Urteil vom Landgericht Dortmund - 21 O 190/06
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.143,25 € (in Worten: achttausendeinhundertdreiundvierzig 25/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.08.96 zu zahlen Zug- um Zug gegen Übertragung etwaiger Ansprüche des Klägers aus dem Zeichnungsschein des atypischen Gesellschafters an der Firma G in X vom 11.01.2002.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zum Schadensersatz verpflichtet ist.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger nimmt den Beklagten nach Unterzeichnung einer Beitrittserklärung im Rahmen einer atypisch stillen Beteiligung an der G in X auf Grund schlechter Beratung im Zusammenhang mit der Beitrittserklärung bzw. aus unerlaubter Handlung auf Schadensersatz in Anspruch.
3Wegen des weitergehenden Sachvortrages wird auf die Gründe des Urteils des Landgerichts vom 31.08.2007 (Blatt 261 bis 265 der Akten) verwiesen.
4Das Oberlandesgericht Hamm hat auf die Berufung des Beklagten das am 31.08.2007 verkündete Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen mit der Begründung, dass für eine haftungsbegründende mittelbare Täterschaft des Beklagten zu 3) weder ausreichend vorgetragen noch Beweis geführt worden sei.
5Insbesondere müsse auch zur Höhe darüber zu entscheiden sein, ob der Kläger, der bereits bei Vertragsschluss als Rentner kleine Bezüge hatte und als solcher keinerlei Steuern zahlte und zahlt, sich Steuervorteile anrechnen lassen müsse.
6Der Kläger behauptet nunmehr, dass der Beklagte die Anlagevermittler bei persönlich abgehaltenen Schulungen angewiesen habe, nicht auf den Prospektinhalt einzugehen sondern nur die Vorteile (Steuervorteile und Rendite) hervorzuheben. Eine echte Produktschulung sei nie erfolgt. Vielmehr habe der Beklagte ein Präsentationsgespräch vorgegeben, von dem nicht habe abgewichen werden dürfen. Erst ab einem Umsatz von 1.125.000,- € sei eine Fachschulung des jeweiligen Mitarbeiters erfolgt, jedoch mit der Maßgabe, dass das aus dem Prospekt gewonnene Wissen nicht gegenüber dem Kunden eingesetzt werden durfte, um den Geschäftsabschluss nicht zu gefährden. Sämtliche Schulungen seien nach den Vorgaben des Beklagten geplant und durchgeführt worden.
7Der Kläger beantragt,
8- Den Beklagten zu verurteilen, an ihn 8.143,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % -Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 18.08.06 zu zahlen;
- Festzustellen, dass der Beklagte dem Kläger aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zu Schadensersatz verpflichtet ist.
Der Beklaget beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er bestreitet, dass die behauptete unrichtige Schulung der Zeugin L bereits vor dem Verkaufsgespräch mit dem Kläger stattgefunden habe und dass die Schulung unmittelbar durch den Beklagten erfolgt sei. Sämtliche Vermittler seinen im Besitz eines Emissionsprospektes der G gewesen und hätten daher Kenntnis von den besonderen Risiken des Anlageproduktes gehabt. Zudem habe der Zeuge T vor dem Landgericht München I angegeben, dass der Prospekt von ihm zwar nicht im Erstgespräch durchgesprochen worden sei, dass er den Kunden aber auf ausdrückliches Verlangen einen solchen Prospekt ausgehändigt habe. Eine vorsätzlich unerlaubte Handlung des Beklagten sei dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen.
12Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gegenseitig gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
13Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 13.02.2009 durch Vernehmung des Zeugen P. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 13.02.2009 in Sachen 21 O 154/06, welches im Einverständnis mit den Parteivertretern beweiseshalber verwertet werden darf Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Die Klage ist begründet.
