Urteil vom Landgericht Dortmund - 22 O 189/07
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger, der von der Beklagten – seiner Fahrzeugversicherung – in einem Vorprozess (2 O 446/05 LG Dortmund) eine Entschädigungsleistung für den versicherten Pkw erstritt, macht gegen diese nunmehr weitere Ansprüche, insbesondere solche aus Verzug, geltend.
3Der Pkw C wurde dem Kläger am 19./20.05.2005 entwendet. Mit Schreiben vom 15.08.2005 und 26.06.2005 lehnte die Beklagte ihre Eintrittspflicht ab und berief sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung. Ferner sah sie das Entwendungsereignis als nicht nachgewiesen an.
4Die Beklagte setzte mit dem Schreiben vom 15.08.2005 eine Frist gemäß § 12 Abs. 3 VVG. Daraufhin erhob der Kläger mit Klageschrift vom 30.09.2005 Klage vor dem Landgericht Dortmund zu oben genanntem Aktenzeichen. In der Klageschrift des Vorprozesses wird hinsichtlich der Höhe des Anspruches ausgeführt:
5"Ist die Beklagte somit nicht leistungsfrei, hat sie nach § 13 Abs. 1 AKB den Wiederbeschaffungswert zu erstatten.
6Dieser entspricht mindestens dem für September 2005 angesetzten Rückkaufswert von 20.008,00 €.
7Beweis: Einholung eines Sachverständigengutachtens
8Er lag zum maßgeblichen Zeitpunkt im Mai eher höher denn niedriger.
9Beweis: wie vor
10Unter Abzug der vereinbarten Selbstbeteiligung von 150,00 € ergibt sich somit die Klagesumme zu Ziffer 1."
11Der Kläger hatte den Pkw über die D-Bank GmbH (im Folgenden: D-Bank) finanziert. Das Darlehn war beginnend mit dem 15.10.2003 in 23 Raten à 299,89 € zurückzuführen. Die am 15.09.2005 fällig werdende Schlussrate ("Ballonrate") betrug 20.008,00 €. Der Kläger konnte diese Rate bei Fälligkeit nicht aufbringen, da er zum einen wegen der Nichtleistung der Beklagten und auch im Übrigen über keine hinreichenden liquiden finanziellen Mittel verfügte und zum anderen aufgrund des Verlustes des Pkws das Autohaus T nicht aus einer mit diesem vereinbarten Rückkaufsgarantie in Höhe der Ballonrate von 20.008,00 € in Anspruch nehmen konnte.
12Am 15.11.2005 stellte der Kläger einen Darlehnsantrag über eine Umfinanzierung bei der D-Bank, wegen dessen näheren Inhalts auf die Anlage K 9 zur Klageschrift, Blatt 28 ff. d. A., Bezug genommen wird. Dieser lag einige Tage nach dem 15.11.2005 dem zuständigen Sachbearbeiter bei der D-Bank in N vor, der zu diesem Zeitpunkt die Abwicklung hinsichtlich der noch nicht beglichenen Ballonrate bereits an die Info Score M Inkasso GmbH (im Folgenden: M-Inkasso) weitergegeben hatte. Das beantragte Darlehn wurde mit Schreiben vom 28.11.2005 durch die D-Bank bestätigt. Ungeachtet dessen nahm die N-Inkasso den Kläger mit Schreiben vom 29.11.2005 auf Zahlung der Ballonrate, Verzugszinsen und Inkassokosten (letztere: 922,43 €) in Anspruch. Unter Vorlage dieses Schreibens wandte sich der Kläger an seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten und beauftragte ihn mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen. Rechtsanwalt I riet dem Kläger, sich unmittelbar mit der D-Bank in Verbindung zu setzen, damit diese das Inkassounternehmen "zurückpfiff". Der Kläger wandte sich in Befolgung dieses Rates mit Schreiben vom 05.01.2006 (Anlage K 4 zur Klageschrift, Blatt 22 d. A.) an die M-Inkasso und nach Erhalt einer Aufforderung für einen Rückzahlungsvorschlag von dieser mit Schreiben vom 30.01.2006 an die D-Bank (Anlage K 5 zur Klageschrift, Blatt 23 d. A.). Die M-Inkasso machte nunmehr mit weiterem Schreiben vom 29.03.2007 unter Fristsetzung und Androhung eines gerichtlichen Mahnverfahrens nur noch einen Betrag in Höhe von 1.091,68 € geltend (offenbar nicht näher bezifferten Zinsen und im Wesentlichen Inkassokosten). Mit diesem Schreiben wandte sich der Kläger erneut an seinen Prozessbevollmächtigten. Dieser wies mit Schreiben vom 12.04.2006 gegenüber der M-Inkasso die Forderung zurück. Nach einer längeren Korrespondenz machte die M-Inkasso einen Vergleichsvorschlag, den der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 17.05.2006 ablehnte. Danach hat die M-Inkasso den Anspruch gegenüber dem Kläger bis zuletzt nicht weiterverfolgt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers rechnete seine Tätigkeit in dieser Forderungsangelegenheit nach einem Streitwert in Höhe von 21.084,78 € mit 997,37 € ab. Wegen des weiteren Inhalts der Kostennote vom 06.11.2006 wird auf die Anlage K 8 zur Klageschrift, Blatt 27 d. A., Bezug genommen.
