Urteil vom Landgericht Dortmund - 8 O 28/09
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des beklagten Landes gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Ansprüche nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz und auch unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung geltend.
3Am 25.06.2007 wurde eine Filiale der U Bank überfallen. Gegen 09:05 Uhr hatte eine männliche Person die Bankräume betreten und die beiden Bankangestellten unter Vorhalt einer Waffe aufgefordert, den Tresorraum zu öffnen. Die Person erbeutete 16.500,00 €. Sie sperrte die Angestellten im Tresorraum ein.
4Zwei in der Nachbarschaft tätige Bauarbeiter hatten den flüchtenden Täter beobachtet und sagten dies unmittelbar nach dem Überfall gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten als Zeugen aus. Sie erklärten auch, dass sie die fragliche Person schon mehrfach an der Baustelle hätten vorbeigehen sehen. Daraufhin befragten die Polizeibeamten die Bewohner des Hauses und erhielten von einer Zeugin die Aussage, dass es sich bei dieser Person um den Herrn T, also den Kläger, handele, der in der gleichen Straße wohne, in der sich auch die U Bank befinde.
5Die Polizeibeamten erfuhren, dass sich zwei der drei Töchter des Klägers unter den Schaulustigen vor der Volksbank befinden sollten. Sie wollten sich an diese wenden, trafen aber allein die damals dreizehnjährige Tochter T2 an. Ihre Schwester hatte sich bereits entfernt. Die Polizeibeamten baten T2, sie zum elterlichen Haus zu begleiten und die Örtlichkeiten zu zeigen. Was genau zwischen T2 und den Polizeibeamten besprochen wurde und in welcher Weise sie aufgefordert wurde, das Elternhaus zu zeigen, ist zwischen den Parteien streitig. T2 führte die Polizeibeamten jedenfalls zum Elternhaus, schloss die Wohnungstür auf, betrat das Haus und in der Folge das Wohnzimmer und fing dort an zu schreien. Diesem Schreien schlossen sich die übrigen Familienmitglieder an, so dass sie durch die Polizeibeamten zunächst beruhigt werden mussten.
6Im Anschluss eröffneten die Polizeibeamten dem Kläger, dass der Verdacht bestehe, dass er an diesem Morgen die U Bank überfallen habe, da er von Zeugen identifiziert worden sei. Er wurde daher gebeten, die Polizeibeamten auf freiwilliger Basis zu einer Gegenüberstellung zu begleiten. Dieser Bitte stimmte der Kläger zu. Er wurde bei der Gegenüberstellung nicht identifiziert; dies wurde ihm auch unmittelbar als Ergebnis mitgeteilt.
7Im Anschluss fragten die Polizeibeamten den Kläger, ob er mit der Durchsuchung seines Hauses einverstanden sei. Auch dies bejahte der Kläger und stimmte der Durchsuchung freiwillig zu.
8Bei der Durchsuchung wurde nichts den Kläger Belastendes gefunden und auch nichts beschlagnahmt.
9In einer Vernehmung vom gleichen Tag, die von 13:29 Uhr bis 13:44 Uhr andauerte, teilten die Polizeibeamten dem Kläger abschließend mit, dass sich der Verdacht gegen ihn nicht erhärtet habe.
10In dieser Vernehmung bestätigte der Kläger nochmals ausdrücklich zu Protokoll, dass er mit den Maßnahmen der Polizei, d. h. sowohl mit der Gegenüberstellung als auch mit der Durchsuchung sein Einverständnis erklärt hatte, und er bestätigte auch, dass die Polizeibeamten ihm bereits nach der Gegenüberstellung mitgeteilt hatten, dass die Zeugen ihn als Täter nicht wiedererkannt haben. Wegen der Einzelheiten dieses Vernehmungsprotokolls wird Bezug genommen auf Blatt 38 f. der Ermittlungsakte (Staatsanwaltschaft Arnsberg AZ: 283 Js 184/07).
11Am Folgetag, dem 26.06.2007, meldete sich die jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erstmals als Verteidigerin für den Kläger. Sie beantragte Akteneinsicht, widersprach der am Vortag durchgeführten Durchsuchung und legte Beschwerde gegen diese ein.
