Beschluss vom Landgericht Dortmund - 3 O 220/07
Tenor
Der Streitwert für den Rechtsstreit und den Vergleich wird auf 8.500,00 € festgesetzt.
Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinan-der aufgehoben.
Die Kosten der Säumnis trägt der Beklagte.
1
G r ü n d e :
2Über die Kosten war nach § 91 a ZPO nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies führte zu der aus dem Tenor ersichtlichen Kostenentscheidung über die Kosten des Rechtsstreits. Die Entscheidung über die Kosten der Säumnis beruht auf § 344 ZPO.
3Mit schriftlichem Vertrag vom 28.10.2006 (Bl. 5 d.A.) kaufte der Kläger, der einen Gebrauchtwagenhandel betreibt, von dem Beklagten den streitgegenständlichen, erstmals im Februar 2000 zugelassenen VW Bora zu einem Kaufpreis in Höhe von 8.500,00 €. In der von den Parteien unterschriebenen Vertragsurkunde heißt es u.a.:
4"Das Fahrzeug ist unfallfrei: Ja...
5Beide Türen Fahrerseite nachlackiert..."
6Der Kläger ließ das Fahrzeug von dem Kfz-Sachverständigen A, mit dem der Kläger regelmäßig zusammenarbeitet, nach der Übergabe auf Vorschäden untersuchen. Der Sachverständige stellte fest, dass an dem Fahrzeug der rechte Vorderkotflügel gespachtelt und lackiert und der linke Vorderkotflügel erneuert wurden.
7Mit einem weiteren schriftlichen Vertrag vom 28.10.2006 verkaufte der Kläger dem Beklagten den erstmals im Januar 2001 zugelassenen Pkw VW Sharan zu einem Kaufpreis in Höhe von 12.849,00 €. In der Vertragsurkunde Blatt 39 der Akten heißt es u.a. wie folgt:
8"Zahl, Umfang, Art der Unfallschäden lt. Vorbesitzer lt. Gutachten..."
9Der Kläger hatte das Fahrzeug durch den Sachverständigen A auf Vorschäden untersuchen lassen. Der Sachverständige stellte fest, dass aufgrund seiner Feststellungen das Fahrzeug als unfallfrei zu bezeichnen sei.
10Mit der vorliegenden Klage erklärt der Kläger den Rücktritt und begehrt die Rückabwicklung des Kaufvertrages über den VW Bora. Der Beklagte bestreitet den von dem Sachverständigen A festgestellten Unfallschaden und behauptet, er habe das Fahrzeug als unfallfrei gekauft und mit dem Fahrzeug keinerlei Verkehrsunfall erlitten.
11In der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2007 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen und vereinbart, dass das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten entscheiden soll.
12Es entsprach der Billigkeit, die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs gegeneinander aufzuheben, weil der Ausgang des Rechtsstreits ungewiss war.
13Unerheblich ist der Streit der Parteien über die rechtliche Einordnung der Verträge, nämlich zwei isolierte Kaufverträge – so der Kläger – oder einen einheitlichen Vertrag – so der Beklagte. Bei Annahme eines Doppelkaufes erstrecken sich die Gewährleistungsrechte allein auf das jeweilige Vertragsverhältnis. Das andere Vertragsverhältnis bleibt unberührt (vgl. dazu Reinking Eggert, der Autokauf, 9. Aufl., Rdnr 667).
14Bei Annahme eines einheitlichen Vertrages stehen dem Händler nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gemäß § 365 BGB die Rechte eines Käufers zu (Reinking Eggert Rdnr. 645 f., 671, BGH NJW 1967, 553; 1984, 429; 2003, 505). Nimmt der Kraftfahrzeughändler bei der Veräußerung eines neuen oder gebrauchten Kfz einen Gebrauchtwagen zu einem Teil des Preises in Zahlung, liegt im Regelfall kein Tauschvertrag sondern ein Kaufvertrag vor, bei dem der Kunde das Recht hat, den Kaufpreis teilweise durch Hingabe des Gebrauchtwagens zu tilgen. Wenn der Kunde von dieser Ersetzungsbefugnis Gebrauch macht, dann führt dies zu einer Leistung an Erfüllung statt mit der Rechtsfolge des § 365 BGB, nämlich der Gewährleistung nach Kaufrecht.
