Beschluss vom Landgericht Dortmund - 15 T 90/07
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen die Kostenberechnung des Notars X aus E vom 25.01.2007 (Nr. #######) wird als unbegründet zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen wird nicht angeordnet.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 683,54 € festgesetzt.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Beteiligte zu 1) beanstandet den in der streitgegenständlichen Kostenberechnung zugrunde gelegten Geschäftswert.
4Unter dem 24.01.2007 beurkundete der Beteiligte zu 2) zu seiner UR-Nr. #/## die Erklärung eines Pächters der Beteiligten zu 1), für den ein auf den 28.08.2006 datierender Unterpachtvertrag über ein Gaststättenobjekt nebst Pächterwohnung besteht. Laut Ziffer II des Unterpachtvertrages ist die Dauer des Pachtverhältnisses „bis zum 31.12.2011 fest vereinbart. Es endet, ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedarf“; eine Verlängerung des Pachtverhältnisses durch fortgesetzten Gebrauch wurde ausdrücklich ausgeschlossen. Die monatliche Pacht beträgt 4.724,76 € netto / 6.730,16 € brutto; zum Zeitpunkt der Beurkundung bestand bereits ein Pachtrückstand i.H.v. 13.460,32 €. Ausweislich der beurkundeten Erklärungen erkannte der Pächter den monatlichen Pachtzins sowie den bestehenden Rückstand an, unterwarf sich wegen letzterem der sofortigen Zwangsvollstreckung, und erkannte weiter unter Verzicht auf jedwede Einwendungen sowie unter sofortiger Vollstreckungsunterwerfung an, im Falle einer Kündigung binnen vier Wochen zur Räumung und Herausgabe des Pachtobjekts verpflichtet zu sein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindlichen Ablichtungen der Urkunde und des Unterpachtvertrages Bezug genommen.
5Die Beteiligte zu 1) hatte die Übernahme der Notarkosten für die obige Beurkundung erklärt. Am 25.01.2007 erteilte der Beteiligte zu 2) ihr die streitgegenständliche Kostenberechnung über 683,54 €, mit der er zu einem Geschäftswert von 336.508,00 € eine 10/10 Gebühr gem. §§ 32, 36 Abs. 1 KostO für die Beurkundung einseitiger Erklärungen nebst Auslagen und Mehrwertsteuer geltend machte. Wegen der Einzelheiten der Kostenberechnung wird auf die bei den Akten befindliche Ablichtung verwiesen.
6Die Beteiligte zu 1) beanstandet den angesetzten Geschäftswert und ist der Auffassung, dieser habe sich – soweit Anerkenntnis und Vollstreckungsunterwerfung hinsichtlich des Räumungsanspruchs betroffen seien – nach der Bruttojahrespacht für ein Jahr zu bemessen. Dies entspreche der Bemessung des Geschäftswerts bei einer Räumungsklage, die durch die beurkundete Erklärung ersetzt werden solle.
7Hingegen hält der Beteiligte zu 2) die Berücksichtigung der 4-jährigen Laufzeit des Pachtvertrages für zutreffend. Er hat den Geschäftswert danach mit 6.730,16 € x 12 x 4 = 323.047,68 € + 13.460,32 € (Pachtrückstand) berechnet. Er ist der Ansicht, der Wert der Unterwerfungserklärung habe sich gem. § 25 Abs. 1 KostO am Wert des Pachtrechts und dieses wiederum sich nach dem zugrunde liegenden Vertrag und bei bestimmter Vertragsdauer nach deren Laufzeit zu bemessen.
8Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Rechtsstandpunkten der Beteiligten wird auf ihren Schriftwechsel nebst Anlagen Bezug genommen.
9Der Präsident des Landgerichts hat unter dem 11.09.2007 eine kostenrechtliche Stellungnahme abgegeben, auf die wegen ihrer Einzelheiten Bezug genommen wird.
10II.
11Die Kostenbeschwerde der Beteiligten zu 1) ist gem. § 156 Abs. 1 S. 1 KostO statthaft und zulässig.
12Sie ist jedoch unbegründet, da die Bemessung des der streitgegenständlichen Kostenberechnung zugrunde gelegten Geschäftswerts nicht zu beanstanden ist.
13Nach dem in § 18 Abs. 1 KostO ausformulierten Grundsatz werden Gebühren nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand des Geschäfts zur Zeit der Fälligkeit hat; die §§ 19 ff. KostO enthalten weitere Vorgaben für die Ermittlung des jeweiligen Geschäftswerts in einzelnen Sachgebieten. Über § 141 KostO gelten diese Vorgaben auch für die Notarkosten, so dass insoweit die Regelungen der Kostenordnung anderen gesetzlichen Regelungen zur Bemessung des Geschäftswerts, zum Beispiel im Gerichtskostengesetz, vorgehen (vgl. Lappe, NotBZ 2002, 58).
14Gegenstand des Geschäfts war im vorliegenden Fall die Beurkundung von Vollstreckungsunterwerfungserklärungen sowohl hinsichtlich des Pachtrückstandes i.H.v. 13.460,32 € als auch hinsichtlich des von dem Pächter zugleich anerkannten Räumungs- und Herausgabeanspruchs binnen vier Wochen ab Kündigung.
