Urteil vom Landgericht Dortmund - 1 O 69/07
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger nimmt die Beklagte als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn
3G (im Folgenden S -Schuldner- genannt) auf Rückzahlung von Zahlungen in
4Anspruch, die die Beklagte nach Ansicht des Klägers in anfechtbarer Weise erhalten
5habe.
6Am 1.3.2006 ist über das Vermögen des S das Insolvenzverfahren eröffnet worden
7und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Der Kläger erklärt die Insolvenzanfechtung gegenüber der Beklagten und verlangt Rückzahlung von 96.000 €, die an die Beklagte aufgrund Abtretung von der Drittschuldnerein, der Stadtwerke M GmbH gezahlt worden waren.
8Zur zeitlichen Abfolge:
9- 23.9.2003 Kündigung des Kreditengagements der Volksbank I e.G gegenüber
10S und Fälligstellung von 155.790,72 € (BI. 13).
11- 24.11.2003 S gibt die eidesstattliche Versicherung ab.
12-17.2.2004 Antrag der O BKK auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen
13S (BI. 10)
14-15.3.2004 Beschluss des AG Mühlhausen, durch den die Eröffnung mangels
15Masse abgelehnt wird (BI. 12).
16-1.4.2004 Abtretung einer Forderung von 100.000 € gegen S von der Volksbank
17I e.G. an die Beklagte (BI. 15).
18-14.4./19.4.2004 Abtretung der laufenden Einnahmen des S in Höhe von 4000 €
19je Monat aus einem Dienstleistungsvertrag mit der Stadtwerke M
20GmbH (im Folgenden DrittS) an Beklagte und zwar in Höhe von insgesamt
21100.000€(BL 15).
22- 26.4.2004 bis 20.3.2006 monatliche Zahlungen von 4000 €, insgesamt 96.000 €
23der DrittS an die Beklagte.
24- Juni 2005 Kündigung der Geschäftsbeziehung seitens der Beklagten gegenüber
25S und Fälligstellung von 102.112,17 €.
26-12.7.2005 Angebot der Beklagten an S auf Verzicht von Vollstreckungsmaßnahmen
27für den Fall der weiteren Rückführung des Kredites (BI. 17).
28-1.8.2005 Erweiterung der Abtretung durch S an die Beklagte wegen eines weiteren
29Betrages von 80.000 € (BI. 20).
30- 25.8.2005 Antrag der BKK Q auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen S.
31- 23.12.2005 Der Kläger wird zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt (vgl. BI. 45).
32- Februar 2006 Korrespondenz des Klägers als vorläufiger Insolvenzverwalter mit
33der Beklagten (BI. 49,50).
341.3.2006 Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen S und Bestellung des Klägers
35zum Insolvenzverwalter (BI. 9).
36-12.10./30.10.2006 Der Kläger begleicht die Restforderung der Beklagten und
37diese verzichtet im Gegenzug auf weitere Sicherungsrechte (vgl. BI. 39 und
38Forderungsaufstellung der Beklagten BI. 40 ff).
3919.3.2007 Klage und Insolvenzanfechtung hinsichtlich der Abtretung und Zahlung
40der laufenden Einnahmen an die Beklagte.
41Der Kläger meint, die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zeige, dass S bereits
422003 zahlungsunfähig gewesen sei. Jedenfalls sei gem. § 139 II lnsO bereits auf den
431. zulässigen und begründeten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens abzustellen,
44wenn mehrere Anträge gestellt würden, auch wenn das Verfahren erst aufgrund
45eines späteren Antrages eröffnet worden sei. Damit sei für die Frist der An-
46fechtbarkeit der erste, wenn auch zurückgewiesene Antrag vom 17.2.2004 maßgeblich.
47Die Abtretung stelle jedenfalls eine inkonkrugente Deckung dar und sei daher
48gem. § 131 InsO anfechtbar.
49Der Kläger beantragt,
50die Beklagte zu verurteilen, an ihn 96.000 € nebst Zinsen in
51Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit
52Rechtshängigkeit zu zahlen.
53Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
54Die Beklagte bestreitet eine Zahlungsunfähigkeit des S bereits 2003 und ist der Ansicht,
55auf den 1. Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens komme es nicht an, da
56zwischen diesem und dem 2. Antrag ein Zeitraum von mehr als 2 Jahren liege. Damit
57könne der Kläger allenfalls die Handlungen anfechten, die 3 Monate vor der Eröffnung
58des Insolvenzverfahrens und damit von Dezember 2005 bis Februar 2006 vorgenommen
59worden seien. Allerdings stehe dem entgegen, dass diese Zahlungen aus der bereits
60früher erfolgten Abtretung folgen würden und damit keine inkongruente Deckung
61gegeben sei. Dies ergebe sich auch aus der von der Beklagten mit S getroffenen Vollstreckungsaufschubvereinbarung.
