Urteil vom Landgericht Dortmund - 11 S 17/07
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Unna vom 19.12.2006 abgeändert:
Der Antrag vom 04.12.2006 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger trägt die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens in beiden Instanzen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
G r ü n d e
2I.
3Der Verfügungskläger begehrt von der Verfügungsbeklagten die Aufhebung der Sperre des Gasanschlusses an seiner derzeitigen Wohnung Istraße 13 in I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Unna vom 19.12.2006 (Blatt 44 ff. der Akte), durch welches die begehrte einstweilige Verfügung erlassen worden ist. Im Berufungsverfahren reichte die Beklagte die Rechnung vom 10.08.2006 über die private Wohnung des Verfügungsklägers in der Istraße 47 in I (Kundennummer X ### ### ###) zur Gerichtsakte, die ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 19.12.2006 bereits im dortigen Verfahren vorgelegt, aber nicht zur Akte gereicht worden war. Der Inhalt dieser Rechnung, nach der der Verfügungskläger für die Wohnung in der Istraße 47 noch Strom- und Gaskosten in Höhe von über 700,00 € schuldet, ist unstreitig.
4Die Beklagte beantragt,
5das Urteil des Amtsgerichts Unna vom 19.12.2006 aufzuheben und den Antrag des Klägers zurückzuweisen.
6Der Kläger beantragt,
7die Berufung zurückzuweisen.
8II.
9Auf die zulässige, insbesondere fristgerecht eingereichte und begründete Berufung der Beklagten war das Urteil des Amtsgerichts Unna abzuändern und der Antrag des Verfügungsklägers vom 04.12.2006 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
10Die Sperrung des Gasanschlusses des Verfügungsklägers in der Wohnung Istraße 13 durch die Verfügungsbeklagte war berechtigt, da dieser gegenüber dem vertraglichen Lieferanspruch des Klägers ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB zustand. Das Zurückbehaltungsrecht setzt neben der Identität der Parteien voraus, dass beide Forderungen aus dem selben rechtlichen Verhältnis stammen. Dieser Begriff ist weit auszulegen. Er erfordert nicht, dass die sich gegenüber stehenden Ansprüche auf dem selben Rechtsverhältnis beruhen, vielmehr genügt es, wenn ihnen ein innerlich zusammenhängendes, einheitliches Lebensverhältnis zu Grunde liegt, bei vertraglichen Ansprüchen genügt es, wenn beide aus Rechtsgeschäften hervorgegangen sind, die in einem solchen natürlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, dass es gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den der anderen Seite zustehenden geltend gemacht und durchgesetzt werden könnte. Ein derartiger Zusammenhang ist zu bejahen, wenn ein Stromabnehmer in dem selben Versorgungsgebiet in eine andere Wohnung verzieht und hinsichtlich der aufgegebenen Wohnung Zahlungsrückstände bestehen (vgl. nur BGH, Urteil vom 03.07.1991 – VIII ZR 190/90 – NJW 1991, 2645). Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall vor. Nach dem unstreitigen Vortrag der Beklagten bestanden seitens des Verfügungsklägers auch hinsichtlich der Zahlungspflichten für die Belieferung der Wohnung in der Istraße 47 erhebliche Zahlungsrückstände. Wegen dieser Rückstände wurde auch im Schreiben vom 31.10.2006 (Blatt 15 der Akte) eine Sperre angedroht und schließlich durchgeführt. Dass sich die Androhung und die Sperre auf die Zahlungsrückstände aus der Gas- und Strombelieferung der Wohnung beziehen, ergibt sich schon daraus, dass das Schreiben vom 31.10.2006 die Kundennummer für die Liefervereinbarung bezüglich der Wohnung trägt. Das die Verfügungsbeklagte die Rechnung vom 10.08.2006 erst in der Berufungsinstanz zur Akte gereicht hat, ist unschädlich, da sie ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2006 im dortigen Termin zumindest vorgelegt worden war. Auch hat im dortigen Termin der Verfügungskläger den Inhalt der Rechnung nicht bestritten, wenn er lediglich erklärte, diese sei ihm nicht bekannt, für die neue Wohnung zahle er aber die Abschlagszahlungen.
11Dem Zurückbehaltungsrecht der Verfügungsbeklagten steht auch nicht entgegen, dass die Anmietung der Wohnung in der Istraße 47 im engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anmietung der Gaststätte K unter der selben Adresse erfolgte. Es kommt vorliegend ausschließlich darauf, dass die Schulden des Verfügungsklägers auf Strom- und Gaslieferungen für seine Wohnung beruhen.
12Die Sperrung scheitert auch nicht an § 33 Abs. 2 AVBEltV. Der Verfügungskläger hat gegenüber der Verfügungsbeklagten nach der Androhung der Sperrung in keiner Weise dargelegt, dass die Folgen der Einstellung außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehe. Allein daraus, dass der Verfügungskläger auf die Gaslieferung angewiesen ist, kann keine Verpflichtung der privatwirtschaftlich geführten Verfügungsbeklagten hergeleitet werden. Auch besteht keine hinreichende Aussicht darauf, dass der Verfügungskläger seiner Zahlungspflicht aus dem Altvertrag für die Wohnung in der Istraße 47 nachkommen wird. Das bloße Angebot einer Ratenzahlung aus dem Schreiben vom 17.11.2006 (Blatt 22 der Akte), in dem lediglich "im Übrigen um Mitteilung" gebeten wird, "ob aus Ihrer Seite her eine ratierliche Begleichung möglich ist", reicht hierzu nicht aus.
13Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.