berücksichtigt man nunmehr zudem die Struktur der Ersatznormen, die in § 823 Abs. 1 nur besondere Rechtsgüter unter Schutz stellt und auch in § 906 nur wesentliche Beeinträchtigungen als erstattungsfähig ansieht, so wird ersichtlich, dass Beeinträchtigungen, die ihrer Natur nach in erster Linie auf die vom vermeintlich Geschädigten selbst geschaffene Lage zurückzuführen sind, nur im Ausnahmefall dazu führen können, dass eine im Sinne des § 906 BGB "wesentliche Beeinträchtigung" vorliegt. Dies ist angesichts der vorliegend vorgetragenen Verschmutzung der Fahrzeuge nach sicherer Überzeugung der Kammer nicht der Fall.
30Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der besonderen Art und Weise der Durchführung der Abrissarbeiten. Dazu führt auch nicht etwa, dass der Grundstückseigentümer des Abrissgrundstücks vorliegend nicht nach dem Abriss das Mauerwerk unmittelbar abtransportiert hat, sondern auf dem Abrissgelände selbst durch den Streitverkündeten in einer entsprechenden Maschine hat zerkleinern und dann erst abfahren bzw. überwiegend durch einen Bau auf dem Gelände selbst hat wieder verarbeiten lassen.
31Denn die Zerkleinerung der Mauerteile ist so oder so, sei es mit Presslufthämmern bzw. in anderer Weise, notwendig und insoweit gleichsam Teil der normalen Abrissarbeiten. Dass Art und Umfang der Zerkleinerung des Bauschutts hier zu einer im Verhältnis noch gesteigerten oder verlängerten Beeinträchtigung geführt hätten, ist nicht dargetan. Denn selbst der Abtransport des Bauschutts setzt bereits aus Sicherheitsgründen voraus, dass dieser Schutt in transportfähige Einheiten zerkleinert wird. Dass dies erheblich schneller und mir relevant geringerer Staubentwicklung hätte vonstatten gehen können als geschehen, ist weder substantiiert dargetan noch ersichtlich.
32Soweit die Klägerin darauf verweist, die Anlage sei nicht mit einer Plane abgedeckt worden, um so Staubentstehung zu verhindern, überspannt dies die Erfordernisse bei weitem. Bereits die eingereichten Lichtbilder belegen, dass die Staubentwicklung nach Durchführung der Abrissarbeiten eher geringfügig war; dies wird selbst aus den Lichtbildern Bl. 1 – 4 ersichtlich.
33Eine Haftung der Beklagten kommt auch nicht in Betracht, weil die vom Abrissgrundstück gehende Staubentwicklung nach Art und Umfang vermeidbar gewesen wäre.
34Insoweit hat die Beklagte bzw. die Streitverkündete unter substantiierter Darlegung der getroffenen Berieselungsmaßnahme bei Abriss und während der weiteren Arbeiten dargetan, dass während der Abrissarbeiten das zerkleinerte Material durch zwei C-Rohre befeuchtet wurde, um die Staubentwicklung zu dämmen.
35Das pauschale Bestreiten der Klägerin diesbezüglich ist gänzlich unsubstantiiert. Auch der pauschale Hinweis auf die Möglichkeit einer Eindämmung der Staubentwicklung unter Beweisantritt "Sachverständigengutachten" trägt ihrer Substantiierungslast nicht Rechnung. Denn insoweit hat sie gegenüber dem substantiierten Vortrag hinsichtlich Art und Umfang der durchgeführten Arbeiten, die seitens der Streitverkündung auch durch Vorlage der Rechnung vom 08.04. unterlegt wurde, nicht ergänzend vorgetragen, an welchen Tagen welche Staubentwicklung, die ggfls. hätte eingedämmt werden müssen, entstanden ist. Gleiches gilt für deren Vortrag dazu, dass der Abbruch unter Einhaltung der bau- und ordnungsrechtlichen Vorgaben durchgeführt wurde, durch Bedienstete des Bauordnungsamtes kontrolliert wurde und beanstandungsfrei geblieben.