12Mit Beschluss vom 12.07.2007 des Amtsgerichts Brilon wurde diese Beschwerde zurückgewiesen mit der Begründung, der Kläger habe der Durchsuchung ausdrücklich zugestimmt.
13Am 19.07.2007 wurde das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
14Am gleichen Tag legte die Verteidigerin des Klägers Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Brilon vom 12.07.2007 ein, dem das Amtsgericht Brilon nicht abhalf. Mit Beschluss des Landgerichts Arnsberg vom 22.08.2007 wurde auch diese Beschwerde zurückgewiesen.
15Fünf Tage später, d. h. am 27.08.2007, erstattete der Kläger durch seine heutige Prozessbevollmächtigte gegen die am Tatort ermittelnden Polizeibeamten, die seine Tochter T2 von der U Bank aus im Streifenwagen mit zu ihm nach Hause genommen hatten, Strafanzeige. Dieses Strafverfahren war zunächst am 25.05.2009 eingestellt worden. Auf Grund einer hiergegen vom Kläger erhobenen Beschwerde werden derzeit neue Ermittlungen durchgeführt. Das Verfahren ist nicht abgeschlossen.
16Am 28.08.2007 erstattete der Kläger, erneut vertreten durch seine jetzige Prozessbevollmächtigte, auch gegen die beiden Bauarbeiter und die Anwohnerin, die am Tag des Banküberfalls als Zeugen ausgesagt hatten, Strafanzeige und zwar wegen falscher Verdächtigung. Das Verfahren gegen diese drei Zeugen wurde am 06.09.2007 gemäß § 170 StPO eingestellt. Auch hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, Beschwerde ein. Diese wies die Generalstaatsanwaltschaft mit Bescheid vom 20.11.2007 zurück.
17Am 30.08.2007 beantragte der Kläger beim Amtsgericht Arnsberg die Feststellung, dass die Staatskasse verpflichtet sei, ihm Vermögensschäden auf Grund der am 25.06.2007 durch die Polizeibeamten durchgeführten Strafverfolgungsmaßnahmen zu ersetzen.
18Am Folgetag ließ er durch seine Verteidigerin eine weitere Begründung seiner weiteren Beschwerde vom 19.07.2007 gegen die Durchsuchung einreichen und erklärte, dass es sich hierbei hilfsweise um eine Gegenvorstellung handeln solle, soweit über die Beschwerde schon entschieden sei. Das Landgericht Arnsberg, welches wie oben ausgeführt die Beschwerde bereits am 22.08.2007 zurückgewiesen hatte, wies mit Beschluss vom 03.09.2007 auch die Gegenvorstellung zurück. Hierauf legte der Kläger, vertreten durch seine Verteidigerin, am 11.09.2007 weitere Gegenvorstellung ein und erklärte hilfsweise, sein Vorbringen sei als weitere Beschwerde auszulegen. Mit Beschluss vom Folgetag wies das Landgericht Arnsberg auch diese weitere Gegenvorstellung zurück und legte die Sache zur Entscheidung dem Oberlandesgericht vor. Mit Beschluss vom 27.11.2007 stellte das Oberlandesgericht fest, dass diese weitere Beschwerde bereits unzulässig war.
19Mit Beschluss vom 21.02.2008 stellte das Amtsgericht Arnsberg fest, dass dem Kläger für die Durchsuchung der Wohnräume am 25.06.2007 eine Entschädigung zusteht. Der Beschluss wurde am 27.02.2008 zugestellt.
20Gegen diesen Beschluss legte der Kläger am 05.03.2008 sofortige Beschwerde ein.
21Er war nicht damit zufrieden, dass er lediglich eine Entschädigung für die Durchsuchung erhalten solle, sondern verlangte auch eine Entschädigung für eine vorläufige Festnahme und die durchgeführte Gegenüberstellung. Mit Beschluss vom 08.04.2008 wies das Landgericht Arnsberg diese Beschwerde zurück.
22Mit Schreiben vom 03.09.2008 wandte sich der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, an die Staatsanwaltschaft Arnsberg und machte Schadensersatzansprüche für sich und seine Familienmitglieder geltend. Sowohl damals als auch nunmehr im vorliegenden Klageverfahren werden die folgenden Forderungen geltend gemacht:
231.
24Zum einen begehrt der Kläger Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren, die ihm für die anwaltliche Interessenwahrnehmung in dem gegen ihn durchgeführten Ermittlungsverfahren entstanden sind. Diese beziffert er mit 583,64 €.