13Mit erstinstanzlichem Urteil vom 31.10.2006 wurden dem Kläger in dem Vorprozeß 19.858,04 € (20.008,04 € abzüglich Selbstbeteiligung) nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.09.2005 zuerkannt. Hinsichtlich der Höhe des Anspruches führte das Gericht in den Urteilsgründen aus:
14"Die Beklagte ist nach alledem zur Entschädigung gemäß §§ 12, 13 AKB verpflichtet, wobei das Gericht den Widerbeschaffungswert des Fahrzeuges in Anwendung des § 287 ZPO auf den Betrag schätzt, welcher dem Kläger aus der zwischen ihm und dem Autohaus T vereinbarten Rückkaufgarantie im September 2005 jedenfalls zugeflossen wäre. Davon in Abzug zu bringen war die vereinbarte Selbstbeteiligung in Höhe von 150,00 €."
15Das Urteil wurde rechtskräftig, nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 19.07.2007 die Berufung zurücknahm. Die Beklagte rechnete daraufhin mit Schreiben vom 20.07.2007 (Anlage K 1 zur Klageschrift, Blatt 17 d. A.) den Schaden entsprechend dem Urteil ab. Die kapitalisierten Zinsansprüche beliefen sich auf 2.564,17 €. Der Gesamtbetrag wurde an den Kläger über dessen Prozessbevollmächtigten ausgekehrt. Nach Eingang der Urteilssumme bat der Kläger die D-Bank um Unterbreitung eines Angebotes für eine vorzeitige Kreditablösung. Mit Schreiben vom 03.08.2007 (Anlage K 11 zur Klageschrift, Blatt 32 d. A.) bot die D-Bank die Ablösung des Darlehnsvertrages gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 15.877,70 € an. Dieses Angebot nahm der Kläger nicht wahr, weil er anders disponierte.
16Der Prozessbevollmächtigte des Klägers machte mit Schreiben vom 16.08.2007 (Anlage K 12 zur Klageschrift, Blatt 33 ff. d. A.) gegen die Beklagte weitere Ansprüche geltend. Mit beigefügter Kostennote vom 16.08.2007 (Anlage K 13 zur Klageschrift, Blatt 36 d. A.) wurden ferner in Verfolg vorgenannter Ansprüche entstandene außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 546,69 € geltend gemacht.
17Der Kläger behauptet, er habe die Kostennote vom 06.11.2006 durch "Umbuchung einer in einem anderen Verfahren eingezogenen Forderung per 16.07.2007" bezahlt. Seine Rechtsschutzversicherung habe insoweit keine Leistungen erbracht. Rechtsanwalt I sei nicht nur mit der Abwehr der Inkassokosten, sondern auch mit der Prüfung der Berechtigung der Forderung hinsichtlich der Ballonrate von ihm beauftragt worden.
18Der Kläger behauptet, der tatsächliche Wiederbeschaffungswert des Pkws liege um 1.014,85 € höher als 20.008,04 €, wie von dem Landgericht im Vorprozess festgestellt. Der tatsächliche Wiederbeschaffungswert umfasse die Beträge der Darlehnsrate nach Entwendung des Pkws (Mai 2005 anteilig: 106,41 €; Juni bis August 2005 899,67 €, insgesamt 1.006,08 €).
19Der Kläger meint, er sei nicht gehindert, die Differenz zu dem tatsächlichen Wiederbeschaffungswert geltend zu machen, da es sich bei der Klage den Vorprozesses um eine offene Teilklage gehandelt habe.