15Der Kläger kann nach §§ 434 Abs. 1 Satz 1, 437 Nr. 2, 323 BGB gegen Rückgabe des in Zahlung genommenen VW Bora die Zahlung des Restkaufpreises verlangen, wenn der Pkw VW Bora mangelhaft war.
16Dies wäre der Fall, wenn der VW Bora nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweisen sollte. Vereinbart waren nach dem Inhalt der Vertragsurkunde, die die Vermutung der Vollständigkeit und der Richtigkeit in sich trägt, dass der Pkw VW Bora mit Ausnahme der Türen der Fahrerseite unfallfrei ist. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob darüber ausdrücklich gesprochen worden ist. Vereinbart ist die Beschaffenheit schon dann, wenn der Inhalt des Kaufvertrages bestimmt, die Sache in dem Zustand zu übereigenen und zu übergeben, wie ihre Beschaffenheit in dem Vertrag beschrieben ist (Palandt § 434 Rdnr. 16 und 17).
17Ob der VW Bora einen reparierten Unfallschaden im Bereich der vorderen Kotflügel aufwies, ist streitig.
18Ein ausdrücklicher Gewährleistungsausschluss wurde unstreitig nicht vereinbart.
19Ein stillschweigender Gewährleistungsausschluss kommt nur bei Verschleißmängeln in Betracht (BGH NJW 1982, 1700).
20Ein Haftungsausschluss nach § 442 BGB setzt die Kenntnis oder die grob fahrlässige Unkenntnis des/der Unfallschäden voraus.
21Der Beklagte behauptet nicht, dass der Kläger von den streitigen Unfallschäden Vorkenntnis hatte.
22Von einer grob fahrlässigen Unkenntnis wäre auszugehen, wenn den Kläger eine Untersuchungspflicht trifft, denn bei einer Untersuchung wären die Schäden ohne weiteres erkannt worden, denn der von dem Kläger regelmäßig beauftragte Sachverständige A hat den Vorschaden erkannt.
23Im Kfz-Handel ist es heute allgemein üblich, einen Gebrauchtwagen vor der Hereinnahme einer Sicht- und Funktionsprüfung zu unterziehen (Reinking Eggert Rdnr. 1545, 1563). Ein Händler, der auf diese selbstverständliche Vorsichtsmaßnahme verzichtet und damit seine Sachkunde und seinen technischen Apparat ungenutzt lässt, kauft das Fahrzeug "so wie es geht und steht". Ist- und Sollbeschaffenheit fallen zusammen, soweit Mängel in Rede stehen, die bei einer Sicht- und Funktionsprüfung aufgefallen wären (Reinking Eggert Rdnr. 1563).
24Die Haftung des Beklagten ist damit ausgeschlossen, es sei denn, ihm fällt Arglist zur Last. Dies wäre der Fall, wenn dem Beklagten die streitigen Vorschäden an dem Pkw VW Bora bekannt gewesen wären, denn ihn trifft ungefragt eine Offenbarungspflicht, weil es sich um erhebliche Vorschäden handelt (Palandt § 123 Rdnr. 7, Reinking Eggert Rdnr. 1649, 1678).
25Die Vorkenntnis des Beklagten ist streitig.
26Streitig und offen ist schließlich nach derzeitigem Sachstand auch, ob und gegebenenfalls inwieweit dem Beklagten seinerseits Gewährleistungsrechte aus dem Kauf des Pkw VW Sharan zustehen.
27Angesichts des offenen Ausgangs des Rechtsstreits entsprach es daher der Billigkeit, die Kosten des Rechtsstreits – mit Ausnahme der Kosten der Säumnis – gegeneinander aufzuheben.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.