36Insoweit wäre der Klägerin ein entsprechend substantiierter Vortrag – nach entsprechender Nachfrage bei den zuständigen Bauordnungsbehörden - ohne weiteres leicht möglich gewesen. Das hier erfolgte pauschale Behauptung unterbliebener Maßnahmen beziehungsweise das schlichte Bestreiten der beklagtenseits vorgetragenen Maßnahmen reicht insoweit nicht.
37Dass diese Verteilung der Darlegungslast eine zutreffende ist ergibt auch folgende Überlegung: Hätte die Staubentwicklung hinsichtlich Zeit, Dauer, Ausmaß und Umfang tatsächlich das von der Klägerin geltend gemachte Ausmaß gehabt, wäre zu erwarten gewesen, dass sich eine Vielzahl von Nachbarn mit entsprechenden Beschwerden an die zuständigen Ämter gewandt hätten, sodass in diesem Fall ein Einschreiten der Bauordnungsbehörden mit entsprechender Beweissicherung zu erwarten gewesen wäre. Auch dies ist Beleg für ein nicht hinreichend substantiiertes Vorbringen hinsichtlich der von Klägerseite behaupteten vermeidbaren Beeinträchtigung.
38Herauszustellen ist, dass entscheidender Gesichtspunkt der von der Kammer verneinten Ersatzpflicht jedoch nicht ein nicht hinreichend substantiiertes Vorbringen der Klägerin zu einer vermeidbaren Staubentwicklung ist, sondern in erster Linie der ist, dass die hier vorgetragene Staubentwicklung und ihre Auswirkung nach Art und Umfang bereits keine Ersatzpflicht begründen können, da sie gerade keine Substanzverletzungen verursacht haben und die von den klagenden Autohäusern für erforderlich erachteten (Reinigungs-)Maßnahmen nur durch die von ihnen selbst zu verantwortende besondere Grundstücksnutzung bedingt waren.
39Schließlich steht der Erstattungspflicht entgegen, dass bereits die Erforderlichkeit der zusätzlichen gegenüber dem normalen Betrieb üblichen Waschungen von Gebrauchtfahrzeugen nicht substantiiert dargetan sind und darüber hinaus – darauf stellt die Kammer aber – wie im Termin der Klägerin ausdrücklich gegenüber zugesagt – entscheidungserheblich nicht ab, die Klage auch mangels Darlegung des konkreten Schadens scheitert.
40Der Klägerin hätte es insoweit obliegen, Tag für Tag im einzelnen die erforderlichen Waschungen bezogen auf die einzelnen Fahrzeuge festzuhalten sowie ggfls. in jedem Einzelfall die Notwendigkeit einer zusätzlichen Waschung zu dokumentieren. Die hier vorgenommene pauschale Bezifferung des Schadens – wie im vorgenannten Privatgutachten erfolgt – bietet keinen Ersatz. Der Beklagten wird dadurch nämlich die Möglichkeit genommen, substantiiert im einzelnen die geltend gemachten Schäden auf ihre Berechtigung hin zu untersuchen und im Einzelfall zu bestreiten. Auch in Ansehung der Reaktion der Beklagten auf die Beschwerde im Gespräch vom 24. März 2004 war der Klägerin bekannt, dass hinsichtlich der vermeintlichen Schäden durch die Abrissarbeiten eine Regulierung nur unter Einschaltung der Haftpflicht der Beklagten und insoweit nur auf Grundlage einer entsprechenden Dokumentation würde erfolgen können.
41Soweit sich die Klägerin daher auf das Privatgutachten vom 15.08.2005 beruft, bildet dies jedenfalls keiner Grundlage für die Annahme eines hinreichend substantiierten Vortrages und ist damit auch als Grundlage richterlicher Schadensschätzung gem. § 286, 287 ZPO gänzlich unbrauchbar.
42Die Klage war damit abzuweisen.
43Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 91, 100 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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