20Der Kläger meint, er habe ein Interesse feststellen zu lassen, dass die Beklagte verpflichtet sei, auch weitere Schäden zu erstatten, da mögliche weitere Schäden dadurch entstehen könnten, dass die M-Inkasso noch nicht verjährte Ansprüche auf Erstattung von Inkassokosten weiter verfolge. Im Übrigen würden höhere Belastungen durch die Weiterzahlung der Raten auf den zweiten Darlehnsvertrag entstehen, die noch zu erstatten wären.
21Der Kläger meint, er habe auch einen Anspruch auf Zahlung des Betrages aus der Kostennote vom 16.08.2007 über 546,69 €, obwohl er diese noch nicht beglichen habe. Aufgrund der Zahlungsverweigerung der Beklagten habe sich der Befreiungsanspruch in einen Zahlungsanspruch ungewandelt.
22Insgesamt beziffert der Kläger seine Ansprüche wie folgt:
23In 2005 gezahlte Kreditraten 1.006,08 €
24zzgl. Kreditraten 1/06 bis 8/07 6.889,40 €
25zzgl. Anwaltskosten 997,37 €
26zzgl. Ablösebetrag 15.877,70 €
27Summe 24.770,52 €
28abzgl. Zahlung Beklagte - 19.858,94 €
294.912,48 €
30Der Kläger behauptet, er habe die Darlehnsraten bis August 2007 gezahlt.
31Er meint, die ausgeurteilten und von der Beklagten erstatteten Verzugszinsen seien nicht anzurechnen, da die Beklagte sonst für ihr vertragswidriges Verhalten noch honoriert würde. Ihm sei die Möglichkeit genommen worden, durch eine Anlage des Betrages Zinseinkünfte zu erzielen.
32Der Kläger beantragt,
331. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.921,25 € nebst Zinsen
34in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.08.2007 zu zahlen,
352. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger
36sämtliche weiteren über den vorstehenden Antrag zu Ziffer 1 hinausgehenden Schäden aus Anlass des Versicherungsfalles vom 19.05.2005 zu der Kraftfahrtversicherung Nr. ######## zu erstatten,
373. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weiteren Schadenser-
38satz in Höhe von 546,69 € (Honorarrechnung vom 16.08.2007) nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.08.2007 zu zahlen.
39Die Beklagte beantragt,
40die Klage abzuweisen.
41Sie meint, ein Verzugsschaden könne hinsichtlich der Finanzierungskosten allenfalls in der Differenz zu den ausgeurteilten Zinsen liegen, welcher nicht Gegenstand der Klage sei. Die bereits ausgeurteilten Verzugszinsen entsprächen in etwa dem effektiven Jahreszinssatz des 2. Kreditvertrages mit der D-Bank.
42Hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten über 997,37 € gemäß Honorarrechnung vom 06.11.2006 ist die Beklagte der Auffassung, die Forderung der D-Bank gegenüber dem Kläger sei ohne weiteres berechtigt gewesen, so dass es einer anwaltlichen Beauftragung nicht bedurft hätte. Die geltend gemachte 1,3-Gebühr sei zudem überhöht, da lediglich der Rat erteilt worden sei, sich mit der D-Bank gütlich zu einigen.
43Die Beklagte meint, der Kläger habe auf einen weiteren Betrag in Höhe von 1.014,85 € für einen höheren Wiederbeschaffungswert keinen Anspruch, weil im Vorprozess rechtskräftig über dessen Höhe entschieden worden sei. In der Geltendmachung nur eines Mindestschadens läge jedenfalls ein Verzicht auf eine weitergehende Kaskoentschädigung. Daneben beruft sie sich insoweit auf Leistungsfreiheit wegen § 12 Abs. 3 VVG.
44E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
45Die zulässige Klage ist mit sämtlichen Anträgen unbegründet.
46I.