16Der Kläger kann von dem Beklagten zu 3) sowohl aus c.i.c. als auch gemäß §§ 823, 826 BGB Schadensersatz unter Rückübertragung der durch das Rechtsgeschäft erworbenen Vorteile verlangen, da das Gericht nach durchgeführter Beweisaufnahme wie zuvor davon überzeugt ist, dass der Beklagte selbst die Schulungen abhielt, auf Grund deren die Vermittler, z. B. die Zeugin L und P geschult wurden, und zwar anhand der von dem Beklagten selbst konzipierten CD mit der dazugehörenden wortgetreu aufgeschriebenen Fassung des auf der CD wiedergegebenen Gesprächsablaufes.
17Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass die Schulung der Mitarbeiter der Firma H auf ausdrückliche Anweisungen des Beklagten anhand der Unterlagen, die er selbst entworfen hatte, erfolgte in der Weise, dass die Gesprächspartner und potentiellen Anleger unter Hinweis ausschließlich auf die positiven Aspekte einer solchen Geldanlage informiert werden sollten, wobei die Vermittler selbst zunächst nicht darüber in Kenntnis gesetzt wurden, dass die Möglichkeit eines Totalverlustes bzw. die Gefahr einer Nachschusspflicht bestand. Dies hat die Zeugin L ebenso überzeugend ausgeführt wie der Zeuge P in der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2009.
18Ferner waren die Vermittler angewiesen, auf die Steuerersparnis hinzuweisen, durch die im Einzelfall bis zu 30 % der Einmalzahlung steuerlich erstattet wurden, was allerdings im vorliegenden Fall, wie von vorneherein bekannt war, mangels Steuerpflicht des Klägers nicht in Betracht kam.
19Insgesamt ist hiernach bewiesen, dass das Beratungsgespräch, das von der Zeugin L genau nach dem vorgegebenen Plan abgespult wurde, wie sie bereits in der mündlichen Verhandlung vom 13.07.07 ausgesagt hat, vom Beklagten selbst den Mitarbeitern in allen Einzelheiten vorgegeben wurden, wobei die Ausbildungs-Hierarchie ausschließlich auf den Beklagten und nur auf diesen zurückzuführen war.
20Dieser Plan zielte darauf, unter allen Umständen einen Vertragsabschluss zu erzielen, wobei nicht nur auf bestehende Risiken (die den Mitarbeitern- wie ausgeführt – selbst nicht bekannt waren) nicht hingewiesen wurde sondern die Mitarbeiter angewiesen waren, im Gespräch von diesen potentiell gefährlichen Punkten abzulenken und nur die Vorteile – auch im Vergleich zu anderen Geldanlagen – in den Vordergrund zu rücken.
21Da dem Beklagten selbst der Inhalt des Emissionsprospektes genauestens bekannt war, wie die späteren Schulung der fortgeschrittenen und erfolgreichen Mitarbeiter zeigt, und ihm daher auch die tatsächlich vorhandenen Risiken eines möglichen Totalverlustes sowie der Nachschusspflicht bei der beabsichtigten Irreführung der anfangenden Mitarbeiter und Kunden bewusst waren, ist auch der subjektive Tatbestand der §§ 823 , 826 BGB einschließlich des Schädigungsabsicht nachgewiesen.
22Die Höhe der Klageforderung ist begründet, insbesondere hat der Kläger sich mangels Steuerpflichtigkeit keine diesbezüglichen Vorteile anrechnen zu lassen.
23Der Feststellungsantrag ist ebenfalls zulässig und begründet.
24Die Zulässigkeit des Antrages resultiert aus § 850 f II ZPO.
25Wegen der Begründetheit des Antrages wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
26Der Beklagte hat dabei auch vorsätzlich gehandelt, wie gerade die bewusste Ablenkung der Kunden nach dem Inhalt des von den Mitarbeitern auswendig zu lernenden Erstgespräch, welches als CD vorlag und mit den Parteivertretern erörtert worden ist, von den eventuell negativen Punkten
27( fehlende Sicherheit, jederzeitige Verfügbarkeit, Gefahr eines Totalverlustes ) beweist, dass diesem die Gefahren der Geldanlage durchaus bewusst waren.
28Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 und 709 ZPO:
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