Urteil vom Landgericht Dortmund - 14 (V) M 2/05
Tenor
Der Angeklagte E wird wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, sowie wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in Tateinheit mit Urkundenfälschung in einem weiteren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
drei Jahren und sechs Monaten
verurteilt.
Der Angeklagte N wird unter Freisprechung im Übrigen wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
drei Jahren und sechs Monaten
verurteilt.
Der Angeklagte P wird wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
drei Jahren
verurteilt.
Soweit der Angeklagte N freigesprochen wurde, trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen. Im Übrigen tragen die Angeklagten die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen.
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Verbrechen und Vergehen gemäß:
E: §§ 92 a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 1 Nr. 1, 92 b Abs. 1
Ausländergesetz; 267, 25 Abs. 2, 52, 53, 54 StGB;
N: §§ 92 a Abs. 1 Nr. und 2, 92 b Abs. 1 Ausländergesetz;
53, 54 StGB;
P: §§ 92 a Abs. 1 Nr. 1 und 2, 92 b Abs. 1 Ausländergesetz;
53, 54 StGB
1
Gründe
2I. Der Lebensweg der Angeklagten
31. Der Angeklagte N
4Der Angeklagte N ist 45 Jahre alt. Er wurde 1960 in M/Türkei geboren. N hat noch drei Geschwister. Seine Eltern betreiben ein Bekleidungsgeschäft. Der Angeklagte wurde altersgemäß mit sieben Jahren eingeschult. Nach elf Schuljahren brach er den Schulbesuch vor Erreichen des Abiturs ab. 1980/81 leistete er seinen Wehrdienst. Anschließend arbeitete er als Koch. Bis zum Jahre 1986 war er als Gastwirt in Istanbul selbständig. 1986 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über. Hier heiratete er seine erste Ehefrau. Die kinderlos gebliebene Ehe wurde Ende der achtziger Jahre geschieden. 1991 heiratete er erneut. Mit seiner jetzigen Ehefrau hat er zwei gemeinsame Kinder, und zwar einen elf Jahre alten Sohn und eine zwei Jahre alte Tochter.
5Nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik arbeitete er zunächst ein Jahr lang in einer Schlachterei, anschließend vier Jahre lang in einer Metallbaufirma. Seit März 1995 war er bei der Firma U zunächst als Stapelfahrer, bis zu seiner Inhaftierung als Maschinenführer tätig. Das Arbeitsverhältnis wurde von seinem Arbeitgeber wegen der Inhaftierung gekündigt, der Angeklagte hat jedoch eine Wiedereinstellungsoption. Zuletzt verdiente er 1.700 bis 1.800 € netto. N ist seit dem Jahr 2002 deutscher Staatsbürger. Er ist Inhaber einer Fahrerlaubnis für Pkw.
6Der Angeklagte erlitt Ende April 2004 einen Autounfall, und befand sich deshalb vom 28. bis 30.04.2004 in stationärer Behandlung. Feststellungen zur Art seiner Verletzung hat die Kammer nicht getroffen. Der Angeklagte leidet jedoch nicht an Spätfolgen dieses Unfalls.
7Der Angeklagte hat angegeben, bereits mehrfach in seinem Leben in Autounfälle verwickelt gewesen zu sein, deswegen bevorzuge er es, beim Autofahren nicht allein zu sein, sondern begleitet zu werden. Angaben zu möglichen Verletzungen und den Unfallumständen hat der Angeklagte nicht gemacht. Derartige Feststellungen konnten auch nicht anderweitig getroffen werden. Der Angeklagte hat jedoch keine Unfälle mit Kopf- oder Rückenmarksbeteiligung erlitten. Er leidet nicht an schweren oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Erkrankungen. Er nimmt keine Betäubungsmittel oder Alkohol im Übermaß zu sich.
8Der Angeklagte N ist nicht vorbestraft.
9Er befand sich in dieser Sache aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Dortmund vom 07.01.2005 am 28.01.2005 in Untersuchungshaft und wurde am selben Tage vom Vollzug der Untersuchungshaft verschont.
10Aufgrund des Haftbefehls der Kammer vom 08.04.2005 befand sich der Angeklagte erneut zwischen dem 11.04.2005 und dem 18.10.2005 in Untersuchungshaft. Seit diesem Tage ist der Angeklagte aufgrund des Haftverschonungsbeschlusses der Kammer vom 17.10.2005 gegen Auflagen vom Vollzug der Untersuchungshaft verschont.
112. Der Angeklagte E
12E ist 43 Jahre alt. Er wurde 1962 in B/Aserbaidschan geboren. Sein Vater ist Arzt, seine Mutter Buchhalterin. Der Angeklagte hat drei Schwestern und zwei Brüder, er selbst ist der zweitjüngste in der Geschwisterreihe. Seine Geschwister haben alle einen Hochschulabschluss erworben und leben nach wie vor in Aserbaidschan. Der Angeklagte wurde altersgerecht eingeschult und besuchte zehn Jahre lang die Schule, die mit er mit einem Mittelschulabschluss verließ. Danach begann er ein Fernstudium der Architektur in Baku, während er tagsüber im Tiefbauamt der Stadt arbeitete. 1988 erwarb er den Studienabschluss eines Ingenieur-Ökonoms. In diesem Beruf arbeitete er zunächst bis 1990 weiter im Tiefbauamt Baku. Anschließend arbeitete er nach einem halben Jahr der Arbeitslosigkeit bis 1995 ebenfalls als Ingenieur in einem Baustoffhandel in Baku. Im Jahr 1992 heiratete der Angeklagte in Weißrussland seine Frau C, die jetzt 40 Jahre alt ist. 1993 wurde ein gemeinsames Kind geboren. Nach Angaben des Angeklagten wurde die Ehe 1996 geschieden. Die erste Ehefrau ist Weißrussin und lebt in Minsk. Nach der Trennung hat sie ein weiteres Kind geboren, zu dem Angeklagte angibt, dass er nicht wisse, ob er der Vater sei.
13Im Dezember 1995 kam der Angeklagte mit einem Touristenvisum nach Deutschland. Hier heiratete er im Jahr 1996 in Leipzig Frau L. Zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt lösten der Angeklagte und seine zweite Ehefrau die eheliche Lebensgemeinschaft. Seitdem leben sie getrennt. Der Angeklagte hat nicht vor, die eheliche Lebensgemeinschaft wieder herzustellen. Ebenso wenig ist eine Scheidung geplant. Nach der Trennung nahm der Angeklagte eine Stelle in I in einem Restaurant als Küchenhelfer an, wo er 800 bis 1.000 € verdiente. Dort arbeitete er fünf bis sechs Stunden pro Tag, sechs Tage die Woche, hauptsächlich am Abend.
14Im Juli und August 2004 arbeitete der Angeklagte in einer Baufirma in Hessen, wo er netto zwischen 600 und 800 € verdiente. Seit November 2004 arbeitete der Angeklagte erneut in einem Restaurant in I als Küchenhelfer und erzielte ein Nettoeinkommen von 800 €. Weitere Angaben zu seinen Arbeitsverhältnissen in den letzten zehn Jahren hat der Angeklagte nicht gemacht. In längeren Zeiten der Nichtbeschäftigung, unter anderem im Tatzeitraum, erhielt er Sozialleistungen.
15Die Kammer hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Ehe des Angeklagten mit seiner weißrussischen Ehefrau tatsächlich geschieden ist. Die Kammer hat festgestellt, dass der Angeklagte weiterhin eine intensive Bindung zu seiner ersten Ehefrau in Weißrussland unterhält und sie regelmäßig mit Geldzahlungen unterstützt.
16E hat von Oktober 1980 bis Dezember 1982 Wehrdienst in der Roten Armee geleistet. Während dieser Zeit kämpfte er elf Monate lang in dem damals sowjetisch besetzten Afghanistan.
17Der Angeklagte hat keine schweren Unfälle, insbesondere keine mit Kopf- oder Rückenmarksbeteiligung erlitten. Er leidet nicht an schweren oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Krankheiten. Er konsumiert keine Betäubungsmittel und keinen Alkohol im Übermaß. Er ist Inhaber einer azerbaidschanischen Fahrerlaubnis für Pkw, deren Anerkennung in Deutschland er jedoch nicht beantragt hat.
18Er befindet sich in dieser Sache aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Dortmund vom 07.01.2005 und des Haftbefehls der Kammer vom 08.04.2005 seit dem 28.01.2005 in Untersuchungshaft.
193. Der Angeklagte P
20Der Angeklagte P ist 33 Jahre alt. Er wurde 1972 in D/Türkei geboren. Sein Vater arbeitete in der Türkei als Baumschulgärtner. Der Angeklagte hat vier Geschwister. Eine Schwester lebt in Ankara. Seine zwei Brüder und die jüngere Schwester leben ebenso wie seine Eltern in P2. Der Angeklagte wurde altersgemäß eingeschult. Er besuchte von 1983 bis 1986 die Realschule, danach eine Oberschule und erwarb die Fachhochschulreife. In der Türkei begann er ein Studium Fach Bergbau/Bergtechnik. Im Jahr 1997 kam er in die Bundesrepublik. Im Oktober 1997 wurde ihm eine Aufenthaltsbewilligung zur Durchführung eines Sprachkurses zur Vorbereitung und sodann zur Aufnahme eines Studiums an der TU Bochum zum Studiengang Rohstoffe, Bergbau und Geotechnik erteilt. Diese wurde 1999 bis zum 31.12.2000 zu demselben Zweck verlängert. Seitdem ist dem Angeklagten eine Aufenthaltserlaubnis, derzeit befristet bis zum 13.05.2006, erteilt. Tatsächlich erwarb der Angeklagte keine zur Durchführung eines Studiums ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache. Zwischen 1999 und 2003 war er an der TU Bochum eingeschrieben. Er brach jedoch das Studium wegen seiner schlechten Deutschkenntnisse ab. Tatsächlich arbeitete er bis zum Sommer 2003 überwiegend im dem Restaurant, das seine Eltern in N2 betrieben. Nach Aufgabe des Betriebes arbeitete der Vater erneut in einer Baumschule. In demselben Unternehmen arbeitete auch der Angeklagte zwischen Oktober 2003 und März 2004. Vom 1. Juni 2004 bis 30. November 2004 war der Angeklagte als Arbeiter im Rahmen einer Förderung "Arbeit statt Sozialhilfe" der Stadt P2 beschäftigt und erzielte ein Nettoeinkommen in Höhe von etwa 1.230 € monatlich. Seit Beendigung dieser Maßnahme hatte er bis zu seiner Festnahme keine Arbeitsstelle.
21Der Angeklagte ist mit einer ebenfalls türkischstämmigen Frau verheiratet. Die Eheleute haben ein gemeinsames Kind, das die deutsche Staatsangehörigkeit hat.
22P hat keine schweren Unfälle, insbesondere keine mit Kopf- oder Rückenmarksbeteiligung erlitten. Er leidet nicht an schweren oder dauerhaften behandlungsbedürftigen Krankheiten. Er konsumiert keine Betäubungsmittel und keinen Alkohol im Übermaß. Er ist nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis.
23Er befindet sich in dieser Sache aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Dortmund vom 07.01.2005 und des Haftbefehls der Kammer vom 08.04.2005 seit dem 28.01.2005 in Untersuchungshaft.
24II. Das Tatgeschehen
251. Die Verbindungen der Angeklagten
26Der Angeklagte N ist seit acht bis neun Jahren mit dem gesondert Verfolgten Z befreundet. Dieser war bis zu seiner Festnahme Ende Oktober 2004 Betreiber verschiedener Bordellbetriebe. Dabei war er jeweils nicht Eigentümer oder Mieter der jeweiligen Gebäude oder Konzessionsträger einer Gaststättenerlaubnis. Vielmehr bediente er sich hierzu – ohne dass die Kammer dies im Einzelnen aufgeklärt hätte – der Mithilfe von Strohmännern. Jedoch war er es, der den wirtschaftlichen Nutzen unter anderem aus dem Betrieb folgender Bordelle zog: Das Bordell "C2" in I2, das Bordell "C3" in F und das Bordell "M2". In dem Bordell "C3" waren die Angeklagten N und P im Jahre 2004 regelmäßige Gäste. N und P hatten sich spätestens im Jahre 2002 in einem türkischen Imbiss kennen gelernt, wobei die Kammer nicht festgestellt hat, ob P zu diesem Zeitpunkt ein Mitarbeiter von N als Imbissbetreiber war. Mit Z war auch der Angeklagte E seit nicht näher feststellbarer Zeit bekannt. Über diesen lernten sich E und N kennen. E hielt sich gelegentlich in Barbetrieben auf. In einer solchen Bar lernte er unter nicht näher feststellbaren Umständen den Angeklagten P spätestens im Oktober 2003 kennen. Der Angeklagte E war seit dem Jahr 1999/2000 mit dem gesondert Verfolgten B2 befreundet. E hatte B2 in dessen Imbiss in C3 kennengelernt.
27Der Angeklagte E beschloss spätestens Mitte 2002 seinen Lebensunterhalt, der vorwiegend aus Sozialleistungen bestand, durch Unterstützung von Frauen aus Osteuropa bei der illegalen Einreise bzw. beim illegalen Aufenthalt gegen Entgelt aufzubessern. Von dem gesondert Verfolgten Z und dem gesondert Verfolgten B2, genannt "T" und "N3" wusste er, dass ein fortdauernder Bedarf an jungen Frauen aus Osteuropa als Prostituierte in Bordellen bestand. Wie Z war auch B2 Bordellbetreiber unter anderem des Bordells "G" in C4, des Bordells "B3 Straße" in M3, eines Bordells in C5, eines Bordells in F und des Bordells "C6" in S. Sowohl Z als auch B2 betrieben im Tatzeitraum nicht sämtliche genannten Bordells gleichzeitig, sondern wechselten auch mit anderen Bordellbetreibern.
28Spätestens im Jahre 2001 hatte E Kontakte zu Passfälschern in Berlin geknüpft. Der gesondert verfolgte B2 hatte seinerzeit befürchtet, nach Ablehnung seines Asylantrages abgeschoben zu werden. Er entschied sich daher, sich gefälschte griechische Papiere auf den Namen B4, und zwar einen Reisepass, einen griechischen Nationalausweis und einen Führerschein zu beschaffen. Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Jahre 2001 fuhr B2 gemeinsam mit dem Angeklagten E nach Berlin zu einem L2. Dieser war ein gemeinsamer Bekannter sowohl von E als auch von B2. In der Wohnung des L2 kam es zu einer Besprechung, an der E, B2, L2 und zwei unbekannt gebliebene Ausweisfälscher teilnahmen. B2 erhielt die von ihm bestellten Papiere und übergab mindestens 2.500 DM entweder direkt an die Ausweisfälscher oder über den Angeklagten E. Die gefälschten Papiere wurden im März 2004 in dem Bordellobjekt "G2" in N2, das B2 bis 16.12.2003 betrieben hatte, aufgefunden.
29Soweit dem Angeklagten E im Fall 8 (= Fallakte XI) der Anklage die Vermittlung der gefälschten Papiere vorgeworfen wird, hat die Kammer das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt.
302. Die einzelnen Straftaten
31Nr. 1 = Fall 1 (Fallakte IX) der Anklageschrift 150 Js 281/04
32Mitte 2002 überließ der Angeklagte E der damals 32 Jahre alten Zeugin T2 aus Weißrussland, die sich ohne gültiges Visum in Deutschland aufhielt und in M4 im Bordell "J" der Prostitution nachging, für 800 € ein mit einem Lichtbild der Zeugin versehenen litauischen Reisepass auf den Namen K. Diesen Pass legte die Zeugin T2 am 31.08.2004, als sie bei einer Razzia in dem Bordell "J" in M4 angetroffen wurde, den Polizeibeamten, die ihre Identität überprüfen wollten, vor. T2 und der Angeklagte E hatten vereinbart, dass E den echten weißrussischen Reisepass der Zeugin mit einem falschen Visum versehen sollte, so dass der Aufenthalt der Zeugin in Deutschland zumindest als berechtigt erscheinen konnte. Für seine Dienste wollte der Angeklagte zunächst 1.500 € erhalten, auf die die Zeugin auch mehrere hundert Euro zahlte. Ihren weißrussischen Pass händigte sie an E Mitte 2002 aus und erhielt ihn in der Folgezeit nicht wieder zurück. Um für etwaige Kontrollen in Deutschland vorbereitet zu sein, vereinbarte die Zeugin mit dem Angeklagten, dass dieser ihr für 800 € ein mit dem Foto der Zeugin T2 versehenen litauischen Reisepass zur Verfügung stellen solle. Die Zeugin übergab dem Angeklagten ein Passfoto und 800,00 €. Kurze Zeit später übergab der Angeklagte der Zeugin einen echten litauischen Reisepass, der durch das Einbringen eines Lichtbildes verfälscht war. Diese Fälschung hatte er von einem unbekannt gebliebenen Fälscher vornehmen lassen. Der Angeklagte wusste, dass die Zeugin sich illegal in Deutschland aufhielt und den Pass gegebenenfalls dazu verwenden wollte und sich gegenüber deutschen Behörden auszuweisen und einen legalen Aufenthalt vorzutäuschen.
33Nach der Übergabe des litauischen Passes kam es zu mehreren Telefonaten zwischen der Zeugin und dem Angeklagten, in denen es um die Rückgabe des weißrussischen Passes ging.
34Nach der Aushändigung des litauischen Passes wurden mehreren Kontrollstempel in den Pass eingebracht. Soweit dem Angeklagten E in der Anklageschrift (Fälle 2 und 3 der Anklage) vorgeworfen wird, dass er diese Eintragungen vorgenommen habe, hat die Kammer das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt.
35Nr. 2 = Fall 5 (Fallakte V) der Anklageschrift
36Einige Tage vor dem 29.09.2003 fuhren der Angeklagte E, B2 und der gesondert Verfolge K2 in einem von diesem gelenkten Pkw nach G3 an die deutsch-polnische Grenze. K2 sollte dort im Auftrag von B2 drei lettische Frauen abholen und in das Bordell "L3" in F2 bringen. Bei diesen Frauen handelte es sich um die gesondert verfolgten Zeuginnen S2, E2 und L4. S2 und E2 hatten kurz zuvor telefonisch mit B2 Kontakt aufgenommen, weil sie in einem seiner Bordelle arbeiten wollten. Beide Zeuginnen sind wie L4 litauische Staatsangehörige und hatten sich bereits vor dem Jahr 2003 in Deutschland befunden. Beide waren gemeinsam im Jahr 2002 in Bordellbetrieben von B2 der Prostitution nachgegangen und aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und abgeschoben worden. Nach der telefonischen Kontaktaufnahme wurden S2 und E2 an den Angeklagten E, den sie unter dem Namen "U2" kennenlernten, verwiesen. Er erläuterte ihnen, dass sie sich nach A in Polen begeben sollten, dort würden sie von Kontaktpersonen aufgenommen und über die Grenze gebracht.
37Beide Zeuginnen reisten aus Lettland kommend nach Polen und gelangten bis nach A2. Von dort aus nahmen sie telefonisch Kontakt zu der Kontaktperson von E in Polen auf, der die Frauen vom Bahnhof in A2 abholte und in der Wohnung eines zur Schleusergruppe gehörenden Mannes unterbrachte. Zwischen den 24. und dem 29.09.2003 hielten sich S2 und E2 dort auf.
38Am 27. oder 28.09.2003 kam es in G3 zu einem Treffen zwischen B2 und E einerseits und einem polnischen Schleuser andererseits. Möglicherweise war auch die Zeugin Y genannt L5, anwesend. Bei dieser handelt es sich um eine sogenannte "Freundin" von B2, die in A/Polen wohnhaft ist und zu einem nicht genau festgestellten Zeitpunkt im Tatzeitraum auch als Thekenfrau in einem Bordell des B2 tätig war. Einzelheiten der Besprechung konnten nicht feststellt werden. Jedoch wurden K2 die Örtlichkeiten in G3 gezeigt, wo er die Zeuginnen S2 und E2 aufnehmen sollte. An diesem Tag kam es jedoch nicht zur Schleusung. E, B2 und K2 fuhren deshalb zurück nach F2.
39Am 29.09.2003 begaben sich E, B2 und K2 erneut nach G3, wo sie gegen 11:00 Uhr eintrafen. Der Angeklagte E verhandelte die Einzelheiten der Schleusung mit einem in G3 wartenden polnischen Schleuser. Zwischenzeitlich waren die Zeuginnen E2 und S2, sowie ebenfalls L4 von polnischen Flussschleusern durch die Oder auf die deutsche Seite gebracht worden, wie es E mit diesen vereinbart hatte. In G3 wurden die drei Frauen, die in Begleitung eines polnischen Schleusers waren, von K2 übernommen. Dieser verbrachte sie absprachegemäß nach F2 in das Bordell "L3" des B2. L4 war bereits im Jahre 2000 in einem Bordellbetrieb in G4 angetroffen und durch das Ausländeramt des Landkreises Emsland aus der Bundesrepublik ausgewiesen worden. Nach ihrer illegalen Einreise in die Bundesrepublik ging sie der Prostitution nach und wurde am 13.10.2003 in dem Bordell "D2" in M5 festgenommen. Auch die Zeuginnen S2 und E2 gingen nach ihrer Einreise in verschiedenen Bordellen von B2 und Z der Prostitution nach und wurden am 17.10.2003 in dem Bordell "D3" in C7 aufgegriffen. Alle Zeuginnen sind zwischenzeitlich ausgewiesen und abgeschoben bzw. ausgereist.
40Der Angeklagte E erhielt für die Organisation des illegalen Grenzübertritts von B2 je 300 € für E2 und S2, die dieser den Frauen als Schulden auferlegte. Ob der Angeklagte auch von der Zeugin L4 die von ihm erwartete Vergütung von 300 € erhielt, konnte nicht festgestellt werden.
41Nr. 3 = Fall 6 (Fallakte VI) der Anklage
42Am 15.10.2003 fuhr der Angeklagte E erneut im Auftrag des B2 nach G3 und vermittelte den Kontakt zu polnischen Schleusern, die zwei slowakische Frauen, die zur Tatzeit 20 Jahre alte G5 und die zur Tatzeit 22 Jahre S3, genannt "L6 und K3", über die Grenze brachten, wo sie von K2 übernommen wurden. Bereits zuvor hatte E auf Bitten von B2 dafür gesorgt, dass die beiden Frauen bei einem Bekannten von E, nämlich einem "I3" übernachten konnten, bis die Einzelheiten der Schleusung abschließend geklärt waren.
43Nach dem Grenzübertritt kam es in G3 am selben Treffpunkt wie unter Nr. 2 (Fallakte V) zu einem Treffen mit dem polnischen Schleuser. Nachdem K2 telefonisch an E und P3 gemeldet hatte, dass er die Frauen übernommen hatte, zahlte P3 an den Schleuser 550 oder 600 €. Bei P3 handelt es sich ebenfalls um einen Bordellbetreiber, der mit B2 zusammenarbeitete. Anschließend begaben sich E und P3 in dessen Pkw, sowie K2 und die beiden geschleusten Frauen in dem von K2 geführten Pkw auf den Weg nach F2. An einer Raststätte übernahm P3 die Frauen. Diese wurden am 17.12.2003 in dem Bordellbetrieb "G2" in N2 von der Polizei angetroffen. Dort gingen sie der Prostitution nach. Beide Frauen sind zwischenzeitlich ausgewiesen und abgeschoben oder ausgereist. E erhielt für seine Vermittlungstätigkeit mindestens 300 €, wovon er möglicherweise einen Teilbetrag in Höhe von 175,00 US-Dollar später an I3 in Warschau weiterreichte.
44Auch der Angeklagte P, der in diesem Fall nicht angeklagt ist, kennt nach seiner Einlassung G5. Er überwies ihr noch am 02.04.2004 über die Western Union Finanzdienstleistungs GmbH von P2 aus 150 € in die Slowakische Republik.
45Nr. 4 = Fall 7 (Fallakte VII) der Anklage
46Im Auftrag von B2 begaben sich E und N am 21.10.2003 in Ns Auto nach Warschau. Dort trennten sich N und E zunächst. N begab sich mit dem Bus nach U3. E wartete in Ns Fahrzeug in der Nähe von Warschau auf die gesondert verfolgte M6, genannt "B5". N, E und P hatten nämlich mit B2 vereinbart, dass sie die illegale Einreise der M6 und dreier weiterer Frauen aus Weißrussland organisieren und abwickeln wollten. M6 ist eine litauische Staatsangehörige und hatte sich bereits in der Vergangenheit in Deutschland aufgehalten, um hier der Prostitution nachzugehen. Am 23.05.2003 wurde sie von der Stadt H unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf unbestimmte Zeit ausgewiesen. Da sie eine "Freundin" des B2, also eine Favoriten unter den für ihn tätigen Prostituierten, war, wollte er ihr bei ihrer erneuten Einreise in die Bundesrepublik helfen. Zudem hatte er oder Z über nicht bekannt gewordene Kontaktleute von E in Weißrussland oder Polen die Einreise dreier weiterer Frauen in Auftrag gegeben, die in ihren Bordellen als Prostituierte tätig werden wollten und sollten.
47Am 21.10.2003 nahm E zunächst M6 mit sich. Diese konnte als Litauerin zum damaligen Zeitpunkt vor dem EU-Beitritt Polens und Litauens visumsfrei nach Polen einreisen. Er fuhr mit ihr in Ns Auto zu polnisch/weißrussischen Grenzstadt U4. Dort ließ er M6 in einem grenznahen Hotel mit dem Fahrzeug zurück und überquerte mit dem Zug die Grenze nach Weißrussland. Dies tat er, weil er ein sogenanntes Transitvisum innehatte, das ihn nur zur Durchreise durch Polen berechtigte. Mit dem Grenzübertritt wollte er gegenüber den polnischen Behörden verschleiern, dass das eigentliche Ziel seiner Reise nicht Weißrussland, sondern Polen war. Am 22.10.2003 reiste E mit dem Zug aus Weißrussland kommend wieder nach Polen ein und begab sich zu dem Hotel, in dem er M6 zurückgelassen hatte. Dort fand er absprachegemäß M6 und drei weitere Frauen unbekannt gebliebener Identität vor. Diese stammten aus Weißrussland und waren nicht in Besitz eines Visums für die Bundesrepublik Deutschland. E begab sich mit den Frauen und N, den er zwischendurch wieder abgeholt hatte, in Ns Auto nach A. Dort warteten V, genannt L5, und K2 auf die Ankunft der Frauen und der Angeklagten E und N. In dem Hotel kam es zu einer Besprechung zwischen E, N und Mitgliedern der polnischen Flusschleusergruppe, bei der die Schleusung der vier Frauen für den nächsten Tag vereinbart wurde. N erteilte in dem Hotel dem Zeugen K2, der für die Übernahme der Frauen nach der Durchquerung des Grenzflusses Oder vorgesehen war, die Anweisung, die drei unbekannt gebliebenen Frauen nach F in das Bordell "C3" des gesondert Verfolgten Z zu bringen. Nach dem gemeinsamen Tatplan war es die Aufgabe von N, die polnischen Schleuser für ihre Tätigkeiten nach Durchführung der Schleusung zu bezahlen. Dies sollte zumindest teilweise aus Mitteln von B2 geschehen, die dieser für die Schleusung von M6 zur Verfügung gestellt hatte. Nicht ausschließbar hatte N weitere Mittel von Z erhalten, weil dieser die drei Frauen in seinen Bordells als Prostituierte beschäftigen wollte. Im Laufe des 23.10.2004 betätigte sich P, der über den Zweck der Fahrt von N und E informiert war, als Nachrichtenvermittler zwischen B2, E und N, indem er von diesen angerufen wurde und andere Personen telefonisch verständigte.
48Am 24.10.2003 gegen 11.00 Uhr wurde die Schleusung durchgeführt. K2 hatte M6, als auch die drei anderen unbekannt gebliebenen Frauen auf der deutschen Seite in G3, wie bereits im vorherigen Fall, übernommen. Nachdem K2 nur M6 zu B2 bringen wollte, weil N den Transport der anderen Frauen nach F angeordnet hatte, erhielt er von B2 telefonisch die Anweisung, sämtliche Frauen zu ihm zu bringen. Dies tat K2 auch. Nachdem K2 B2 gemeldet hatte, dass er die Frauen übernommen hatte, zahlte N an Mitglieder der polnischen Schleusergruppe in Polen das vereinbarte Entgelt. Anschließend fuhr er gemeinsam mit E in einem Auto nach Deutschland zurück.
49Die drei unbekannt gebliebenen weißrussischen Frauen nahmen später ihre Tätigkeit im Bordell "C3" des Z als Prostituierte auf. M6 wurde am 17.12.2003 in dem Bordell "G2" in C5 angetroffen. Sie wurde am 09.01.2004 nach Litauen abgeschoben.
50Sämtliche Angeklagten nahmen an den Schleusungshandlungen teil, um hiermit zumindest zum Teil ihres Lebensunterhalt zu verdienen. Der Angeklagte N bewerkstelligte dies dadurch, dass er von den geschleusten drei weißrussischen Frauen sich das Schleusungsentgelt entweder selbst neben einem Verdienstaufschlag erstatten ließ oder dies von Z erhielt oder sich versprechen ließ. Für die Schleusung von M6 erhielt er von B2 zumindest 150 €. Die Angeklagten E und P erhielten entweder von den geschleusten Frauen oder ihren Mittätern ebenfalls eine Vergütung in nicht genau feststellbarer Höhe oder hatten sich eine solche versprechen lassen.
51Nicht ausschließbar kam es nach der Ankunft von N in Polen und der Wiederausreise nach der geglückten Schleusung zu einem Treffen oder Schäferstunden des Angeklagten N mit seiner damaligen weißrussischen Geliebten E3 in Polen. Diese gehörte jedoch jedenfalls nicht zu der geschleusten Gruppe von vier Frauen, die am 24.10.2003 in die Bundesrepublik illegal einreisten.
52Nr. 5 = Fall 9 (Fallakte I) der Anklage
53Anfang April 2004 benötigte Z Frauen aus Osteuropa als Prostituierte für seine Bordelle. Er wandte sich deswegen an E, N und P, um mit ihrer Hilfe die Schleusung von zwei weißrussischen Frauen zu organisieren und durchzuführen. E war bereits wie zuvor dafür zuständig, die bestehenden Kontakte zu den polnischen Schleusern zu aktivieren, während P und N die geschleusten Frauen nach ihrem Grenzübertritt übernehmen und in ein Bordell des Z verbringen sollten. Spätestens am 07.04.2005 waren zwei zur Person nicht näher bekannt gewordene weißrussische Frauen namens P3 und B6 in Polen eingetroffen. Nicht ausschließbar handelt es sich bei B6 um eine frühere Geliebte oder "Freundin" von P. Jedoch wollten beide Frauen zumindest auch in die Bundesrepublik einreisen, um hier der Prostitution nachzugehen. Beide Frauen verfügten entweder nicht über ein Visum oder waren aus anderen Gründen nicht zur Einreise in die Bundesrepublik berechtigt. Nach telefonischen Besprechungen zwischen E, P, P3 und den polnischen Schleusern um M7, genannt "U4", wurde vereinbart, dass die Schleusung von P3 und B6 am 08.04.2004 erfolgten sollten. Zur zumindest teilweisen Finanzierung der Schleusung überwies Z an N am 08.04.2004 über die Western Union Finanzdienstleistungsgesellschaft 480 €. Spätestens am 07.04.2004 begaben sich P und N an die deutsch-polnische Grenze. E verblieb an seinem Wohnort I und koordinierte von dort telefonisch zwischen P und N einerseits, den zu schleusenden Frauen und den polnischen Flussschleusern andererseits. Nachdem es zu nicht näher feststellbaren Meinungsverschiedenheiten zwischen N und P einerseits und den polnischen Schleusern andererseits im Laufe des 08.04.2004 gekommen war, wurde die Schleusung nun auf die Abendstunden des Karfreitag, des 09.04.2004, verlegt. Die Angeklagten N und P begaben sich an den zuvor mit den Schleusern vereinbarten Treffpunkt auf der deutschen Seite an der polnisch-deutschen Grenze. Da dort jedoch eine rege Kontrolltätigkeit des Bundesgrenzschutzes oder der Polizei stattfand, einigten sich N und P durch telefonische Vermittlung von E mit den Schleusern um U4 auf einen andere Treffpunkt in einem ebenfalls grenznahen nicht näher festgestellten Ort. Dorthin wurden P3 und B6 durch die polnischen Schleuser verbracht. P und N hatten sich bereits dorthin begeben und warteten in der Bar eines Hotels. Nach Übergabe durch die polnischen Schleuser um U4 kontrollierte N zunächst mit dem Pkw, ob die Straßen polizeifrei waren und begab sich dann, nach telefonischer Rücksprache mit E, zurück zu P und den geschleusten Frauen in das Hotel. In den frühen Morgenstunden des 10.04.2004 fuhren N und P mit den beiden geschleusten Frauen zu einem Bordell des Z. Zumindest B6 ging später in dem Bordell "C3" in F der Prostitution nach.