252.
26Zudem macht er Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 184,45 € geltend und trägt hierzu vor, diese seien ihm dadurch entstanden, dass seine Verteidigerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Arnsberg vom 21.02.2008 Beschwerde eingelegt habe. Hierbei handelt es sich um den Beschluss, mit dem zu Gunsten des Klägers festgestellt worden war, dass ihm für die durchgeführte Durchsuchung eine Entschädigung nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz zusteht.
273.
28Des Weiteren möchte der Kläger Rechtsanwaltskosten in Höhe von 142,80 € ersetzt verlangen. Er trägt hierzu vor, dass die Krankenkassen AOK und BKK Auskunft über den Vorfall haben wollten, wohl um zu prüfen, ob sie Regressansprüche geltend machen können, nachdem sie Kosten für die medizinische Behandlung des Klägers und seiner Töchter übernommen hatten. Dieses Schreiben hatte der Kläger durch seine Rechtsanwältin beantworten lassen.
294.
30Als weitere Position macht der Kläger Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 184,45 € und 218,47 € geltend. Nach seinem Vortrag sind ihm Kosten in dieser Höhe für die Strafanzeige gegen die drei Zeugen entstanden.
315.
32Als weitere Position macht er 263,33 € an Rechtsanwaltsgebühren geltend. Diese sollen ihm entstanden sein, auf Grund der gegen die Polizeibeamten erstatteten Strafanzeigen.
336.
34Als weitere Position macht der Kläger Fahrtkosten in Höhe von 44,00 € und 75,00 € geltend für die Wahrnehmung von Arztterminen durch ihn selbst. Hierzu trägt er vor, diese Arzttermine seien als Folge der Strafverfolgungsmaßnahmen erforderlich gewesen, da er einen Schock erlitten habe.
357.
36Auch macht der Kläger Fahrtkosten für Arztbesuche seiner Töchter T3 und T2 geltend und trägt hierzu vor, dass auch die Töchter durch die Strafverfolgungsmaßnahmen einen Schock erlitten hätten.
378.
38Zudem macht der Kläger Fahrtkosten in Höhe von 154,00 € und 21,00 € geltend für Fahrten der Tochter T2 zur Nachhilfe. Auch hierzu trägt er vor, dass die Nachhilfe als kausale Folge der Strafverfolgungsmaßnahmen erforderlich gewesen sei.
399.
40Als weitere Position macht der Kläger 98,21 € als Verdienstausfall der Ehefrau geltend und trägt hierzu vor, ein Streifenwagen habe seine Frau am 25.06.2007 zugeparkt, so dass diese an dem Tag nicht habe zur Arbeit fahren können.
4110.
42Zudem macht der Kläger 60,00 € geltend, die ihm als Kosten für ärztliche Atteste entstanden sein sollen.
4311.
44Des Weiteren begehrt der Kläger 16,00 € für die Beschädigung der Halterung einer historischen Waffe. Nach seinem Vortrag befand sich diese auf Haken an der Wand. Im Rahmen der Durchsuchung sollen diese Haken samt Dübeln durch die Polizeibeamten aus der Wand gerissen worden sein. Den Schaden habe er selbst mit Material, welches ihm im Hause zur Verfügung stand, repariert.
4512.
46Als weitere Position macht der Kläger 20,00 € Zuzahlungskosten für Medikamente geltend.
4713.
48Zudem verlangt er 50,00 € Praxisgebühr erstattet.
4914.
50Für die außergerichtliche Vertretung im vorliegenden Verfahren macht der Kläger zudem 272,87 € geltend.
51Mit Bescheid vom 07.10.2008 wies die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm die Ansprüche des Klägers zurück. Dieser Bescheid ging dem Kläger zu Händen seiner Verteidigerin am 16.10.2008 zu. Die vorliegende Klage ging am 14.01.2009 bei Gericht ein und wurde nach Zahlung der Gerichtskosten am 10.02.2009 am 06.03.2009 zugestellt.
52Der Kläger behauptet, durch die Strafverfolgungsmaßnahmen der Beklagten hätten er und auch seine Töchter T3 und T2 einen Schock erlitten und hätten sich daher in ärztliche Behandlung begeben müssen.
53Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung persönlich ausgeführt hat, behauptet er hierzu, dass das Gravierendste an der ganzen Sache für ihn gewesen sei, dass seine Tochter T2 völlig aufgelöst und schreiend mit den Polizeibeamten in das Haus gestürzt gekommen sei und gar nichts richtig habe sagen können. Sämtliche Kinder und auch er selbst seien außer sich gewesen. Insbesondere diese Szene laufe noch heute wie ein Film vor ihm ab und genau aus diesem Grund sei er auch weiterhin in ärztlicher Behandlung bei X in C.
54Wegen der behaupteten erlittenen Beeinträchtigungen nimmt der Kläger Bezug auf die Atteste des D vom 27.08.2007 betreffend ihn und seine beiden Töchter T2 und T3 sowie auf einen Bericht des X vom 13.08.2007 betreffend ihn selbst. Im Übrigen legt er bezüglich der Töchter T3 und T2 allein ärztliche Atteste dazu vor, dass Termine stattgefunden haben. Ausweislich dieser Atteste fand der erste Termin nach dem hier streitgegenständlichen Vorfall am 19.12.2007, also rund ein halbes Jahr nach der Durchsuchung, statt.
55Der Kläger ist der Ansicht, dass auch zukünftig noch weitere Kosten auf ihn zukommen werden, da die medizinischen Behandlungen noch nicht abgeschlossen seien.
56Im Übrigen behauptet er, dass ihm die Auslagen entstanden seien, wie im Antrag an die Staatsanwaltschaft Arnsberg im Einzelnen dargelegt. Er ist der Ansicht, sämtliche Schäden, die sich insgesamt auf 2.237,67 € beliefen, würden kausal auf den Maßnahmen der Polizeibeamten beruhen.
57Der Kläger beantragt,
58- das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen in Höhe von 2.237,67 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2008;
- festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm auch weitere Entschädigungen nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen, die ihm aufgrund der durchgeführten Strafverfolgungsmaßnahme - Durchsuchung der Wohnräume am 25./ 26.06.2007 – noch entstehen werden, zu leisten.
Das beklagte Land beantragt,
61die Klage abzuweisen.
62Wegen der weiteren Einzelheiten des jeweiligen Parteivorbringens wird Bezug genommen auf den Inhalt der zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Erklärungen zu Protokoll der mündlichen Verhandlung.
63Die Akte der Staatsanwaltschaft Arnsberg zu Aktenzeichen 283 Js 184/07 war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
64Entscheidungsgründe:
65Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
66Zwar steht dem Grunde nach auf Basis des mittlerweile rechtskräftigen Beschlusses des Amtsgerichts Arnsbergs vom 21.02.2008 fest, dass der Kläger für die Durchsuchung seiner Wohnräume am 25.06.2007 zu entschädigen ist, doch ist es dem Kläger nicht gelungen, substantiiert darzulegen, dass ihm durch diese Strafverfolgungsmaßnahme ein Vermögensschaden entstanden ist.
67Aus diesem Grund ist das beklagte Land nicht verpflichtet, dem Kläger die geltend gemachten Schäden zu ersetzen.
68Im Einzelnen:
69Zu 1.)
70So steht dem Kläger zum einen kein Anspruch auf Ersatz von Verteidigergebühren zu, die ihm im Ermittlungsverfahren selbst entstanden sein sollen.
71Rechtsanwaltsgebühren sind nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz nur ersatzfähig, soweit sie der Abwehr der entschädigungspflichtigen Maßnahme dienen und nicht, soweit sie allgemein der Vertretung in dem Ermittlungsverfahren dienen. Hier war die mit Zustimmung des Klägers durchgeführte Durchsuchung bereits am 25.06.2007 abgeschlossen. Die Verteidigerin wurde jedoch erst am Folgetag, d. h. am 26.06.2007, beauftragt und bestellte sich auch erst an diesem Tage für den Kläger.
72Zu der Zeit aber war die Durchsuchung abgeschlossen; dem Kläger war sogar schon mitgeteilt worden, dass sich der Verdacht gegen ihn nicht erhärtet hatte. Es waren insbesondere auch keine Beschlagnahmen und/oder Sicherstellungen durchgeführt worden, so dass auch keine Auswirkungen/Belastungen der Durchsuchung fortwirkten.