47Der Klageantrag zu 1.) ist unbegründet, da dem Kläger weitere Ansprüche aus Verzug oder §§ 1, 49 VVG, §§ 12 Abs. 1, Abs. 5 lit. b), 13 AKB nicht zustehen. Dabei kann offen bleiben, ob dem Kläger der Beklagten gegenüber Ansprüche aus § 280 Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit § 286 BGB dem Grunde nach zustehen, wobei allerdings für eine Einstandspflicht der Beklagten insoweit spricht, dass diese nach der Sach- und Rechtslage ernstlich mit der Möglichkeit ihres Unterliegens im Deckungsprozess rechnen musste (vgl. zu diesem Kriterium BGH NJW-RR 1991, 537). Denn wie das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 27.06.2007 in Vertiefung des Urteils des Landgerichts Dortmund ausführte, lagen eine Reihe von unstreitigen Anzeichen vor, die darauf schließen ließen, dass die Falschangabe hinsichtlich des Kaufpreises auf einem Versehen beruhte. Auch war die flüchtige Bekanntschaft des Klägers zu einer Person, welche wegen einer Straftat im Zusammenhang mit der Verschiebung eines Pkws verurteilt worden war, ersichtlich ungeeignet, als Indiz für die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalles herangezogen zu werden.
48Jedenfalls steht dem Kläger aber der geltend gemachte Anspruch der Höhe nach nicht zu.
491. Soweit der Kläger weitergehende Ansprüche im Zusammenhang mit der notwendig gewordenen Umfinanzierung hinsichtlich der Ballonrate geltend macht, hat er einen Anspruch der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt. Ausgangspunkt für die rechtliche Beurteilung des Vermögensschadens ist die Differenzhypothese. Ein Schaden besteht in der Differenz zwischen zwei Güterlagen: Der tatsächlich durch das Schadensereignis geschaffenen und der unter Ausschaltung dieses Ereignis gedachten. Ein Vermögensschaden ist gegeben, wenn der jetzige tatsächliche Wert des Vermögens des Geschädigten geringer ist als der Wert, den das Vermögen ohne dass die Ersatzpflicht begründende Ereignis haben würde (Palandt, BGB, 66. Aufl., vor § 249, Rn. 8). Danach ist zu fragen, wie sich die Vermögenslage des Klägers bei einer rechtzeitigen Erfüllung seiner berechtigten Ansprüche durch die Beklagte entwickelt hätte. Diese Vermögenslage ist mit der tatsächlich eingetretenen Vermögenslage zu vergleichen. Danach ist festzustellen, dass bei einer rechtzeitigen Zahlung durch die Beklagte die Aufnahme eines weiteren Darlehns bei der D-Bank nicht erforderlich geworden wäre, weil der Kläger die Ballonrate mit dem Entschädigungsbetrag, jedenfalls annähernd (wegen der in Abzug zu bringenden Selbstbeteiligung) hätte ablösen können. Aufgrund des Verzuges der Beklagten war der Kläger jedoch gezwungen ein weiteres Darlehn aufzunehmen. Soweit er hieraus mit Zinsen belastet wird, so kommen die sich ergebenden Beträge zunächst als Schadensposition grundsätzlich in Betracht. Einen solchen Zinsschaden hat der Kläger jedoch noch nicht beziffert. Vielmehr hat er lediglich die angefallenen Kreditraten des zweiten Kreditvertrages und den Ablösebetrag der Zahlung der Beklagten gegenübergestellt.
50Einem Anspruch des Klägers auf Erstattung der mit dem Abschluss des zweiten Kreditvertrages verbundenen Zinsnachteile steht aber auch entgegen, dass diese durch eine vorzunehmende Vorteilsausgleichung kompensiert werden. Denn der Kläger muss sich im Wege der Vorteilsausgleichung die im Vorprozess titulierten und von der Beklagten kapitalisiert ausgezahlten Verzugszinsen entgegenhalten lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind dem Geschädigten zufließende Vorteile unter folgenden Voraussetzungen anzurechnen. Zwischen dem seiner Art nach dem Schadensposten entsprechenden Vorteil und dem Schadensereignis muss ein adäquater Zusammenhang bestehen. Die Anrechnung muss mit dem Zweck des jeweiligen Ersatzanspruches übereinstimmen. Ferner muss die Anrechnung für den Geschädigten zumutbar sein und darf den Schädiger nicht unangemessen entlasten (BGH NJW 1984, 2457; 1990, 1360; NJW-RR 2002, 905; Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 249, Rn. 227 ff.).