54N hatte für die Schleusung von Z bereits 480 € erhalten, die nicht ausschließbar zumindest teilweise für die Bezahlung der polnischen Schleuser verwendet wurde. Jedoch hatten sich alle Angeklagten von P3 und B6 selbst oder Z eine der Höhe nach nicht genau feststellbare, jedoch im Bereich mehrerer hundert Euro liegende, Vergütung für ihre Mitwirkung an der Schleusung erhalten oder sich versprechen lassen
55Nr. 6 = Fall 10 (Fallakte III) der Anklage
56Anfang bis Mitte Mai 2004 benötigte Z erneut Prostituierte aus Osteuropa für seine Bordelle. Wie bereits zuvor wandte er sich an die Angeklagten, um die Schleusung zu organisieren und koordinieren. Die Zeugin T3 hatte sich entschlossen, nach Deutschland einzureisen, um hier als Bardame oder Prostituierte zu arbeiten. Diese Entscheidung beruhte auf einer Art Anwerbung durch die Zeugin L7, genannt U5, die bereits im Bordell "C3" des Z als Prostituierte gearbeitet hatte. L7 hatte T3 den Kontakt zu Z oder dem Angeklagten N, mit dem sie auch bekannt war, vermittelt. T3 und L7 wiederum kannten sich aus ihrer Heimat, weil sie beide aus demselben Ort in Russland stammen. Sie waren Anfang 2004 gemeinsam in einem Bordell in Polen beschäftigt gewesen, wo T3 zumindest als Bar- und Animierdame und L7 als Prostiuierte gearbeitet hatte.
57Z wandte sich an E, der die konkreten Einzelheiten der Schleusung mit der Gruppe um U4 besprechen sollte. Die Angeklagten N und P sollten im Auftrag von Z die Zeugin T3 auf der deutschen Seite nach der Schleusung übernehmen und zum Bordell "C3" nach F verbringen. Da zudem erreicht werden sollte, dass die Zeugin einen scheinbar legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland bei Kontrollen vorgeben konnte, besprach der Angeklagte E mit ihm bekannten Passfälschern in Magdeburg die Verfälschung des echten Passes der Zeugin T3 durch Einbringen eines gefälschten Schengen-Visums.
58In einem telefonischen Vorgespräch am Donnerstag, dem 13.05.2004, besprach E mit dem polnischen Schleuser U4, dass dieser zwei bis drei Frauen aus der Ukraine zusätzlich zur Verfügung habe. Beide einigten sich darauf, dass der Angeklagte Mumcu am Folgetag zunächst einmal zu einem Treffen mit U4 fahren sollte, um sich die "Qualität" der Frauen als Prostituierte anzusehen. Er werde dann auch das Geld mitbringen. Absprachegemäß begaben sich die Angeklagten N und P am Abend des 14.05.2004 zur deutsch-polnischen Grenze, um sich mit U4 zu treffen. E blieb in I und koordinierte telefonisch zwischen N und P einerseits und U4 andererseits. Durch Vermittlung von E wurde ein Treffpunkt bei einem Mc Donalds-Imbiß auf der polnischen Seite abgemacht. Im Laufe des späten Abends des 14.05. und frühen Morgens des 15.05.2004 kam es zu mehreren Telefonaten zwischen E und P bzw. E, P und N sowie dem Angeklagten E und U4. Hierbei wurden jeweils Einzelheiten dazu besprochen, wie und wo das Treffen zwischen N und U4 stattfinden sollte, sowie dass N das Geld für die zu schleusenden Frauen, bei denen es sich um mehrere handelte, zu erbringen habe. Der Angeklagte N machte hier jeweils die Einschränkung, dass er sich die Frauen erst ansehen und dann selbst entscheiden wolle, welche der Frauen er mit über die Grenze nehme.
59Kurz nach 01:40 Uhr am 15.05.2004 kam es zu dem Treffen zwischen N, P und U4 auf der polnischen Seite kurz hinter der deutsch-polnischen Grenze. Ob dort Einzelheiten wegen der Schleusung besprochen wurden oder diese schon vorher zwischen N und P einerseits und U4 gegebenenfalls durch Vermittlung von E, andererseits feststanden, konnte nicht feststellt werden. Jedenfalls begaben sich N und P in ein Hotel in A2, wo sie sich mit der Zeugin T3 trafen. Bei diesem Treffen war auch die Zeugen L7 als Dolmetscherin anwesend. Durch Vermittlung von L7 vereinbarten spätestens jetzt N und P mit T3, dass diese 1.200 € für ihre Schleusung zahlen müsse. Nicht widerlegbar hatte N diesen Betrag von Z für die Bezahlung der polnischen Schleuser erhalten. Zudem hatte T3 mit E vereinbart, dass ihr Pass mit einem entsprechend gefälschtem Visum versehen werden sollte. Die konkrete Höhe der von T3 für diese Dienstleistung zu zahlende Vergütung konnte nicht festgestellt werden. Ebensowenig konnte festgestellt werden, ob in der Besprechung in dem Hotel seitens N mit der Zeugin Vereinbarungen über die Passfälschung getroffen wurden.
60T3 gab N und P ihre persönliche Habe mit, die diese bei der Rückfahrt nach Deutschland in ihrem Pkw mitnehmen wollten. N und P hatten mit U4 und T3 vereinbart, dass ein Weitertransport von T3 durch sie erst hinter der deutsch-polnischen Grenze erfolgen sollte, weil sich sich dem Risiko der Entdeckung nicht aussetzen wollten. Bei der Rückfahrt wurden N und P in dem von ihnen genutzten Pkw VW Passat Kennzeichen ### ##-##, den sich N geliehen hatte, bei der Einreise nach Deutschland tatsächlich polizeilich kontrolliert. Im Kofferraum des Fahrzeuges befand sich eine große schwarze Reisetasche mit Damenkleidung, Damenkosmetika, einem Fotoalbum und einem in russischer Sprache geschriebenen und mit dem Vornamen "Tanja" unterzeichneten Brief gefunden. Um 19.15 Uhr reisten N und P in die Bundesrepublik Deutschland ein und fuhren an ihre Wohnorte zurück.
61Nachdem ursprünglich geplant war, dass T3 im Laufe des 15.05.2004 geschleust werden sollte, kam es zu nicht näher feststellbaren Schwierigkeiten. E hatte sich auf den Weg an die deutsch-polnische Grenze gemacht, weil er zu den Angeklagten N und P stossen wollte. Denn er hatte mit T3 die Vermittlung des Kontaktes zu dem Ausweisfälscher vereinbart. Die Angeklagten quartierten sich auf Anraten von N in einer Pension in der E4-straße # in L8/Brandenburg ein. Zwischen dem 19. und 21.05.2004 reiste T3 schließlich gemeinsam mit einer Gruppe von etwa zwölf Personen illegal durch die Oder nach Deutschland ein.
62Nachdem die Zeugin T3 von den polnischen Schleusen nach Berlin gebracht worden war, wurde sie dort von den Angeklagten E und N mit einem Pkw abgeholt. Zunächst begaben sich die beiden Angeklagten und T3 nach Magdeburg. Dort traf sich E mit ihm bekannten Passfälschern, denen er den Pass der Zeugin T3 zwecks Eintragung des gefälschten Schengen-Visums übergab. Die Höhe der Vergütung, die E für diese Vermittlungstätigkeit erhielt oder sich versprechen ließ, konnte nicht konkret festgestellt werden. Jedoch ist die Kammer überzeugt, dass E diese Tätigkeit, ebenso wie seine Mithilfe bei der Vorbereitung und Koordination der Schleusung allein deswegen entfaltete, um damit seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Es konnte nicht festgestellt werden, ob der Angeklagte N, der das Fahrzeug auf der Fahrt nach Magdeburg lenkte, Kenntnis davon hatte, dass der Abstecher nach Magdeburg dazu dienen sollte, den Pass an den Passfälscher weiterzugeben.
63Wie mit Z besprochen, verbrachten N und E die Zeugin T3 zunächst nach M2, wo sie in der Wohnung des Zeugen X untergebracht wurde. Fortan ging sie in dem Bordell "C3" des Z der Prostitution nach. Dabei war es so, dass sie in den ersten Wochen ihres Aufenthalts in Deutschland nur am Wochenende als Prostituierte tätig war. Sie wurde möglicherweise von X zum Bordell gefahren und abgeholt. Etwa zwei Wochen nach der Ankunft in Deutschland erhielt sie ihren inzwischen mit einem falschen Visum versehenen Pass zurück. Es konnte nicht festgestellt werden, ob E ihr den Pass direkt aushändigte oder ob er ihn zuvor an Z oder den Angeklagten N weitergeben hatte, der ihr den Pass aushändigte. In dem Bordell arbeitete die Zeugin T3 nachdem sie ihren Pass zurückerhalten hatte, täglich von abends 20:00 Uhr bis in die frühen Morgenstunden. An den ersten beiden Wochenenden hatte die Zeugin T3 insgesamt etwa sechs Kunden. In der Folgezeit erwirtschaftete sie einen Tagesumsatz von 60 € oder 70 €. Das Abrechnungssystem war so gestaltet, dass die Kunden der Prostituierten die Vergütung an der Bar bei dem jeweiligen Barmann / der Barfrau entrichteten. Ebenso verhielt es sich mit den für die Getränke zu entrichtenden Beträgen. Nach der zwischen Z und den Prostituierten getroffenen Abrede sollten die Vergütungen jeweils hälftig geteilt werden. Zudem erhielt Z noch 10 € täglich als Miete für das Zimmer, sofern die Prostituierte es an dem jeweiligen Tag genutzt hatte. Auch die Erträge aus dem Verkauf von Getränken sollten hälftig geteilt werden. Die Zeugin T3 erhielt bei einen Tagesumsatz von 60 € bis 70 € hiervon im Durchschnitt etwa 20 € bis 30 € ausgezahlt. Wenn sie keinen Umsatz erwirtschaftete, erhielt sie nichts. Zwischen T3 und anderen Prostituierten, insbesondere der Geliebten von N, E3, kam es während der Tätigkeit von T3 zu Spannungen. Während eines Urlaubes des Angeklagten N Mitte Juli 2004 wechselte die Zeugin nach Rücksprache mit Z das Etablissement und arbeitete fortan in dem Bordell "C2" in I2 als Prostituierte. Möglicherweise kam es im Laufe der Tätigkeit von T3 in dem Bordell "C3" bzw. dem Bordell "C2" zu Auseinandersetzungen zwischen ihr und N wegen von ihr noch zu entrichtender Schleusungsentgelte bzw. Entgelte für die durchgeführte Passfälschung. Sichere Feststellungen hierzu konnte die Kammer nicht treffen.
64Soweit in der Anklage dem Angeklagten N vorgeworfen wird, die Zeugin zunächst zur Aufnahme der Prostitution gezwungen und später, nachdem sie grundsätzlich hiermit einverstanden war, die Bedingungen der Prostitution vorgegeben zu haben, ließ sich dies ebenso wenig mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen, wie die Kenntnis und Billigung dieser Ausbeutung durch die Angeklagten E und P.
65Die Zeugin T3 wurde bei einer Razzia am 26.10.2004 in dem Bordell "C2" in I2 festgenommen. Dieses Bordell wurde zum Zeitpunkt der Festnahme von D4 betrieben, der es von Z übernommen hatte. Die Zeugin T3 war kurz nach ihrem Wechsel in das "C2" zur Geliebten ("Freundin") des D4 geworden und freiwillig weiterhin der Prostitution nachgegangen.
66Nr. 7 = Fall 12 (Fallakte X) der Anklage
67Anfang August 2004 hatten sich drei Frauen aus Weißrussland entschieden, in Deutschland der Prostitution nachzugehen. Es handelte sich um die damals 20 Jahre alte L9, die zur Tatzeit 23 Jahre alte C8 und die zur Tatzeit 23 Jahre alte M3. L9 war zur Tatzeit die "Freundin" oder Geliebte des Zeugen B7. Über die Gruppe um U4 wurde der Kontakt zum Angeklagten E hergestellt, der wiederum mit Z vereinbarte, dass die drei Frauen in einem Bordell von Z der Prostitution nachgehen könnten. Am 18.08.2004 kam es zum illegalen Grenzübertritt durch die Oder. Die Schleusung übernahm die Gruppe um C9 und M7 ("U4"). Nachdem B7 alle drei Frauen nach dem Grenzübergang in einem Waldstück bei Guben aufgenommen hatte, wurden sie in Wellmitz festgenommen, ohne im Besitz eines Visums zu sein. Die drei Frauen wurden am 19.08.2004 nach Polen zurückgeschoben. In der Geldbörse des Angeklagten E wurde bei dessen späterer Festnahme eine Kopie des Passes der M3 aufgefunden.
68Die Organisation der Schleusung hatte wie zuvor der Angeklagte E übernommen. Von dem Angeklagten N war die Einschleusung der Frauen zumindest mitfinanziert worden. Der Angeklagte N hielt sich zur Tatzeit in einem Urlaub mit seiner Familie in der Türkei auf und besprach am 17.08.2004 mit dem Angeklagten E telefonisch aus der Türkei, dass er nicht bereit sei, weitere Geldbeträge nachzuschießen. E hatte sich nämlich zuvor an Z mit der Bitte gewandt, weitere 1.300 € zur Verfügung zu stellen, weil E die Schleuser und den Fahrer bezahlen musste. Nachdem Z erklärt hatte, er könne keine weiteren 1.300 € aufbringen, weil er N bereits 1.900 € nach Istanbul geschickt habe, entschloss sich E, das weitere Geld für die Schleusung von N einzufordern. Dies hatte ihm Z zuvor in einem Telefonat am 17.08.2004 vorgeschlagen. Tatsächlich wurde an N am Morgen des 17.08.2004 ein Betrag von 1.500 € ausgezahlt, den der Zeuge C10 im Auftrag von Z tags zuvor über die Finanzdienstleistungsgesellschaft Western Union nach Istanbul transferiert hatte. Ob der für die Schleusung erforderliche Betrag beim Grenzübertritt der weißrussischen Frauen bereits von E bei N oder Z zusammengetragen worden war, konnte die Kammer nicht feststellen. Sowohl N als auch E beteiligten sich an der Schleusung der Frauen durch die Koordination bzw. die Investierung von Geld, weil sie sich durch die Rückforderung des Schleusungsentgeltes mit einem entsprechenden Aufschlag einen Gewinn versprachen.
69III. Teilfreispruch N
70Soweit dem Angeklagten N im Fall 11 (= Fallakte III) der Anklage vorgeworfen wird, die Zeugin T3 nach ihrem Wechsel in das Bordell "C2" im August 2004 aufgesucht und bedroht, sowie von ihr die Zahlung von 5.000 € bzw. eines ratierlichen Betrages von 100 € wöchentlich als Ablösesumme, gefordert zu haben, ließ sich dies nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen. Die Kammer hat festgestellt, dass N ein wirtschaftliches Interesse daran hatte, dass T3 erfolgreich der Prostitution nachging, weil er sich erhoffte, dass sie die von ihm verauslagten Schleusungskosten verdienen und er einen Gewinn erwirtschaften würde. Der Angeklagte bestreitet jedoch, die Zeugin in irgendeiner Weise mit dem Ziel, von ihr Geld zu erhalten, unter Druck gesetzt zu haben. Mit der Aussage der Zeugin T3 kann dieses Bestreiten nicht widerlegt werden. Für die allein von ihr aufgestellte Behauptung gibt es auch keine anderen Beweismittel, dazu im einzelnen unten IV. Die Kammer hat N daher aus tatsächlichen Gründen in diesem Fall freigesprochen.
71IV. Beweiswürdigung
72Die Feststellungen beruhen auf dem Ergebnis der Beweisaufnahme, wie sie ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls stattgefunden hat.
73Die Angeklagten haben sich zunächst am 1. Hauptverhandlungstag zur Person eingelassen. Der Angeklagte N hat sich am 2. Verhandlungstag zunächst über seinen Verteidiger und sodann durchgängig selbst und über seinen Verteidiger weiter zur Sache eingelassen. Der Angeklagte E hat sich ab dem 4. Verhandlungstag durchgängig zur Sache eingelassen. Der Angeklagte P hat zunächst von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Nach einer spontanen Erklärung während der Vernehmung des Zeugen K2 am 1. Verhandlungstag hat er sich zunächst durch die Verlesung einer schriftlich verfassten Einlassung durch seinen Verteidiger am Ende des 5. Hauptverhandlungstages zu den Taten zu Nr. 5 (=Fall 9 der Anklage) und Nr. 6 (=Fall 10 der Anklage) eingelassen. Zu der Tat zu Nr. 4 (=Fall 7 der Anklage) hat er sich nicht im Zusammenhang eingelassen. In der Folge hat er sich auf einzelne Fragen und zu einzelnen von der Kammer in Augenschein genommenen Telefongesprächen aus der Telefonüberwachung eingelassen.
74Die Darstellung der Einlassungen erfolgt bei der Beweiswürdigung zu den einzelnen Taten.
75Zur Person hat der Angeklagte E abweichend von den getroffenen Feststellungen erklärt, die Beziehung zu seiner weißrussischen Ehefrau sei beendet. Er zahle lediglich Unterhalt.
76Der von E seit dem Jahr 2002 durchgängig genutzte Mobiltelefonanschluss ######### wurde zu diesem Zeitpunkt aufgrund richterlicher Anordnung unter der polizeilichen Bezeichnung "TKÜ 151/04" überwacht. Die Kammer hat zur Aufklärung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten E das Telefonat TKÜ 151/04 vom 09.04.2004 um 20:53 Uhr, und ein längeres Gespräch vom selben Tag um 23:32 Uhr durch Abspielen in richterlichen Augenschein genommen. Der Angeklagte E hat bestätigt, dass er bei diesen Gesprächen der Benutzer des überwachten Anschlusses ist. Die Kammer hat sich zudem durch den Vergleich seiner Stimme mit der Stimme des Benutzers des Telefons darüber Gewissheit verschafft, dass E die Gespräche tatsächlich geführt hat. In diesen Telefonaten beklagt sich die Ehefrau des Angeklagten E darüber, dass dieser stets sehr beschäftigt sei, er rufe nie zurück, sie kenne seine "Versprechungen". In dem Telefonat um 23:32 Uhr werden dem Angeklagten zudem Vorwürfe gemacht, er kümmere sich nicht um ihre Beziehung. Sie fühle sich vernachlässigt und wünsche sich mehr Liebe von ihm. Hierauf entgegnet der Angeklagte, dass auch er sich unverstanden fühle, er seiner Auffassung nach alles tue, damit beide glücklich seien. Er habe viel Stress. Er mache alles nur für sie (C und ihre Kinder).
77Aus diesen Telefonaten und der Einlassung des Angeklagten, dass er seine deutsche Ehefrau wegen einer Arbeitsstelle in I verlassen habe, schließt die Kammer, dass eine wirkliche eheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Angeklagten und seiner deutschen Ehefrau nicht bestanden hat. Die Gespräche, wie sie der Angeklagte mit seiner Frau in Weißrussland, von der er zudem ein Bild mit sich in seiner Geldbörse herumträgt, führt, sind nur erklärlich, wenn er Frau und Kinder in Weißrussland als seine Familie betrachtet. Die Kammer ist überzeugt, dass der Angeklagte, sollte jemals eine eheliche Beziehung zwischen ihm und seiner deutschen Ehefrau bestanden haben, diese jedenfalls seit seinem Umzug nach I und erst recht im Tatzeitraum beendet war und der Angeklagte die Ehe genutzt hat, um einen formal legalen Aufenthaltstatus in Deutschland zu behalten. Dafür spricht auch, dass er selbst angegeben hat, dass er von seiner deutschen Ehefrau getrennt lebt, jedoch die Scheidung nicht anstrebe.
78Die Feststellungen zur Sache beruhen auf folgenden Würdigungen der Kammer:
79Nr. 1 = Fall 1 (Fallakte IX) der Anklage
80Der Angeklagte E hat sich dahingehend eingelassen, dass er die Zeugin T2 kenne. Es sei jedoch so gewesen, dass sie ihn gebeten habe, ihren echten Pass und weitere Dokumente aus Weißrussland mitzubringen, wo er sich Mitte 2002 häufiger aufgehalten habe. Von einem Verwandten in X3 habe er sowohl Pass, als auch weitere Dokumente erhalten. T2 habe nämlich beabsichtigt, in Deutschland zu heiraten. Er, E, habe damals in der X2-straße ## in I gewohnt. Da er Anfang September bis zum 18.11.2002 außerhalb von Deutschland gewesen sei, habe sein Vermieter die Wohnung weitervermietet. Bei seiner Rückkehr seien der Pass und die anderen Dokumente von S2 verschwunden gewesen. Anschließend habe er große Probleme mit S2 bekommen, weil diese ihm vorgeworfen habe, dass sie jetzt in Deutschland nicht heiraten könne. Er habe gewusst, dass sie bereits einmal aus Deutschland abgeschoben worden sei. In der Folgezeit habe es auch eine Vielzahl von Telefonaten zwischen ihm und ihr gegeben, weil sie ihn mehrfach aufgefordert habe, nunmehr den Pass herauszugeben und ihm nicht geglaubt habe, dass dieser verloren gegangen sei. Eine Vergütung habe er für seine Dienste nicht erhalten. Lediglich 150 € an Transportkosten seien ihm erstattet worden, weil er für S2 auch den Transport von Gegenständen übernommen habe, die er bei ihren Verwandten in Weißrussland habe abliefern sollen und dies auch getan habe.
81Soweit die Einlassung von E in Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen steht, ist sie widerlegt.
82E hatte, wie die Kammer betreffend des eingestellten Falles 8 (Fallakte XI) der Anklage festgestellt hat, bereits seit dem Jahr 2001 Kontakte zu Passfälschern in Berlin. Der Angeklagte selbst hat angegeben, dass er bei einer Besprechung zwischen B2 und Ausweisfälschern in Berlin, die für B2 die griechischen Personalpapiere hergestellt hatten, zugegen war. Er habe B2 zu dem Treffen mit L2 in Berlin gefahren. B2 hat bestätigt, dass dieses Treffen tatsächlich im Jahr 2002 oder früher stattgefunden hat, weil die Zahlung in DM, nicht in Euro erfolgt sei. Die Kammer hat das Verfahren eingestellt und daher keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Angeklagte E über seine Fahrtätigkeit hinaus auch die Verbindung zu den Fälschern in Berlin vermittelt hat oder nicht. Fest steht in Übereinstimmung mit seiner Aussage und der von B2 jedenfalls, dass E spätestens seit diesem Treffen über die erforderlichen Kontakte zur Herstellung von falschen Ausweispapieren verfügte.
83Der Angeklagte hatte Mitte 2002 auch keine Arbeit. Gleichwohl entfaltete er eine rege Reisetätigkeit. Die Kammer hat durch Augenscheinseinnahme seines Reisepasses festgestellt, dass er unter anderem am 08. und 22.07.2002, am 22. und 23.08.2002 nach bzw. aus Polen Richtung Weißrussland ein- und ausgereist ist. Was der mittellose Angeklagte auf diesen Fahrten unternommen hat, hat er nicht erklärt. Er hat zudem eingeräumt, dass er auch schon im Jahr 2002 die später unter der Bezeichnung TKÜ 151/04 überwachte Mobiltelefonnummer genutzt hat, unter der es Gespräche zwischen ihm und S2 gab.
84Die gesondert verfolgte S2 war für die Kammer unerreichbar. Nach Erklärung der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft konnte bis zum Schluss der Hauptverhandlung der Verbindungsbeamte des Bundeskriminalamtes in Weißrussland den Aufenthaltsort von S2 nicht ermitteln. Die Kammer hat daher die Vernehmungsbeamten KHK V2 und KOK W vernommen. S2 hatte in ihrer Vernehmung vom 01.09.2004 erklärt, dass sie bereits 1998 aus Deutschland abgeschoben worden sei. Sie habe dann geplant, nach ihrer Heirat unter ihrem neuen Namen S2 nach Deutschland wieder einzureisen. Zunächst habe sie kein Visum erhalten, es aber später erreicht, über ein Touristenbüro an ein solches Visum zu gelangen. Nachdem sie erfahren habe, dass sie wegen ihrer Abschiebung sich illegal in Deutschland aufhalte, habe sie sich entschieden, einen falschen Pass zu beschaffen und zugleich ihren echten Pass mit einer Visumsverlängerung versehen zu lassen. Sie habe daher an einen Timur, der in Hamm wohne und unter der Rufnummer ####### erreichbar sei, 800 € und ein Foto, sowie ihren echten russischen Pass gegeben. Er habe ihr hierfür einen falschen litauischen Reisepass auf den Namen K ausgehändigt. Später sei dieser falsche Pass auch noch für jeweils 150 € mit einem Visumsstempel versehen worden. Ihren eigenen Pass habe sie nie mehr zurückerhalten.
85Zu diesem Zeitpunkt konnte die Zeugin keine konkreteren Angaben zur Person U6 machen. Erst nachdem sich der Verdacht gegenüber dem Angeklagten E im Zuge der Ermittlungen ergeben hatte, wurde die Zeugin erneut, und zwar am 15.11.2004, vom Zeugen KOK W vernommen. Bei einer Wahllichtbildvorlage identifizierte sie den Angeklagten E als die Person U6. Der Angeklagte E selbst hat sich zu diesem Spitznamen bekannt.
86Die Kammer überzeugt, dass der Angeklagte E der Zeugin den falschen Pass für 800 € beschafft hat. Die Zeugin hat sowohl den Spitznamen des Angeklagten, als auch seine Telefonnummer und seinen Wohnort bereits in ihrer ersten Vernehmung genannt, ohne den Angeklagten näher identifizieren zu können. Eine Falschbelastungstendenz fehlt demnach. Die objektiven Umstände sprechen zudem, wie dargestellt, dafür, dass der Angeklagte sich entschlossen hatte, mit Passfälschung sein Lebensunterhalt, zumindest teilweise zu bestreiten. Außerdem hat die Zeugin erklärt, sich nach ihrer Heirat, infolge derer sie ihren Familiennamen geändert hatte, erneut nach Deutschland begeben zu haben. Die Einlassung des Angeklagten, sie habe ihre echten Papiere für eine Heirat in Deutschland haben wollen, ist auch deswegen widerlegt. Soweit dem Angeklagten als Fälle 2) und 3) (Fallakte IX) der Anklage vorgeworfen wird, zweimal falsche Kontrollstempel in den Pass eingebracht zu haben, hat die Kammer das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO in der Hauptverhandlung vorläufig eingestellt.
87Nr. 2 = Fall 5 (Fallakte V) der Anklage
88Der Angeklagte E hat sich dahingehend eingelassen, dass er gemeinsam mit K2 und L5 nach Polen gefahren sei. Dies sei im Auftrage von B2 geschehen. B2 habe ihm gesagt, die zwei lettischen Frauen wollten illegal über die Grenze kommen und bei ihm, B2, im Bordell arbeiten. Er, E, habe als Dolmetscher fungieren sollen. Er habe damals niemanden gekannt, der Flussschleusungen machte. Man sei zweimal für diese Schleusung zur polnischen Grenze gefahren. Nach Polen sei er jedoch nicht herübergefahren, weil er nur ein Transitvisum gehabt habe, das ihn nicht zum Aufenthalt in Polen, sondern nur zur Durchfahrt berechtigt habe. L5 habe alles mit den Schleusern besprochen. K2 seien die Orte, insbesondere für die Aufnahme der geschleusten Frauen, gezeigt worden. Er selbst sei quasi als Auszubildender mitgefahren. Einen Tag später habe man die Prozedur wiederholt. Er selbst habe keine Verhandlungen geführt, jedoch 150 € für seine - letztlich nicht zum Tragen gekommene - Dolmetschertätigkeit von B2 erhalten. K2 habe die Frauen schließlich abgeholt und in einem Bordell nach England gebracht. Er selbst sei mit B2 gemeinsam im Zug zurückgefahren.
89Soweit die Einlassung des Angeklagten im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen steht, ist sie widerlegt.
90Die drei lettischen Frauen sind polizeilich vernommen worden. Für die Kammer waren die Zeuginnen zur Zeit der Hauptverhandlung unerreichbar. Diese sind abgeschoben, ihr jetziger Aufenthalt konnte trotz Ermittlungen durch die BKA-Verbindungsbeamten nach Auskunft der Staatsanwaltschaft nicht ermittelt werden. Die Kammer hat daher den Vernehmungsbeamten KHK M8 vernommen. Die Zeugin S2 und E2 haben übereinstimmend ausgesagt, sie hätten sich an B2 gewandt, weil sie erneut in einem seiner Bordelle hätten arbeiten wollen. Dieser habe bei einem Telefonat das Telefon an einen U6 weitergegeben. Dieser habe ihnen seine Telefonnummer genannt. Unter dieser Telefonnummer sei er später erreichbar gewesen. Insgesamt hätten E2 und S2 etwa 1.000 € Schulden für den Grenzübertritt bei B2. 500 € davon seien für U6 bestimmt gewesen. Bei ihren Vernehmungen im Jahr 2003 konnten beide Zeuginnen keine näheren Angaben zu der Person des U6 machen. Nachdem der Verdacht auf den Angeklagten E gefallen war und der Zeuge M8 eine Wahllichtbildvorlage mit der Zeugin S2 durchgeführt hat, hat diese den Angeklagten E als U6 wiedererkannt. Auch die Zeugin L4, die im Übrigen angegeben hat, sie sei in dem Bordell nicht der Prostitution nachgegangen, sondern sei zu Besuch gewesen, hat eingeräumt, dass die Telefonnummer ######## einem Bekannten namens U6 gehöre. Bei diesem befinde sich auch ihr Pass.
91Die Kammer glaubt den polizeilich vernommenen Zeuginnen E2 und S2, dass der Angeklagte E für sie die Schleusung organisierte. Der Angeklagte selbst hat eingeräumt, an der Organisation beteiligt gewesen zu sein. Er versucht lediglich seinen Tatbeitrag zu relativieren. Die Zeuginnen hatten aber im Jahr 2003 bei ihrer Erstvernehmung keinen Grund, den Angeklagten zu Unrecht zu belasten. Sie konnten keine näheren Angaben zu seiner Person machen, weil noch kein Verdacht auf eine konkrete Person gefallen war. Auch die objektiven Umstände, nämlich die Weitergabe der Telefonnummer, das Auffinden der Passkopie und die durchgängige Bezeichnung des Angeklagten als U6 sprechen für die Richtigkeit der Angaben von E2 und S2. Auch die Aussage der Zeugen L4 steht dem nicht entgegen. Sie wurde bei einer Razzia in dem Bordellbetrieb "D2" bei der Ausübung der Prostitution angetroffen. Die Angaben, die sie zu dem Angeklagten E gemacht haben, stehen jedenfalls nicht im Widerspruch zu der Feststellung der Kammer, dass E ihren Grenzübertritt organisierte.
92Nr. 3 = Fall 6 (Fallakte VI) der Anklage
93Der Angeklagte E hat eingeräumt, an der Schleusungshandlung beteiligt gewesen zu sein. Er habe jedoch kein Geld verdient, sondern nur Kosten erstattet. B2 habe ihn angerufen. Die Freundin seines Geschäftspartners P3, der auch Bordellbetreiber sei, sei in Warschau angekommen. B2 habe ihn, E, gebeten, eine Unterkunft zu vermitteln. Dies habe er auch getan. Er habe nämlich seinen Freund T4 in Polen angerufen. Dieser habe ihm die Telefonnummer eines I3 gegeben, der in Warschau wohne. I3 habe schließlich direkt organisiert, dass die beiden Frauen bei ihm übernachten könnten. Am nächsten Tag sei er, E, auf Bitten von B2 gemeinsam mit P3 und K2 nach G3 gefahren. Die Frauen hätten sich zu diesem Zeitpunkt in A/Polen befunden. In G3 sei es zu einem Treffen mit einem polnischen Schleuser gekommen. Er habe dort als Dolmetscher fungiert. Nachdem K2 telefonisch dem P3 gemeldet habe, dass er die beiden Frauen aufgenommen habe, habe P3 550 € oder 600 € an den polnischen Schleuser gegeben. Anschließend sei er mit P3 in dessen roten BMW der 3-er-Reihe zurück Richtung F2 gefahren. Richtig sei, dass ein Tausch der Frauen, wie von K2 angegeben, an einer Tankstelle stattgefunden habe. Er selbst habe 175 US-$ für seinen Freund in Warschau und 150 € für sich selbst erhalten. Die 175 US-$ habe er später gelegentlich einer Durchreise durch Polen bei I3 abgegeben. Die 150 € habe er von Y im Auftrag von B2 erhalten.