73Zu 2.)
74Dem Kläger steht auch nicht der Ersatz von Rechtsanwaltsgebühren zu, die ihm im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des Amtsgerichts Arnsberg vom 21.02.2008 entstanden sein sollen.
75Diese Beschwerde wurde gerade darauf gestützt, dass der Kläger nicht damit einverstanden war, "nur" wegen der Durchsuchung entschädigt zu werden, sondern er wollte auch Entschädigung für weitere Maßnahmen. Mit diesem Ansinnen hatte er gerade keinen Erfolg und entsprechend wurde die Beschwerde zurückgewiesen. Damit ergibt sich schon aus dem eigenen Vorbringen des Klägers, dass die hier geltend gemachten Kosten für das Beschwerdeverfahren gerade keine kausale Folge der Durchsuchung selbst sind. Dass für die Durchsuchung zu entschädigen ist, wurde bereits mit dem vom Kläger angegriffenen Beschluss festgestellt.
76Zu 3.)
77Dem Kläger steht auch keine Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren zu, die ihm dadurch entstanden sein sollen, dass seine Verteidigerin eine Stellungnahme gegenüber der AOK und der BKK abgegeben haben soll.
78Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Durchsuchung und dem Wunsch der Krankenkasse, über den Grund für die medizinische Behandlung informiert zu werden, ist nicht ersichtlich. Zudem ist auch nicht erkennbar, warum es überhaupt erforderlich gewesen sein soll, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, die Anfrage der Krankenkasse zu beantworten. Wie der Kläger selbst eingestanden hat, ging es nicht darum, gegenüber der Krankenkasse eventuelle Ansprüche durchzusetzen, sondern lediglich um eine einfache Antwort der Krankenkasse auf eine Frage, mit der möglicherweise ein Regressverfahren vorbereitet werden sollte.
79Zu 4.)
80Auch soweit der Kläger Rechtsanwaltsgebühren wegen der Strafanzeige gegen die drei Zeugen geltend macht, steht ihm kein Anspruch zu.
81Auch diese Kosten beruhen nicht kausal auf der Durchsuchungsmaßnahme. Die Kosten für eine Strafanzeige gegen Dritte entstehen nicht kausal durch eine Durchsuchungsmaßnahme, zumal es zeitlich ja umgekehrt so war, dass zunächst die Zeugen eine Aussage getätigt haben und es sodann im Anschluss zu der Durchsuchung bei dem Kläger kam. Schon durch diesen chronologischen Ablauf ist eine Kausalität ausgeschlossen.
82Da es sich zudem um drei Bürger handelt, die hier angezeigt wurden und nicht um Amtspersonen, kommt auch ein Anspruch aus Amtshaftung nicht in Betracht.
83Zu 5.)
84Dem Kläger steht jedoch auch kein Kostenerstattungsanspruch zu, soweit er Strafanzeige gegen die Polizeibeamten geltend macht, die das Kind T2 nach Hause gefahren haben.
85Ansprüche nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz scheitern schon daran, dass auch diese Kosten keine Folge der Durchsuchung sind. Auch das hier beanstandete Verhalten lag chronologisch vor der Durchsuchung, so dass schon aus diesem Grunde eine Kausalität wieder vollständig ausgeschlossen werden kann.
86Soweit der Kläger hilfsweise die Ansprüche nunmehr auch auf Amtshaftungsansprüche gestützt hat, scheitern diese Ansprüche zudem schon daran, dass es sich nicht um eigene Ansprüche des Klägers handelt. Evtl. Ansprüche unter dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung stünden der Tochter T2 selbst zu. Zu einer Abtretung aber hat der Kläger nichts vorgetragen.
87Nur am Rande sei daher der Hinweis erlaubt, dass die Kammer einen substantiierten Vortrag, nachdem eine Amtspflichtverletzung der Polizeibeamten zu bejahen wäre, bislang nicht hat feststellen können.