51Die Anrechnung stimmt mit dem Zweck des Ersatzanspruches vorliegend überein. Durch den Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB sollen die Nachteile ausgeglichen werden, die dem Versicherungsnehmer dadurch entstehen, dass sein Versicherer verspätet geleistet hat. Die Zinsbestimmung des § 288 BGB, die in dem Vorprozess der Zuerkennung von Verzugszinsen zugrunde lag, dient dazu, in pauschalierter Form die Nachteile auszugleichen, die dem Versicherungsnehmer dadurch entstehen, dass er die ihm zustehende Entschädigungssumme nicht alsbald nach dem Schadensereignis bzw. nicht unverzüglich erhält (OLG Hamburg, NJW-RR 1989, 680; BGH VersR 1984, 1137 (1139 f). Danach kann es nicht zweifelhaft sein, dass es geradezu dem Zweck des Ersatzanspruches des Klägers entspricht, die im Vorprozess zuerkannten und zur Auszahlung gebrachten Verzugszinsen auf seinen Anspruch anzurechnen. Mit der Neuregelung des § 288 sollte mit der Erhöhung des gesetzlichen Zinssatzes auf 5 %-Punkte über dem jeweiligen Basiszinssatz eine Verbindung zum Marktzins hergestellt werden (Palandt, a.a.O., § 288, Rn. 2). Damit soll gerade der Nachteil erfasst werden, dass ein auf Zahlung wartender Gläubiger gezwungen ist, zu marktüblichen Konditionen ein Darlehn aufzunehmen.
52Aus Vorstehendem folgt zugleich, dass die Anrechnung für den Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet. Ähnliche Wertungen außerhalb des Bereiches der Vorteilsausgleichung liegen den Entscheidungen des OLG Hamburg (a.a.O.) und des BGH (VersR 1984, 1137) zugrunde, wonach sich ein Versicherungsnehmer auf einen Verzugsschaden Vertragszinsen nach § 17 AFB anrechnen lassen muss und ein Feuerversicherer Verzugszinsen gemäß § 288 BGB und Zinsen gemäß § 94 VVG nicht nebeneinander schuldet.
53Fehl geht letztlich auch das von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Argument, er habe zur Finanzierung eines Ersatz-Pkws ein weiteres Darlehn aufnehmen müssen. Denn die Notwendigkeit hierzu folgt bereits aus dem Verlust des Pkws selbst. Der Verlust des Pkws ist jedoch nicht das vorliegend schadensauslösende Ereignis. Dieses ist allein in der verspäteten Zahlung der Entschädigungssumme zu sehen. Als Folge der verspäteten Zahlung kann danach die Notwendigkeit zur Darlehnsaufnahme zwecks Begleichung der Ballonrate gesehen werden, nicht jedoch die Aufnahme eines weiteren Darlehns. Soweit der Kläger geltend macht, er habe durch die Nichtzahlung der Beklagten die Möglichkeit verpasst, das Geld gewinnbringend anzulegen, fehlt es an einem konkreten Vortrag, zu welchem Zinssatz eine solche Anlage hätte erfolgen können. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Anlage des Geldbetrages gegenüber einer Tilgung des Darlehns wirtschaftlich sinnvoll gewesen wäre.
542. Rechtsanwaltskosten in Höhe von 997,37 € stehen dem Kläger unter Verzugsgesichtspunkten nicht zu. Es handelt sich insoweit nicht um einen adäquaten Schaden. Denn die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten zur Prüfung der Berechtigung der Forderung der D-Bank in Höhe der Ballonrate war nicht erforderlich. Die Berechtigung der Forderung als solcher war für den Kläger erkennbar außer Streit. Fraglich war allenfalls, ob die D-Bank berechtigt war, die Forderung weiterhin geltend zu machen, nachdem diese das beantragte Darlehn, welches zur Umfinanzierung dienen sollte, bestätigt hatte. Dass diese rechtliche Frage jedoch nur akademischer Natur war, und nur eine praktisch zu lösende Verwerfung durch eine – wohl vorzeitige – Abgabe des Falles an die M-Inkasso vorlag, musste der geschäftserfahrene Kläger erkennen. Die Einschaltung eines Rechtsanwaltes insoweit kann nicht dazu führen, dass die Beklagte mit diesen Kosten belastet wird. Etwas anderes mag hinsichtlich der späteren Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten gegenüber dem Inkassounternehmen gelten, welches dann noch die Inkassokosten isoliert weiter verfolgte. Ein Honoraranspruch, basierend auf einem dementsprechenden Streitwert ist jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Klage.
553. Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß §§ 1, 49 VVG, 12 Abs. 1, Abs. 5 lit. b), 13 AKB auf Zahlung einer weitergehenden Diebstahlsentschädigung. Dem steht die Rechtskraft des Urteils aus dem Vorprozess entgegen. Die 2. Zivilkammer hat in dem Vorprozess den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges auf 20.008,04 € geschätzt. Diese Ausführungen in dem Urteil sind tragend und nehmen daher an der Rechtskraft des Urteils teil. Für eine Nachforderung bleibt daher kein Raum.
56Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, so ist der Kläger jedenfalls mit einer Nachforderung gemäß § 12 Abs. 3 VVG ausgeschlossen. Der Kläger hat den Lauf der Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG durch die gerichtliche Geltendmachung nur insoweit unterbrochen, als er wegen eines Betrages in Höhe von 19.858,04 € Klage erhoben hatte. Grundsätzlich muss der gesamte abgelehnte Anspruch geltend gemacht werden um die Ausschlussfrist zu wahren. Wird der Anspruch nur teilweise eingeklagt, so wird die Ausschlussfrist auch nur insoweit gewahrt (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 12 Rn. 66 m.w.N.). Jedoch kann eine Teilklagung zur Wahrung der Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG für den gesamten Leistungsanspruch ausreichen, wenn sich jedenfalls aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Versicherungsnehmer eine solche erheben wollte und der Versicherer dadurch erkennen kann, dass der Kläger auf seinem Gesamtanspruch beharrt (BGH NversZ 2002, 58 m.w.N.). Vorliegend kann den Gesamtumständen nicht entnommen werden, dass der Kläger mit der Klageschrift vom 30.09.2005 eine Teilklage erheben wollte. Der eingeklagte Betrag wird nicht ausdrücklich als Teilbetrag bezeichnet. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, der Wiederbeschaffungswert habe mindestens dem Rückkaufswert von 20.008,04 € entsprochen, er habe zum Zeitpunkt der Entwendung eher höher denn niedriger gelegen, folgt hieraus auch nicht die konkludente Geltendmachung nur eines Teilbetrages. Denn der – rechtsschutzversicherte - Kläger war ersichtlich nicht gehindert, einen höheren Wiederbeschaffungswert zu behaupten und geltend zu machen. Aus Sicht der Beklagten mussten die Ausführungen in der Klageschrift ohne ausdrückliche Erhebung einer Teilklage eher den Eindruck vermitteln, der Kläger wolle die Berechtigung des bezifferten Klageantrages lediglich unterstreichen.
57Dahinstehen kann, ob wegen vorstehender Erwägungen auch von einem konkludenten Verzicht des Klägers auf weitergehende Ansprüche auszugehen ist.
58II.
59Auch der Antrag zu 2. ist unbegründet. Denn es spricht keine Wahrscheinlichkeit für den Eintritt weiterer Schäden. Soweit der Kläger sich darauf beruft, die M-Inkasso könne ihre Forderungen weiter geltend machen, so ist diese Besorgnis in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht unbegründet. Nach der Rechtsprechung des OLG Hamm (NJW-RR 2006, 242) wird die M-Inkasso den Anspruch, dessen sie sich berühmt, nicht mit Erfolg geltend machen können. In tatsächlicher Hinsicht ist aufgrund des Zeitablaufes auch nicht mehr mit einer Geltendmachung des Anspruches gegenüber dem Kläger zu rechnen. Dies, zumal der Prozessbevollmächtigte des Klägers die M-Inkasso auf vorgenannte Rechtsprechung bereits hingewiesen hat.
60Soweit der Kläger geltend macht, es kämen höhere Belastungen durch die Weiterzahlung der Raten auf den zweiten Darlehnsvertrag in Betracht, die noch zu erstatten wären, so geht diese Auffassung fehl. Denn der Kläger war im Rahmen der Schadensminderungspflicht gehalten, den Betrag zur vorzeitigen Tilgung des zweiten Darlehns einzusetzen. Jedenfalls kann der Kläger die Beklagte nicht mit weiteren Zinsforderungen belasten, nachdem diese durch die – wenn auch verspätete – Zahlung ihm die Möglichkeit gegeben hat, das Darlehn vorzeitig abzulösen.
61III.
62Aus Vorstehendem folgt zugleich, dass dem Kläger auch kein Anspruch auf Ausgleich der Honorarnote über 546,69 € zusteht (Klageantrag zu 3.)).
63Nach alledem war zu erkennen wie geschehen.
64Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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