94Soweit die Einlassung im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen steht, ist sie widerlegt. Der Angeklagte E hat seine Tätigkeit im Wesentlichen eingeräumt. Wie bereits zuvor hat er jedoch versucht, seine Tatbeteiligung zu verharmlosen. Er habe lediglich uneigennützig B2 und P3 einen Gefallen getan. Die Einlassung des Angeklagten, dass er spontan die Unterkunft für die beiden geschleusten Frauen S3 und G5 und organisiert habe, glaubt ihm die Kammer nicht. In diesem Fall war er bereits zum zweiten Mal von B2 bei der Schleusung von Frauen hinzugezogen worden, die später in einem seiner Bordelle arbeiten wollten. E war es, der nach seiner eigenen Einlassung für eine Unterkunft für diese beiden Frauen sorgen konnte, weil er Kontakte in Polen hatte, die B2 oder P3 fehlten. Die Unterbringung der Frauen in Warschau ist aber kein Gefallen, sondern dies gehörte zu dem gemeinsam mit B2 und P3 gefassten Plan. Angesichts der Tatsache, dass die beiden geschleusten Frauen aus der Slowakei zunächst nach Polen gereist sind, ergibt sich, dass sie zumindest für eine gewisse Zeit dort untergebracht werden mussten, um den polnischen Schleusern eine Vorbereitungszeit für die tatsächliche Durchführung der Schleusung zu geben. Nach dem von E geschilderten Ablauf waren die Aufenthaltszeiten der Empfänger auf der deutschen Seite in G3 relativ kurz. Sie kamen erst zeitnah zu der durchgeführten Schleusung dort an. Es musste also von Anfang an davon ausgegangen werden, dass die beiden Frauen eine Unterkunft brauchen würden. Dass der Angeklagte E sich der Hilfe des I3 bedient hat, ergibt sich aus dem Telefonat zwischen I3 und B2 auf dem von der Polizei aufgrund richterlicher Anordnung unter der Bezeichnung "B2 4" überwachten Telefonanschluss #######. In dem Telefonat vom 14.10.2003 um 17:47 Uhr wird B2 von I3 aus Polen unter der Rufnummer ####### angerufen. Es entwickelt sich eine Diskussion darüber, dass I3 seine erheblichen Kosten noch nicht erstattet bekommen habe, obwohl die zwei "Gäste" laut "U7" schon angekommen sein. B2 gibt sich in dem Telefonat verwundert und behauptet, das Geld schon an U6 weitergegeben zu haben. Dieser sei aber unzuverlässig, weil er selbst kein Geld habe. Daraufhin macht B2 dem I3 den Vorschlag, beim "nächsten Mal" oder "demnächst" das Geld zu erhalten, denn er, B2, wolle "zwei" holen. Dies weist I3 zurück. Er erklärt, er könne diese zwei einige Tage verstecken, aber das "Holen", also die Schleusung, komme für ihn nicht in Frage. Die Kammer hat sich durch den Vergleich der Stimme von B2, den die Kammer als Zeugen vernommen hatte, mit dem Nutzer des überwachten Anschlusses Gewissheit darüber verschafft, dass tatsächlich B2 telefoniert. Der Angeklagte E hat erklärt, er erkenne zudem die Stimme von I3 auf dem Anschluss des Anrufers. Der Anruf von I3 zeigt, dass über den Angeklagten E feste Strukturen etabliert waren. Hätte es sich nur um einen einmaligen Freundschaftsdienst des I3 gehandelt, hätte er sich nicht an B2 zur Einforderung seiner Kosten gewandt. Die Tatsache, dass B2 ihm unbefangen anbietet, an der nächsten geplanten Schleusung zu partizipieren zeigt, dass E als Bindeglied zwischen den Schleusern und der Abnehmerseite fungierte. Da alle Beteiligten einem hohen Entdeckungsrisiko ausgesetzt sind, setzt dies ein großes Vertrauen auf beiden Seiten voraus, das es unmöglich macht, eine Person hinzuzuziehen, die nur wegen ihrer Sprachkenntnisse gelegentlich von der Abnehmerseite mitgenommen wird.
95Nr. 4 = Fall 7 (Fallakte VII) der Anklage
96Der Angeklagte E hat sich dahingehend eingelassen, dass er den Angeklagten N aus einem Café in C4 und auch aus dem Bordell "C3" in F seit drei Jahren oder mehr kenne. N sei nicht der Chef des "C3" gewesen, dies sei Z. Jedenfalls sei dies sein Eindruck gewesen, auch deswegen, weil die dort arbeitenden Frauen immer von Z, nicht jedoch von N als Chef gesprochen hätten. Ursprünglich habe er N nach Warschau in Ns Auto begleitet. N habe nach Warschau fahren wollen, um E3, seine Freundin, zu treffen. Unterwegs habe B2 angerufen und mitgeteilt, es sei auch "D5" unterwegs, sie, also E und N, sollten sie abholen. In Warschau angekommen, habe N etwas erledigt. Abschließend sei er mit dem Bus weiter nach Thorn gefahren. Er, E, habe in Ns Auto auf D5 gewartet. Sie sei getrampt und mit einem Lkw unterwegs gewesen. Etwa 80 km außerhalb von Warschau habe er D5 schließlich aufgenommen. Da er, E, eigentlich "Transit machen" musste, also durch Ein- und Ausreisestempel einen Transit durch Polen gegenüber den polnischen Behörden nachweisen musste, sei er mit dem Auto weiter nach Terespol, einem Grenzort zu Weißrussland, gefahren. In Terespol habe er D5 in einem Hotel untergebracht und ihr den Wagen nebst Autoschlüssel belassen. Er sei mit dem Zug über die Grenze nach Weißrussland gefahren. Am Folgetag sei er nach Terespol zurückgekehrt. In dem Hotel, in dem er zuvor D5 untergebracht hatte, seien inzwischen auch drei andere Frauen angekommen. Alle vier hätten beabsichtigt, illegal über die polnisch-deutsche Grenze nach Deutschland einzureisen. Mit dem Auto und den vier Frauen sei er zu N gefahren und habe auch diesen abgeholt. Anschließend hätte man sich gemeinsam nach A begeben. In A hätten K2 und L5, also Y, auf sie gewartet. Man sei um 01:00 Uhr nachts angekommen. N hätte sich gemeinsam mit seiner Freundin E3 ein Zimmer genommen. Am Morgen habe L5 erklärt, dass die Frauen am Folgetag morgens um 09:00 Uhr abgeholt würden. Er, E, sei am Folgetag jedoch erst um 10:00 Uhr wach geworden. Gegen Mittag sei er gemeinsam mit N in dessen Auto abgereist. Bei C11 sei er aus dem Zug gestiegen. Später habe er die von ihm transportierten Frauen im "C3" gesehen. Er sei lediglich mit nach Polen gefahren, um N zu helfen, sonst habe er alles kostenlos gemacht. Lediglich für seine Kosten habe er 300 € oder 400 € von N erhalten. Das Restgeld habe er N auch zurückgegeben. N habe für D5 nichts bezahlen wollen. Die Frauen habe er später in dem Bordell "C3" des Z als Prostituierte gesehen.
97N hat über seinen Verteidiger als seine Einlassung erklären lassen, dass er sich im Hotel in Polen mit seiner Freundin E3 habe treffen wollen. Diese stamme aus Russland. K2 habe er erst im Hotel in Polen kennen gelernt.
98In seiner persönlichen Einlassung am selben Verhandlungstag hat N erklärt, er sei bereits in einem Hotel gemeinsam mit E3 gewesen. Zehn Stunden später sei K2 angekommen, weitere drei Stunden später M6, also B5. Weil sie nicht genügend Geld gehabt habe, sei er gebeten worden, zu helfen. Die beiden Z B2, also Z und B2, hätten besprochen, dass er Geld auslegen solle. Er habe 150 € oder 200 € gegeben. Mit den Polen habe K2 verhandelt, auch U6 habe mitgesprochen. Schließlich sei K2 zurück über die Grenze nach Deutschland gefahren. Seine, N, Freundin E3 sei in Polen geblieben. Drei bis vier Mädchen hätten die Grenze überquert, K2 habe sie schließlich mitgenommen. Er, N, sei zusammen mit U6 zurückgefahren.
99In seiner polizeilichen Vernehmung vom 14.06.2005, die die Kammer ihm vorgehalten hat, hat er sich dahingehend eingelassen, dass er nur wegen E3 nach Polen gefahren sei, um sich dort mit ihr zu treffen. Rein zufällig habe er dort in dem Hotel, in dem er sich mit Ira aufgehalten habe, auch K2 getroffen. Er sei gemeinsam mit E nach Polen gefahren, weil E versprochen gehabt habe, E3 nach Deutschland zu bringen. K2 habe jedoch Frauen nach Deutschland für B2 holen wollen. Er habe Geldprobleme gehabt.
100Zudem hat er sich in seiner Vernehmung vom 14.06.2005 dahingehend eingelassen, dass im Frühjahr 2004 ein Imbiss in C4 betrieben habe. Dort sei P ein Mitarbeiter von ihm gewesen.
101In der Hauptverhandlung hingegen hat er erklärt, er kenne P seit etwa 2002 aus einer türkischen Teestube am C12 Platz in C4. Seine Einlassung aus dem Zwischenverfahren, P sei einer seiner Mitarbeiter, hat N in der Hauptverhandlung nicht wiederholt.
102Der Angeklagte P hat sich zu diesem Fall nicht im Zusammenhang eingelassen. Er hat jedoch zu einzelnen Telefonaten, die die Kammer in Augenschein genommen hat, teilweise Fragen beantwortet.
103Die Einlassungen der Angeklagten sind widerlegt, soweit sie im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen stehen. Aus der Gesamtschau der Beweismittel sind die Angeklagten der festgestellten Tat überführt.
104Der Angeklagte E hat, wie zuvor, seine Beteiligung eingeräumt. Jedoch hat er erneut seine Rolle zu verharmlosen versucht. Es ist bereits nicht nachvollziehbar, dass er mit dem Angeklagten N nach Polen gefahren ist, wenn er dort nicht geschäftliche Angelegenheiten zu regeln hatte. Wäre es nur um den Besuch von E3 gegangen, hätte N auch alleine nach Polen fahren können. Selbst wenn B2 N und E während ihrer Fahrt nach Polen angerufen und um die Organisation der Schleusung von vier Frauen gebeten hätte, hätte dies nur Sinn gehabt, wenn B2 bereits gewusst hätte, dass N und E hierzu auch in der Lage sind und die entsprechenden Kontakte hatten. Der von E geschilderte weitere tatsächliche Ablauf zeigt zudem, dass eine länger geplante Tat ausgeführt wurde. E hat sich nämlich nach seiner Einlassung mit M6, genannt B5, nach Terespol begeben. Nach seiner Rückkehr aus Weißrussland nach seinem formellen Grenzübertritt waren die vier zu schleusenden Frauen in dem von ihm ausgewählten Hotel. Diese Vorgehensweise zeugt von Planung und Koordination. M6 stammte aus Litauen, wurde von E in der Nähe von Warschau aufgenommen und nach Terespol transportiert. Dort konnte er nach dem Eintreffen der weiteren Frauen einen Sammeltransport nach Warschau und dann nach A durchführen, ohne weitere Fahrer organisieren zu müssen. E hat nicht angegeben, dass sich die drei weiteren Frauen aus Zufall in dem von ihm für M6 ausgesuchten Hotel befanden. Dafür spricht auch nichts.
105Der Angeklagte N hat allein zu diesem Fall drei verschiedene Einlassungen abgegeben, die sich teilweise widersprechen und insgesamt unglaubhaft sind. Zwar hat er eingeräumt, in Polen gewesen zu sein und sich an Schleusungshandlungen beteiligt zu haben. Seinen Aufenthalt in Polen erklärt er jedoch stets mit einem Besuch seiner Geliebten oder "Freundin" E3. Warum er zu diesem Schäferstündchen den Angeklagten E mitgenommen hat, bleibt jedoch offen. Zwar hat er in seiner polizeilichen Vernehmung erklärt, E habe ihr versprochen, sie nach Deutschland zu bringen. Jedoch hat N nicht erklärt, dass es auf dieser Fahrt überhaupt um konkrete Verabredungen für eine geplante Schleusung von E3 ging. Unglaubhaft ist auch die Einlassung, er habe sich zufällig mit K2 in dem selben Hotel in Polen getroffen. Zu seinem Verhältnis zu K2 hat er am selben Hauptverhandlungstermin zwei verschiedene Erklärungen abgegeben. Während er über seinen Verteidiger als seine Einlassung hat erklären lassen, er habe K2 überhaupt erst in dem Hotel in Polen kennen gelernt, hat er selbst erklärt, er sei um Geld für die Schleusung gebeten worden. Dies hätten die beiden Z B2 besprochen. Der Angeklagte will also erklären, er sei mit E3 zufällig in dem selben Hotel in Polen gewesen, in dem auch K2 auf die Ankunft der zu schleusenden Frauen wartete. Dann muss er, ebenfalls zufällig, mit diesem ins Gespräch gekommen sein, zufällig erfahren haben, dass es sich bei M6 um eine "Freundin" von B2 handelte, den er – zufällig bereits kannte. Dann habe er sich ohne Eigennutz bereit erklärt, sich an den Kosten der Schleusung zu beteiligen. An eine solche Häufung von Zufällen vermag die Kammer nicht zu glauben. Hinzu kommt, dass N sich zu diesem Fall umfassend eingelassen, jedoch nicht erklärt hat, warum und zu welchem Zweck er dem Angeklagten E seinen Pkw für die Fahrt nach Terespol zur Verfügung gestellt hatte, während er selbst mit dem Bus weiterfuhr. Die Kammer zieht aus dieser Teilentlassung des Angeklagten N den Schluss, dass N E das Fahrzeug zum Transport von M6 und der Abholung der drei unbekannt gebliebenen weißrussischen Frauen zur Verfügung gestellt hat, und dass er damit wusste, dass diese vier Frauen geschleust werden sollten. Wenn er dies wusste, ist die restliche Einlassung hinsichtlich des zufälligen Treffens und des zufälligen darlehensweisen Aushelfens mit Geld widerlegt.
106Die Angeklagten werden ihrer Täterschaft schließlich durch den Inhalt der von der Kammer durch Abspielen in Augenschein genommenen Telefonate des Anschlusses von E und B2 überführt. Der Angeklagte E hatte fast eine Woche zuvor, nämlich am 15.10.2003, an der Schleusung der Slowakin G5 und S3 ("L6 und K3") mitgewirkt. In dem bereits referierten Telefonat vom 14.10.2003 um 17:47 Uhr über den überwachten Anschluss B2 4 hatte B2 gegenüber I3 angekündigt, es werde demnächst eine weitere Fahrt, bei der er, B2, "zwei" holen wolle. Vor dem Grenzübertritt der vier Frauen um B5 gab es spätestens ab dem 19.10.2003 eine Reihe von Telefonaten zwischen B2, E, P, N und K2. In dem Telefonat vom 19.10.2003 um 17:01 Uhr berichtet E von dem überwachten Anschluss TKÜ 151 dem B2 auf dessen überwachten Anschluss B2 4, dass einige "rüberkommen" wollten. Er erklärt, er wolle ein polnisches Visum in Köln beschaffen und anschließend nach Polen weiterfahren. B2 entgegnet hierauf, dann könne er gleich "Sachen" mitnehmen. Im Laufe des Gespräches erklärt E, er wolle sich von B2 500 € leihen. B2 sagt 200 € zu. Beide diskutieren darüber, dass die "Kurzhaarige" diese Woche kommen wolle. Ein Fehler dürfe nicht passieren. Die Kammer hat sich durch Vergleich der Stimmen von B2 und E mit den Stimmen der Sprecher darüber Gewissheit verschafft, dass diese das Gespräch führen. E hat dies zudem auch selbst eingeräumt. Bereits aus diesem Telefonat ergibt sich, dass N und E nicht spontan zu einem Besuch von E3 nach Polen gefahren sind, sondern dass E den Polenbesuch bereits mit B2 Tage zuvor abgestimmt hatte. Bei der Kurzhaarigen handelt es sich nach Überzeugung der Kammer um M6, genannt B5. B2 hat in seiner Zeugenvernehmung eingeräumt, dass er die Schleusung von M6 in Auftrag gegeben hat. Durch Augenscheinseinnahme des Passfotos von M6 und Vorhalt gegenüber E und der Zeugin S4 hat sich die Kammer zudem darüber Gewissheit verschafft, dass M6 als "Kurzhaarige" in Frage kommt, weil sie ihr Haar - zumindest auf dem Passfoto - kurz trug. Auf das in Augenschein genommene Lichtbild (Kopie der Ausländerakte in Fallakte VII) wird Bezug genommen.
107Am 19.10.2003 um 19:28 Uhr kommt es zu einem Telefonat zwischen B2 und E auf denselben zuvor genutzten Leitungen. Die Kammer hat sich durch Stimmvergleich von der Identität der Sprecher überzeugt. E hat dies zudem bestätigt. In diesem Telefonat erklärt E, dass er morgen, also am 20.10.2003, für zwei bis drei Tage nach Polen fahre. B2 erklärt, er habe bereits jemanden, der zwei Leute billig die Papiere fertig mache. Es folgt ein Streitgespräch darüber, dass man sich eigentlich an diesem Abend treffen wollte, B2 dies aber falsch verstanden hatte.
108Am 20.10.2003 um 16:48 Uhr telefonieren B2 und E auf denselben Leitungen wie zuvor miteinander. In diesem Telefonat werden die Modalitäten des Grenzübertritts nach Polen besprochen. B2 erklärt, E solle "sie" aus Warschau abholen. E gibt zu bedenken, dass dann aber "sechs Leute im Auto" sein werden. Dies lässt sich in Einklang bringen mit der Einlassung von E, er habe zunächst die vier Frauen in Terespol abgeholt und sodann noch N auf dem Rückweg in Warschau abgeholt.
109Am 21.10.2003 befindet sich E absprachegemäß in Polen. Es kommt um 16:57 Uhr zu einem Telefonat zwischen ihm und B2, der ihn vom überwachten Anschluss B2 4 auf der polnischen Rufnummer ######### anruft. Beide besprechen, dass E auf dem Weg Richtung Weißrussland ist. Er gibt an, dass er das Mädchen vorhin abgeholt und ins Hotel gebracht und ihr den Autoschlüssel gegeben habe. Er habe das Hotel bezahlt und extra 250 km Umweg gemacht. Wenn morgen die anderen auch da seien, werde er alle mitnehmen und auf die andere Seite bringen. Die Kammer hat sich durch Stimmvergleich davon überzeugt, dass E und B2 das Gespräch führen. E hatte dies zudem in der Hauptverhandlung bestätigt. Aus diesem Telefonat wird deutlich, dass die Schleusung der vier Frauen von B2 und E geplant waren. Dieses Telefonat knüpft an die bereits referierten Vorgespräche an. Dass auch die anderen Angeklagten in Planung und Ausführung gleichermaßen eingebunden waren, ergibt sich aus den folgenden Telefonaten.
110Am 22.10.2003 um 17:09 Uhr ruft B2 von dem überwachten Anschluss B2 4
111E auf demselben Anschluss wie zuvor referiert an. Er fragt nach dem Sachstand. E teilt mit, dass er am heutigen Nachmittag, also am 22.10., Nachricht geben könne, um welche Uhrzeit sie morgen losfahren würden. E teilt mit, dass sie sich erst um 09:00 Uhr mit dem "Freund von P" treffen und anschließend losfahren werde. Die Kammer hat, wie zuvor, die Stimmen von B2 und E verglichen. Dieser hat zudem eingeräumt, das referierte Telefonat geführt zu haben. Ein "Freund von P" war in Person des Angeklagten N in Polen, mit dem E die Abfahrtszeit abstimmen konnte. Die Einbindung von P selbst ergibt sich aus dem Telefonat vom 23.10.2003 um 09:13 Uhr. B2 wird auf dem überwachten Anschluss B2 4 von P von dessen Mobiltelefon ####### angerufen. P berichtet, dass "es bei dir eins und bei mir drei sind". "Bruder N" sei jetzt dort. Die Kammer hat sich durch Vergleich der Stimmen von B2 und P mit den Sprechern in dem referierten Telefonat Gewissheit darüber verschafft, dass beide dieses Telefonat miteinander führen. Etwa dreißig Minuten später, um 09:42 Uhr ruft B2 von dem überwachten Anschluss B2 4
112P auf dem zuvor benutzten Anschluss ####### an. Er beklagt sich darüber, dass er "die Gurke" nicht erreichen könne. Er weist P an, dieser solle "N" anrufen. P teilt mit, dass N erst mit den Leuten sprechen wolle, die sie von drüben bringen. Dann wolle N mit K2 sprechen. Sobald dies alles geklärt sei, werde sich N bei B2 melden, wann und wie sie herüberkämen. B2 fragt erstaunt, ob N und U6 hinreichend Deutsch könnten. P teilt mit, dass beide schlecht Deutsch sprächen, woraufhin sich B2 wundert, wie dann die Verhandlungen geführt werden sollen. Die Kammer hat sich, wie zuvor, durch Vergleich der Stimmen von B2 und P mit den Stimmen der Sprecher in dem Telefonat von der Identität überzeugt. P hat zudem in der Hauptverhandlung eingeräumt, in diesem Telefonat den Anschluss ######## genutzt zu haben. Durch dieses Telefonat wird deutlich, dass B2, P, N, N und K2 gleichermaßen in die Organisation der Schleusungshandlung eingebunden sind. P ist bei dem Kontrollanruf von B2 über den gesamten Sachverhalt informiert. Er weiß zudem zu berichten, dass N, also der Angeklagte N, zunächst Verhandlungen über die Einzelheiten der Schleusung führen will. Die Einzelheiten der Schleusung will N dann anschließend an K2 weitergeben. Daran zeigt sich, dass N im gewissen Maße weisungsbefugt gegenüber K2 war. Zudem ergibt sich hieraus, dass seine Einlassung, er habe lediglich zufällig K2 getroffen und etwas Geld geliehen, eine Schutzbehauptung ist. Die Schleusung war von E und B2 bereits Tage zuvor besprochen worden. P berichtet in dem Telefonat unbefangen gegenüber B2, dass erst noch Verhandlungen zu führen sind. Zum Führen dieser Verhandlungen ist ersichtlich N auch berechtigt. B2 hat hiergegen keine Einwände, er hat lediglich die Sorge, dass E und N mit ihren schlechten Deutschkenntnissen Probleme bei der Verhandlung haben werden.
113Derartige Probleme sind aber tatsächlich deswegen nicht aufgetreten, weil E die Sprachen sämtlicher hier Beteiligter hinreichend gut spricht und daher idealerweise als Knotenpunkt für die Organisation der Schleusung dienen konnte. Er spricht, wie er selbst angegeben hat, neben Aserbaidschanisch auch Russisch, Türkisch und etwas Polnisch.
114Die Verhandlungen waren spätestens am 23.10.2003 um 16:14 Uhr beendet. Zu diesem Zeitpunkt ruft nämlich B2 von seinem überwachten Anschluss B2 4 auf dem von E bereits zuvor genutzten polnischen Telefonanschluss ########## an. E berichtet, dass man morgen aufbrechen könne. Es entfaltet sich eine Diskussion darüber, ob K2 bereits dort sei. B2 ist ungehalten darüber, dass sich "N und U6" nicht abgesprochen hätten. Daraufhin gibt E das Telefon an N weiter. N und B2 diskutieren dann darüber, dass N derzeit nur "200" habe. Er hatte "1.500", müsse aber morgen die Leute bezahlen und die Sache erledigen. Deswegen habe er nach Deutschland angerufen, damit man ihm Geld schicke. Er gehe jetzt zur Bank. B2 und N besprechen weiter, dass K2 am Folgetag um 11:00 Uhr oder 12:00 Uhr "drüben" warten müsse. U6 werde in Polen bleiben. Gezahlt werde erst, wenn K2 die Sache auf der anderen Seite übernommen habe, nach einem Anruf von N. Die Kammer hat sich durch den Vergleich der Stimmen von B2, N und E mit den Gesprächspartnern des referierten Telefonates von deren Identität überzeugt. Der Angeklagte E hat zudem bestätigt, dass er selbst den polnischen Anschluss nutzt, sich mit B2 unterhalten und sodann das Telefon an N weitergereicht hat. Insbesondere die Stimme von N ist für die Kammer gut zu erkennen gewesen, weil N jeweils dann, wenn er sich aufregt, dazu neigt, seine Stimme entgleisen zu lassen und hysterisch zu klingen. Diese Eigenheit von Ns Sprechweise konnte die Kammer in der Hauptverhandlung selbst hören.
115Aus diesem Telefonat wird in der Zusammenschau mit den zuvor referierten Telefonaten deutlich, dass N nicht, wie von ihm vorgetragen, 150 € oder 200 € fremdnützig geliehen hat. Vielmehr war er in eigenem wirtschaftlichen Interesse an der Schleusung beteiligt. Dies zeigt sich auch darin, dass er von den 1.500 €, die er zur Verfügung gehabt hatte, nur noch 200 € am Tag vor der Schleusung behalten hatte und deshalb gezwungen war, sich weiteres Geld überweisen zu lassen. Hierzu war er auch in der Lage; denn er teilt B2 mit, dass er bereits entsprechende Anweisungen erteilt habe. Auch aus dem geplanten Ablauf der Schleusung ergibt sich, dass N eine kontrollierende und eigennützige Funktion bei der Schleusung hat. Er ist es nämlich, so teilte er selbst B2 mit, der den Zeitpunkt bestimme, zu dem das Geld an die Schleuser weitergereicht wird. Dieser Zeitpunkt sollte erst eintreten, nachdem K2 von der deutschen Seite aus Vollzug der Schleusung meldete.
116Um 16:16 Uhr an demselben Tag, also zwei Minuten später, ruft B2 erneut von dem Anschluss B2 4 auf E polnischem Mobilfunkanschluss an. B2 hatte zwischenzeitlich abgeklärt, wo sich K2 aufhielt, den er zuvor gesucht hatte. Er teilt E mit, dass K2 im Moment in A bei L6 sei, weil er dort übernachten könne. Treffpunkt sei dort vor dem Bahnhof, und zwar dort, wo er "immer" warte. Die Kammer hat sich durch Stimmvergleich und Befragung des Angeklagten E von der Identität der Sprecher überzeugt. Aus diesem Telefonat ergibt sich, dass die Gruppe um B2 nicht die erste Schleusung durchführt, denn K2 soll dort warten, wo er immer wartet.
117Am 23.10.2003 um 19:35 Uhr ruft E von seinem polnischen Telefon ######### B2 auf dem überwachten Anschluss B2 4 an. Es wird besprochen, dass K2 und L6 auf dem Weg zu U6, zum Hotel L10, Zimmer #, seien. E berichtet, dass im Moment nur ein Auto herüberfahren könne. Es sei "eine für B2 und drei für N". B2 ordnete daraufhin an, dass "das Mädchen" mit K2 fahren solle. Bei diesem "Mädchen" handelt es sich um B5. Denn zuvor hatte sich B2 ausdrücklich bei E dafür eingesetzt, dass E auf sie aufpassen solle. Er solle darauf achten, dass der "schwule N" bloß das Mädchen in Ruhe lassen solle. Das Mädchen sei schließlich mit "T" zusammen. Er werde N andernfalls "in den Arsch ficken lassen".
118"T" war der Spitzname von B2, wie er der Kammer in seiner Vernehmung bestätigt hat. Auch die Zeugin S4, die in einem Bordell von B2 in F2 der Prostitution nachgegangen ist, hat der Kammer in ihrer Vernehmung bestätigt, dass B2 "T" genannt wurde. Die Kammer hat die Stimmen von B2 und E, wie zuvor, verglichen. Im Übrigen hat E bestätigt, dieses Telefonat geführt zu haben. Aus diesem Telefonat wird deutlich, dass es B2 im Wesentlichen darum ging, dass M6 über die Grenze gebracht wurde. An ihr hatte er, wie sich an den in Richtung N ausgesprochenen Bedrohungen zeigt, ein persönliches Interesse. Gleichwohl betrachtete er die vier Frauen als "Gesamtlieferung". An der von E referierten Aufteilung der vier Frauen, und zwar eine für B2, bei der es sich um M6 handelt, und "drei für N", zeigt sich, dass N ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Zustandekommen der Schleusung hatte. Dies lässt sich auch in Einklang bringen mit dem bereits referierten Telefonat, in dem N berichtet, dass er sich weiteres Geld für die Schleusung beschaffen muss.
119Diese war um 11:08 Uhr am 24.10.2003 spätestens erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt ruft B2 von seinem Anschluss B2 4 auf Es polnischem Telefonanschluss ######## an und erreicht zunächst E. Dieser gibt das Telefon an N weiter. B2 teilt N mit, dass K2 sie empfangen habe, N könne jetzt das Geld zahlen. Die Kammer hat sich durch den Vergleich der Stimmen der Sprecher mit denjenigen von B2, E und N von der Identität der Sprecher überzeugt. Aus diesem Telefonat leitet die Kammer ab, dass entsprechend dem am 23.10.2003 in dem Telefonat ab 16:14 Uhr besprochenen Plan die Zahlung des Schleusungsentgeltes durch N nach der Übernahme der vier Frauen durch K2 erfolgte. N in der Hauptverhandlung über seinen Verteidiger abgegebene Einlassung, es sei kein Geld gezahlt worden, ist durch die Gesamtheit der referierten Telefonate widerlegt. Seine Einlassung, er sei zu einem Schäferstündchen nach Polen gefahren und dort zufällig in die Schleusung hineingeraten und habe ein Darlehen von 150 € oder 200 € zur Verfügung gestellt, steht im Widerspruch zu seinem eigenen am Telefon von ihm selbst gegenüber den Mittätern erklärtem Verhalten, wie es die Kammer festgestellt hat.
