Urteil vom Landgericht Dortmund - 21 O 62/07
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz eines Restschadens aus einem Verkehrsunfall vom 04.01.2005 in E. Die Haftung der Beklagten in vollem Umfang ist nicht im Streit. Ein bei der Beklagten versichertes Fahrzeug war auf das an einer Ampel stehende Fahrzeug des Klägers aufgefahren.
3Der Kläger erlitt bei dem Unfall eine Distorsion der Halswirbelsäule und eine Distorsion des rechten Daumens. Die Beklagte hat hinsichtlich des Behandlungsablaufes und der Unfallfolgen ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S vom 04.01.2006 eingeholt. Beide Parteien haben den Inhalt dieses Gutachtens unstreitig gestellt. Danach hatte der Kläger bei dem Unfall die zuvor genannten Verletzungen erlitten. Während die Beschwerden an der Halswirbelsäule sich nach spätestens einem Monat folgenlos zurückgebildet hatten, lag ein prolongierter Verlauf der Verletzung am rechten Daumen vor. Der Kläger litt im Bereich des rechten Daumengrundgelenkes seit dem Jahre 2002 an einer rheumatoiden Erkrankung, die bereits Behandlungen in einer Rheumaklinik erforderlich machten. Unter Mitwirkung der Grunderkrankung legte der Sachverständige den Zeitraum der vollständigen Minderung der Erwerbsfähigkeit vom Unfalltage bis zum 31.03.2005 fest. Es verblieben dann Restbeschwerden bis zur Untersuchung vom 06.09.2005, die der Sachverständige mit einer MdE von 10 % bewertete. Ab dem Untersuchungstage vom 06.09.2005 lagen unfallbedingte Beeinträchtigungen nicht mehr vor.
4Der Kläger vertritt die Auffassung, zum Ausgleich der unfallbedingten Beeinträchtigungen sei ein Schmerzensgeld von 7.500,00 € angemessen. Hierauf hat die Beklagte – unstreitig – 3.000,00 € vorprozessual gezahlt.
5Der Kläger behauptet weiter, er habe vor dem Unfall beabsichtigt, in den Sommermonaten 2005 auf der an seinem Hause befindlichen Terrasse Platten zu verlegen, die die Nutzung der bisher unnutzbaren Terrasse ermöglichen sollte. Aufgrund der erlittenen Verletzungen habe er die Plattierungsarbeiten, die ihm ansonsten als gelernter Dachdecker möglich gewesen seien, nicht durchführen können. Er habe beabsichtigt, ein Fremdunternehmen zu beauftragen und daher von diesem ein Angebot erstellen lassen. Wegen der Einzelheiten des Angebotes wird auf die Anlage zum Schriftsatz vom 16.02.2007 Bezug genommen. Das Angebot lautete auf einen Gesamtpreis von 2.222,21 € einschließlich Mehrwertsteuer. Der Kläger habe die Arbeiten nicht von einem Unternehmer durchführen lassen. Mittlerweile sei die Terrasse fertiggestellt worden durch Hilfe von Kollegen. Der Kläger vertritt die Auffassung, der Schadensersatzanspruch in der Höhe der Unternehmerpreise sei bereits mit dem Unfallereignis fällig geworden. Zumindest müsse die Beklagte Schadensersatz für die Nichtnutzung der Terrasse zahlen.
6Der Kläger beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen,
8- an ihn 2.222,21 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage,
- ein angemessenes Schmerzensgeld, abzüglich bereits gezahlter 3.000,00 €, nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage, und
- 313,86 € vorgerichtlichte Kosten der Rechtsverfolgung nebst 5 € Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte vertritt die Auffassung, der Kläger könne die Kosten der Herstellung der Terrasse nach Unternehmerpreisen nicht verlangen. Der Kläger sei trotz der ab April 2005 noch vorhandenen Restbeschwerden ab diesem Zeitpunkt in der Lage gewesen, die Arbeiten durchzuführen. Ein Vermögensschaden sei ihm nicht entstanden, da ein Fremdunternehmer nicht eingeschaltet worden sei. Für die entgangene Nutzung der Terrasse sei nach den in der Rechtsprechung aufgestellten Maßstäben kein Schadensersatz zu leisten. Hinsichtlich der in dem Gutachten Prof. Dr. S festgestellten unfallbedingten Beeinträchtigungen sei ein Schmerzensgeld von 3.000,00 € angemessen.
12Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
13Das Gericht hat den Kläger gemäß § 141 ZPO angehört.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
15Die Klage ist nicht begründet.