62Dazu verweist die Beklagte auf eine Entscheidung
63des OLG Köln (NZI 2001,262) und des BGH (NJW 3003, 3347).
64Schließlich verweist die Beklagte auf die Korrespondenz der Parteien vor Eröffnung
65des Insolvenzverfahrens. Sie meint, damit habe der Kläger auf die nunmehr geltend
66gemachten Insolvenzanfechtungsansprüche verzichtet, nachdem sie ihrerseits von der
67Einleitung von Zwangsversteigerungs-maßnahmen abgesehen habe. Im Übrigen habe
68sie auch auf weitere Sicherungsrechte verzichtet, nachdem der Kläger ihre Restforderung ausgeglichen habe.
69Dazu ist der Kläger der Ansicht, eine Vereinbarung sei zwischen den Parteien nicht zustande gekommen, denn es müsse zwischen der Tätigkeit des Klägers vor und nach
70Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterschieden werden. Jedenfalls habe die Beklagte
71aus der Grundschuld volle Befriedigung erreicht, soweit sie auf weitere Sicherheiten
72verzichtet habe, sei sie nur einer weiteren Anfechtung zuvorgekommen.
73Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze
74nebst Anlagen Bezug genommen.
75Entscheidungsgründe
76Die Klage ist unbegründet.
77Der Kläger kann aufgrund erfolgter Insolvenzanfechtung von der Beklagten nicht Rückzahlung von 96.000 € verlangen.
78Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung gegeben sind.
79Jedenfalls hat der Kläger seine Anfechtungsrechte insoweit verwirkt.
80Bereits als vorläufiger Insolvenzverwalter hat der Kläger ausdrücklich die Ratenzahlungen
81an die Beklagte angesprochen und unter Hinweis auf diese Zahlungen die Beklagte
82gebeten, von weiteren Zwangsvollstreckungs-maßnahmen abzusehen. Dies ergibt
83sich eindeutig aus dem Schreiben vom 15.2.2006. Er hat auch auf das Schreiben der
84Beklagten vom 23.2.2006, in dem diese ausdrücklich unterstellt hat, dass hinsichtlich
85der Ratenzahlungen keine Rückforderungen geltend gemacht werden, nicht reagiert,
86obwohl die Beklagte anderenfalls um Mitteilung gebeten hatte. Es kann aber letztlich
87dahingestellt bleiben, ob bereits dieses Verhalten des Klägers als vorläufiger Insolvenzverwalter ihn auch in seiner Eigenschaft als lnsolvenzverwalter bindet.
88Denn jedenfalls hat der Kläger nach Eröffnung des lnsolvenzverfahrens veranlasst,
89dass die Restforderung der Beklagten beglichen wird. Bei Berechnung dieser Restforderung
90sind die Ratenzahlungen in Abzug gebracht worden, um deren Anfechtung es
91nunmehr geht. Damit hat der Kläger jedenfalls sein Anfechtungsrecht verwirkt.
92Denn die Beklagte konnte aufgrund dieses Verhaltens des Klägers davon ausgehen,
93. .
94dass die an sie erbrachten Ratenzahlungen berücksichtigt werden und ihre Forderung damit erledigt ist (Umstandsmoment). Anderenfalls hätte sie sicherlich nicht auf weitere,
95ihr noch zustehende Sicherungsrechte verzichtet. Dass sämtliche Sicherheiten, auf
96die die Beklagte verzichtet hat, anfechtbar waren, ist auch nicht dargetan. Denn dem
97Vortrag der Parteien ist schon nicht zu entnehmen, wann die Sicherungsübereignung
98der Kraftfahrzeuge erfolgt ist. Aus welchen Gründen die Bürgschaft der Ehefrau des S
99anfechtbar sein sollte, ist ebenfalls nicht dargetan.
100Zwischen der Begleichung der Restforderung der Beklagten durch den Kläger und der
101Klage liegt ein Zeitraum von 5 Monaten. Dieser Zeitraum ist zur Erfüllung des Zeitmomentes ausreichend. Gerade ein Verhalten des Berechtigten, das einem konkludenten Verzicht nahe kommt, mindert die erforderliche Zeitdauer (vgl. Palandt
102§ 242 Rdnr. 93). Davon ist hier auszugehen. So dass die Kammer das Zeitmoment als erfüllt ansieht. Damit sind die Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt, so dass sich der Kläger hinsichtlich der aufgrund der Abtretung erfolgten Ratenzahlungen jedenfalls nicht auf ein Anfechtungsrecht berufen kann.
103Die Klage war daher abzuweisen.
104Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
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