120Zudem hat der als Fahrer fungierende gesondert verfolgte Zeuge K2 bestätigt, dass er von B2 den Auftrag hatte, vier Frauen auf der deutschen Seite der polnisch-deutschen Grenze abzuholen. Diese seien für das Bordell in C5 bestimmt gewesen. N und U6 seien in dem Hotel dabei gewesen. An eine E3 genannte Freundin von N könne er sich nicht erinnern. Diese Aussage von K2 lässt sich mit den referierten Telefonaten in Einklang bringen. Soweit die Verteidigung die Auffassung vertritt, K2 könne wegen eines Grades der Behinderung (GdB) von 60 und einer von ihm vorgetragenen "psychischen Verhaltensstörung" keine sinngetragene Aussage machen, vermag sich die Kammer dieser Auffassung nicht anzuschließen. Die Kammer kann sich ohne sich sachverständiger Hilfe zu bedienen, feststellen, dass der Zeuge K2 aussagetüchtig war. Die Kammer hat ihm seine eigenen Aussagen aus dem Ermittlungsverfahren vorgehalten und Widersprüche mit ihm erörtert. Diese wusste der Zeuge auszuräumen. Er war während seiner Vernehmung vollständig orientiert. Dies kann die Kammer, weil die Würdigung von Zeugenaussagen zum Kernbereich der tatrichterlichen Würdigung gehört, aus eigener Sachkunde beurteilen. Anhaltspunkte dafür, dass ausnahmsweise die Hinzuziehung eines Sachverständigen geboten gewesen wäre, liegen nicht vor. Dass der Zeuge überhaupt einen GdB wegen einer psychischen Verhaltensstörung zugewiesen bekommen hat, wurde ihm vom Verteidiger des Angeklagten P erst am Ende der Vernehmung vorgehalten. Es ist auch nicht vorgetragen worden, welche Art der psychischen Erkrankung der Zeuge haben sollte, die ihn seiner Wahrnehmungs- und Merkfähigkeit derart beeinträchtigen könnten, dass er Personen, Zeiten und Ereignisse nicht in richtiger Weise erinnert. Seine Aussage lässt sich zudem mit weiteren, von der Kammer in Augenschein genommenen Telefonaten vom 24.10.2003 in Einklang bringen. B2 wird an diesem Tag um 11:31 Uhr, nachdem er zuvor an N mitgeteilt hatte, dass das Schleusungsentgelt gezahlt werden könne, von K2 von dessen Mobilanschluss ########## angerufen. K2 berichtet, dass "sie total nass im Auto sitzen". Man werde zunächst zum nächsten Parkplatz fahren, um sich umzuziehen. Dann gibt er das Telefon an eine Frau weiter. Diese turtelt auf Deutsch mit B2 und bestreitet auf Vorhalt von B2, mit irgendjemandem Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Anschließend reicht sie das Telefon an K2 zurück, der sich bei B2 erkundigt, wohin die Frauen gebracht werden sollen. B2 erklärt: "Alle bei uns." Die Kammer hat sich durch Vergleich der Stimmen von B2 und K2 mit denjenigen der Sprecher von deren Identität überzeugt. Bei der weiblichen Stimme handelt es sich um diejenige von M6, genannt B5. Dies ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang. B2 hatte in dem Telefonat um 19:35 Uhr am 23.10.2003 ausdrücklich gegenüber E seine Sorge darüber geäußert, dass es zu sexuellen Kontakten zwischen N und "dem Mädchen", dass mit "T" zusammen sei, kommen könne. In diesem Telefonat erhielt JK2 die Anweisung, zunächst alle vier Frauen in ein Bordell von B2 zu bringen. Dies hatte der Zeuge JK2 in seiner Vernehmung vor der Kammer ohne Vorhalt der Telefonüberwachung bestätigt. Er hat zudem erklärt, dass er anderslautende Anweisungen von N erhalten hatte und deswegen erneut mit B2, der sein Chef gewesen sei, Rücksprache genommen habe. Eben dies wird in dem Telefonat vom 24.10.2003 um 13.14 Uhr zwischen B2 und K2 bestätigt. K2 ruft von seinem Telefon ########## B2 auf dessen unter der Bezeichnung B2 4 überwachten Telefon an. K2 teilt mit, dass der nur B5 bringen werde. Die anderen sollten auf Anweisung von N nach P2, "vielleicht zu P". B2 ordnet daraufhin an, dass K2 das tun solle, was er sage. Er wäre doch wohl sein Chef. Er solle N sagen, N solle nach F2 kommen, die 200 € bezahlen, sonst bekomme er sie nicht. Anschließend wird das Telefon an B5 weitergereicht. B2 und sie turteln am Telefon. B2 erklärt noch, dass er 300 € für sie bezahlt habe. Die Kammer hat sich durch Vergleich der Stimmen von B2 und K2 mit den Sprechern in dem Telefonat von der Identität überzeugt. Aus dem Zusammenhang ergibt sich zudem, dass die Frau, mit der sich B2 in der Folge unterhält, B5 ist. Diese Frau hat dieselbe Stimme wie die Frau in dem Telefonat vom 24.10.2003 um 11:31 Uhr, wie die Kammer durch Stimmenvergleich festgestellt hat. Die von K2 in seiner Vernehmung berichtete Diskussion spielt sich in dem referierten Telefonat wieder. N hatte K2 Anweisung gegeben, drei der vier Frauen nach P2 zu bringen. Dies lässt sich in Einklang bringen mit den Feststellungen der Kammer, dass N ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Gelingen der Schleusung hatte. Es konnte zwar nicht festgestellt werden, inwieweit N die drei geschleusten Frauen als Prostituierte für sich wollte arbeiten lassen oder nicht. Dies auch deshalb, weil der Angeklagte E erklärt hat, die drei anderen Frauen im Bordell "C3", das von Z betrieben wurde, gesehen zu haben. Jedoch hatte er während der Vorbereitung der Schleusung bereits erklärt, dass er entscheiden werde, wann das Schleusungsentgelt gezahlt werden könne. Grundsätzlich verfügte er auch über die erforderliche Autorität gegenüber K2, Anweisungen zu erteilen. Denn dies veranlasste K2, bei B2, den er als seinen Chef ansah, nachzufragen, was er tun solle. Dass B2 sich gegenüber N einer Art Zurückbehaltungsrecht an den Frauen vorbehielt, ergibt sich aus dem Telefonat vom 24.10.2003 um 16:14 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt ruft B2 von seinem Anschluss B2 4 auf dem überwachten Anschluss von E TKÜ 151 an. Die Kammer hat, wie zuvor, die Stimmen von B2 und E mit denjenigen der Sprecher verglichen. E hatte zudem bestätigt, dass er dieses Telefonat mit B2 führt. In dem genannten Telefonat fordert B2, dass auch die "Gurke" bezahlt werde, etwa "200" solle er bekommen. Schließlich würde er ja sonst immer bezahlen. Mit der Gurke ist K2 gemeint. Wie K2 in seiner Vernehmung bestätigt hat, erhielt er von B2 pro Fahrt mindestens 100 € Lohn und den Ersatz seiner Benzinkosten. In dem genannten Telefonat um 16:14 Uhr erklärt B2 gegenüber E, die Frauen sollten insgesamt erst einmal zu ihm gebracht werden, nicht nach P2, denn es gebe etwas zu bereden, er habe deswegen die Frauen schon einmal "entführt".
121Nr. 5 = Fall 9 (Fallakte I) der Anklage
122Der Angeklagte E hat sich zu diesem Fall dahingehend eingelassen, dass er mit "B6 und P3" in Minsk telefoniert hatte. Sie hätten dort auf ein Schengen-Visum gewartet. Als sie dann in Polen eingetroffen waren, hätten sie P nicht erreichen können und stattdessen ihn angerufen. B6 sei die Freundin von P. Das wisse er deswegen, weil er einmal bei einer Reise nach Minsk von P Geschenke für B6 mitgenommen habe. P kenne er aus irgendeiner Bar. Die Geschenke habe er irgendwann im Laufe des Jahres 2004 überbracht. Irgendwann hätten P und N sie dann abgeholt. Er kenne auch den Schleuser U4. Den hätte er einmal persönlich zusammen mit T3 später kennen gelernt. Richtig sei, dass er U4 gebeten habe, die Mädchen über die Grenze zu bringen, als sie P nicht hätten erreichen können. Hierfür habe er nichts bekommen. Das sie tatsächlich abgeholt wurden, wisse er deswegen, weil er angerufen worden sei. Er kenne auch einen T5. Dieser sei Taxifahrer, der habe den Mädchen in Minsk eine Wohnung besorgt. Es sei auch richtig, dass er von T5 angerufen worden sei wegen der Kosten, die die Mädchen verursacht hätten. T5 wiederum kenne er über B6. T5 habe B6 damals, als er in Minsk gewesen sei, gefahren. B6 habe er später im Bordell "C3" einmal gesehen. In wessen Auto die Frauen transportiert worden seien, wisse er nicht.
123Der Angeklagte N hat sich in der Hauptverhandlung über seinen Verteidiger dahingehend eingelassen, dass er mit P zur deutsch-polnischen Grenze gefahren sei. B6 sei die Freundin von P gewesen. Seine Information sei zunächst gewesen, dass beide Frauen über ein Visum verfügt hätten. Er sei schließlich selbst nach Polen gefahren und habe Kontakt aufgenommen. Dort habe er feststellen müssen, dass die Frauen doch keine Visa hatten. Er habe deshalb das Gepäck der Frauen mitgenommen. Die Frauen sollten allein illegal über die sogenannte "grüne Grenze" kommen. Das sei nicht geglückt. Er, N, habe erst später gehört, dass sie ein oder zwei Wochen später legal nach Deutschland eingereist seien. Dies habe er von P erfahren. Sodann hat N selbst erklärt, er habe Angst, alleine Auto zu fahren, da er drei bis vier Unfälle gehabt habe.
124In seiner Vernehmung im Zwischenverfahren am 14.06.2004 hat der Angeklagte N sich dahingehend eingelassen, dass etwa zwei bis drei Monate vor der Sache mit "I4" (Fall 10 und 11 (Fallakte III)) habe Ps Freundin angerufen. Bei dieser handele es sich um eine Russin, die sich damals in Polen aufhielt. Ihren Namen wisse er nicht. P habe ihn um Hilfe gebeten, man sei gemeinsam zur deutsch-polnischen Grenze gefahren und habe auf der deutschen Seite gewartet, P habe mit seiner Freundin telefoniert. Sie habe Deutsch gekonnt. Sie habe ihm gesagt, dass sie nicht ausreisen durfte. Dann hätten P und er vereinbart, dass er, N, zu ihr nach Polen fahre und mit ihr rede. Er sei allein gefahren, weil er als Deutscher die Grenze mit seinem Personalausweis habe überqueren können, P als Türke habe ein Visum gebraucht, das er nicht gehabt habe. In Polen habe ihm P Freundin dann Koffer und Taschen gegeben, die er in seinem Auto mit nach Deutschland genommen habe. Auf dem Rückweg seien er und P dann von der Polizei kontrolliert und nach den Koffern gefragt worden. P habe erklärt, dass die seiner Freundin gehörten. Später sei P dann in C4 in den Zug nach P2 gestiegen und habe die Koffer mitgenommen. Er und P hätten in den Wochen einige Male telefoniert. Er habe auch erzählt, dass seine Freundin ein bis zwei Monate später auch nach Deutschland gekommen sei. Was mit ihr passiert sei, wisse er nicht.
125Der Angeklagte P hat sich über seinen Verteidiger dahingehend eingelassen, dass er und N Anfang April 2004 mit dem Pkw nach Guben gefahren sei. Dort hätte sich zu der Zeit seine Freundin B6 aufgehalten. Er sei mitgefahren, um B6 von dort abzuholen. In Guben habe N ihn in einem türkischen Imbiss auf der deutschen Seite abgesetzt. Er, P, habe kein Visum gehabt und habe daher nicht in den polnischen Teil Gubens reisen können. N sei anschließend allein herübergefahren und habe sich mit zwei Frauen getroffen, wovon eine B6 gewesen sei. Kurze Zeit später sei N allein zu ihm in den Imbiss in dem deutschen Teil Gubens zurückgekehrt und habe erzählt, dass die Frauen nicht wie geplant über die Grenze hätten fahren können, da es Visumsprobleme gegeben habe. Die Frauen hätten nun über die grüne Grenze kommen wollen. Dort hätten N und er auf die Frauen gewartet, die jedoch nicht eingetroffen seien. Daraufhin seien er und N allein zurückgefahren. Die Freundin B6 sei einige Tage später ohne seine Mithilfe nach Deutschland gekommen.
126Die Einlassungen der Angeklagten sind, soweit sie im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen stehen, widerlegt.
127Zunächst hat der Angeklagte E, wie bereits zuvor eingeräumt, an der Organisation und Koordination der Schleusung beteiligt gewesen zu sein. Auch hier hat er erneut erklärt, er habe ein wirtschaftliches Interesse nicht gehabt. Jedoch ist er nach seiner eigenen Einlassung derjenige, der von Bekannten und früheren Mittätern herangezogen wird, wenn der Bedarf nach einer Schleusung besteht. Der Angeklagte E hat zur Tatzeit lediglich Sozialleistungen erhalten. Gleichwohl hielt er sich, wie er selbst angegeben hat, regelmäßig in Polen und Weißrussland auf. Er hat im Jahr 2004 nach der von der Kammer verlesenen Auskunft der Westerunion Financial Services GmbH im großen Umfang Geld nach Weißrussland hauptsächlich zu seiner Frau C überwiesen, und zwar bei 19 Überweisungen im Jahr 2004 über insgesamt 4890 €. Legale Einkommensquellen hat er nicht offengelegt. Selbst wenn es, wie er über eine Erklärung seines Verteidigers behauptet, so sein sollte, dass er noch Geldmittel aus Weißrussland nach Deutschland gebracht hatte, so wäre es nicht erklärbar, warum er in Deutschland schlecht bezahlte Stellen annahm und überhaupt hier verweilte, zumal er sich doch von seiner deutschen Frau bereits seit langer Zeit getrennt und auch hier keine neue Familie gegründet hatte. In seinem erlernten hochqualifizierten akademischen Beruf konnte er in Deutschland nicht arbeiten. Die Tätigkeit von E bei der Koordination und Organisation ist nach Überzeugung der Kammer nur dadurch zu erklären, dass er seinen Lebensunterhalt damit finanzieren wollte. Dass es sich um eine längerfristig und detailliert geplante Schleusung handelte, ergibt sich aus den von der Kammer in Augenschein genommenen Telefonaten der Telefonüberwachung TKÜ 151/04 (dazu unten).
128Die Einlassungen der Angeklagten N und P in der Hauptverhandlung stehen zueinander im Widerspruch, diejenige von N steht zudem im Widerspruch zu seiner Einlassung vom 14.06.2005. Während Mumcu in seiner polizeilichen Vernehmung erklärt, er habe den Namen von Ps Freundin nicht gekannt, obwohl er mit ihr gesprochen haben will, hat er in seiner Einlassung in der Hauptverhandlung erklären lassen, B6 sei die Freundin von P gewesen. Zwar mag es sein, dass er diesen Namen nach Kenntnisnahme von der Anklageschrift erstmals erfahren haben kann. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, wie N mit seinen schlechten Deutschkenntnissen, von denen sich die Kammer überzeugen konnte, mit einer Russin, die ebenfalls gebrochen Deutsch spricht, eine Unterredung in Polen ganz allein geführt haben will, ohne überhaupt ihren Namen zu kennen. Eingeräumt haben sowohl P als auch N, dass sie Transportleistungen für B6 und P3 übernommen haben, indem N das Gepäck aus Polen heraustransportierte und P und N es innerhalb Deutschlands weitertransportierten. Zudem haben sie eingeräumt, dass sie wussten, dass beide Frauen illegal über die Grenze kommen sollten und sich in Deutschland nicht aufhalten durften. Aus der Teileinlassung des Angeklagten P, dass es sich bei B6 um seine "Freundin" gehandelt habe, die er nach ihrem illegalen Grenzübertritt von der Grenze abholen wollte, schließt die Kammer, dass er ihr auch in Deutschland bei ihrem Aufenthalt weiter behilflich sein wollte. Dafür spricht, dass er, von N behauptet und von ihm nicht bestritten, obwohl er sich in diesem Fall zur Sache eingelassen hat, das Gepäck von B6 mit an seinen Wohnort genommen hat. Während N in seiner polizeilichen Vernehmung erklärt, er habe später von P gehört, dass seine Freundin ein bis zwei Monate nach den Ereignissen Anfang April nach Deutschland gekommen sei, hat er in der Hauptverhandlung erklärt, es seien ein bis zwei Wochen später gewesen, der Grenzübertritt sei legal erfolgt.
129Nach der Einlassung von P ist der Grenzübertritt einige Tage nach der gemeinsamen Fahrt von N und P nach Guben erfolgt. Der Angeklagte P, der sich ansonsten zur Sache im Fall 9 der Anklage einlässt, gibt keine Erklärung dazu ab, ob der Grenzübertritt legal oder illegal erfolgt sein soll. Da P selbst einräumt, von dem Grenzübertritt erfahren zu haben, ist die Kammer auch überzeugt, dass er, wäre der Grenzübertritt legal erfolgt, dies in seiner Einlassung angegeben hätte. Zudem hatte er den illegalen Grenzübertritt bereits dadurch vorbereitet, dass er am 23.03.2004 von P2 aus, wie die Kammer durch Verlesung der Auskunft der Western Union GmbH vom 13.09.2005 festgestellt hat, an eine P3 in Weissrußland per Western Union-Überweisung 90 € überwiesen hatte. Wie die Kammer mit den Verfahrensbeteiligten erörtert hat, waren dafür von ihm Entgelte von etwa 14,50 € zu entrichten. Über die Entgelte hat sich die Kammer auf der Internetseite der Reisebank www.reisebank.de informiert, die in Deutschland als Dienstleister für Western Union tätig ist, und dies in der Hauptverhandlung den Angeklagten vorgehalten.
130Aus der Augenscheinseinnahme der abgehörten Telefonate des Anschlusses von D ergibt sich in der Gesamtwürdigung, dass E, P und N an der Organisation und Durchführung der Schleusung von P3 und B6 beteiligt waren und die Schleusung am Abend des 09.04. / Morgen des 10.04.2004 erfolgreich abgeschlossen war.
131Spätestens am 07.04.2004 liefen die Vorbereitungen für die Schleusung von P3 und B6 bei der Gruppe der Angeklagten an. Am 07.04.2004 um 15:28 Uhr wurde E auf seinem überwachten Anschluss TKÜ 151/04 von P angerufen. P fragt, wo er, U6, bleibe. "N" und er warteten auf ihn. E entgegnet, dass sie sich schon längst hätten auf den Weg machen können. Er selbst werde nicht mitgehen. Er habe einen Sozialamtstermin. P und er einigen sich darauf, dass er und N losführen, sobald eine Nachricht von E eintreffe. Die Kammer hat sich durch Vergleich der Stimmen von P und E denjenigen der Sprecher von deren Identität überzeugt. Sowohl E als auch P haben zudem bestätigt, dass sie das Gespräch miteinander geführt haben. Aus diesem Gespräch leitet die Kammer ab, dass E die erforderlichen Absprachen mit der Schleusergruppe um M7, genannt U4, getroffen hatte. Auf Seiten von N und P war man davon ausgegangen, dass E sie an die deutsch-polnische Grenze begleiten würde.
132Sechs Minuten später erhält E auf seinem überwachten Anschluss TKÜ 151 einen Anruf aus Polen von dem Anschluss ############. Dass er der Angerufene ist, hat E bestätigt. Die Kammer hat zudem seine Stimme mit der des Angerufenen verglichen und festgestellt, dass sie identisch ist. Die Anruferin meldet sich als "P3". Sie erklärt, die Polen sagten, dass bei ihnen alles in Ordnung sei, es läge an "euch". E antwortet, dass es am Auto liege. P erzähle ihm eine Sache und "euch" eine andere Sache. P3 solle lieber nicht auf "den Arsch", sondern, auf ihn hören. P3 meint, er solle es abklären. Darauf antwortet E, dass alles geklärt sei, man könne heute um vier Uhr fahren. Er käme selbst jedoch nicht mit, da er zuviel zu tun habe. P3 erklärt, sie habe Sorge um ihr Visum, das sei bald zu Ende. E beruhigt sie, er werde morgen "etwas machen". Aus diesem Telefonat schließt die Kammer, dass sich P3 und B6 zu diesem Zeitpunkt bereits in Polen befanden. Für ihren Aufenthalt in Polen hatte P3 zu diesem Zeitpunkt noch ein Visum. Es wird deutlich, dass es bis zu diesem Telefonat N und P nicht rechtzeitig gelungen war, ein Fahrzeug zu beschaffen, das aber inzwischen zur Verfügung stand. Dies lässt sich auch in Einklang bringen mit dem vorherigen Telefonat, in dem P E mitgeteilt hatte, dass es losgehen könne.
133Um 15:56 Uhr erhält E auf dem von ihn genutzten Anschluss TKÜ 151/04 eine Kurzmitteilung in russischer Sprache. Sie lautet: "U6! Schreibe Nummer von P!" Auf diese Kurznachricht antwortet E um 16:01 Uhr mit dem Text: "#########". E hat eingeräumt, die Kurzmitteilung erhalten und die andere Mitteilung geschrieben zu haben. Es sei eine Anfrage von T5 gewesen, der sich in Minsk um P3 und B6 gekümmert habe. Die Rufnummer, die E an T5 übermittelt, ist dieselbe, die während der folgenden Tage während der Vorbereitung und Durchführung der Schleusung mehrfach von P genutzt wird. Die Nutzung dieser Rufnummer hat er in der auch Hauptverhandlung eingeräumt. Eine Erklärung, warum T5 seine Nummer benötigte, hat er jedoch nicht abgegeben, obwohl er sich ansonsten in diesem Fall zur Sache eingelassen hat. E hat hierzu erklärt, T5 sei ein Unterstützer in Weißrussland, der seine Kosten habe eintreiben wollen. Dieser Behauptung ist P, obwohl er sich zu diesen Fall eingelassen hat, nicht entgegengetreten. Die Kammer schließt hieraus, dass die Einlassung von E von ihm nicht bestritten werden soll. Die Tatsache, dass T5 die Rufnummer von P, den er als "P" offenbar kannte, benötigte, zeigt, dass P Mitauftrag- und Geldgeber war, der für die Kosten der Schleusung einzustehen hatte.
134Am 08.04.2004 um 16:51 Uhr zahlt Z 480 € in C4 über die Western Union Financial-Services GmbH ein. Dieser Betrag wird von N um 17.01 Uhr abgehoben. Der Angeklagte N hat hierzu erklärt, er habe sich Geld für eine Pkw-Reparatur leihen wollen, weil seine EC-Karte versagt habe. Diese Einlassung lässt sich hinsichtlich des Fahrzeugs in Einklang bringen mit den Angaben, die E gegenüber "P3" in dem referierten Telefonat am 07.04.2004 gemacht hatte. Demnach fehlte es an einem Fahrzeug für die Schleusung. Die Kammer kann nicht ausschließen, dass N dieses Fahrzeug zunächst noch reparieren lassen musste. Zu dem Zeitpunkt der Überweisung waren jedoch er und P zumindest auf dem Sprung zur Abfahrt an die deutsch-polnische Grenze. Denn um 19:03 Uhr (dazu unten) führen sie ein Telefonat, in dem deutlich wird, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt bereits an der Grenze befinden. Die Tatsache, dass Z während einer laufenden Schleusung einen solchen Geldbetrag an N überweist, lässt nach Überzeugung der Kammer nur den Schluss zu, dass dies eine Beteiligung an den Kosten der Schleusung war. Wäre es allein um eine reguläre Kfz-Reparatur gegangen, hätte sich N eine Rechnung schreiben und diese später bezahlen können, ohne die Hilfe eines anderen in Anspruch zu nehmen, der für diese Überweisung ein erhebliches Serviceentgelt in Höhe von 30 € zahlen musste. Die Höhe des Entgeltes hat die Kammer wie zuvor ermittelt und mit den Verfahrensbeteiligten erörtert.
135Um 19:03 Uhr ruft E von seinem überwachten Anschluss TKÜ 151 auf dem Telefonanschluss ######## an. Es handelt sich um dieselbe Rufnummer, die er am 07.04. um 16:01 Uhr an "T5" mitgeteilt hatte. Auf dem anderen Anschluss meldet sich P. Die Kammer hat die Stimmen von E und P mit denjenigen der Sprecher verglichen. Beide Angeklagte haben zudem eingeräumt, dieses Telefonat geführt zu haben. In dem Telefonat befragt E P, ob "der Pole" bei ihm sei. P bejaht, erklärt aber, der Pole sei unterwegs. E erklärt daraufhin, P solle den Polen nicht aus den Augen lassen, am Besten den Polen "fesseln". P teilt mit, dass "N" noch nicht da sein, der habe aber alles geregelt, dass es auf die andere Seite gebracht werde. Aus diesem Telefonat schließt die Kammer, dass es zu diesem Zeitpunkt zu einem Treffen zwischen Mitgliedern der polnischen Schleusergruppe um M7 einerseits und P bzw. N andererseits gekommen war. Während sich P nicht widerlegbar auf der deutschen Seite aufhielt und mit dem polnischen Mittelsmann auf deutscher Seite in Kontakt blieb, war N auf die polnische Seite gefahren, um dort die Einzelheiten der Schleusung, insbesondere die Modalitäten der Bezahlung zu regeln.
136In einem weiteren Telefonat am 08.04. um 20:41 Uhr fragt E von seinem überwachten Anschluss TKÜ 151/04 aus P auf dem zuvor genutzten Anschluss nach der Sachlage. Beide Angeklagten haben bestätigt, dieses Telefonat geführt zu haben. Die Kammer hat zudem, wie zuvor, die Stimmen verglichen. Es kommt zwischen P und E zu einer Diskussion über die Art und Weise der Abwicklung des Geldtransfers. E erklärt, eigentlich sei es so vereinbart gewesen, dass der Angerufene, also P, bei dem Polen habe bleiben sollen bis die Arbeit erledigt sei. Hierauf entgegnet P, dass die anderen gewollt hätten, dass das Geld bei ihnen bliebe. E wiederholt, dass es eigentlich anders vereinbart gewesen sei. Man einigt sich schließlich darauf, dass es am Folgetag weitergehen solle. Die Kammer schließt aus diesem Telefonat, dass P entgegen dem gemeinsamen Tatplan bereits Geld an den polnischen Mittelsmann abgegeben hatte. Geplant war, dass P auf der deutschen Seite verbleibt und erst nach Ankunft der Frau die Zahlung an den polnischen Schleuser vornimmt. An diesem Tag konnte die Schleusung aus nicht genauer feststellbaren Gründen nicht durchgeführt werden.
137Dies geschah schließlich ab spätestens 20:43 Uhr am Karfreitag, dem 09.04.2004. Zu diesem Zeitpunkt ruft E von seinem überwachten Anschluss TKÜ 151/04 den Anschluss ######### an. Es kommt zu einem Telefonat mit N. Beide Angeklagten haben bestätigt, das Telefonat miteinander geführt zu haben. Diese Feststellung hat die Kammer auch auf Grund des von ihr durchgeführten Stimmenvergleichs getroffen. E teilt in dem Telefonat mit, dass die anderen losgefahren seien. Die Mädchen würden den Ort kennen. Dies ist nach Auffassung der Kammer der Startschuss für N und P, sich zum vereinbarten Treffpunkt zu begeben.
138Diesen fanden N und P zunächst nicht. Denn um 21:17 Uhr ruft E N auf dem zuvor genutzten Anschluss ######### an. Beide Angeklagten haben bestätigt, dieses Telefonat geführt zu haben. Die Kammer hat zudem, wie zuvor, einen Stimmenvergleich durchgeführt. In dem Telefonat teilt N mit, dass "rechts und links" keiner sei. Er wendet sich an E mit der Bitte, er solle "mal dort" anrufen. Die Kammer schließt hieraus, dass N und P sich zum Treffpunkt auf der deutschen Seite begeben hatten. Die Tatsache, dass N sich an E und nicht an die Schleuser direkt wendet, zeigt, dass eine Aufgabenteilung innerhalb der Gruppe vorgenommen worden war. E wurde jedenfalls immer dann benötigt, wenn Sprachkenntnisse gefordert waren. N kann sich in der deutschen Sprache nur schlecht verständigen. Es ist naheliegend, dass die polnischen Schleuser wiederum die türkische Sprache nicht verstehen. Zu diesem Telefonat hat sich der Angeklagte N in der Hauptverhandlung dahingehend eingelassen, dass er auf deutscher Seite in einer Pension gewartet habe. Seine Freundin E3 habe über die Grenze kommen sollen. Es sei jedoch niemand gekommen. Nachdem die Kammer ihm vorgehalten hat, dass er am 2. Hauptverhandlungstag bereits eingeräumt hatte, mit P zwecks Aufnahme von P3 und B6 an die Grenze gereist zu sein, hat er erklärt, auch das könne richtig sein. Auch aus seiner Einlassung zu diesem Telefonat schließt die Kammer, dass N sein möglicherweise zu diesem Zeitpunkt bestehendes Verhältnis zu der Prostituierten E3 als Schutzbehauptung für seine Aufenthalte an der deutsch-polnischen Grenze und in Polen bei Schleusungstätigkeiten benutzt. Wie bereits bei der Schleusung von B5 und den drei unbekannt gebliebenen anderen Frauen, weist der Angeklagte auf eine Tätigkeit zu Gunsten von E3 hin, für die es außerhalb seiner Einlassung keine Anhaltspunkte gibt. Die von N erbetene Nachfrage hat E tatsächlich durchgeführt. Er ruft deswegen um 21:20 Uhr am 09.04.2004 von demselben Anschluss auf dem von N benutzten Mobilfunkanschluss an ########### und erreicht diesen. Dies haben E und N in der Hauptverhandlung bestätigt und die Kammer hat dies aufgrund des Stimmenvergleichs festgestellt. In dem Telefonat erklärt E auf türkisch wörtlich: "Du bist nicht an dem Ort, den sie dir gezeigt haben. Sie suchen dich." N erklärt, dass er oben an der Straße ein Auto sehe, das ständig das Fernlicht aufblende.
139Drei Minuten später ruft E auf dem Anschluss ######## an. E hat bestätigt, dieses Telefonat geführt zu haben, N hat in der Hauptverhandlung erklärt, er könne der Sprecher sein, er sei sich aber nicht sicher. Die Kammer hat den Vergleich die Stimmen der Sprecher mit denjenigen von N und E durchgeführt und festgestellt, dass es sich um die Angeklagten handelt. Dafür spricht zudem, dass N denselben Anschluss wie bereits bei mehreren Gelegenheiten am 09.04.2004 benutzt; zudem ergibt es sich aus dem Gesamtzusammenhang. Der Angerufene teilt nämlich außer Atem mit, dass er ein Auto sehe, bei dem immer das Fernlicht eingeschaltet werde. Er laufe auf und ab, der Anrufer solle etwas machen. Elf Minuten später ruft E erneut N unter derselben Rufnummer an. Inzwischen hat dieser die Identität des Fahrzeuges festgestellt. Er teilt deswegen E mit, dass es tatsächlich ein Polizeiwagen sei. Er müsse jetzt weg. In der Hauptverhandlung hat N bestätigt, der Benutzer des angerufenen Anschlusses zu sein. Er hat erklärt, er habe Angst vor der Polizei gehabt. Tatsächlich sind dem Bundesgrenzschutz verdächtige Fahrzeuge im Bereich der Grenze gemeldet worden. Dazu gehörte der als auf und ab fahrend gemeldete Pkw VW Passat ### ##-###. Mit demselben Fahrzeug waren N und P aus Polen kommend auch am 15.05.2004 unterwegs, als sie vom Bundesgrenzschutz gegen 18:45 Uhr kontrolliert wurden. Dies hat die Kammer anhand des verlesenen Vermerks der POMin N4 vom 01.06.2004 festgestellt. Eine Vernehmung der Zeugin war nicht erforderlich, da der Aufenthalt an der Grenze von den Angeklagten jeweils eingeräumt wurde und die weiteren Umstände der Bürgermeldungen bzw. der Einreisekontrolle einer weiteren Aufklärung nicht bedurften.
