Beschluss vom Landgericht Dortmund - 39 Qs 238/08
Tenor
Auf die Beschwerde des ehemals Angeklagten vom 08.12.2008 wird der Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 28.11.2008, mit dem der Antrag auf Pflichtverteidigerbestellung zurückgewiesen wurde, aufgehoben.
Dem ehemals Angeklagten wird auf seinen Antrag vom 08.10.2008 Rechtsanwalt Dr. G, Bstraße, ## ##### E, als Pflichtverteidiger beigeordnet.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die diesbezüglichen notwendigen Auslagen des Beschuldigten fallen der Staatskasse zur Last.
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G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist als durch den Verteidiger im Namen des ehemals Angeklagten, von dessen gesetzlichen Betreuer er beauftragt wurde, auszulegen und als solche zulässig.
3Die Beschwerde ist begründet.
4Zwar ist die rückwirkende Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Verfahrensbeendigung durch Einstellung nach § 153 Abs.2 StPO auf Grund der §§ 140 ff StPO grundsätzlich unzulässig , jedoch ist von diesem Grundsatz abzuweichen, wenn der Beiordnungsantrag bereits vor Verfahrensbeendigung gestellt war und die Voraussetzungen für eine Beiordnung zu diesem Zeitpunkt vorlagen, eine Entscheidung darüber jedoch aus gerichtsinternen Gründen unterblieben ist (vgl. LG Schweinfurt StraFo 2006, 25 mwN; LG Osnabrück StV 2001, 447).
5Eine solche Ausnahme liegt hier vor.
6Zum Zeitpunkt der Zustellung des Strafbefehls vom 30.09.2008 wäre dem Angeklagten gemäß § 140 Abs.2 StPO ein Pflichtverteidiger zu bestellen gewesen. Zunächst war die Sach- und Rechtslage nicht unproblematisch, da sich in den Akten ein Sachverständigengutachten über die geistige Verfassung des seit mehreren Jahren unter weitreichender gesetzlicher Betreuung stehenden Angeklagten befindet, das Aussagen zu dessen Schuldfähigkeit enthält. Ein entsprechendes umfassendes Akteneinsichtsrecht steht nur dem Verteidiger zu. Entscheidend war darüber hinaus nach dem Inhalt des Gutachtens – wenn auch aus dem Jahr 2007 – die Bestellung eines Verteidigers geboten, da die seit Jahren diagnostizierte schizoaffektive Psychose einen konkreten Anhaltspunkt für die Unfähigkeit des ehemals Angeklagten zur Selbstverteidigung bot.
7Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Antrag des Wahlverteidigers auf Bestellung als Pflichtverteidigers erst nach Mitteilung über die Absicht des Gerichts, nach § 153 Abs.2 StPO zu verfahren, gestellt worden wäre (vgl. LG Hildesheim NStZ-RR 2003, 115f), was hier indes nicht der Fall ist. Eine Einstellung des Verfahrens stand zum Zeitpunkt des Antrags auf Pflichtverteidigerbestellung nicht in Rede.
8Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 467 Abs.1 StPO.
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