Urteil vom Landgericht Dortmund - 2 O 319/08
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von 32.211,38 € der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Unfallversicherung unter Geltung der AUB 61. Versichert ist eine unfallbedingte Invalidität mit einer Invaliditätssumme in Höhe von 153.387,56 €.
3Am 07.11.2006 stürzte der Kläger eine Treppe hinunter und zog sich eine Verletzung an der linken Schulter zu. Die Einzelheiten des Sturzes sind unter den Parteien streitig.
4Nachfolgend wurde beim Kläger ein Defekt der Rotatorenmanschette links festgestellt, den der Kläger auf das Unfallereignis zurückführt. Wegen der verbliebenden Bewegungseinschränkung der linken Schulter macht er Invaliditätsansprüche nach einer Invalidität von 30 % geltend. Die Beklagte hat vorprozessual Leistungen mit der Begründung abgelehnt, dass kein unfallursächlicher Dauerschaden vorliege, sondern ein degenerativer Gewebeschaden.
5Der Kläger behauptet, er sei beim Abwärtsgehen einer dreistufigen Bürotreppe mit dem Absatz seines rechten Schuhs in der Schlaufe einer auf der zweiten Stufe abgestellten Fototasche hängengeblieben und vornüber die Treppe hinuntergestürzt. Dabei habe er noch reflexartig versucht, sich mit der linken Hand an der Kante eines Schreibtisches, welcher sich in der Nähe befand, festzuhalten, was ihm jedoch nicht gelungen sei, so dass er mit verdrehtem linken Arm auf die linke Schulter zu Boden gestürzt sei.
6Der Kläger beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen, an ihn 32.211,38 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 14.04.2008 sowie weitere 1.505,35 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie bestreitet das Unfallgeschehen, soweit es von der Darstellung in der Schadensanzeige abweicht. Sie bleibt bei ihrer vorgerichtlichen Leistungsentscheidung und macht hilfsweise die Mitwirkung unfallunabhängiger Ursachen mit einem Anteil von mehr als 25 % bei einer eventuellen unfallbedingten Invalidität geltend.
11Das Gericht hat zur Ursächlichkeit der vom Kläger behaupteten dauerhaften Einschränkung seiner Arbeitsfähigkeit ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wegen des Ergebnisses des Gutachtens wird auf das Gutachten des Sachverständigen L vom 06.03.2009 sowie der mündlichen Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen T im Termin vom 20.08.2009, wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
13Die Klage ist unbegründet.
14Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus dem zwischen ihnen bestehenden Unfallversicherungsvertrag kein Anspruch auf die bedingungsgemäße Invaliditätsleistung zu, da er nicht bewiesen hat, dass die dauernde Beeinträchtigung seiner Arbeitsfähigkeit Folge des erlittenen Unfalles ist. Denn gemäß § 8 II (1) AUB 61 ist Voraussetzung für eine Invaliditätsleistung, dass eine dauernde Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit (Invalidität) als Folge des Unfalles eingetreten ist. Dies hat der Sachverständige L in seinem schriftlichen Gutachten verneint. Er hat dazu ausgeführt, dass der Kläger bei dem Unfall eine Zerrung bzw. Prellung der linken Schulter erlitten hat, die nur zu einer vorübergehenden Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des Klägers geführt hat. Die bestehenden, dauerhaften Funktionsbeeinträchtigungen der Schulter und die dadurch hervorgerufene dauerhafte Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des Klägers beruht indes nicht auf dem Unfall vom 07.11.2006, sondern auf degenerativen Vorschädigungen in der linken Schulter des Klägers, so dass eine Leistungspflicht der Beklagten nicht begründet worden ist. Im Einzelnen haben die dem Gericht als kompetent bekannten Sachverständigen ausführlich und überzeugend dargelegt, dass beim Kläger in den bildgebenden Befunden deutlich sichtbare degenerative Veränderungen in Form einer erheblichen Verschmächtigung des Supraspinatus-, zum Teil Infraspinatusmuskels und der deutlichen Verfettung des Supraspinatus wie auch ein sehr großer Defekt zu erkennen sind, die nicht binnen der kurzen Zeit, die zwischen der Anfertigung der bildgebenden Befunde und dem Unfallereignis gelegen hat, entstanden sein können, sondern sich über einige Jahre entwickelt haben müssen. Diese degenerativen Veränderungen sind der Grund für die dauerhaften Beschwerden des Klägers. Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass der Kläger vor dem Unfall noch keine merkbaren Beeinträchtigungen verspürt hat. Der Sachverständige hat dazu ausgeführt - und dies entspricht auch den Erfahrungen des Gericht -, dass degenerative Verschleißprozesse auch im Bereich der Schultern sehr häufig klinisch stumm verlaufen und erst durch einen auslösenden Moment, etwa in Form eines Unfallgeschehens, aktiviert werden. Die eigentlichen Folgen des Unfallgeschehens, wie etwa die Zerrung oder die Prellung, vergehen jedoch relativ schnell wieder, während die aktivierten Folgen der degenerativen Veränderung dauerhaft verbleiben und die Beschwerden verursachen, die vom Versicherten auf das Unfallgeschehen zurückgeführt werden, ohne dass dies medizinisch begründbar wäre.
15Der Sachverständige T hat das mit dem Sachverständigen L erstellte schriftliche Gutachten gegen die Einwendungen des Klägers im Termin vom 20.08.2009 verteidigt. Er hat noch einmal verdeutlicht, dass die Signale, die auf einen degenerativen Verschleißprozess hindeuten, nicht durch den Unfall oder etwa eine Spritzenkur des Heilpraktikers des Klägers - wie von diesem vermutet - entstanden sein können. Er hat auch dargelegt, dass die Tatsache, dass die rechte Schulter des Klägers von degenerativen Verschleißerscheinungen weitgehend verschont geblieben ist nicht bedeuten muss, dass auch die linke Schulter sich verschleißfrei entwickelt hat. Schließlich hat er den vom Kläger behaupteten Riss des Subscapularismuskels nicht nachweisen können und im Übrigen festgestellt, dass der Muskel bei dem vom Kläger geschilderten Sturz überhaupt nicht beteiligt war, so dass der Unfall für den behaupteten Riss des Subscapularismuskels nicht verantwortlich gewesen sein kann.
16Da das Gutachten des Sachverständigen in sich widerspruchsfrei, überzeugend ist und mit den Erfahrungen des Gerichts in gleichgelagerten Fällen übereinstimmt, bestand für die Einholung eines beantragten Obergutachtens keine Veranlassung.
17Die Klage musste vielmehr mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abgewiesen werden.
18Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
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