140Nachdem der vereinbarte Treffpunkt wegen der Polizeipräsenz nicht genutzt werden konnte, bemühte sich E um Alternativen. Um 21:36 Uhr wurde er auf seinem Anschluss TKÜ 151 von dem polnischen Schleuser U4 von dessen Anschluss ########## angerufen. U4 will in dem Telefonat wissen, was nun sei. E berichtete von den Problemen mit der Polizei. U4 erklärt, die Mädchen seien in einem Dorf in Deutschland. Er werde sie jedenfalls nicht mehr mit zurücknehmen. Dies teilt E drei Minuten später von seinem Anschluss TKÜ 151 Onat auf dem Anschluss von N ########## mit. Um 21:49 Uhr, also zehn Minuten später, teilt E P auf seinem Mobiltelefon ######### mit, dass er sich mit den anderen geeinigt habe, dass sie zu einer Bar in der Nähe gebracht würden. Er habe die anderen vor die Alternative gestellt, sie entweder mit zurückzunehmen oder anderswo hinzubringen. Der Angeklagte E hat hinsichtlich aller referierter Gespräche seine Beteiligung eingeräumt. Diese ergibt sich auch von der Kammer durchgeführten Stimmenvergleich. Auch hat er erklärt, um 21.36 Uhr mit U4 telefoniert zu haben. N und P haben ihre Beteiligung an den jeweilig referierten letzten Gesprächen ebenfalls eingeräumt. Die Kammer zieht aus den Telefonaten den Schluss, dass die Suche von E nach einer Alternative erfolgreich war. Er hat sich mit den polnischen Schleusern geeinigt, die bereits in Deutschland befindlichen Frauen P3 und B6 zu einem Ausweichtreffpunkt zu transportieren. Hiermit sind N und P zunächst einverstanden gewesen. Um 22:04 Uhr ruft N von seinem Anschluss ########### bei E an und berichtet von einer Polizeikontrolle. Sie seien von den "Onkels" angehalten und ihre Ausweise kontrolliert worden. Es sei gut, dass "die nicht bei uns" gewesen seien. Sie würden jetzt nach Berlin fahren. Dass sich N und P nicht nach Berlin, sondern allenfalls in Richtung Berlin begeben haben, ergibt sich daraus, dass E um 22:45 Uhr mit U4 telefoniert hat. Dies hat er der Kammer bestätigt. U4 teilt in dem Telefonat mit, dass man Richtung Guben fahren würde. Der Angerufene, also E, solle schnell anrufen, damit "er" schnell hinfahre. "Er" solle aus der Stadt Richtung der vereinbarten Stelle fahren. Es müsse schnell gehen. Aus diesem Telefonat zieht die Kammer den Schluss, dass U4 nunmehr die Möglichkeit sah, entweder an dem ursprünglich vereinbarten Ort oder an einem bereits zuvor gesprochenen Ausweichort die Übergabe der geschleusten Frauen durchzuführen. Zwischen 22:45 Uhr und 22:54 Uhr fand dann tatsächlich die Übergabe von P3 und B6 an N und P statt. Denn um 22:54 Uhr wird E auf seinem überwachten Telefonat von U4 unter derselben Rufnummer erneut angerufen. U4 teilt mit, dass alles in Ordnung sei und verabschiedet sich mit den Worten: "Bis zum nächsten ...". Aus dieser Formulierung zieht die Kammer den Schluss, dass es sich um eine Vollzugsmeldung von U4 hinsichtlich der Übergabe handelte. Dies lässt sich auch mit den Folgetelefonaten ab 23:01 Uhr in Einklang bringen. Um 23:01 Uhr ruft E von seinem überwachten Anschluss TKÜ 151 bei P auf dem bereits zuvor von ihm genutzten Anschluss ########## an und fragte nach, ob alles in Ordnung sei und sie auf den Weg "hierhin" seien. Dies wird von P bestätigt. E erklärt, dann wolle er später anrufen. P und E haben bestätigt, dieses Telefonat geführt zu haben. Dies ergibt sich auch aus dem von der Kammer durchgeführten Stimmvergleich. In der Hauptverhandlung hat P erklärt, die Frauen seien nicht aufgenommen worden. E hat sich dahingehend eingelassen, dass für ihn die Information von U4 eindeutig gewesen sei, dass die Frauen abgeholt worden seien. Die Bestätigung von N, dass alles in Ordnung sei, habe für ihn dasselbe bedeutet. Die Einlassung von P zu diesem Telefonat und von P und N zur Übernahme der Frauen insgesamt ist aus dem Telefonat von P und E und demjenigen von E und U4 widerlegt. Dass die Übergabe tatsächlich erfolgt ist, zeigt sich auch darin, dass N und P in der Folgezeit eine Vielzahl von Aktivitäten entwickelten, um den sicheren Transport von dem Hotel, wohin sie sich entweder mit den Frauen begeben hatten oder U4 die Frauen gebracht hatte, sicherzustellen.
141Um 23:23 Uhr ruft E von seinem überwachten Anschluss aus N auf dem Anschluss ########## an. Beide Angeklagten haben dies bestätigt. E fragt, ob der Angerufene, also N, auf der Autobahn sei. Dieser erklärt, er sei im Augenblick allein unterwegs und habe die Autobahn kontrolliert. Jetzt fahre er zurück und hole sie vom Hotel ab. Dann werde er wieder auf die Autobahn fahren. E schlägt vor, doch "dort" zu übernachten. N erklärt, er werde es sich überlegen. Der Inhalt dieses Gespräches lässt sich mit den vorherigen Telefonaten in einen sinnvollen Zusammenhang bringen. Nachdem die Frauen an N und P übergeben worden waren, galt es nun, einen sicheren Transport zu gewährleisten. Nachdem N und P bereits an diesem Tag kontrolliert worden waren und damit auch damit rechnen mussten, dass das von ihnen benutzte Fahrzeug dem an diesem Abend diensthabenden Streifendienst des Bundesgrenzschutzes bekannt war, wurde N zur Aufklärung der Straße vorgeschickt. Eine erneute Kontrolle nur seines Fahrzeuges und seiner Person ohne geschleuste Frauen an Bord wäre unschädlich gewesen. Aus dem referierten Telefonat ergibt sich eindeutig, dass er nach erfolgter Kontrolle der Straßen auf Abwesenheit von Polizeibeamten nun zum Hotel zurückfahren und die Frauen und P abholen wollte. Wenn N erklärt, er wolle "sie" abholen, handelt es sich um mehrere Personen. Wären P und er tatsächlich zu diesem Zeitpunkt noch allein gewesen, hätte es dieses Aufwandes nicht bedurft. Der Angeklagte P hat sich dahingehend eingelassen, dass sie die Autobahn nicht hätten finden können und da sie Personen auf der Fahrbahn gesehen hätten, habe N vorgeschlagen, im Hotel zu bleiben und bei Tageslicht zu fahren. Er habe ihn, P, daher in einem Hotel abgesetzt und sei weggefahren, um nach der Autobahn zu suchen. Er, P, habe sich Zimmer angesehen und sich dann an die Bar gesetzt. N sei zurückgekommen. Er habe berichtet, dass er nur 10 km gefahren sei und dann das Autobahnschild gesehen habe. Daher hätten sie sich entschlossen, nicht in dem Hotel zu bleiben. Diese Einlassung ist in sich schon nicht nachvollziehbar. Wären beide, also N und P, alleine, wäre es sinnlos gewesen, einen von beiden vorzuschicken, um den Weg zu einer Autobahn zu suchen. Wären beide gemeinsam in einem Auto gefahren, hätten sie die Autobahn gemeinsam suchen und finden können. Dies gerade auch deshalb, weil N angegeben hat, er habe Angst, wenn er alleine Auto fahre. P hatte keine Fahrerlaubnis. Wenn beide dennoch in zwei verschiedenen Pkw ohne geschleuste Frauen unterwegs gewesen wären, wäre es noch immer sinnvoller gewesen, hintereinander herzufahren und die Autobahn zu suchen. Wenn außerdem Ps Einlassung richtig wäre, dass man bei Tageslicht fahren wollte, wäre es um so weniger nachvollziehbar, dass N als angstvoller Autofahrer im Dunkeln allein losfuhr, um nach der Autobahn zu suchen. Hinzu kommt zusätzlich, dass die Übernachtung in einem Hotel weitere Kosten verursacht hätte, die P, weil er ja seine Freundin nach Deutschland hatte holen wollen, auch zu tragen gehabt hätte, obwohl er keine nennenswerte Einkünfte hatte.
142In der Gesamtschau mit dem Telefonat am 10.04.2004 um 10:09 Uhr, bei dem E P auf dem Anschluss von N ######## erreicht, ergibt sich, dass nach der erfolgreichen Aufklärung des Weges zur Autobahn N, P und die beiden geschleusten Frauen P3 und B6 sich auf den Weg von der Grenze Richtung Westen machten. In diesem Telefonat fragt E nach, ob man sich nun entschieden habe, im Hotel zu bleiben oder zu fahren. P teilt in dem Telefonat mit, dass sie schon auf dem Weg, auf der Autobahn seien. E entlässt P mit den Worten: "Gut, dann sehen wir uns morgen."
143Die Verteidigung des Angeklagten P schließt aus dem Telefonat vom 13.04.2004 um 20:15 Uhr, dass am 09.04.2005 die Frauen P3 und B6 nicht von P und N abgeholt worden seien. In diesem Telefonat ruft E von seinem überwachten Anschluss eine "M9" genannte unbekannt gebliebene Frau mit dem Telefonanschluss ########## an. In dem Telefonat teilt M9 mit, dass "B8" nicht angerufen habe. E wundert sich und erklärt, er habe ihr aber die Rufnummer der Angerufenen gegeben. B6 sei in einer Stadt nicht weit von ihm. Sie sei vorgestern angekommen. Sie sei zu "ihrem" gekommen. E hat bestätigt, dieses Telefonat geführt zu haben. Zur Person der Angerufenen hat er sich dahingehend eingelassen, er kenne M9 aus ihrer Zeit, als sie bei B2 als Prostituierte gearbeitet habe.
144Wie die Kammer aus eigener Sachkunde deswegen weiß, weil sie sich in anderen Verfahren bereits mit der Namensbildung in der russischen Sprache beschäftigt hat, handelt es sich bei dem Namen "B8" um eine Verniedlichungsform des Vornamens B6. Dies erfolgt in der russischen Sprache durch die Anhängung des Anhanges "–ka" an die erste oder die ersten Silben eines Vornamens. Diese Form der Verniedlichung hat der Dolmetscher der Kammer bei der Erörterung in der Hauptverhandlung bestätigt. Die Schlussfolgerung der Verteidigung, Es Erklärung, B6 sei "vorgestern" angekommen, bestätige die Einlassung, dass am 09.04.2005 N und P die Frauen P3 und B6 nicht von der Grenze abgeholt hätten, ist nicht zwingend. E hat zunächst bestritten, dass dieses Telefonat überhaupt etwas mit der Schleusung von P3 und B6 zu tun habe. Aus dem Gesamtzusammenhang ist dies aber naheliegend. Insbesondere deutet der Gesprächsinhalt, dass die B6, um die es in dem Telefonat geht, zu "ihrem" gekommen sei, darauf hin. Die geschleuste B6 sollte nach den Einlassungen aller Angeklagter tatsächlich zu "ihrem" Freund, nämlich P, gelangen. Dass sie "vorgestern", also am 11.04.2004, in Deutschland angekommen und dann erst zu ihrem P gelangt wäre, lässt sich aus diesem Gespräch nicht zwingend entnehmen. Denkbar ist auch, dass sie erst am 11.04.2004 an dem vorgesehenen Endpunkt ihrer Reise, etwa bei P zu Hause oder in dem Bordell, in dem sie arbeiten wollte und sollte, eingetroffen ist. Zu dem Ort, an dem sie am 11.04.2004 angekommen ist, werden in dem Telefonat keine näheren Angaben gemacht. Für die Kammer ist es auch vorstellbar, dass E tatsächlich über die Schleusung von B6 und P3 berichtet hat und sich angesichts der Tatsache, dass zwischen dem 09.04., Karfreitag, und dem 12.04.2004, vier Feiertage vergangen waren und er sich zudem am 10.04. erst in der Nacht von E und N verabschiedet hatte, bei der Erzählung um einen Tag geirrt hat. Ebenso ist denkbar, dass er seiner Gesprächspartnerin M9 schlicht keine Einzelheiten zu der Schleusung und zum Schleusungsdatum mitteilen wollte. Schließlich ergibt sich aus dem von der Verteidigung gezogenen Schluss ein Widerspruch sowohl zu der Einlassung von P, als auch der von N. P hat nämlich erklärt, seine Freundin B6 sei einige Tage später nach Deutschland gekommen. Dies unterstellt, würde bedeuten, dass am 10.04.2004, als P um 00:09 Uhr das Telefonat mit E führte, B6 noch nicht von ihm abgeholt worden wäre. Nach der von der Verteidigung vorgetragenen Interpretation wäre dies aber am 11.04.2004, mithin einen Tag später bereits geschehen. Dies steht in unauflösbarem Widerspruch zu der Behauptung von P, B6 sei einige Tage, also mehr als einen Tag später nach Deutschland gekommen. N hat demgegenüber erklärt, B6 sei Wochen bzw. Monate später nach Deutschland einreist.
145Die Kammer ist, wie dargelegt, überzeugt, dass die Schleusung tatsächlich durch die Abholung von P3 und B6 am Abend des 09.04. / Morgen des 10.04.2004 durch N und P abgeschlossen war.
146Nr. 6 = Fall 10 (Fallakte III) und Teilfreispruch N = Fall 11 (Fallakte III) der Anklage
147Der Angeklagte E hat sich dahingehend eingelassen, dass er mit N nach Berlin gefahren sei, um T3, genannt "I4", abzuholen. Er habe gewusst, dass sie illegal über die Grenze gelangt war. T3 sollte eine Freundin von L7, gemeint L7, sein. L7 sei wiederum eine Freundin von N gewesen. Er und N hätten T3 am Bahnhof Zoo abgeholt. Es seien noch zwei Männer in ihrer Begleitung gewesen, ein Russe und ein Pole. Es sei möglich, dass C9 dabei gewesen sei. Über die Autobahn A 2 sei man nach Neubeckum gefahren, einen Abstecher nach Magdeburg zu Ausweisfälschern habe es nicht gegeben. Er sei mit N und P zusammen gefahren. Er habe als Dolmetscher für T3, N und X ("X") fungiert. Er habe sie später noch einmal im Bordell "C3" gesehen. Als U4, mit dem sie damals zusammen gewesen sei, seinen Besuch angekündigt habe, habe er, E, zudem den Kontakt zu U4 hergestellt und ihn zum Bordell "C3" gebracht. Er habe kein Geld für seine Bemühungen erhalten. T3 habe genau gewusst, was sie hier in Deutschland tun sollte, nämlich der Prostitution nachgehen. Als sie im Laufe der Fahrt erwähnt habe, dass sie in Polen bereits gearbeitet hätte, hätte er ohne weitere Nachfrage verstanden, dass sie damit gemeint habe, in Polen Prostituierte gewesen zu sein.
148Der Angeklagte N hat sich über seinen Verteidiger in der Hauptverhandlung dahingehend eingelassen, dass er T3 aus Polen abgeholt habe. Der Kontakt sei über Z zustande gekommen. Er und N habe eine "Bekannte" in einem Bordell von Z gehabt, nämlich die L7, gemeint L7. Z sei mit ihm, N, befreudet gewesen. T3 habe als Prostituierte arbeiten wollen. Er habe von Z 1.500 € erhalten und T3 aus Polen abholen sollen. 1.200 € habe er an einen Schleuser in Polen weitergegeben. In Polen habe es Probleme gegeben. Deswegen sei er, N, nach Berlin gefahren, um sie dort abzuholen. Er habe gewusst, dass sie aus Russland stamme und nicht nach Deutschland habe einreisen dürfen. Erhalten habe er lediglich 300 € an Spritkosten. Er habe nichts verdient. Er habe T3 vom Bahnhof in Berlin abgeholt und auf Anweisung von Z in das Bordell "C3" gebracht. Nach Berlin sei er mit E gefahren, von dort aus nach F. Nach Magdeburg sei man nicht gefahren. Es sei jedoch so gewesen, dass E mit einer Person in Magdeburg habe telefonieren wollen, die Person aber nicht erreicht habe. Er wisse, dass E gefälschte Papiere beschaffen könne. Dies habe er auch für seine, Ns, Freundin E3 machen lassen. Auch für eine Freundin von E3 sei auf Vermittlung von E "etwas gemacht worden", das nicht ordentlich gewesen sei. Dabei sei es wohl um ein Visum gegangen.
149In seiner polizeilichen Vernehmung vom 14.06.2005 hat N sich dahingehend eingelassen, dass E falsche Visa in Magdeburg besorgt habe. Dort habe er sie von einem Bekannten machen lassen, der sei Russe. Er, N, habe keine Aufträge dazu erteilt. Wenn E nicht dabei gewesen sei, wäre nichts passiert. Er, N, habe an diesen Geschäften nichts verdient. Er habe alles aus Liebe getan. Seine Freundin sei "E3" oder "E3". Ihren Familiennamen wisse er nicht. Sie habe freiwillig für Z als Prostituierte im "C3" gearbeitet. Dort habe auch ihre Freundin L7 gearbeitet. Auch zu dieser L7 habe er einen guten Kontakt gehabt. Deswegen habe L7 ihn gefragt, ob er einer Freundin in Russland namens "I4" helfen könne. Hannah habe zu dieser Zeit gemeinsam mit L7 als Prostituierte in Polen gearbeitet. L7 habe hier geheiratet und sei dann zurück nach Russland gegangen. I4 habe aus Polen weggewollt, weil sie dort nicht genug von ihrem Verdienst habe behalten dürfen. Er sei daraufhin nach Polen gefahren. Er habe I4 bis dahin nicht gekannt. Weil er vorher einen Autounfall in Deutschland gehabt habe, habe er P mitgenommen. Man sei in einem dunkelblauen VW Passat eines Kumpels aus B9 gefahren. P habe keinen Führerschein. Deswegen sei nur er, N, gefahren. E habe zuvor die Sache mit einem Polen geregelt und der Pole mit E. Sein einziger Bezug zu dem Bordell "C3" sei seine Freundin. Er sei lediglich an den Wochenenden dort gewesen. Er arbeite in drei Schichten und habe in der Woche keine Zeit gehabt. Deshalb sei er auch am Wochenende nach Polen gefahren. In Polen habe er I4 und L7, die gedolmetscht habe, getroffen. Etwa 100 m hinter dem Grenzübergang nach Polen habe er sich mit einem Polen getroffen. Anschließend sei man noch fünfzehn bis zwanzig Kilometer bis zu einem Hotel gefahren. Dort sei er gegen 01:00 Uhr nachts angekommen. Er habe I4 mitgeteilt, dass er sie nicht nach Deutschland mitnehmen würde, ihr aber behilflich sein könne, einen Job zu bekommen, wenn sie in Dortmund angekommen sei. Es sei Es Idee gewesen, I4 aus Berlin abzuholen. Letzlich solle ein Pole ihr geholfen haben, nach Deutschland einzureisen. E habe ihn dann angerufen und ihm mitgeteilt, dass I4 und der Pole auf dem Weg nach Berlin wären. Z habe er von I4 bereits erzählt gehabt. Z habe deswegen die Transportkosten in Höhe von 1.000 bis 1.500 € gegeben. Davon habe er seine Spritkosten bezahlt und den Rest, nämlich 1.200 €, an E weitergegeben. Der habe das Geld dann an "seine Leute" verteilt.
150Die Angeklagten E und N haben die Zeugin T3 als "I4" identifiziert. Hierbei handele es sich um den "Künstlernamen" der Zeugin, den sie als Prostituierte benutzt habe.
151Der Angeklagte P hat sich über seinen Verteidiger in der Hauptverhandlung wie folgt eingelassen:
152Etwa Mitte Mai letzten Jahres habe N ihn, P gefragt, ob er Lust habe, mit nach Polen zu seiner Freundin L7 zu fahren. N habe nicht allein fahren wollen. Er, P, habe zunächst gedacht, er könne ohne Visum nicht mitfahren. N habe ihm aber erklärt, dass er, P, ab dem 01.01.2005 kein Visum mehr für Polen benötige. N und er seien dann nach A2 gefahren und seien dort nachts angekommen. N sei dort in ein Hotel gegangen. Er habe sich mit seiner Freundin L7 getroffen. Er, P, sei in ein anderes Hotel mit angeschlossenem Bordellbetrieb gegangen und habe sich dort mit einer polnischen Prostituierten amüsiert und anschließend auch in dem Etablissement übernachtet. Am darauffolgenden Tag habe sich N mit L7 und weiteren Personen, dabei sei auch T3 gewesen, kurz getroffen. Er, P, sei auch dabei gewesen, mit ihm habe sich T3 nicht unterhalten. Von dem Gesprächsinhalt mit der anderen Frau habe er nichts mitbekommen, da er sich nicht dafür interessiert habe. Er wisse nicht, wie T3 nach Deutschland eingereist sei. Er habe keine Kenntnis davon, wie T3 im "C3" behandelt worden sei und zu welchen Bedingungen sie dort gearbeitet habe.
153Der Angeklagte N hat sich über seinen Verteidiger zudem dahingehend eingelassen, dass es ein System von Strafgeldern, an dem er beteiligt gewesen sei, sei es durch Anordnung oder Partizipation, nicht gegeben habe. Er sei allenfalls an Wochenenden in dem Bordell "C3" gewesen, um seine Freundin E3 zu besuchen. Er habe keine 5.000 € von T3 verlangt und auch keine Ratenzahlungen von 100 €. Er habe sie auch nicht bedroht. T3 habe später das Bordell gewechselt, weil sie sich mit den anderen Prostituierten nicht verstanden habe.
154N selbst hat ergänzend erklärt, dass er mit Z seit acht bis neun Jahren befreundet sei. E3 habe berichtet, dass es häufiger Streit mit T3 gegeben habe. Deswegen habe sie Z in ein anderes Bordell gebracht. Dorthin sei er, N, aber nicht gefahren, um T3 zu kontrollieren.
155Die im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen stehenden Einlassungen der Angeklagten sind widerlegt.
156Nicht widerlegbar ist jedoch, dass die Angeklagten die Zeugin T3 weder zur Aufnahme, noch zur Fortsetzung der Prostitution gezwungen bzw. die Bedingungen ihrer Prostitution bestimmt haben, noch ist nachweisbar, dass N die Zeugin bedroht und von ihr 5.000 € oder anderweitige Ablösesummen gefordert hat.
157Die Kammer geht zunächst mit der Einlassung von N davon aus, dass die "Freundin" von N, E3, Mitte April 2004 in Deutschland war und der Prostitution nachging. Denn in einem Telefonat vom 18.04.2004, in dem N E auf dessen überwachten Anschluss TKÜ 151/04 anrief, besprechen N und E Einzelheiten wegen der Papiere von "E3". Dieses Gespräch setzt sich am 20.04.2004 um 15:02 Uhr fort. N ruft zu diesem Zeitpunkt von dem Telefon #########
158E auf dessen überwachtem Anschluss TKÜ 151/04 an. Beide streiten darüber, dass ein falsches Datum eingetragen wurde. E erklärte, der Mann habe gesagt, es sei nicht anders gegangen. Beide Angeklagten haben bestätigt, diese Telefonate geführt zu haben. Die Kammer hat sich auch durch einen Stimmvergleich von der Identität der Angeklagten und der Sprecher überzeugt. Aus diesen Telefonaten schließt die Kammer, dass N E wegen seiner bestehenden Kontakte zu Passfälschern schon angesprochen hatte. Gegenstand des zweiten Telefonates ist eine Art Mängelrüge, weil ein Datum, etwa ein Ausstellungs- oder Visumsdatum nicht so, wie es bestellt war, eingetragen worden war. Im Zeitraum vor dem 13.05.2004, als E, N und P in die konkrete Ausführungsphase der Schleusung von T3 eintraten, gab es eine Reihe von Telefonaten der Angeklagten untereinander bzw. mit dem Schleuser U4. U4 teilte am 29.04.2004 dem Angeklagten E in einem Telefonat um 11:35 Uhr mit, dass vier Mädchen warteten. Der Angeklagte N, der zu dieser Zeit im Krankenhaus weilte, telefonierte am selben Tag um 12:20 Uhr mit dem Angeklagten E. Er teilte mit, dass er am Folgetage aus dem Krankenhaus entlassen werde. Der Angerufene, also E, solle sämtliche Vorbereitungen treffen. Man könne dann hinfahren und anschauen. Er, N, werde einen Wagen besorgen, der "200 bis 240" fahre. Am 30.04.2004 telefoniert N mit E von einem Festnetzanschluss in C4 aus um 10:43 Uhr. E teilt mit, dass er mit dem Mann alles abgesprochen habe. Er habe auch gesagt, was abzuziehen sei: "Fahrtkosten und so". Der Angeklagte N fragte daraufhin, was jetzt insgesamt bezahlt werden müsse. E teilt mit, dass es 1.000 € und 500 € für die Fahrt seien. Um 13:04 Uhr telefonieren E und N erneut miteinander. Es wird darüber diskutiert, dass nur "zwei" sichere "Hefte" haben und "zwei" nicht. E erklärt, dass der Mann, der sie bringe, nur "alle vier zusammen" bringen wolle. N erklärt daraufhin ungehalten, er wolle erst hinfahren und sich vor Ort entscheiden. Er wolle nicht viel Geld für "Blinde und Gehbehinderte" ausgeben. Sodann wird das Telefon an Z, der sich mit den Worten "U6, ich bins, Onkel." meldet. Es entfaltet sich eine Diskussion darüber, dass N "3.000 Lira" bezahlen müsse. Schließlich einigen sich die drei Gesprächspartner, dass jemand "hingeschickt" werde. Dort solle es abgeklärt werden, man solle sich die vier ansehen und dann alles regeln und Geld sparen.
159Soweit die Angeklagten N und E, sowie Z an den Telefonaten beteiligt sind, hat die Kammer deren Identität durch Vergleich der Stimmen mit denjenigen der Sprecher festgestellt. Der Angeklagte N hat zudem eingeräumt, dass er die Telefonate vom 29.04.04 um 12:20 Uhr und 30.04. um 13:04 Uhr mit E geführt hat. Der Angeklagte E hat bestätigt, sämtliche zuletzt referierten Telefonate mit N, U4 und Z geführt zu haben. Wenngleich die Kammer nicht feststellen kann, ob diese Telefonate der Planung der Schleusung von T3 dienten, so schließt sie hieraus jedoch, dass der Angeklagte N in Schleusungshandlungen als Geldgeber verwickelt war. Bei der Besprechung von E ausgehandelten Schleusungsbedingungen war er mit Z am selben Ort; denn er konnte ihm das Telefon weiterreichen. N beschwerte sich zudem lautstark darüber, dass er so viel Geld, nämlich "3.000 Lira", gemeint sind Euro, bezahlen müsste. Er wollte das von dem Schleuser angebotene Gesamtpaket aus vier Frauen, wie sie U4 gegenüber E am 29.04.2004 ausdrücklich angeboten hatte, nicht ungeprüft annehmen. Er wollte hingegen selbst entscheiden, welche Frauen ihm geeignet erschienen und kein Geld "für Blinde und Gehbehinderte" ausgeben. Auch dieses Telefonat widerlegt die Einlassungen der Angeklagten N und E, sie hätten aus reiner Gefälligkeit an Schleusungshandlungen teilgenommen. Die Telefonate belegen, dass auf Angebote aus Polen oder Nachfrage aus Deutschland gezielt eine Schleusung durchgeführt wurde, die auch vorfinanziert werden musste. Soweit in diesem Telefonat eine Schleusungshandlung nach dem 30.04.2004 und vor dem 13.05.2004 besprochen wird, ist sie nicht Gegenstand der Anklage. T3 gelangte im Rahmen des regelmäßigen Schleusungsgeschäftes der aus den Angeklagten, sowie B2 und Z bestehenden Schleusergruppe in die Bundesrepublik. Entsprechende Verhandlungen führte E im Auftrag der Gruppe bereits spätestens ab dem 13.05.2004. In einem Telefonat vom 13.05.2004 um 13:23 Uhr bespricht sich E mit U6, der über seine Rufnummer ######### aus Polen anruft. Der Angeklagte E hat zu diesem Telefonat keine Erklärung abgegeben. Er hat jedoch erklärt, dass der Telefonanschluss, der als TKÜ 151/04 überwacht wurde, von ihm genutzt wurde. Die Kammer hat seine Stimme mit der Stimme des Sprechers und mit anderen Telefonaten, in denen E diesen Anschluss benutzt hat, verglichen. Dass es sich bei dem Anrufer um den Schleuser U4 handelt, hat die Kammer durch den Vergleich der Stimme mit derjenigen des Anrufer in den Telefonaten vom 09.04.2004 um 22:45 Uhr und 22:54 Uhr ermittelt. Der Anrufer in dem Telefonat vom 14.05.2004 benutzt zudem denselben Telefonanschluss. In diesem Telefonat besprechen sich E und U4. E gibt zum Ablauf der nächsten Schleusung vor, dass U4 am Sonntag hinfahren und hinbringen solle, "er" werde den Rest am Montag mitnehmen. Denn "der" wolle erst am Sonntag fahren. U4 erklärt daraufhin, er habe "zwei bis drei Mädchen aus Ukraine". E erklärt, auch die könne sich "N" ja anschauen und dann sofort abfertigen, wie damals. Er komme morgen mit seinem Wagen und könne zwei bis drei Mädchen mitnehmen, er bringe auch Geld mit.
160Aus diesem Gespräch schließt die Kammer, dass N, der in dem Telefonat U7 oder N genannt wird, sich nach Polen bzw. an die Grenze begeben will. Aus dem dort von U4 angebotenen Mädchen, zu denen auch zwei bis drei aus der Ukraine gehören, will sich N dann geeignete heraussuchen. Es wird von "abfertigen" gesprochen und darauf hingewiesen, dass dies so erfolgen könne wie "damals". Dies ist ein Hinweis auf die bereits unter U4s Mitwirkung erfolgte Schleusung von P3 und B6, an der N ebenfalls, wie festgestellt, beteiligt war.
161Entsprechend der telefonischen Ankündigung begaben sich N und P tatsächlich am Folgetag zunächst an die deutsch-polnische Grenze, später auch nach Polen. Dies ergibt sich zunächst aus dem Telefonat vom 14.05.2004 um 22:08 Uhr, als Mumcu von dem Anschluss ######### E auf dem überwachten Anschluss TKÜ 151/04 anruft. Bereits die Tatsache, dass N innerhalb weniger Monate bereits den dritten Mobilfunkanschluss benutzt, deutet auf ein verdecktes Handeln hin; denn auf diese Weise wird die Überwachungsgefahr minimiert. E hingegen, der Kontakte zu Schleusern, Fälschern, Bordellbetreibern und den Angeklagten N und P halten musste, konnte sein Mobiltelefon nicht häufig wechseln. Seine Rufnummer war als Knotenpunkt weithin verbreitet und daher nur unter Schwierigkeiten auswechselbar, da er alle seine legalen und illegalen Geschäftspartner hätte infomieren müssen. Die erhöhte Gefahr, die N durch die Anschlusswechsel umgangen hatte, zeigt sich in der Überwachung des Anschlusses von E.
162In dem Telefonat teilt N dementsprechend auch E mit, dass er jetzt unter dieser Rufnummer erreicht sei. Er erklärt, dass "wir" bereits unterwegs seien und schon an Hannover vorbei. E teilt mit, "das ein Freund" auf dem Weg sei, um sie zu empfangen. Die anderen wären bereits um 22:30 Uhr dort. Es folgt zudem eine Diskussion, wo ein geeigneter Treffpunkt wäre, entweder an der Grenze oder bei Mc Donalds. E erklärt, dass er den anderen mitteilen werde, dass N zu Mc Donalds kommen werde. Die Angeklagten E und N haben eingeräumt, dieses Telefonat miteinander geführt zu haben. Dies hat die Kammer auch durch den Vergleich ihrer Stimmen mit denjeniger der Sprecher festgestellt. Dieses Telefonat knüpft an das Planungsgespräch zwischen E und U4 an. Da sich N von Bielefeld aus Richtung Hannover bewegt und er zudem diskutiert, ob der Treffpunkt an der Grenze sei, steht fest, dass er sich zur deutsch-polnischen Grenze begeben wollte. Da er zudem davon spricht, dass "wir" unterwegs seien, steht ferner fest, dass er nicht alleine nicht im Fahrzeug saß. Dass es sich bei seinem Begleiter um P handelt, ergibt sich aus Folgetelefonaten.
163Den Sachstand bei N und P teil E um 22:47 Uhr U4 mit, als er von seinem überwachten Anschluss TKÜ 151/04 U4 auf dessen bereits zuvor von diesem genutzten Anschluss ######### erreicht. U4 teilt in diesem Telefonat mit, dass "sie" – er benutzt das Wort für Femininum Plural in polnischer Sprache – noch nicht aus dem Zug genommen wurden. E teilt mit, dass er, U4 "N" bei Mc Donalds treffen wolle. Er werde alles bezahlen. U4 wundert sich, ob nur "eine" nach Deutschland gehen solle. E erklärt, er solle sich erst einmal mit dem treffen und er werde morgen darüber reden. Aus diesem Telefonat schließt die Kammer in der Zusammenschau mit den anderen Telefonaten, dass N und P sich zur Grenze begeben hatten, um die Schleusung von zumindest einer Frau von den polnischen Schleusern durchführen zu lassen und die Frau von dort mitzunehmen. Wie es bereits zwischen E und U4 vorbesprochen war, standen darüber hinaus weitere Frauen zur Verfügung, die ebenfalls die Grenze überqueren wollten. Angesichts der Tatsache, dass N in den referierten Telefonaten vor dem 13.05.2004 über die Mengen an Geld klagt, die er in die Unternehmung gesteckt hatte und aus der Tatsache, dass die Identität der zu schleusenden Frauen für die Tätergruppe nicht vor vornherein feststand, schließt die Kammer, dass N im Auftrag der Gruppe mit den schleusungsinteressierten Frauen vor Ort Vereinbarungen abschliessen konnte. Die Tatsache, dass N selbst für die Gruppe entscheiden konnte, für wen die Schleusung finanziert und welche Frau wegen Ungeeignetheit ("blind und gehbehindert") abgelehnt wurde, zeigt auch, dass allein wirtschaftliche Interessen der Angeklagten an dem Gelingen der Schleusungen bestanden. Nur solche Frauen wurden übernommen, die dem Anforderungsprofil entsprachen und damit einen Gewinn aus ihrer Tätigkeit als Prostituierte zu erbringen versprachen.