16Der Kläger kann von dem Beklagten nicht gemäß §§ 7, 17 StVG, § 3 PflVG weiteren Schadensersatz verlangen.
17Ein Anspruch auf Erstattung von (fiktiven) Wiederherstellungskosten der Terrasse besteht nicht. Zwar kann bei unfallbedingt entgangenen Eigenleistungen (Bauarbeiten) ein Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger bestehen, wenn der Geschädigte Lohnkosten für die Beschäftigung anderer Arbeitskräfte aufwendet, weil ihm Eigenleistungen bei einem Hausbau nicht mehr möglich waren (BGH NZV 2004, 513). Dieser Anspruch entsteht allerdings nicht mit der Notwendigkeit der Einstellung von Fremdkräften, sondern erst mit der tatsächlich erfolgten Einstellung dieser Ersatzkräfte (BGH a.a.O., 514). Da der Kläger vorliegend keine Aufwendungen getätigt hat, stehen ihm Ersatzansprüche nicht zu. Der Kläger kann von der Beklagten auch keinen Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der entgangenen Nutzung der Terrasse verlangen. Die Anhörung des Klägers hat ergeben, dass die fragliche Terrasse sich zwischen dem Haus des Klägers und der Straße befindet. Sie dient daher auch als Zuwegung für Personen, die von der Straße kommend das Haus des Klägers erreichen wollen. Die Fläche, die zumindest auch der Zuwegung zum Hause dient, stellt kein Lebensgut dar, dessen ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist (BGH NJW 1987, 50). Zwar kann die Wohnung dazu zählen, dies gilt jedoch nicht für Wohnungsteile von eher marginaler Bedeutung (Palandt-Bearbeiter vor § 249 BGB, Rdnr. 26).
18Da bereits dem Grunde nach insoweit kein Anspruch auf Ersatz der entgangenen Nutzungsmöglichkeit besteht, brauchte der Widerspruch nicht aufgeklärt werden, der darin besteht, dass nach dem Klagevortrag die Neuverlegung ohnehin erst in den Sommermonaten 2005 stattfinden sollte, während der Kläger, wie bei der Anhörung klar wurde, die Altplattierung bereits im Dezember des Vorjahres aufgenommen hatte. Danach hat der Verkehrsunfall vom 04.01.2005 die Dispositionen des Klägers bis zum Sommer 2005 gar nicht beeinflusst.
19Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes gemäß § 253 BGB sind Ausmaß und Schwere der Lebensbeeinträchtigung sowie Heftigkeit und Dauer der Schmerzen vorrangig maßgeblich. Das Gericht hat der Regulierung des Schmerzensgeldanspruches ausschließlich die in dem Gutachten Prof. Dr. S vom 04.01.2006 genannten Umstände berücksichtigt. Diese sind unter den Parteien nicht im Streit. Danach erlitt der Kläger eine Distorsion der Halswirbelsäule sowie eine Distorsion des bereits durch eine Rheumaerkrankung vorgeschädigten rechten Daumens. Während die Halswirbelsäule entsprechend einem üblichen Verlauf spätestens nach etwa 1 Monat keine Beschwerden mehr zeigte, war der Heilungsverlauf am rechten Daumen verlängert. Entsprechend der Annahme des Sachverständigen, die die Parteien bei der Regulierung zugrunde legen wollen, war der Kläger bis zum 31.03.2005 zu 100 % in der Erwerbsfähigkeit gemindert. Bis zu diesem Zeitpunkt sind daher erhebliche Schmerzen und Beeinträchtigungen anzunehmen. Es verblieben dann bis Anfang September 2005 Restbeschwerden, die der Sachverständige bezüglich der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 10 % bewertete. Ab dem 07.09.2005, also etwa 8 Monate nach dem Unfall waren unfallbedingte Beeinträchtigungen nicht mehr festzustellen. Einen auf dem Unfall beruhenden dauerhaften Schaden hat der Sachverständige nicht festgestellt. Unter Zugrundelegung dieser Umstände ist das von der Beklagten vorprozessual gezahlte Schmerzensgeld von 3.000,00 € angemessen und ausreichend. Diese Bemessung hält sich im Rahmen von vergleichbaren Entscheidungen dieses und anderer Gerichte. Ein höheres Schmerzensgeld wäre allenfalls gerechtfertigt, wenn über den 06.09.2005 hinaus unfallbedingte Beeinträchtigungen festgestellt worden wären. Das ist nicht der Fall.
20Mangels Hauptforderung besteht kein weitergehender Anspruch hinsichtlich der Erstattung vorgerichtlicher Kosten.
21Die Nebenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
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