15Bezüglich letzterer hatte sich der Wert der beurkundeten Erklärung nach § 25 Abs. 1 KostO zu bemessen. Diese Vorschrift ist Spezialnorm gegenüber § 39 Abs. 2 KostO, der bei der Beurkundung des Pachtvertrages als solchem zum Tragen kommt; § 25 Abs. 1 KostO gilt für die inhaltliche Gestaltung des Pachtverhältnisses (Korintenberg/ Reimann, KostO, 17. Aufl. 2008, § 25 Rdnr. 1, 3). Eine solche inhaltliche Gestaltung des Pachtverhältnisses stellt auch die seit der Änderung des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO Ende 1997 zulässige Vollstreckungsunterwerfung des Pächters hinsichtlich des Räumungs- und Herausgabeanspruchs des Verpächters dar, da sie von den ansonsten geltenden gesetzlichen Regelungen zur Erlangung und Vollstreckung eines Räumungstitels abweicht und die vertragliche Ausgestaltung des Pachtverhältnisses zwischen den Parteien insoweit ergänzt. Gegenstand der Vollstreckungsunterwerfung ist der Pachtgegenstand, dessen Besitz jedoch der Pachtvertrag als Rechtsverhältnis zugrunde liegt. Folglich ist der Wert der Urkunde, in der die Vollstreckungsunterwerfung erklärt wird, mit dem Wert dieses Rechtsverhältnisses nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 KostO zu bemessen (vgl. auch Assenmacher/ Mathias, vormals Göttlich/Mümmler, KostO, 15. Aufl., „Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung“, Ziff. 3; Lappe, NotBZ 2002, 58).
16Nach § 25 Abs. 1 S. 1 KostO bemisst sich der Wert eines Pachtrechts nach dem Wert aller Leistungen des Pächters während der ganzen Vertragszeit. Im Rückschluss aus § 25 Abs. 1 S. 2 KostO, wonach bei unbestimmter Vertragsdauer der Wert dreier Jahre maßgebend ist, ergibt sich, dass bei Verträgen, die auf bestimmte Zeit geschlossen sind, nach § 25 Abs. 1 S. 1 KostO diese vereinbarte Vertragsdauer ausschlaggebend ist (vgl. Korintenberg/Reimann, KostO, 17. Aufl. 2008, § 25 Rdnr. 6). Die abweichende Auffassung von Lappe (NotBZ 2002, 58), wonach „schlichter“ Räumungswert die Dreijahresmiete sei, unterscheidet weder zwischen bestimmter und unbestimmter Vertragsdauer, noch wird sie näher begründet.
17Hiervon ausgehend, war im vorliegenden Fall noch die Feststellung zu treffen, ob es sich bei dem Unterpachtvertrag vom 28.08.2006 um einen Vertrag mit bestimmter oder unbestimmter Vertragsdauer handelt. Dies ist stets eine Frage der Auslegung im Einzelfall; ist zwar eine Laufzeit vereinbart, jedoch einem Vertragspartner das Recht zur vorzeitigen Kündigung eingeräumt, kann die Abgrenzung schwierig sein und wird bei ordentlicher Kündigungsmöglichkeit ohne besondere Voraussetzungen eher von einer unbestimmten, bei einem an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpften Kündigungsrecht eher von einer bestimmten Vertragsdauer auszugehen sein (vgl. Filzek, KostO, 3. Aufl., § 25 Rdnr. 3; Korintenberg/Reimann, KostO, 17. Aufl. 2008, § 25 Rdnr. 9).
18Im vorliegenden Fall ist zweifelsohne von einer bestimmten Vertragsdauer auszugehen, da nicht nur ein ordentliches Kündigungsrecht in dem Unterpachtvertrag nicht enthalten, sondern darüber hinaus die automatische Beendigung des Pachtverhältnisses mit Zeitablauf und der Ausschluss seiner Verlängerung durch fortgesetzten Gebrauch nochmals ausdrücklich hervorgehoben sind. Auf das Bestehen außerordentlicher gesetzlicher Kündigungsrechte, hinsichtlich derer auch die Möglichkeiten der Vertragsparteien, sie durch Vereinbarungen oder Allgemeine Geschäftsbedingungen wirksam auszuschließen, rechtlich beschränkt sind, kann es dabei nicht ankommen, weil insoweit die Dispositionsbefugnis der Parteien – auf das es aber für die Abgrenzungsfrage, ob eine bestimmte oder eine unbestimmte Vertragsdauer gewollt war, ankommt – ohnehin eingeschränkt ist (vgl. Filzek, KostO, 3. Aufl., § 25 Rdnr. 3).
19Nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen war daher im vorliegenden Fall der Geschäftswert für die Unterwerfungserklärung hinsichtlich des Räumungs- und Herausgabeanspruchs des Verpächters mit der monatlichen Bruttopacht (vgl. Filzek, KostO, 3. Aufl., § 25 Rdnr. 2, Korintenberg/Reimann, KostO, 17. Aufl. 2008, § 25 Rdnr. 5) in Höhe von 6.730,16 € x 12 x 4 = 323.047,68 € richtig bemessen. Der Gesamtgeschäftswert für die Beurkundung betrug danach zuzüglich des unstreitigen weiteren Betrages von 13.460,32 € für die Erklärung von Schuldanerkenntnis und Vollstreckungsunterwerfung hinsichtlich des rückständigen Pachtzinses insgesamt 336.508,00 €.
20Unter Zugrundelegung dieses Geschäftswertes war zutreffenderweise eine 10/10 Gebühr gem. §§ 32, 36 Abs. 1 KostO für die „Beurkundung einseitiger Erklärungen“ nebst Auslagen und Mehrwertsteuer zu erheben; der Gebührentatbestand der §§ 32, 36 Abs. 1 KostO ist vorliegend einschlägig und war auch nicht Gegenstand der Beschwerde.
21Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 156 Abs. 5 S. 1, Abs. 4 S. 4 KostO, 13 a Abs. 1 S. 1 FGG, 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.
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