164Am 15.05.2004 um 0:00 Uhr waren die Angeklagten P und N noch auf dem Weg an die Grenze. E hatte zwischenzeitlich die Information erhalten, dass die zur Schleusung stehenden Frauen sich in einem Hotel in der Nähe der Grenze aufhielten. Dies teilte er von seinem überwachten Anschluss TKÜ 151/04 um 0:00 Uhr N unter dem bereits zuvor benutzten Anschluss ######## mit. Den Anruf nimmt zunächst P entgegen. Im Laufe des Gespräches wird das Telefon von P an N weitergereicht. E teilt mit, dass "der Mann" sie zum Hotel 25 km in der Nähe gebracht habe. Er habe sie nicht ins Zentrum bringen wollen, weil an der Grenze viel "Dings" gemacht werde. Der "Freund" habe "Autos", die sich N selbst anschauen sollte, ob sie "sauber und passend" seien. Danach werde er, E, mit dem Mann verhandeln. Dann könne N alle zusammen bringen. Der Angeklagte E hat bestätigt, dieses Telefonat geführt zu haben. Die Angeklagten N und P haben keine Erklärungen abgegeben. Sie haben jedoch bestätigt, das Folgegespräch um 0:04 Uhr unter demselben Anschluss mit E geführt zu haben. Die Kammer hat die Stimmen miteinander verglichen und festgestellt, dass sie identisch sind. In dem Telefonat um 0:04 Uhr bei dem E P und N auf demselben zuvor genutzten Anschluss erreicht, weist E N an, dass er sich melden solle, wenn er bei Mc Donalds angekommen sei, dann werde er, E, den Mann anrufen. N diskutiert mit E darüber, ob er lieber mit dem Taxi oder mit seinem Wagen "rüberfahren" solle. Er erhält den Rat von E, den eigenen Wagen auf "dieser Seite" zu lassen. Wenn der Mann bei Mc Donalds eingetroffen sei, werde er ihn, N, zur "Freundin" bringen. Der Rest könne morgen besprochen werden, wenn er "angeschaut" habe. Um 1:40 Uhr am selben Tag ruft P von dem zuvor benutzten Anschluss E auf dessen überwachtem Anschluss TKÜ 151/04 an und teilt mit, dass sie in zwei bis drei Minuten auf der anderen Seite seien. E solle den anderen anrufen und informieren, dass sie zu Mc Donalds kommen würden. Dies tut E um 1:41 Uhr und ruft von seinem überwachten Anschluss auf demjenigen von U4 ########## an. Er teilte U4 mit, dass "er" in drei Minuten bei Mc Donalds sei.
165Die Angeklagten P und N haben bestätigt, das Telefonat um 0:04 Uhr geführt zu haben. Der Angeklagte E hat bestätigt, die Telefonate um 22:47 Uhr, 0:00 Uhr, 0:04 Uhr und 1:41 Uhr geführt zu haben. Zu dem Telefonat um 1:40 Uhr hat er keine Erklärung abgegeben. Die Kammer hat aber durch Vergleich der Stimmen der Angeklagten mit denjenigen der Anschlussnutzer deren Identität festgestellt. Der Angeklagte N hat zudem zu dem Telefonat vom 15.05. um 0:04 Uhr erklärt, U4 habe ihn bei Mc Donalds abholen sollen. Aus der Gesamtschau der Telefonate ergibt sich, dass E die telefonische Abstimmung zwischen den vor Ort agierenden Tätern N und P und der Schleusergruppe um U4 vornahm. N hingegen führte die Verhandlung mit den Frauen und Schleusern in Polen. Zu diesem Zweck wurde er von U4 abgeholt und in das Hotel zur "Freundin" gebracht. Der Angeklagte N hat hierzu erklärt, das es seine Freundin "L7" war, die die Vermittlung von T3 durchgeführt hat. Dies entspricht auch der Aussage der Zeugin T3. P begleitete N während der Fahrt und über die Grenze, dies hat er in einem referierten Telefonat ausdrücklich an E mitgeteilt und ihm die Anweisung gegeben, die Schleuserseite zu informieren. Der Treffpunkt bei Mc Donalds war ihm ebenso wie die Tätigkeit, die man in Polen entfalten wollte, bekannt. Dies ergibt sich daraus, dass keine Nachfragen von P erfolgt sind, wenn E den Anschluss von N anrief, um sich über den Fortgang zu informieren. Dass es sich bei den "Autos", die sich N ansehen sollte, um eine verdeckte Bezeichnung für Frauen handelt, ergibt sich ebenfalls aus dem Gesamtzusammenhang, U4 hatte bereits mitgeteilt, dass er Mädchen aus dem Zug nehmen wollte. Zudem hatte N bereits in der Vergangenheit, wie referiert, erklärt, dass er sich Frauen selbst ansehen wolle, um auszuschließen, dass er "Blinde und Gehbehinderte" bekommt.
166Zum weiteren Fortschritt der Schleusungshandlung kommt es am 15.05.04 um 9:24 Uhr. E wird von U4 unter dessen Rufnummer ######### angerufen, wie die Kammer durch Stimmvergleich und Bestätigung von E festgestellt hat. U4 teilt mit, dass er jetzt schon die Mädchen nehme. Der Angerufene, also E, solle denjenigen in Gubin, nicht den "N" anrufen. Er sei in einer halben Stunde mit den Mädchen bei ihm. In Gubin, also der polnischen Seite von Guben, hält sich zu diesem Zeitpunkt P auf. Dzafarov ruft ihn um 9:25 Uhr, also eine Minute nach dem Anruf von U4 unter der Rufnummer ########## an und teilt ihm mit, dass die "anderen" in einer Stunde zu ihm kommen würden. Zuvor fragt er, ob "der Chef" (Aga) da sei, was P verneint. Die Angeklagten P und E haben bestätigt, dieses Telefonat geführt zu haben. Wie der von der Kammer beigezogene Dolmetscher erklärt hat, ist die Bedeutung des türkischen Wortes "Aga" nicht zwingend als Ausdruck für einen weisungsberechtigten Vorgesetzten zu verstehen, sondern als von Jüngeren gegenüber Älteren gebrauchte Respektsbezeichnung. Das Telefonat zeigt erneut, dass P gleichberechtigt und umfassend informiert in die Schleusung eingebunden war; denn nachdem E die Information von U4 erhalten hatte, wollte er sich zwar zunächst an N wenden, als dieser für ihn nicht erreichbar war, konnte er ohne Schwierigkeiten P informieren, dass U4 mit mehreren Frauen bei ihm in einer Stunde eintreffen werde. Um 17:57 Uhr teilt E P und N, die er zugleich auf dem Anschluss ######### erreicht, mit, dass die Person in 15 Minuten bei ihnen sein werde. Er bringe die "Sache und das Anvertraute" mit. Danach müssten sie warten, bis es dunkel werde. N erklärt, er verstehe, aber zuerst müssten "wir" rüber gehen. Die Angeklagten haben bestätigt, dieses Telefonat geführt zu haben. Die Kammer schließt aus dem Inhalt des Telefonates, dass etwa zu dieser Zeit der Grenzübertritt beginnen sollte. Es musste jedoch auf beiden Seiten noch bis zum Einbruch der Dunkelheit gewartet werden, die im Mai erst nach 18.00 Uhr eintritt. N erklärt sich damit einverstanden, weist aber daraufhin, dass er und P zunächst die Grenze wieder überqueren müssten. Dies haben sie auch um 18:45 Uhr getan. Zu diesem Zeitpunkt wurden P und N in einem Pkw VW Passat mit Warendorfer Kennzeichen ####### vom Bundesgrenzschutz kontrolliert. Im Kofferraum befand sich Frauenkleidung und ein Brief von L7. Diese Kontrolle haben die Angeklagten P und N bestätigt. Die Kammer hat zudem den Kontrollvermerk des Bundesgrenzschutzes vom 01.06.2004 und den Vermerk des KOK W vom 30.11.2004 den Angeklagten vorgehalten und mit den Zeugen W erörtert.
167Am Abend des 15.05.2004 kam es nicht zu einer Übernahme von T3 durch N, P und E. E hatte sich bereits auf dem Weg zur deutsch-polnischen Grenze gemacht, um zu N und E zu stoßen. Nachdem er aber einen Anruf von U4 erhalten hatte, teilt er um 22:34 Uhr P und N, die er beide auf dem Anschluss ######### erreicht, mit, dass "nicht alles auf dem Weg" sei. Von deutscher Seite habe man "zurückgezogen". Die Angeklagten sind sich nicht einig, wie jetzt weiter vorgegangen werden soll, ob man jetzt abbrechen solle. Um 22:44 Uhr teilt E seine Rücksprache mit U4 an P und N unter derselben Rufnummer mit. Die Angeklagten P und N haben zu diesem Telefonat erklärt, sie seien sich nicht sicher, ob sie es geführt hätten. Die Kammer ist davon jedoch deswegen überzeugt, weil E dies bestätigt hat, weil die Rufnummer dieselbe ist, die von P und N während des gesamten Tages benutzt worden ist und der Inhalt an die vorhergehenden Gespräche, insbesondere das von 17:57 Uhr, anknüpft, zu dem P und N bestätigt haben, es mit E geführt zu haben. E teilt um 22:44 Uhr mit, dass er mit "dem" gesprochen habe. Er und die anderen seien wieder zurückgegangen. Hierauf reagiert N, indem er mitteilt, man könne dann zu einer günstigen Pension fahren, deren Adresse er per SMS mitteilen werde. Sie koste "18 Lira". Um 23:09 Uhr ruft E N auf seinem Telefon ############# an und teilt mit, dass am heutigen Tag keine Chancen mehr bestehe. Er, E, sei in einer Teestube bei dem Haus. N teilt mit, dass er und der andere Glück gehabt hätten. "Die" hätten das Auto richtig durchlöchert, alles durchsucht. U4 solle umkehren. Er schicke U4 die Adresse. Man könne dann "im Tageslicht nehmen". Die Adresse, die N telefonisch angekündigt hatte, erhält E auf seinem Mobiltelefon um 23:16 Uhr als Kurzmitteilung. Der Inhalt lautet: "Gästehaus und Pension, E-straße #, L11. Telefon #######." Die Kammer hat durch Augenscheinseinnahme einer mittels des allgemein zugänglichen Programms www.mapquest.de gefertigten Karte dieser Adresse festgestellt, dass es sich um einen Ort in Brandenburg nahe der deutsch-polnischen Grenze etwa 10 km von Guben entfernt handelt.
168Dass es einige Tage nach dem 15.05.2004 tatsächlich zur Abholung und Verbringung von T3 zunächst nach Neubeckum durch E und N kam, ergibt sich unter anderem aus dem Telefonat vom 22.05.2004 um 12:34 Uhr. E wird auf seinem Mobiltelefon von Z angerufen. Dieser fragt, ob sie "leer" gekommen seien. E verneint und erklärt, dass sie "abgeholt" hätten, dass sie "sie gebracht" hätten. Sie hätten sie in M2 abgesetzt und "X" hätte ihn, E, gebracht. Dort sei auch die Sache mit den Papieren zu Ende gebracht worden. Mittwoch solle "das fertig gemacht" werden. E hat bestätigt, mit Z telefoniert zu haben. Dies hat die Kammer auch durch Stimmvergleich festgestellt. Der 23.05.2004 war ein Sonntag. Wie der Zeuge X und die Zeugin C7 bestätigt haben, war "X" der Spitznahme von X, der in M2 wohnte. Das hat auch N bestätigt. Die Erklärung von E, dass am Mittwoch die Sache mit den Papieren zu Ende gebracht werden solle, spricht dafür, dass E, wie schon in der Vergangenheit, für die Beschaffung falscher bzw. Verfälschung echter Papiere zuständig war. Dies hat auch die Zeugin T3 in ihrer Vernehmung bestätigt. Es lässt sich auch in Einklang bringen mit dem Telefonat vom 25.05.2004 um 20:03 Uhr, als N von einem Festnetzanschluss E auf dem überwachten Anschluss TKÜ 151/04 anruft. Beide diskutierten darüber, dass E auf "die andere Seite" gehen müsse, jedoch kein Fahrgeld habe. Dieses fordert er von N, der erklärt, er solle nicht "verrückt gemacht" werden. Ihm, N, sei es egal, woher das Geld komme. Er solle sich ein Ticket kaufen und "dorthin" fahren. Morgen müsse die Sache jedenfalls ein Ende nehmen. Der Angeklagte N hat bestätigt, mit E telefoniert zu haben. Dies hat die Kammer auch durch den Vergleich der Stimmen festgestellt. N hat erklärt, er habe nicht aus Frankfurt am Main, wie die Rufnummer ########## annehmen lasse, telefoniert, sondern aus einem Telecafé in C4. Es könne aber auch sein, dass er in Frankfurt gewesen sei und mit E besprochen habe, dass man auf den Rückweg von Frankfurt noch ein Visum für E3 abholen solle. Der Angeklagte N hat - wie regelmäßig - auch hinsichtlich dieses belastenden Momentes erklärt, es sei allenfalls eine Tätigkeit zu Gunsten von E3 gewesen. Hierfür gibt es jedoch keine Anhaltspunkte. Der Angeklagte N war zehn Tage zuvor in Polen unterwegs, um mit T3 und U4 die Schleusung auszuhandeln. E hat zwei Tage zuvor Z von genau dieser schließlich gelungenen Schleusung und Verbringung von T3 berichtet. Die Sache "mit den Papieren" für T3 sollte an den folgenden Mittwoch abgeschlossen werden. Genau davon redet auch N, wenn er an dem Dienstag, dem 25.05.04 erklärt, "morgen", also am Mittwoch, solle die Sache abgeschlossen sein.
169Die Schlussfolgerungen aus der Telefonüberwachung lassen sich mit der Aussage der Zeugin T3 in Einklang bringen. Diese hat in ihrer Vernehmung vor der Kammer erklärt, sie sei seit dem 19. Mai 2004 in Deutschland. Sie habe in Deutschland Geld verdienen wollen. Sie habe gemeinsam mit L7 in Polen in einer Bar gearbeitet. Sie habe dort als Tänzerin und Animierdame gearbeitet, L7 als Prostituierte. L7 habe sie quasi angeworben und ihr erklärt, sie könne in Deutschland in kurzer Zeit viel Geld, in einem Monat 10.000 bis 15.000 € in Bars verdienen. Sie, L7, könne den Kontakt zu einem N vermitteln, dessen Freundin sie gewesen sei. Bei Ankunft in Deutschland habe sie, T3, 1.200 € zu zahlen. Dafür bekäme sie ein "normales" Visum und die Schleusung. Der Pass würde mit einem Visum versehen und danach könne sie in Deutschland verbleiben. Das Geld müsse an N gezahlt werden.
170T3 hat weiter angegeben, sie habe sich nach A2 begeben und dort einen Polen getroffen, der für die Schleusung zuständig gewesen sei. Sie habe in einem Hotel gewohnt. Dorthin seien N und P gekommen, L7 habe sie miteinander bekannt gemacht. N und P hätten ihre Sachen in Polen übernommen. Diese Sachen habe sie später in C13 bei X wieder vorgefunden. Sie sei nach mehreren Anläufen in Begleitung von mehreren polnischen Schleusern und gemeinsam mit zwölf anderen Personen durch einen Grenzfluss gewatet. Das Wasser habe ihr bis zum Hals gestanden. Sie sei dann nach Berlin gebracht worden, wo ein Ukrainer oder Russe mit dem Namen C9 sie in Empfang genommen habe. Gemeinsam habe man dort auf N gewartet. Tatsächlich sei sie von N und U4 abgeholt worden. Man sei dann zunächst nach Magdeburg gefahren. Dort habe man im Auto auf einen Mann gewartet. E habe sie ihren Pass gegeben, dieser habe ihn an den Mann weitergereicht. Anschließend sei man zu Dritt in dem Pkw zu X in die Wohnung nach C13 gebracht worden. Später, nach etwa zwei Wochen, habe sie ihren Pass über den Angeklagten E zurückerhalten. Sie sei davon ausgegangen, dass N die 1.200 € für das Visum und den Pass hätte bekommen sollen, wie ihr es L7 gesagt habe. P habe sie später auch in dem Bordell "C3" gesehen, wo sie gearbeitet habe. Er habe dort ein Mädchen namens B10 gehabt.
171Soweit der Angeklagte E bestritten hat, dass er für T3 Kontakte zu einem Fälscher in Magdeburg hergestellt habe, ist dies widerlegt. E hatte bereits in der Vergangenheit nicht nur Kontakte zu Fälschern geknüpft, sondern unter anderem mit N über die Fälschungen eines angeblich für E3 hergestellten Passes oder Visums telefonisch diskutiert. Auch hat er nach der Schleusung von T3 mit Z und N darüber diskutiert, wann die Papiere fertig gestellt sein würden. T3 benötigte zudem für Kontrollen Papiere, die zumindest den Anschein der Echtheit auswiesen. Tatsächlich hat sie auch ihren echten russischen Pass zurückerhalten, der mit einem gefälschtem Schengen-Visum versehen worden war. Dieses und den Pass hat die Kammer in richterlichen Augenschein genommen und den polizeilichen Untersuchungsbericht vom 27.10.2004 zur Fälschung des Visums den Verfahrensbeteiligten vorgehalten. Die Kammer ist auch überzeugt, dass der Angeklagte N eigenes Geld in die Schleusung von T3 investiert hatte. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass er allgemein Schleusungshandlungen finanzierte, wie sich aus den referierten Telefonaten vor dem 13.05.2004 ergibt, zum anderen nach der gelungenen Schleusung von T3 mit E über entstehende Kosten im Zusammenhang mit den Papieren für T3 über weitere entstehende Kosten diskutierte, die er nicht übernehmen wollte.
172Nicht feststellen konnte die Kammer jedoch, dass der Angeklagte N den Angeklagten E angestiftet oder seine Vermittlung der Passfälschung konkret gefördert hätte. Es war innerhalb der Gruppe klar, dass die geschleusten Frauen, also auch T3, in irgendeiner Weise mit scheinbar legalen Papieren versorgt werden mussten. Dafür war E zuständig. Er allein hatte auch die entsprechenden Kontakte. Dies zeigt sich auch darin, dass N selbst ihm gegenüber die Qualität gelieferter Papiere rügte und sich selbst nicht an den Fälscher wenden konnte.
173Die Einlassung von N und die Aussage von T3 stimmen auch insoweit überein, als beide erklären, dass L7 bei dem Treffen in A2 gedolmetscht habe. Anders wäre die Verständigung zwischen T3, die zumindest nicht viel deutsch und kein türkisch konnte, während N sich nur auf türkisch und schlecht auf deutsch verständigen konnte, nicht möglich gewesen. Die Kammer hat bei der Vernehmung der Zeugin L7 festgestellt, dass diese die deutsche und russische Sprache beherrscht. Die Zeugin L7 hat zwar bestritten, die Zeugin T3 "angeworben", insbesondere in dem Hotel in A2 gedolmetscht zu haben. Die Kammer ist jedoch überzeugt, dass diese Zeugin in wesentlichen Teilen die Unwahrheit gesagt hat. Sie hat erklärt, noch niemals als Prostituierte gearbeitet zu haben. Dies steht im Widerspruch zu der Einlassung von N und zu der ihres eigenen Ehemannes, X, der dies ebenso wie N der Kammer bestätigt hat. Auch T3 hat dies angegeben. Mit N will sie nur locker befreundet gewesen sein, sie habe ihn in einer Eisdiele kennengelernt. Sie sei in den letzten drei bis dreieinhalb Jahren zweimal mit einem Touristenvisum nach Deutschland gekommen. Im Juli 2003 habe sie X geheiratet, dies sei in Russland gewesen. Sie sei erst seit dem Januar 2005 wieder in Deutschland. T3 kenne sie aus ihrer Heimatstadt. Sie habe sie erst nach ihrer Hochzeit kennen gelernt. In Deutschland habe sie nie, in Polen jedenfalls nicht als Animierdame oder Prostituierte gearbeitet. Das Bordell "C3" in F habe sie sich nur – mehrfach "angesehen" und auch T3 nichts über Verdienstmöglichkeiten in Deutschland erzählt.
174Diese Aussage der Zeugin wird durch nichts bestätigt. Ihr eigener Ehemann hat von ihrer Tätigkeit als Prostituierte berichtet. Es gibt auch keine Erklärung, wie die Zeugin, die als Beruf Anstreicherin angibt und in Russland in einem kleinen Ort gearbeitet haben will, an die entsprechenden Mittel gekommen sein will, um in Deutschland als Touristin monatelang zu leben und ihr touristisches Programm im Wesentlichen auf Besichtigung von Bordellen beschränkt. Die Kammer hat bei der Vernehmung der Zeugin den Eindruck gewonnen, dass diese "gemauert" hat, weil sie befürchtete, eine strafbare Handlungen offen zu legen. Ihr Auskunftsverweigerungsrecht hat sie jedoch nicht ausgeübt.
175Die Kammer ist in der Gesamtschau überzeugt, dass die Zeugin T3, um ihr Schleusungsentgelt zu finanzieren, der Prostitution nachgehen musste, dies aber auch von Anfang an wußte. Alle Angeklagten haben davon gewusst, dass T3 nur mittels Prostitution die Kosten würde hereinbringen können. Die Kammer kann jedoch nicht feststellen, in welcher Höhe N etwa in Vorleistung bei den polnischen Schleusern um U4 getreten ist. Auch die Höhe der eigenen Anteile an dem Entgelt lässt sich nicht konkret feststellen. Angesichts des beträchtlichen Aufwandes, den die Angeklagten über mehr als eine Woche betrieben haben, um T3 nach Deutschland zu holen, zu X zu bringen und an Papiere für sie zu gelangen, ist die Kammer jedoch sicher, dass sie einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Schleusung gezogen haben. Dieser beträgt für den Angeklagten E zumindest 200 €. Dies ist der Betrag, den er sich auch in der Vergangenheit mindestens als Entgelt hatte versprechen lassen. Die Kammer ist überzeugt, dass auch die Angeklagten P und N zumindest diesen Betrag für sich erwirtschaften wollten, weil der Aufwand ansonsten nicht vertretbar ist. Der Angeklagte N etwa musste bei den Schleusungen wegen seiner Drei-Schicht-Beschäftigung darauf achten, während der Freischichten oder an Wochenenden oder im Urlaub die Schleusungsfahrten durchzuführen. Allein für die Unterkunft in L11 musste man pro Person 18 "Lira" bezahlen. Wie die Kammer aus eigener Sachkunde und einer Vielzahl von anderen Verfahren weiß, ist es bei Türken üblich, auch bei Zahlungen in Euro von Lira, der türkischen Währung, zu sprechen. N hat zudem eingeräumt, etwa 300 € als "Kostenersatz" von Z erhalten zu haben.
176Die Kammer hat aber wegen der Widersprüchlichkeit in T3 Aussage nicht feststellen können, dass einer der Angeklagten auf sie Einfluss genommen, sie gegen ihren Willen zur Prostitution gebracht oder eine hilflose Lage ausgenutzt hätte. Die Kammer hat den Angeklagten einen schweren Menschenhandel oder die Beihilfe dazu ebenso wenig beweisen können, wie eine schwere räuberische Erpressung oder Bedrohung.
177Die Zeugin T3 hat angegeben, N sei in dem Bordell "C3", wo sie gearbeitet habe, der Chef gewesen. Sie habe zunächst, also in den ersten beiden Wochen, nur an den Wochenenden dort gearbeitet. X habe sie zum Bordell gefahren und auch von dort wieder abgeholt. N sei es gewesen, der angeordnet habe, dass sie als Prostituierte arbeiten müsse, weil sie das Schleusungsentgelt habe abbezahlen müssen. N sei im Bordell "C3" "am meisten" der Chef gewesen. Sie habe zwar gewusst, dass sie nur in einem Bordell würde arbeiten können, weil sie keine Aufenthaltsberechtigung, geschweige denn eine Arbeitserlaubnis gehabt habe. Sie habe sich jedoch aufgrund der Schilderung von L7 vorgestellt, dass sie als Animierdame oder Tanzlehrerin würde arbeiten können. N habe über E3, die Weißrussin sei und auch im Bordell "C3" gearbeitet habe, angeordnet, dass sie als Prostituierte arbeiten müsse. Sie sei etwa zweieinhalb Monate im Bordell "C3" geblieben. Z, der Onkel, sei auch ein Chef gewesen. Der Ablauf sei ihr von den anderen Prostituierten erklärt worden. Es sei so gewesen, dass der Barkeeper das gesamte Geld eingesammelt habe. Das Geld von Kunden habe sie komplett abgeben müssen. Die Preise seien ihr von anderen Prostituierten mitgeteilt worden. N sei praktisch jeden Tag dort gewesen. Weil sie Probleme mit anderen Mädchen gehabt habe, habe sie "Onkel" darum gebeten, in ein anderes Bordell zu kommen. Zu der Zeit sei N in Urlaub gewesen, etwa einen Monat lang. "Onkel" habe sie daraufhin nach I2 gebracht. Sie habe vor N Angst gehabt. Allein sein Anblick habe ausgereicht. Es habe Konflikte gegeben. Er meinte, sie würde nicht richtig arbeiten, sie würde sich die Kunden aussuchen. Mindestens zweimal habe sie deswegen Geldstrafen bekommen in Höhe von 200 €. Sie habe nur 20 € bis 30 € am Tag ausgezahlt bekommen. Es habe immer wieder "irgendwelche Abrechnungen" gegeben. Handgreiflich geworden sei keiner. Es habe aber eine Bedrohung gegeben. Zum Beispiel habe N sie vor seinem Urlaub in den Keller mitgenommen und ihr gedroht, wenn sie nicht richtig arbeite, würde er sie "kaputtmachen" und ein entsprechendes Zeichen am Hals gemacht. Sie habe dies als Bedrohung aufgefasst. Sie habe gehofft, von I2 aus weglaufen zu können. Sie habe immer das Gefühl gehabt, beobachtet zu sein, beispielsweise von den Kolleginnen. Nachdem N aus dem Urlaub zurückgekehrt sei, sei er nach I2 gekommen. Er habe sie aufgefordert, in das "C3" zurückzukehren. Er habe, bis auf die 20 € bis 30 € täglich immer ihren gesamten Verdienst bekommen. Sie habe es ihm zwar selbst nicht gegeben, sei aber davon ausgegangen, dass er es erhalten habe. In I2 habe sie erklärt, sie wolle ihm kein Geld mehr zahlen, da sie nach ihrer Rechnung bereits 2.000 € an ihn gezahlt habe. In I2 sei D4 der Chef gewesen. Mit diesem sei sie später auch zusammengewesen. Als sie N mit der Polizei gedroht hätte, habe er statt ihrer Rückkehr in das "C3" eine Art Ablösesumme für den Pass, die Schleusung und den Verdienstausfall haben wollen. Sie habe noch aus dem "C3" gewusst, dass N insgesamt 5.000 € an ihr habe verdienen wollen. Das habe sie über E3 erfahren. Mit Hilfe von "Onkel" sei es schließlich geregelt worden, dass N sie in Ruhe gelassen habe. "Onkel" habe ihr gesagt, wenn sie nicht an N zahle, werde es schlimm. Schließlich sei es so gelöst worden, dass D4 ihr erklärt habe, er habe 500 € gezahlt. Sie müsse denen, also Z und N, wöchentlich zwei Monate lang 100 € bezahlen. Einmal habe sie Z auch 100 € persönlich in der Annahme übergeben, dass dieser das Geld an N weitergebe. Als sie schließlich bei der Razzia festgenommen worden sei, habe sie bereits 700 € an wöchentlichen Raten erbracht.
178In ihrer polizeilichen Vernehmung vom 27.10.2004, die die Kammer der Zeugin vorgehalten hat, hat die Zeugin hingegen ausgesagt, dass L7 ihr erzählt habe, dass sie, T3, in Deutschland als Prostituierte arbeiten könne. N habe ihr klipp und klar gesagt, er werde sie umbringen, wenn sie nicht tue, was er sage. Es habe einen konkreten Katalog von Strafen gegeben. Sie habe sich beispielsweise nicht länger als 15 Minuten mit einem Cocktail bei einem Freier aufhalten dürfen. Dann habe es 250 € Strafe gegeben. Für den zweiten Verstoß sei die Strafe gestiegen. N habe auch von ihr verlangt, mit ihm Geschlechtsverkehr zu haben. Dies habe sie aber abgelehnt. Er habe zwar immer darauf bestanden, es sei jedoch nicht dazu gekommen. Nachdem sie zwei Monate im "C3" gearbeitet habe, sei sie nach I2 gewechselt. Dies habe damit zu tun gehabt, dass sie Angst vor einer Bestrafung durch N gehabt habe, weil sie mit einem Gast ein privates Verhältnis gehabt habe. Nach etwa zwei Wochen sei N gekommen und habe ihr gesagt, sie müsse wegen ihres Wechsels in ein anderes Bordell 5.000 € an ihn zahlen. Das habe sie nicht gewollt, weil sie schon 2.000 € gezahlt gehabt habe. Daraufhin habe N ihr und ihrer Familie in Russland Probleme angedroht und ihren Pass zurückverlangt, aber nicht von ihr erhalten. Am nächsten Tag habe "Onkel", also Z, angeordnet, dass sie in den nächsten drei Monaten 150 € die Woche zahlen müsse, das Geld wolle N haben, dafür dass sie im "C2" in I2 bleiben dürfe. Als sie sich geweigert habe, habe Z sie am Arm gepackt und ihr angedroht, dass er sie "in den Arsch ficken" würde.
179In ihrer in Anwesenheit der Staatsanwaltschaft durchgeführten polizeilichen Vernehmung vom 25.02.2005, die die Kammer ihr ebenfalls vorgehalten hat, hat sie zunächst ausgesagt, L7 habe den Kontakt zu N hergestellt. L7 habe N erzählt, dass ein Mädchen bei ihr wäre, das in Deutschland als Prostituierte arbeiten wolle. Auf erneute Nachfrage hat T3 dann erklärt, L7 habe ihr erzählt, dass N in Deutschland einen Nachtclub betreibe. Die Mädchen könnten dort genauso arbeiten wie in Polen, also nicht als Prostituierte. L7 habe ihr jedoch gesagt, dass sie einen Monat lang als Prostituierte arbeiten solle. Auf den Zeitraum von einem Monat sei sie gekommen, weil L7 ihr versprochen habe, man könne in einem Monat genug Geld verdienen und dann wieder nach Hause fahren. Eine Summe sei ihr nicht genannt worden. Während ihres zweiwöchigen Aufenthaltes in Polen habe sie schon zweimal einen Grenzübertritt mit den Schleusern versucht. Es habe aber nicht geklappt.
180Im "C3" habe sie anfangs etwa 50 € von ihrem Verdienst behalten dürfen. Später seien es nur noch 20 € gewesen, am Schluss habe sie nur noch Geld für Zigaretten bekommen. Wenn sie mit einem Freier nicht auf das Zimmer habe gehen wollen, habe sie 150 € bis 200 € Strafen bezahlen müssen. N oder der Onkel hätten abwechselnd das Geld kassiert. Sie habe nicht weggehen können, weil sie immer von den anderen Mädchen kontrolliert worden sei.
181Nach ihrem Wechsel in das Bordell "C2" in I2 habe N sie bedroht und an den Hals gefasst. Er habe zunächst verlangt, dass sie in das "C3" zurückkomme. Später habe er dann 5.000 € von ihr verlangt.
182Bereits in sich sind die verschiedenen Aussagen der Zeugin so widersprüchlich, dass die Vorwürfe des Menschenhandels, der Bedrohung und räuberischen Erpressung aus der Anklage nicht festgestellt werden können. Die Kammer glaubt der Zeugin nicht, dass sie aus einem anderen Grund, als dem Nachgehen der Prostitution nach Deutschland kommen wollte. Sie befand sich in einem Bordell in Polen und wurde von der Zeugin L7 angeworben, die auch nach T3 Aussage Prostituierte war. Die Zeugin war mit den Preisen für die Dienstleistungen in einem Bordell bereits aus Polen vertraut. Es ist nach Auffassung der Kammer fernliegend, dass die Zeugin überhaupt annehmen konnte, in Deutschland in einem Monat 10.000 € oder 15.000 € durch Tänze oder das Animieren zu Getränken verdienen zu können. Derartig unbedarft war die Zeugin nicht. Sie stammt aus Russland und hat sich in einem Alter von gerade einmal 21 Jahren nach Polen aufgemacht, um dort in einem Bordell zu arbeiten. Es ist offen geblieben, woher sie, die als Beruf Tanzlehrerin angibt, die Kontakte hatte, um eine derartige Stelle in Polen zu bekommen. Möglicherweise war sie bereits in ihrer Heimatstadt angesprochen worden oder hatte sich selbst für eine ihr lukrativ erscheinende Tätigkeit in Polen entschieden. Sie hat jedenfalls insoweit ausgesagt, auch nach Polen mit einem Touristenvisum eingereist zu sein, gleichwohl dort gearbeitet zu haben. Die Zeugin L7 hat hierzu ausgesagt, dass in ihrer russischen Heimat quasi "Reiseführer" kursieren, in denen die erforderlichen Kontakte und Etablissements verzeichnet sind. Die Zeugin T3 hat wechselnde Angaben dazu gemacht, zu welchem Zweck sie nach Deutschland reisen wollte. Während sie in der Hauptverhandlung und in ihrer ersten Vernehmung angegeben hat, sie habe sich vorgestellt, als Tänzerin/Tanzlehrerin und Animierdame zu arbeiten, hat sie in ihre Vernehmung vom 25.02.2005 erklärt, L7 habe bereits in der Anwerbephase N telefonisch mitgeteilt, dass sie, T3, als Prostituierte arbeiten wolle. Sie habe auch mit L7 besprochen, dass sie einen Monat lang als Prostituierte arbeiten solle, dann könne sie so viel Geld verdienen, dass sie wieder nach Hause käme. Die insoweit widersprüchlichen Angaben lassen sich nicht auflösen. Die Kammer hat jedoch festgestellt, dass zu Z und B2 mehrfach Frauen geschleust worden waren, die von sich aus eine Tätigkeit als Prostituierte in Bordellen angeboten haben. Nach dem von T3 geschilderten Inhalt des Telefonates von L7 mit N wäre für diesen zumindest naheliegend gewesen, dass sie auch tatsächlich als Prostituierte in Deutschland arbeiten wollte.
183Auch die von der Zeugin geschilderten Umstände der Prostitution sind, insbesondere was das Strafensystem angeht, widersprüchlich. Einmal erklärt sie, dass es kein differenziertes Strafensystem gegeben habe. In ihren ersten Vernehmungen hingegen berichtet sie von verschiedenen Gelegenheiten, bei denen konkrete Strafen verhängt worden seien. Dies habe jeweils N getan. Auch wird von einer Abstufung, das heißt einer höheren Strafe bei einem wiederholten Verstoß berichtet. Dies hat sie in ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung nicht aufrechterhalten. Die von ihr geschilderte Abrechnungsweise, dass zunächst der Freier beim Barmann das Geld für Getränke und Geschlechtsverkehr bezahlt und die Prostituierten am Ende eines Arbeitstages ihren Anteil in Höhe von 50 % ausgekehrt bekommen, entspricht der von den Zeuginnen S4 und L11, die beide im Bordell "C3" der Prostitution nachgegangen sind, beschriebenen Weise. Die Zeugin L11 hat ausgesagt, sie sei im Zeitraum von Mai bis Ende Juni 2004, also teilweise parallel zu der Zeugin T3, im Bordell "C3" der Prostitution nachgegangen. Sie hat diese auch identifiziert. Sie hat erklärt, sowohl der Getränkeumsatz, als auch die Vergütung für den Geschlechtsverkehr sei stets über den Barmann C10 im Verhältnis 50:50 aufgeteilt und ausgezahlt worden. Sie habe ihr Geld immer erhalten. Jedoch habe die Zeugin T3 zu einer Gruppe von russischsprachigen Prostituierten gehört, die mit ihr, L11, im Streit gelegen hätten. Die Gäste hätten sie als neue Prostituierte und Türkin bevorzugt, so dass für die von ihr pauschal als "Russinen" bezeichneten anderen Prostituierten nicht mehr genügend Freier für die Erzielung eines vernünftigen Verdienstes übrig geblieben seien. Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin L11, die jetzt nicht mehr der Prostitution nachgeht, die Unwahrheit gesagt haben könnte, liegen nicht vor.
184Die Kammer hat auch die Zeugin S4 vernommen, die in verschiedenen Bordellen des B2 und des Z der Prostitution nachgegangen ist, unter anderem in C5, M5, F2, C4, I2 und F. Sie hat erklärt, sie kenne im Prinzip alle Betreiber der dortigen Bordelle. N kenne sie als Bordellbetreiber jedoch nicht. In F2 sei es jedoch so gewesen, dass B2 über Art und Umfang ihrer Tätigkeit bestimmt habe. Die Frauen hätten praktisch immer im "Minus" gestanden. Man habe gearbeitet, sei aber nie ins Plus gekommen.
185Während die Angaben der Zeugin L11 im Widerspruch zu denjenigen der Zeugin T3 stehen, ist die Aussage der Zeugin S4 nicht geeignet, dem Angeklagten N nachzuweisen, dass er Art und Umfang der Prostitutionsausübung von T3 bestimmt hätte. Hinsichtlich der anderen Angeklagten ist nicht nachweisbar, dass sie von derartigen diktierten Bedingungen bei ihrer Schleusungstätigkeit gewusst hätten. Die Zeugin T3 hat ausgesagt, sie habe zunächst an Wochenenden insgesamt zwei Freier je Wochenende gehabt. Sie habe später im Schnitt 60 € bis 70 € Tagesumsatz erzielt, manchmal jedoch auch weniger. Wenn sie keinen Freier mit auf das Zimmer genommen habe, habe sie auch kein Geld ausgezahlt bekommen. Auch in ihrer polizeilichen Vernehmung vom 27.10.2004 hat sie erklärt, die Preise für Geschlechtsverkehr hätten zwischen 60 € für 20 Minuten und 150 € für eine volle Stunde gelegen. Ein Cocktail habe 20 € gekostet. Wenn die Zeugin nun angibt, täglich nur 60 € bis 70 € umgesetzt zu haben, also im Schnitt einen Feier pro Tag gehabt zu haben, ergibt sich unter Abzug der Zimmermiete von 10 €, die sie ergänzend bezahlen musste, bei einer 50:50-Verteilung ein Betrag von 20 € bis 30 € täglich, der an sie ausgekehrt werden musste. Dies ist genau der Betrag, den sie als täglichen Auszahlungsbetrag angegeben hat. Die Zeugin L11 hat hierzu ausgesagt, dass sie den anderen Prostituierten quasi die Freier abgeworben und dadurch Verdienste bis zu 300 € am Tag erzielt habe. Mit dieser Aussage lässt sich auch nicht nachvollziehen, inwieweit T3 bereits bei ihrem Wechsel nach I2 2.000 € gezahlt haben will.
186Dass der Angeklagte N sie permanent nach Öffnung des Bordells ab 20:00 Uhr kontrolliert haben sollte, ist zwar möglich, jedoch wenig naheliegend und auch aus der Aussage von T3 nicht sicher festzustellen. Ihre Aussage als richtig unterstellt, hätte dies bedeutet, dass N eine einzige Prostituierte überwacht und für den von T3 angegeben Tagesumsatz von 60 € bis 70 € abzüglich 20 € bis 30 € Eigenverdienst viele Stunden täglich in dem Bordell verbracht haben müsste. Zudem hatte er seine "Freundin" E3 in dem Bordell, mit der er auch Zeit verbrachte. Z hat bestritten, dass N sein "Teilhaber", also wirtschaftlicher Nutznießer, gewesen sei. Die Barmänner C10 und Z2 haben übereinstimmend angegeben, alle Angeklagten als Gäste zu kennen. N habe seine Getränke immer bezahlen müssen und dies auch getan. Von Z hingegen hat dies niemand behauptet. Es ist nach Auffassung der Kammer auch fernliegend, dass der Betreiber eines Bordells seine eigenen Getränke beim Barmann bezahlt.
187Die Zeugin T3 hat in keiner Vernehmung erklärt, direkt an N Geld gezahlt zu haben. Dies wäre jedoch naheliegend gewesen, weil er nach ihrer Aussage tagtäglich viele Stunden vor Ort war.
188Auch die von der Zeugin behauptete fehlende Möglichkeit einer Flucht und die permanente Kontrolle hat die Kammer nicht festgestellt. Bereits in den ersten zwei Wochen war die Zeugin an den Wochenenden der Prostitution nachgegangen. Zwar hatte sie keinen Pass, so dass eine legale Ausreise nicht möglich gewesen wäre. Dies galt jedoch in derselben Weise für die Einreise. Die Zeugin war in der Vergangenheit in der Lage gewesen, nicht nur ihre Einreise nach und Tätigkeit in Polen zu organisieren, sondern auch über L7 Kontakt zu Schleusern herzustellen, die ihr einen Grenzübertritt nach Deutschland ermöglichten. Einen intensiveren und geschlechtlichen Kontakt zu U4 hat die Zeugin ebenso eingeräumt. Damit wäre es ihr während der ersten Wochen praktisch ganztägig möglich gewesen, die Wohnung von X zu verlassen und einen Kontakt zu C9 und U4 herzustellen. Auch hatte sie nach eigenen Angaben ein Mobiltelefon von einer anderen Prostituierten erworben, dabei aber offengelassen, woher sie das Geld für dieses Telefons gehabt haben will, wenn ihr nur Bruchteile ihres Dirnenlohns ausgezahlt worden sein sollen. Die von der Zeugin geschilderte permanente Überwachung durch Kolleginnen hat weder X noch die Zeugin L11 bestätigt. Auch die Barmänner haben eine Dauerkontrolle bestritten. Ebenso hat Z in seiner Vernehmung erklärt, dass eine Kontrolle von T3 im Sinne eines Verbotes, das Bordell alleine zu verlassen, nicht bestanden habe. Vielmehr sei es sogar so gewesen, dass er sie auf ihr Bitten hin begleitet habe, weil sie eine Geldüberweisung über Western Union nach Hause habe machen wollen. Diese hat die Zeugin T3 auch eingeräumt.
189Nach etwa zwei Wochen hatte die Zeugin nach ihrer Aussage ihren Pass mit dem gefälschten Visum zurückerhalten. Die von ihr behauptete Zwangslage lässt sich ebenso wenig wie der angebliche einbehaltene Dirnenlohn mit ihrer Tätigkeit im Bordell "C2" in I2 nach ihrer angeblichen Flucht vor N in Einklang bringen. Nachdem sie in ihrer polizeilichen Vernehmung als Hauptgrund für ihren Wechsel Konflikte mit den anderen Prostituierten angegeben hatte, ist die angebliche Bedrohungslage durch den Angeklagten N im Laufe der weiteren Vernehmungen von ihr stärker in den Vordergrund gerückt worden. Richtig an ihrer Aussage ist, dass der Angeklagte N im Jahr 2004 während der Sommerferien vom 22.07. bis 25.08.2004 nicht in Deutschland war, wie die Kammer durch Augenscheinseinnahme der von Ns Verteidigung überreichten Passkopien festgestellt hat. Auch der von T3 angegebene Zeitraum stimmt in etwa mit dem Urlaub von N überein. In einem nicht auflösbaren Widerspruch zueinander stehen jedoch ihre verschiedenen Angaben zu der angeblichen 5.000 €-Forderung. Während sie in ihrer ersten Vernehmung erklärt hat, die 5.000 € seien quasi eine Ablösesumme und eine Strafe für ihren Wechsel in das Bordell "C2" gewesen, hat sie in der Hauptverhandlung erklärt, von diesen 5.000 € sei bereits während ihrer Zeit im Bordell "C3" die Rede gewesen. E3 habe ihr mitgeteilt, dass sei der Betrag, den N sich quasi als Ertrag ihrer Tätigkeit für ihn vorstelle. Während sie im Ermittlungsverfahren zudem erklärt hat, N habe sie an den Hals gefasst und mit dem Tode bedroht, hat sie in der Hauptverhandlung erklärt, er habe nur eine entsprechende Geste gemacht. Schließlich hat sie einmal erklärt, sie habe 150 €-Raten erbringen sollen, ein anderes Mal hat sie erklärt, es seien 100 €-Raten gewesen. Sie habe auch schon 700 € darauf gezahlt. Einmal habe sie auch Z 100 € in die Hand gegeben. Dies hat Z in seiner Vernehmung bestritten. Schließlich leidet die Glaubwürdigkeit der Zeugin auch darunter, dass sie nach den behaupteten schlimmen Ereignissen mit N bis zu ihrer Festnahme Ende Oktober 2004 freiwillig weiterhin der Prostitution für ihren "Freund" D4 nachgegangen ist, obwohl nach ihrer Aussage zu diesem Zeitpunkt die Drucksituation durch N bereits beendet war.
190Die Kammer hat daher den Angeklagten N im Fall 11 der Anklage aus tatsächlichen Gründen freigesprochen und im Fall 10 der Anklage keinen Menschhandel und keine Erpressungs- und Bedrohungshandlungen bzw. ein Hilfeleisten dazu festgestellt.
191Nr. 7 = Fall 12 (Fallakte X) der Anklage
192Der Angeklagte E hat sich zu diesem Fall wie folgt eingelassen:
193Er sei mit B7 bekannt, mit diesem sei er auch schon in Weißrussland gewesen. Weil sich L9 und die anderen Frauen an ihn gewandt hätten, habe er U4 angerufen, damit er ihnen über die Grenze helfe. L9 sei die "Freundin" von B7 gewesen. Er habe ihnen angeboten, den Kontakt zu Z herzustellen, weil er gewusst habe, dass Z immer Mädchen für seine Bordelle suchte. Die drei Frauen hätten daraufhin zugesagt, zu Z zu fahren, sich bei ihm zu melden und sich das Bordell anzusehen. Weil er Z nicht erreicht habe, habe er sich telefonisch an N gewandt. Er habe gewusst, dass N ein Vertrauter von Z gewesen sei. Deswegen habe er N die Angelegenheit so erzählt, wie er sie Z hätte erzählen wollen. Er habe angenommen, N würde von sich aus die Dinge mit Z regeln. Es sei jedoch so gewesen, dass N in der Türkei gewesen sei. Während er unterwegs gewesen sei, hätten sie miteinander telefoniert. Die aufgefundene Kopie des Reisepasses von M3 habe sich deswegen in seiner Geldbörse befunden, weil er das Auto, mit dem die drei Frauen abgeholt worden seien, an seinen Bekannten M4 verkauft habe. Beim Ausräumen des Fahrzeuges habe er die Passkopie gefunden und ohne weiteres Nachdenken für sich behalten.
194Der Angeklagte N hat sich über seinen Verteidiger und durch eigene Erklärung in der Hauptverhandlung dahingehend eingelassen, dass er ab dem 28./29.07.2004, jedenfalls am 18.08.2004 in der Türkei gewesen sei. Er sei in Istanbul, Marmala und Antalya mit der Familie gewesen. Er habe mit dem Fall nichts zu tun.
195Soweit die Einlassung der Angeklagten im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen stehen, sind sie widerlegt.
196Der gesondert verfolgte Zeuge B7 hat angegeben, ein "B11" habe ihn gebeten, von I aus mit dem Auto zur Grenze zu fahren und dort drei Frauen aufzunehmen. Es sei ein Gefallen gewesen. Die Frauen hätten ihm gesagt, sie seien Polinnen. Ob er mit E telefoniert habe, könne er nicht erinnern.
197Nach der Auswertung der Telefonüberwachung steht fest, dass E im Auftrag von Z die Schleusung der drei Frauen organisierte und N in Kenntnis der Tatsache, dass die Frauen in Deutschland der Prostitution nachgehen wollten, die Schleusung zumindest mitfinanzierte, um einen wirtschaftlichen Vorteil daraus zu erzielen.
198Am 13.08.2004 um 13:44 Uhr wird E auf seinem Telefonanschluss TKÜ 151/04 von Z von der Rufnummer ######## angerufen. Z fragt E, was es Neues gebe. E teilt mit, dass der "Freund" angerufen habe. Der Fahrer sei in der Ukraine. Auf Nachfrage von Z teilt er mit, dass es "drei" seien. In der Hauptverhandlung hat E hierzu angegeben, dass er dieses Telefonat mit Z geführt habe. U4 Fahrer habe drei Mädchen gehabt, die gebracht werden sollten. E hat damit eingeräumt, dass er für Z, wie bereits in der Vergangenheit, die Schleusung von Frauen mit U4 organisierte. Z war damit entgegen seiner Einlassung grundsätzlich für ihn auch erreichbar. Zwei Tage später, am 15.08.2004 um 23:51 Uhr teilt E Z mit, dass nunmehr ein Fahrer vorhanden sei, der die Arbeit erledige. Die Kammer hat anhand des Stimmvergleiches festgestellt, dass E, wie zuvor, mit Z telefoniert. E hat dies selbst auch bestätigt. Am 17.08.04 um 21:33 Uhr ruft Z E von derselben Rufnummer aus an und erfährt, dass E die Angelegenheit mit dem Auto geregelt habe. Er müsse morgen, also am 18.08.04, um 11:00 Uhr oder 12:00 Uhr dort sein. Es werde jedoch noch Geld benötigt. Er habe nur das Fahrgeld bei sich. Er benötige noch 1.300 €. Z erklärt, er habe für drei Personen keine 1.300 €. Er habe N in Istanbul 1.900 € geschickt. E erklärt, dass er dringend Geld benötige, er müsse schließlich auch den Fahrer bezahlen. Z verspricht, mit "N" zu reden. Der werde sich melden. Entsprechendes geschieht sechs Minuten später. Der Angeklagte N ruft aus der Türkei von der Rufnummer ############ E auf seinem überwachten Anschluss TKÜ 151/04 an. Beide Angeklagten haben das bestätigt, die Kammer hat dies zudem durch den Stimmvergleich festgestellt. In dem Telefonat beschwert sich N aufgeregt bei E, weil er vom Handy aus angerufen worden sei. Er solle von der Telefonzelle aus telefonieren. E teilt mit, dass drei Personen gekommen seien. N befragt ihn, ob diese "brauchbar" seien. E entgegnet, dass eine Person "richtig" bzw. "mit uns verbunden" sei. Die anderen seien schon einmal hier gewesen und wollten sich einmal den Laden anschauen. N erklärt, dass er dies nicht in Ordnung finde. Ob dies bedeuten solle, E sei nur wegen eines einzigen "Autos" nach Russland gefahren. E erklärt, er habe auch andere Dinge erledigt, darüber wolle er am Telefon aber nicht sprechen. N berichtet darüber, dass eine Person einen schweren Unfall erlitten habe, der Begleiter der Person sei sogar tot. Es sei die Person, von der E jetzt den Pass habe. Im weiteren Verlauf des Gespräches spricht E den Geldbedarf an. Es liege daran, dass der "Glatzkopf" ständig andere Preise nenne und es auf die Leute in der Ukraine schiebe. Jedenfalls benötige er "1.300". Hierüber regt sich N auf und erklärt, er werde nicht so viel Geld geben, er habe bereits Geld gegeben, "groß wie die Welt". Er habe auch "400" gegeben, dafür wollte E doch eigentlich jemanden nach Litauen bringen. Er solle doch "Schulden machen". Er, N, sei nicht bereit, etwas zu bezahlen, wenn zwei nur zum Schauen kämen.
199Diese Passage ist in der verschriftlichten Zusammenfassung, die mit den Verfahrensbeteiligten erörtert wurde, mit der Formulierung, E solle "das auf Kredit machen" übersetzt. Der von der Kammer in der Hauptverhandlung hinzugezogene Dolmetscher hat erklärt, die Passage könne auch so übersetzt werden. Die Kammer vermag im Gegensatz zu der Verteidigung des Angeklagten N in den beiden Varianten "Schulden machen" bzw. "etwas auf Kredit machen" keinen sinnändernden Unterschied zu erkennen. "Schulden machen" wird umgangssprachlich für die Aufnahme eines Darlehens gebraucht. Nichts anderes bedeutet die Wendung "etwas auf Kredit machen."
200Der Angeklagte E hat zu diesem Telefonat erklärt, dass es um drei Frauen gegangen sei. B7 "Freundin" L9 sei zum ersten Mal nach Deutschland gekommen, während die anderen beiden bereits hier gewesen seien. Dies lässt sich mit dem Inhalt des Telefonats in Einklang bringen. Der Angeklagte N hat erklärt, es ginge in dem Telefonat um einen schweren Unfall, den E3 in Russland gehabt habe. E habe eigentlich versprochen gehabt, sie nach Litauen zu bringen.
201Nach Auffassung der Kammer werden in dem Telefonat drei verschiedene Komplexe behandelt. Zum einen ist nachvollziehbar, wie der Angeklagte N erklärt, dass man über einen Unfall von Ns Freundin E3 sprach. Es war bereits zu anderer Zeit schon über Papiere von E3 gesprochen worden, die E fälschen lassen sollte. N erwähnt in dem Telefonat, dass E den Pass der verunfallten Person habe. Soweit N und E eine Passfälschung und/oder eine Schleusung von E3 nach Litauen besprechen, ist dies nicht Gegenstand der Anklage. Zu diesem nicht anklagegegenständlichen Komplex gehört auch die Zahlung von 400 €, die N gegenüber E erwähnt. Das übrige Telefonat bezieht sich nach Auffassung der Kammer auf die Schleusung der drei Frauen, die E zuvor mit Z besprochen hatte. Aus dem Telefonat lässt sich ableiten, dass E kurz zuvor nach Russland gefahren sei, wie N meint. Ferner ist davon die Rede, dass drei Personen gekommen seien, von denen zwei bereits hier gewesen seien. Dies deckt sich mit E Einlassung und auch mit dem, was er Z zuvor berichtet hatte.
202Aus N Erklärung in dem Telefonat gegenüber E, ob dieser nur wegen eines "Autos" nach Russland gefahren sei, leitet die Kammer ab, dass E zumindest im Auftrag von Z und N Verhandlungen mit den drei geschleusten Frauen geführt hat. Dass der Begriff "Autos" in Telefonaten der Angeklagten als Deckbegriff für Frauen benutzt wird, hat die Kammer bereits festgestellt. Im Kontext der Telefonate von E mit Z ab dem 13.08.2004, in denen es auch um "drei" geht und darum, dass man einen Fahrer benötige, wird deutlich, dass Autos nicht gemeint sein können. Drei Frauen waren es schließlich auch, die am 18.08.2004 von B7 chauffiert wurden. Tatsächlich war E auch kurz zuvor nicht in Russland – wie N ihm telefonisch vorgehalten hatte , aber in Weißrussland gewesen. Die Kammer hat den Reisepass von E in richterlichen Augenschein genommen. Sie hat festgestellt, dass er am 18.07.2004 in Terespol/Polen ausgereist und am selben Tag in Brest/Weißrussland eingereist ist. Die Rückreise erfolgte am 10.08.2004 über Brest und Terespol. Hierbei handelt es sich um die Strecke, die er schon bei der Schleusung von M6 und den drei unbekannt gebliebenen weißrussischen Frauen genommen hatte. Nicht ausschließbar hat er während dieser Zeit neben Schleusungsgesprächen auch andere Tätigkeiten in Weißrussland entfaltet, insbesondere möglicherweise seine Familie besucht.
203Der dritte Komplex, der in dem Telefonat besprochen wird, sind die steigenden Preise. Nach dem Gesprächsinhalt hatte N bereits in das Unternehmen eine Menge Geld investiert, "so groß wie die Welt". Die Kammer hat bereits in anderen Telefonaten unter Beteiligung des Angeklagten N festgestellt, dass er, sobald Geldangelegenheiten besprochen werden, zu hysterischen Übertreibungen neigt. So liegt es auch hier. Die Kammer kann nicht feststellen, wieviel Geld N bereits in die Schleusung der drei weißrussischen Frauen investiert hatte. Die Kammer ist jedoch überzeugt, dass dieser Betrag im Bereich über tausend Euro liegt. Die Schleusung von T3 sollte inklusive der Passfälschung 1.200 € kosten. Im Jahre 2003 geschleuste Frauen hatten auch jeweils mehrere hundert Euro allein für die Schleusung zu bezahlen.
204Am 18.08.2004 zahlte C10 1.500 € an N über Western Union ein. Dieser Betrag wurde am Morgen des 17.08.2004 in Istanbul von N abgeholt. Die Kammer hat hierzu die Auskunft der Western Union GmbH vom 22.08.2005 verlesen und mit den Verfahrensbeteiligten erörtert. Der Verteidiger des Angeklagten N hat deswegen einen von ihm gestellten Beweisantrag auf Vernehmung der Geschäftsführer von Western Union für erledigt erklärt. Die Kammer hatte auch keine Veranlassung, die Geschäftsführer oder Mitarbeiter der Western Union GmbH als Zeugen zu den Geldtransfertätigkeiten zu befragen. Die erteilte Auskunft enthält Informationen über Ein- und Auszahlungsdatum, Einzahler und Auszahler und Ein- bzw. Auszahlungsort. Darüber hinausgehende Informationen im Zusammenhang mit dem Geldtransfer benötigt die Kammer zur Sachaufklärung nicht.
205Die Schlussfolgerungen der Kammer werden auch durch ein Telefonat vom 29.08.2004 bestätigt. N ruft über seinen Anschluss ######## E auf dessen Anschluss TKÜ 151/04 um 16:50 Uhr an. Die Kammer hat die Stimmen von N und E mit denjenigen der Sprecher verglichen und die Angeklagten identifiziert. Der Angeklagte E hat zudem bestätigt, dass er dieses Telefonat mit N geführt hat. In diesem Telefonat nennt sich außerdem der Anrufer ausdrücklich selbst "N". E berichtet in dem Telefonat, dass die "drei Freunde" zurückgeschickt wurden. Sie seien dort in Polen eingesperrt, wo man schon einmal in einem Hotel war. E und N besprechen die Möglichkeiten, wie die "drei Freunde" aus dem Gefängnis herausgeholt werden können. Der Angeklagte N erklärt ärgerlich, dass es immer Probleme gäbe, wenn sie beide zusammenarbeiten. E weist die Schuld von sich und erklärt, dies habe U4 zu verantworten. Auch dessen Auto sei beschlagnahmt worden.
206Anschließend besprechen die beiden ein weiteres Thema. N erklärt, dass E "E3" anrufen solle. Von ihr habe er nämlich gerade eben erfahren, dass sie am Folgetag aus dem Krankenhaus entlassen werde. Sie solle jetzt mit E Hilfe binnen einer Woche "rüberkommen". Dafür werde er, N, morgen 500 € geben. E erklärt, dass er bereits selbst mit ihr vereinbart habe, dass sie unmittelbar nach ihrer Entlassung mit ihm in Kontakt treten solle. Die Männer auf der anderen Seite seien bereits informiert. An dem von N in Aussicht gestellten Betrag zeigt sich, dass die Schleusung von drei Frauen, wie die Kammer festgestellt hat, jedenfalls nur für einen deutlich über eintausend Euro liegenden Betrag zu realisieren war.
207Wie die Kammer anhand des dem Zeugen B7 vorgehaltenen Vermerkes des Bundesgrenzschutzes Guben vom 19.08.2004 festgestellt hat, sind die drei eingeschleusten Frauen direkt am 18.08.2004 nach Polen zurückgeschoben worden. Es liegt nahe, dass sie dort von den polnischen Behörden in Haft genommen worden sind. Für weißrussische Staatsangehörige gilt bei der Einreise in die Europäische Union, zu der Polen seit dem 01.05.2004 gehörte, Visumspflicht. Dass es sich bei den "drei Freunden" tatsächlich um die drei geschleusten Frauen handelt, ergibt sich auch aus dem Gesamtzusammenhang. N beklagt, dass es immer wieder Probleme bei der Zusammenarbeit mit E gebe. Bereits in der Vergangenheit hat sich N darüber beklagt, dass sein Geld durch E Aktivitäten verschwendet werde. Soweit es in dem Telefonat auch um "E3" geht, lässt sich die Verbindung zu dem Telefonat vom 17.08.2004 um 21:39 Uhr herstellen, in dem N über einen schweren Unfall einer befreundeten Person berichtet hatte, dessen Pass E gerade in Verwahrung habe. Seine Erklärung, dass E E3 nach Litauen habe bringen wollen, lässt sich ebenfalls damit in Einklang bringen. N Einlassung zu der Western Union-Überweisung vom 18.04.2004 jedoch, dass Z ihm ein Darlehen gewährt habe, weil ihm in Istanbul Geld gestohlen worden sei, findet in den in Augenschein genommenen Telefonaten keine Bestätigung. Es hätte nahe gelegen, dass N dies gegenüber E am 17.08.2004 in dem Telefonat erwähnt hätte. Das Ereignis, das Grund für die Überweisung des Geldbetrages war, musste zu diesem Zeitpunkt schon geschehen sein, denn Z hatte gegenüber E bereits in dem Telefonat sechs Minuten vorher erklärt, er habe Geld an N geschickt.
208V. Rechtliche Würdigung
209Nr. 1 = Fall 1 (FA IX)
210Der Angeklagte E ist des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß § 92 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 AuslG in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB schuldig. Die weißrussische Staatsangehörige T4 hielt sich bis 31.08.2004 illegal in Deutschland auf, da sie nicht von der Visumspflicht gemäß Anlage 1 der Durchführungsverordnung zum Ausländergesetz (DVAuslG) befreit war und ein Visum nicht hatte. Dies wusste der Angeklagte E. Dadurch, dass er ihr einen gefälschten litauischen Reisepass beschaffte, leistete er ihr Beihilfe zu ihrem illegalen Aufenthalt, der gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG mit Strafe bedroht war. Die Kammer wendet in diesem Fall und in sämtlichen anderen Fällen, die zur Verurteilung gelangt sind, das Ausländergesetz an. Dieses ist zwar seit dem 01.01.2005 durch das mit dem Zuwanderungsgesetz verkündete Gesetz über den Aufenthalt, die Gewerbstätigkeit und Integration von Ausländern im Bundesgebiet Aufenthaltsgesetz ersetzt worden. Die dort in Kapitel 9 geregelten Strafvorschriften der §§ 95 bis 97 Aufenthaltsgesetz entsprechen denjenigen der §§ 92 bis 92 b AuslG. Durch die Rechtsänderung ist also keine Milderung oder Verschärfung des Strafrechtes in Kraft getreten, so dass die Kammer das zur Tatzeit gültige Gesetz anwenden kann.
211Der Angeklagte E wusste, dass sich T4 illegal in Deutschland aufhielt. Da er über keine legalen Einkünfte in nennenswerten Umfang verfügte, jedoch bereits damals spätestens seit der von B2 in Auftrag gegebenen Passfälschung über Kontakte zu Fälschern verfügte, ist die Kammer überzeugt, dass er sich eine Einkommensquelle von einiger Dauer und einigem Umfang durch die Beschaffung falscher bzw. Verfälschung echter Papiere zu Gunsten von Ausländern eröffnen wollte, also gewerbsmäßig handelte. Auch die Vielzahl seiner Tatbeteiligungen in der Folge zeigt, dass er diesen Vorsatz hatte. Tateinheitlich hat der Angeklagte täterschaftlich eine Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 StGB begangen. Der Angeklagte hat seine spätestens seit 2001 bestehenden Kontakte zu Passfälschern genutzt, um T4 einen gefälschten Pass zu verschaffen. Obwohl der Angeklagte nicht selbst die Fälschung durchgeführt hat, ist er dennoch Täter. Der Fälscher als Handwerker und der Angeklagte bildeten quasi zwei verschiedene Funktionen einer Betriebes. Der Angeklagte war innerhalb dieses Betriebes für die Beschaffung von Aufträgen zuständig, die er dann zur Ausführung an den Fälscher weiterreichte. Beide Komponenten sind wesentliche Tatbeiträge. Auch der Angeklagte E hatte Tatherrschaft. Er hätte den Auftrag weder annehmen müssen, noch musste er den gefälschten Pass an die Zeugin herausgeben. Der Fälscher selbst hatte keinen Kontakt zu T4, der Kundin. Der Tatbestand ist in der Variante des Herstellens einer unechten Urkunde erfüllt. Für die Tat erhielt er 800 €, wobei die Kammer davon ausgeht, dass er einen Anteil an seinen Mittäter abgeben musste.
212Nr. 2 = Fall 5 (Fallakte V) der Anklage
213E ist des banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß §§ 92 b Abs. 1, 92 a Abs. 1 AuslG schuldig. Die drei lettischen Frauen S2, E2 und L4 benötigten zur Einreise und zum Aufenthalt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG eine Aufenthaltsgenehmigung (Visum). Ein Visum hatten sie nicht. Ihre Einreise und ihr Aufenthalt waren damit gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 1 und 6 AuslG illegal. Dies wusste E und förderte durch seinen Tatbeitrag bei der Einreise der drei Lettinnen deren illegalen Aufenthalt. Es ist der Tatbestand des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens erfüllt, denn E, B2 und K2 bildeten gemeinsam mit den auf polnischer Seite tätigen Schleusern eine Bande im Sinne des § 92 b AuslG. Dass sich all diese Personen zu einer Gruppe zusammengeschlossen hatten, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit gleichartige Straftaten, nämlich das Einschleusen von Ausländerinnen zu ihrem Erwerbszweck begehen wollten, ergibt sich aus den folgenden Taten der Fälle 6 und 7 der Anklage, die jeweils im Auftrage von B2 und unter Mitwirkung zumindest auch von K2 und der polnischen Schleusergruppe abgewickelt wurden. Der Angeklagte E handelte zum Erwerbszweck. Er erhielt von S2 und E2 zumindest 500 €. Für L4 erwartete er zumindest auch 300 €.
214Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 27.04.2004 2 StR 457/04 ändert sich an der Strafbarkeit nicht dadurch etwas, dass das Aufenthaltsgesetz bzw. Ausländergesetz nach dem Beitritt Lettlands zur Europäischen Union grundsätzlich nicht mehr auf lettische Staatsangehörige anwendbar ist. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs führt der Beitritt nicht zur Straflosigkeit von Ausländern, die vor dem Beitrittszeitpunkt den Tatbestand des unerlaubten Aufenthaltes verwirklicht haben, sondern zieht lediglich eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereiches des Aufenthaltsgesetzes nach sich. Diese Entscheidung hat die Kammer mit den Verfahrensbeteiligten erörtert und legt sie zugrunde.
215Nr. 3 = Fall 6 (Fallakte VI) der Anklage
216Der Angeklagte ist wie unter Nr. 2 des banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß §§ 92 b Abs. 1, 92 a Abs. 1 AuslG schuldig. Die beiden slowakischen Frauen G5 und S3 ("L6 und K3") hielten sich in der Bundesrepublik Deutschland illegal auf, weil beide bereits am 23.06.2003 in einem Bordell aufgegriffen und in der Folgezeit ausgewiesen worden waren. Beide Frauen haben demnach den Tatbestand des § 92 Abs. 1 Nr. 6 AuslG der illegalen Einreise verwirklicht. Hierbei hat der Angeklagte E in Zusammenarbeit mit B2 und K2, sowie der polnischen Schleusergruppe Hilfe geleistet. Hierbei handelt es sich um die zweite Tat der Gruppe um B2. Da E für seine Tätigkeit erneut bezahlt wurde, handelte er gewerbs- und bandenmäßig. Die Kammer geht auch hinsichtlich dieses Falles davon aus, dass er etwa 300 € pro Person Schleusungsentgelt erhielt.
217Hinsichtlich der Strafbarkeitsfolgen des EU-Beitrittes der slowakischen Republik wird auf Nr. 2 Bezug genommen.
218Nr. 4 = Fall 7 (Fallakte VII) der Anklage
219Alle drei Angeklagten sind des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß §§ 92 b Abs. 1, 92 a Abs. 1 AuslG schuldig. Spätestens bei dieser Tat haben sich die Angeklagten N und P der bereits bestehenden Bande um B2, E und K2 sowie der polnischen Schleusergruppe, angeschlossen. Dass die Angeklagten bei weiteren sich bietenden Gelegenheiten die gleichartigen Straftaten des Einschleusens von Ausländern begehen wollten, zeigt sich an ihrer Beteiligung hinsichtlich der Nr. 5 und 6 (Fälle 9 und 10 der Anklage). Alle Angeklagten hatten ein wirtschaftliches Interesse an dem Gelingen der Schleusung. Wie die Kammer festgestellt hat, hat N die Schleusung zumindest teilweise vorfinanziert und war daran interessiert, einen wirtschaftlichen Gewinn aus den Aufenthalten der Frauen zu ziehen. Der Angeklagte E erhielt nach seiner Absprache mit B2 immer 300 € pro zu schleusender Person. Die Höhe der von P erhaltenen Vergütung, die entweder direkt von den geschleusten Frauen oder von einem seiner Mittäter für die Mitwirkung gezahlt wurde, lässt sich nicht feststellen. Alle Angeklagten wussten, dass B2 als Bordellbetreiber an den Umsätzen der als Prostituierte tätigen Frauen partizipieren wollte. Ebenso ging es den Frauen allein darum, in Deutschland illegal Geld zu verdienen. Wenn die Angeklagten Fahrten an die deutsch-polnische Grenze auf sich nehmen, Kosten für Benzin, Telefonbenutzung und Aufenthalt auf sich nehmen, obwohl E und P über nur geringe Einkünfte verfügten und N eigentlich seiner legalen Erwerbstätigkeit nachgehen musste, lässt dies nach Überzeugung der Kammer nur den Schluss zu, dass alle Angeklagten damit rechneten, aus ihrer Mitwirkung an der Schleusungshandlung Geld verdienen zu können.
220Hinsichtlich M6 ("B5") steht die Illegalität ihrer Einreise und ihres Aufenthaltes deswegen fest, weil sie am 27.05.2003 aus Deutschland ausgewiesen worden war. Hinsichtlich der strafrechtlichen Folgen des EU-Beitritts Litauens zum 01.05.2004 verweist die Kammer auf oben Nr. 2.
221Dass die drei anderen unbekannt gebliebenen Frauen nicht zur Einreise berechtigt waren, weil sie bereits aus Deutschland ausgewiesen worden waren oder sogenannte Negativstaatlerinnen waren, also der Visumspflicht des § 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG unterlagen, steht angesichts des von der Kammer festgestellten Schleusungsaufwandes fest. Der Angeklagte E hatte die Frauen in Terespol, also einem Grenzort zu Weißrussland abgeholt. Die Einreise nach Terespol aus anderen Staaten als Weißrussland oder der Urkraine ist ausgeschlossen, weil sie sinnlos gewesen wäre. Zudem begibt sich niemand, der zur legalen Einreise nach Deutschland berechtigt ist, im Herbstmonat Oktober in die Oder, um diese zu Fuß zu durchwaten.
222Alle Angeklagten handelten als Täter des banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens. Es lag eine arbeitsteilige Begehungsweise mit gleichwertigen Tatbeiträgen vor. E steuerte seine Ortskenntnisse in Polen, seine Sprachkenntnisse und seine schon geknüpften persönlichen Kontakte zu der polnischen Schleusergruppe bei. N übernahm eine Teilfinanzierung und Verhandlung in Polen. Onat verblieb auf der deutschen Seite an der polnischen Grenze und war als Telefonzentrale zwischen B2 und N tätig und hielt B2 über den Sachstand auf dem Laufenden.
223Nr. 5 = Fall 9 (Fallakte I) der Anklage
224Alle drei Angeklagten sind, wie unter Nr. 4, des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß §§ 92 b Abs. 1, 92 a Abs. 1 AuslG schuldig. Nachdem sich P und N bei der Schleusung von B5 und den zwei weiteren Frauen der Bande um B2, E, K2 und den polnischen Schleusern angeschlossen hatten, waren sie in diesem Fall gemeinsam mit E tätig. Nach dem von Bundesgerichtshof gebildeten Bandenbegriff setzt das Bestehen einer Bande den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige Straftaten des jeweiligen Delikttyps zu begehen. Ein gefestigter Bandenwille oder ein Tätigwerden mit einem übergeordneten Bandeninteresse ist nicht erforderlich. Ebenso wenig setzt die Begehung eines Bandendeliktes voraus, dass alle Bandenmitglieder am Tatort sind. Ausreichend ist, wenn zwei Bandenmitglieder, von denen eines täterschaftlich handeln muss, am Tatort in irgendeiner Weise zusammenwirken. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die drei Angeklagten griffen auf bestehende Schleuserstrukturen in Polen zurück, die E geknüpft hatte. Mit Hilfe der polnischen Schleuser um U4 gelang es, P3 und B6 illegal nach Deutschland zu bringen. Beide Frauen waren zur Einreise und zum Aufenthalt nicht berechtigt, weil sie sonst legal nach Deutschland eingereist wären. Sie stammten entweder aus einem Negativstaat, für dessen Staatsbürger die Erteilung eines Visums für eine Einreise erforderlich ist, oder sie waren bereits aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen worden. Alle Angeklagten handelten täterschaftlich und im Erwerbsinteresse. Dass B6 zugleich eine "Freundin" von P gewesen sein mag, steht dessen Erwerbsinteresse nicht entgegen. B6 arbeitete jedenfalls später als Prostituierte im "C3" und erzielte Einkünfte. Zudem hatte P an P3 im März 2004 Geld überwiesen. Auch hier ergibt sich aus dem regelmäßigen Zusammenwirken der Angeklagten, dem Aufwand und den Kosten, die für die Schleusung durch die Inanspruchnahme von Helfern in Weißrussland und Polen entstehen, dass die Angeklagten sich eine Vergütung im Bereich mehrerer hundert Euro zumindest versprachen, die sie entweder von den Frauen vor oder nach der gelungenen Schleusung oder später, nachdem diese durch Prostitution Geld verdient hatten, erhalten wollten oder erhielten.
225Nr. 6 = Fall 10 (Fallakte III) der Anklage
226Alle Angeklagten sind des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß § 92 b Abs. 1, 92 a Abs. 1 AuslG schuldig, weil sie T3 bei ihrer unerlaubten Einreise und ihrem Aufenthalt unterstützt haben. T3 durfte sich als Russin ohne Visum in Deutschland nicht aufhalten. Ihre Einreise und ihr Aufenthalt waren daher nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 und 6 AuslG unerlaubt. Die Angeklagten haben gemeinsam und arbeitsteilig die Schleusung organisiert. Die Bande bestand zu dieser Zeit zumindest aus den Angeklagten, den polnischen Schleusern um U4 und Z, der sich der Bande spätestens zu diesem Zeitpunkt neu angeschlossen hatte. Alle Angeklagten handelten als Täter. E war in seiner üblichen Rolle als Organisator und Koordinator zwischen den Abholern N und P und der Schleusergruppe um U4 tätig. Zudem hielt er den Kontakt zu Z. Der Angeklagte N und P führten die Verhandlungen mit T3 in Polen. Ebenso wie bei der Tat unter Nr. 5 transportierten sie gemeinsam das Gepäck der zu schleusenden Frau. N und E holten sie zudem nach geglückter Schleusung aus Berlin ab. E beschaffte ihr mit Hilfe seiner bestehenden Fälscherkontakte ein falsches Visum für ihren russischen Pass. Er hat sich damit der tateinheitlichen Urkundenfälschung in der Tatbestandsvariante des Herstellens im Sinne von § 267 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB schuldig gemacht. Obwohl E nicht selbst die Fälschung ausgeführt hat, hatte er die Tatherrschaft und hat einen wesentlichen Tatbeitrag geleistet, weil er und nicht der Passfälscher selbst, den Kunden, hier T3, anwerben konnte. Die Angeklagten versprachen sich zumindest einen Anteil an den 1.200 €, die T3 mit N über die Zeugin L7 als Schleusungs- und Fälschungsentgelt vereinbart hatte.
227Die Kammer hat hingegen nicht festgestellt, dass einer der Angeklagten im Fall 10 der Anklage die Zeugin T3 als Prostituierte ausgebeutet oder auf sie in Kenntnis einer Zwangslage zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution bestimmt hätte oder eine bestehende Hilflosigkeit von T3 ausgenutzt hätte, mit dem Zweck, sie zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution zu bestimmen. Da die Tatbestände des Menschenhandels bzw. schweren Menschenhandels tateinheitlich zu der Schleusungshandlung angeklagt sind und auch, wären sie verwirklicht worden, tatbestandlich zur Verurteilung hätten gelangen müssen, ist insoweit kein Teilfreispruch der Angeklagten erfolgt. Ebenso verhält es sich hinsichtlich der gegen den Angeklagten N gerichteten Anklagevorwürfe der räuberischen Erpressung. Die Kammer hat eine derartige Straftat des Angeklagten N im Fall 10 der Anklage nicht festgestellt. Da auch sie tateinheitlich begangen wäre und auch tateinheitlich angeklagt ist, ist auch insoweit ein Teilfreispruch des Angeklagten N nicht erfolgt.
228Im Fall 11 der Anklage hat die Kammer den Angeklagten N aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
229Nr. 7 = Fall 12 (Fallakte X) der Anklage
230Die Angeklagten N und E sind des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß §§ 92 b Abs. 1, 92 a Abs. 1 AuslG schuldig.
231Zu der Bande gehörten zu diesem Zeitpunkt zumindest die Angeklagten E und N, sowie weiterhin Z und die polnischen Schleuser um U4. Sowohl E als auch N handelten täterschaftlich und aus Erwerbsinterresse. Der Angeklagte E hatte sich selbst nach Weißrussland begeben, um die Schleusung mit den Frauen zu besprechen. Er versprach sich eine zumindest im Bereich mehrerer hundert Euro liegende Vergütung, weil er bereits in der Vergangenheit gegenüber B2 300 € je geschleuster Frau beansprucht hatte. Ferner koordinierte er in Rücksprache mit Z den tatsächlichen Grenzübertritt der Frauen und bemühte sich nach deren Zurückschiebung um anwaltlichen Beistand für die Frauen in Polen. Der Angeklagte N befand sich zwar zur Tatzeit in der Türkei. Er ist dennoch Täter. Er hatte nach den getroffenen Feststellungen bereits ein erheblichen Betrag in die Vorfinanzierung der Schleusung investiert und sie damit erst ermöglicht, weil die polnische Schleusergruppe jeweils Bezahlung nach Durchführung ihrer Tätigkeit verlangte. Sein Erwerbsinteresse ergibt sich daraus, dass er nicht nur diesen Betrag zurückerwartete, sondern sich auch einen Gewinn aus der Tätigkeit der Frauen versprach. Deren genaue Höhe kann die Kammer nicht feststellen. Er beläuft sich angesichts des Aufwandes aber zumindest auf mehrere hundert Euro.
232Dass die drei geschleusten Frauen zur Einreise nach Deutschland nicht berechtigt waren und sich damit gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 6 AuslG strafbar gemacht haben, ergibt sich daraus, dass sie als weißrussische Staatsangehörige grundsätzlich der Erteilung eines Visums gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG bedurften, das ihnen aber nicht erteilt wurde. Die Kenntnis von der Illegalität ihrer Einreise ergibt sich bei E daraus, dass er sich nach Weißrussland zur Absprache der Schleusung gegeben hatte, bei dem Angeklagten N daraus, dass er Geld beisteuerte für die Durchführung einer Schleusung, die im Falle einer legalen Einreisemöglichkeit sinnlos wäre. Zudem hatten E und N auch telefonisch besprochen, dass sich zwei der geschleusten Frauen erst das Bordell von Z ansehen wollten, der Angeklagte N aber befürchtete, dass für den Fall einer Nichtaufnahme der Prostitutionstätigkeit seine Investition vergebens gewesen wären.
233Die Kammer hat in keinem Fall festgestellt, dass die Angeklagten auf eine der geschleusten Frauen hätten einwirken müssen, um sie als unter 21jährige zur Aufnahme der Prostitution zu bringen. Da dieser Tatbestand tateinheitlich angeklagt ist und auch tateinheitlich verwirklicht wäre, ist insoweit kein Teilfreispruch erfolgt.
234VI. Schuldfähigkeit
235Alle Angeklagten sind voll schuldfähig. Keiner der Angeklagten war zur Tatzeit in seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit erheblich im Sinne von §§ 20, 21 StGB gemindert. Sie konsumierten keine verbotenen Drogen und auch kein Alkohol im Übermaß. Zudem hat keiner der Zeugen oder der Angeklagten bei ihren jeweiligen Mitangeklagten die Einwirkung von Betäubungsmitteln oder Alkohol oder Entzugserscheinungen bemerkt.
236Die Angeklagten habe keine Krankheiten oder solche Unfälle erlitten, die auf ihre Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit einwirken könnten. Zwar hat der Angeklagte N von Autounfällen berichtet, die er erlitten habe. Für den Zeitraum vom 28.04. bis 30.04.2004 ist zudem ein Krankenhausaufenthalt des Angeklagten N in C4 dokumentiert. Dass er sich hierbei Verletzungen zugezogen haben könnte, die Auswirkungen auf seine Schuldfähigkeit haben könnten, hat er selbst nicht dargelegt. Aus seiner Verhaltensweise in den von der Kammer abgehörten Telefonate lässt sich eine solche Verletzung auch nicht ableiten. Auch die anderen Angeklagten haben von keinen Ausfallerscheinungen bei ihm im zeitlichen Zusammenhang zu seinem Krankenhausaufenthalt berichtet.
237VII. Strafzumessung
2381. Einzelstrafen
239Bei der Strafzumessung hat die Kammer zu Gunsten aller Angeklagten ihre qualitativ sehr unterschiedlichen Geständnisse berücksichtigt.
240Zu Gunsten des Angeklagten E hat die Kammer allgemein das im Laufe der Hauptverhandlung zunehmend konstruktiver werdende Geständnis berücksichtigt. Er hat, nachdem er zunächst pauschale Angaben gemacht hatte, im Laufe der Hauptverhandlung konstruktiv an der Sachaufklärung mitgewirkt und die Tatbeteiligung anderer Angeklagter und Mittäter offen gelegt. Er hat insbesondere durch seine Erläuterungen zu den von der Kammer in Augenschein genommenen Telefonaten die Sachaufklärung gefördert. Zu seinen Gunsten hat die Kammer auch berücksichtigt, dass er bisher unbestraft ist. Er hat eine Familie in Weißrussland zu versorgen, von der er getrennt ist, für die er sich aber – mag er geschieden sein oder nicht – verantwortlich fühlt. Er ist als Ausländer und Erstverbüßer besonders haftempfindlich, weil er die deutsche Sprache nicht oder nur unzureichend versteht. Zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung hatte er bereits mehr als acht Monate in Untersuchungshaft verbracht, die wegen der mit ihr einhergehenden Einschränkungen der Besuche, der Arbeitsmöglichkeiten, Teilnahme an Gemeinschaftsveranstaltungen und der Postkontrolle allgemein belastender als die Strafhaft ist. Er hat nach § 53 Nr. 3 Aufenthaltsgesetz mit seiner Ausweisung zu rechnen, weil er zwar in Deutschland formal verheiratet ist, eine eheliche Lebensgemeinschaft aber seit Jahren nicht mehr besteht und er daher einen besonderen Ausweisungsschutz im Sinne des § 56 Aufenthaltsgesetz nicht mehr genießt.
241Zu Gunsten des Angeklagten N hat die Kammer allgemein sein Teilgeständnis berücksichtigt. Er hat seine Mitwirkung an mehreren Taten zumindest in objektiver Hinsicht eingeräumt. Auch er hat mehrmonatige Untersuchungshaft verbüßt. Er ist nicht vorbestraft und Erstverbüßer. Er hatte zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung mehrere Monate in Untersuchungshaft verbracht. Er ist angesichts seiner deutschen Staatsbürgerschaft, seiner familiären Bindung und des Vorhandenseins eines Arbeitsplatzes voraussichtlich wieder sozial integrierbar.
242Zu Gunsten des Angeklagten P hat die Kammer allgemein berücksichtigt, dass auch er nicht vorbestraft ist. Auch er hat Frau und Kinder zu versorgen. Deswegen und weil er Ausländer und Erstverbüßer in Strafhaft ist, besteht eine besondere Haftempfindlichkeit. Auch er hat zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung mehr als acht Monate in Untersuchungshaft verbracht. Ihm droht als Schleuser die Ausweisung, wenngleich er gemäß § 56 Aufenthaltsgesetz und wegen der Staatsbürgerschaft eines EU-Erwartungslandes besonderen Ausweisungsschutz genießt.
243Zu ihren Lasten aller Angeklagten fiel ins Gewicht, dass die Taten sorgfältig und geplant und von hoher krimineller Energie getragen waren. In den Fällen hinsichtlich der Nr. 2, 3, 4, 5 und 7 handelten die jeweils beteiligten Angeklagten jeweils zu Gunsten mehrerer Ausländer, was die Kammer hinsichtlich der jeweils beteiligten Angeklagten strafschärfend berücksichtigt hat.
244Der Strafrahmen des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß § 92 b Abs. 1 AuslG beträgt Freiheitsstrafe von einem bis zu 10 Jahren. Der Strafrahmen des Einschleusens von Ausländern gemäß § 92 a Abs. 2 Nr. 1 AuslG beträgt Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 10 Jahren. Aus diesen Regelstrafrahmen des Ausländergesetzes hat die Kammer die Einzelstrafen entnommen. Die Urkundenfälschung wird gemäß § 267 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
245Im Einzelnen hat die Kammer folgende Strafen als tat- und schuldangemessen erachtet:
246Nr. 1 = Fall 1 der Anklage
247In diesem Fall hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten E ergänzend berücksichtigt, dass die Tat vor mehr als drei Jahren geschah. Die Ausländerin befand sich bereits in Deutschland. Der Angeklagte E hat außer der Passfälschung keine weitere Aktivitäten zur Fortdauer des Aufenthaltes entfaltet. Zu seinen Lasten fällt ins Gewicht, dass er gegen zwei Strafgesetze verstoßen hat. Die Kammer hat die Einzelstrafe aus dem bestimmenden Strafrahmen des § 92 a Abs. 2 AuslG entnommen. Sie hält eine wenig über der Mindeststrafe liegende Einzelfreiheitsstrafe von
248zehn Monaten
249für tat- und schuldangemessen.
250Nr. 2 = Fall 5 der Anklage
251In diesem Fall die Kammer die Voraussetzung des Vorliegens eines minder schweren Falles im Sinne von § 92 b Abs. 2 AuslG geprüft. Die Tat fällt jedoch gegenüber einem gewöhnlichen Schleusungsfall in ihrem Unrechtsgehalt nicht wesentlich ab. Es lagen keine Spontantat, keine geringe Vergütungsaussicht oder keine Notlage oder andere vergleichbare Situationen vor, die den Angeklagten zur Tat gebracht hätten. Weder tat- noch täterbezogen liegen Milderungsgründe vor, die die Annahme eines minder schweren Falles rechtfertigen würden. Angesichts des konstruktiven Geständnisses ist nach Auffassung der Kammer gegen den Angeklagten E eine nahe der Mindeststrafe liegende Einzelfreiheitsstrafe von
252einem Jahr und drei Monaten
253angemessen.
254Nr. 3 = Fall 6 der Anklage
255Die Kammer hat auch in diesem Fall hinsichtlich aller Angeklagter das Vorliegen eines minder schweren Falles nach § 92 b Abs. 2 geprüft. Ein solcher liegt indes nicht vor. Die Angeklagten handelten zu Gunsten von vier Ausländerinnen. Zwangslagen oder erheblich untergeordnete Tatbeiträge oder vergleichbare Milderungsgründe, die die Schuld eines der Angeklagten gegenüber dem Regelfall eines gewerbs- und bandenmäßigen Schleusungsdeliktes erheblich abfallen lassen würden und ein deutliches Überwiegen der Milderungsgründe herbeiführen könnten, liegen nicht vor.
256Die Kammer hält folgende Einzelfreiheitsstrafen für tat- und schuldangemessen.
257E: ein Jahr und drei Monaten;
258N: ein Jahr und neun Monate;
259P: ein Jahr und neun Monate.
260Hinsichtlich des Angeklagten E ist die Verhängung einer wenig über der Mindeststrafe liegenden Freiheitsstrafe ausreichend. Auch bei den Angeklagen N und P hat die Kammer innerhalb des Strafrahmens eine deutlich im unteren Bereich liegende Strafe festgesetzt, weil nicht festgestellt werden konnte, dass die erhofften Vorteile sich für die Angeklagten auch tatsächlich in nennenswerter Höhe realisiert hätten.
261Nr. 5 = Fall 9 der Anklage
262Die Kammer hält dieselben Strafen wie hinsichtlich der Nr. 4 für tat- und schuldangemessen, weil sich auch diese Tat auf mehrere Ausländerinnen bezieht und die Realisierung der gewünschten Erwerbsaussichten sich nicht feststellen lässt. Die Angeklagten N und P leisteten gleiche Tatbeiträge. Das Interesse des Angeklagten P an dem Gelingen der Tat war wegen seiner "Freundin" B6 in persönlicher Hinsicht höher als bei den Angeklagten, dies führt aber zu keiner Strafschärfung. Die Kammer hat deswegen folgende Einzelfreiheitstrafen festgesetzt:
263E: ein Jahr und drei Monaten;
264N: ein Jahr und neun Monate;
265P: ein Jahr und neun Monate.
266Anhaltspunkte für das Vorliegen eines minder schweren Falles fehlen. Insoweit hat die Kammer dieselben Kriterien geprüft wie unter Nr. 4. Auch das bei P nicht ausschließbar vorliegende persönliche Interesse an B6 führt nicht zu einer nennenswerten Abmilderung seines Erwerbsinteresses.
267Nr. 6 = Fall 10 der Anklage
268Hinsichtlich dieser Tat wurde ergänzend zu Lasten der Angeklagten berücksichtigt, dass sie sich über einen längeren Zeitraum hinzog. Die Angeklagten N und E sind, nachdem die Schleusung schon gelungen war, noch nach Berlin gefahren und haben die Zeugin T3 abgeholt. Der Angeklagte E hat neben dem Tatbestand des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens auch denjenigen der Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 StGB verwirklicht. Der Angeklagte N hat federführend die Verhandlungen mit T3 geführt. Demgegenüber fällt der Tatbeitrag des Angeklagten P, der sich bei der Abholfahrt nach Berlin nicht beteiligt hat, etwas ab. Mit denselben Überlegen wie zuvor hat die Kammer das Vorliegen eines minder schweren Falles abgelehnt. Im Einzelnen hat die Kammer folgende Einzelfreiheitsstrafen für tat- und schuldangemessen erachtet:
269E: ein Jahr und sechs Monate;
270N: ein Jahr und neun Monate;
271P: ein Jahr und drei Monate.
272Nr. 7 = Fall 12 der Anklage
273In diesem Fall hat die Kammer zu Gunsten der Angeklagten E und N ergänzend berücksichtigt, dass die Ausländerinnen unverzüglich zurückgeschoben wurden und damit die Tat zwar beendet war, letztlich aber nicht gelungen ist. Der Angeklagte N hatte in tatsächlicher Hinsicht einen geringeren Tatbeitrag als in den übrigen Fällen. Er hatte jedoch zumindest gleich hohes Tatinteresse, da er bereits einen nicht genau feststellbaren, aber erheblichen Geldbetrag investiert hatte. Ein minder schwerer Fall liegt auch hier nicht vor, da es an einem Überwiegen der tat- und täterbezogenen Milderungsgründe fehlt. Insgesamt sind für beide Angeklagten folgende im unteren Bereich liegende Einzelfreiheitsstrafen nach Auffassung der Kammer angemessen:
274E: ein Jahr und drei Monate;
275N: ein Jahr und sechs Monate.
2762. Gesamtstrafen
277Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer unter angemessener Erhöhung der jeweiligen Einsatzstrafe unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen die Angeklagten sprechenden Umstände folgende Gesamtstrafen gebildet:
278a) E
279Die Kammer hat bei der Gesamtstrafenbildung berücksichtigt, dass E die Einsatzstrafe von einem Jahr und sechs Monaten einmal verwirklicht hat. Im Übrigen hat er bei der bandenmäßigen Begehungsweise eine im unteren Bereich liegende Strafe von jeweils einem Jahr und drei Monaten verwirkt. Zudem war die Einzelstrafe von zehn Monaten aus dem Fall 1 zu berücksichtigen. Auch bei der Bildung der Gesamtstrafe hat die Kammer bei E erneut sein produktives Geständnis, sowie das Gesamtstrafenübel berücksichtigt. Insgesamt hält die Kammer eine Gesamtfreiheitsstrafe von
280drei Jahren und sechs Monaten
281für erforderlich, aber auch ausreichend.
282b) N
283Der Angeklagte N hat die Einsatzstrafe von einem Jahr und neun Monaten dreimal verwirkt. Zudem war eine Strafe von einem Jahr und sechs Monaten einzubeziehen. Gegen den Angeklagten N hat die Kammer eine Gesamtfreiheitsstrafe von
284drei Jahren und sechs Monaten
285für tat- und schuldangemessen erachtet. Zwar hat er gegenüber E in weniger als der Hälfte der zur Verurteilung gelangten Fälle mitgewirkt. Es fällt aber bei der Gesamtstrafenbildung ins Gewicht, dass er die höhere Einsatzstrafe insgesamt dreimal verwirkt hat.
286c) P
287P hat die Einsatzstrafe von einem Jahr und neun Monaten zweimal verwirkt, zudem war eine Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten einzubeziehen. Er hat an drei Fällen mitgewirkt. Bei der Gesamtstrafenbildung hat die Kammer seinen gegenüber dem Angeklagten N insgesamt etwas geringeren Tatbeitrag erneut bei der Gesamtwürdigung berücksichtigt. Die Kammer hält daher eine Gesamtfreiheitsstrafe von
288drei Jahren
289für angemessen.
290VIII. Nebenentscheidungen
2911. Wertersatzverfall
292Die Kammer hat von der Anordnung des Wertersatzverfalls abgesehen. Zwar lässt sie hinsichtlich einzelner Fälle feststellen, dass Geldbeträge im Bereich mehrerer hundert Euro zu Gunsten des Angeklagten E geflossen sind. Wie die Kammer aber festgestellt hat, hat er auch im Tatzeitraum erhebliche Geldbeträge an seine Familie in Weißrussland überwiesen. Nennenswerte Vermögenswerte wurden bei ihm auch nicht sichergestellt. Die Kammer macht daher von der Härteklausel des § 73 c StGB Gebrauch. Das von ihm erlangte Schleusungsentgelt ist nach den getroffenen Feststellungen zwischenzeitlich verbraucht.
293Auch hinsichtlich des Angeklagten N ist Wertersatzverfall von der Staatsanwaltschaft beantragt worden. Die in dem Antrag in Höhe von 3.000 € enthaltenen 2.000 €, die die Zeugin T3 ihm gezahlt haben will, hat die Kammer bereits nicht als von N erlangt festgestellt. Hinsichtlich der weiteren 1.000 € kann nicht sicher festgestellt werden, dass er sie in dieser Höhe erlangt hätte. Soweit er tatsächlich Entgelte aus den Schleusungen erlangt hat, wurden bei ihm ebenfalls keine nennenswerten Vermögensgegenstände aufgefunden. Etwaig Erlangtes ist daher nach Auffassung der Kammer zwischenzeitlich verbraucht, so dass sie auch hinsichtlich N von der Härtevorschrift des § 73 c StGB Gebrauch macht.
2942. Kosten- und Auslagenentscheidungen
295Soweit der Angeklagte N freigesprochen wurde, folgt die Kostenentscheidung aus § 467 Abs. 1 StPO, im Übrigen beruht die Kosten- und Auslagenentscheidung auf § 465 Abs. 1 StPO.
296Die Kammer hat die der Nebenklägerin T3 erwachsenen notwendigen Auslagen nicht den Angeklagten auferlegt. Die zur Verurteilung gelangten Straftaten sind keine Nebenklagedelikte im Sinne des § 472 StPO. Die Angeklagten sind hinsichtlich der Nr. 6 (Fall 10 der Anklage) lediglich wegen Schleusungstaten verurteilt worden, bei der die Nebenklägerin Mittäterin war. Im Fall 11 der Anklage ist der Angeklagte N freigesprochen worden, so dass es auch insoweit bei Pflicht der Nebenklägerin, ihre eigenen Auslagen selbst zu tragen, bleibt.
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