88Der Kammer ist insofern insbesondere aufgefallen, dass sich der Vorfall, wie er von Klägerseite geschildert wird, im Lauf der Zeit immer dramatischer darstellt. Noch in der Klageschrift wurde insofern vorgetragen, dass die Tochter T2 lediglich aufgefordert wurde, in das Fahrzeug einzusteigen, und der den Polizeibeamten gegenüber erhobene Vorwurf bestand allein darin, dass keine weibliche Beamtin angefordert wurde. In der Stellungnahme vom 24.02.2009, die im Namen der 13-jährigen Tochter abgegeben wurde, heißt es, dass die Polizisten mit T2 diskutiert und sie leicht am Arm gefasst und in das Auto geschoben hätten. Im Schriftsatz vom 19.08.2009 wurde vorgetragen, sie sei in das Fahrzeug hineingezogen worden.
89Schon auf Grund dieser doch widersprüchlichen Angaben hatte die Kammer Zweifel an dem Vorbringen des Klägers.
90Zu 6.), 7.), 8.), 10,), 12.) und 13.)
91Soweit der Kläger mit den Positionen 6, 7, 8, 10, 12 und 13 Erstattungen von Fahrtkosten, ärztlichen Attesten, Medikamentenzuzahlungen und Praxisgebühren geltend macht, stehen ihm auch insoweit keine Ansprüche zu.
92Die Kammer lässt es insoweit einmal dahinstehen, ob der Kläger und die Töchter T3 und T2 tatsächlich einen Schock erlitten haben.
93Zumindest angesichts der Tatsache, dass eine zeitnahe Behandlung der Töchter offenbar nicht stattgefunden hat, sondern neben dem Besuch beim Hausarzt zwei Tage nach dem Vorfall die ersten Arzttermine erst ein halbes Jahr später stattgefunden haben sollen, hat die Kammer insoweit jedenfalls ihre Zweifel.
94Ansprüche ergeben sich nicht aus dem Strafrechtsentschädigungsgesetz.
95Die Kammer hält es ganz sicher für ausgeschlossen, dass dem Kläger der Beweis gelingt, die behaupteten Schockzustände seien kausale Folge der Durchsuchung selbst.
96Es mag sein, dass der Kläger und seine Töchter durch das Ermittlungsverfahren an sich belastet wurden. Insofern hat der Kläger auch sehr anschaulich dargestellt, dass ihn am meisten belastet, dass seine Tochter zusammen mit den Polizeibeamten in das Haus kam und sodann geschrien hat. Dies ist nach persönlicher Darstellung des Klägers die Situation, die er sich immer wieder in Erinnerung rufe und die ihn am meisten belaste.
97Gerade aus dem eigenen Vorbringen des Klägers folgt aber daher, dass die zeitlich einige Stunden später durchgeführte Durchsuchung mit dem behaupteten Schock nicht in Zusammenhang steht. Die Aufregung für die Familie ergab sich dadurch, dass Polizeibeamte den Kläger aufsuchten und ihm eröffneten, dass gegen ihn der Verdacht bestehe, eine Straftat begangen zu haben. Dieser Besuch der Polizeibeamten in seinem Haus an diesem Morgen war aber zunächst eine allgemeine Maßnahme im Rahmen des Ermittlungsverfahrens und diente dazu, dem Kläger Fragen zu stellen und ihn zu bitten, freiwillig an einer Gegenüberstellung teilzunehmen.
98In der zeitlichen Reihenfolge fand dann auch zunächst mit Einverständnis des Klägers die Gegenüberstellung statt, die schon zu dem den Kläger und die Familie beruhigenden Ergebnis geführt hat, dass die Zeugen den Kläger nicht wieder erkannt haben. Entsprechend hatte sich, als es im weiteren Laufe des Vormittags - und zwar erneut mit Zustimmung des Klägers - zu der Dursuchung selbst kam, der Verdacht gegen den Kläger schon relativiert, wie der Familie ja auch bekannt war, da die Polizeibeamten dem Kläger das Ergebnis der Gegenüberstellung mitgeteilt hatten.
99Soweit es daher zu einem Schockzustand bei dem Kläger und/oder seinen Töchtern gekommen sein sollte, so dürfte dies in erster Linie darauf beruhen, dass überhaupt gegen den Kläger ermittelt wurde, wie schon aus der eigenen Darstellung des Klägers folgt.
100Entsprechend sieht die Kammer keine Möglichkeit für den Kläger, die hier streitige Frage der Kausalität zwischen der Durchsuchung und den behaupteten Folgen nachzuweisen.
101Geeignete Beweismittel hierfür sind nicht angeboten. Soweit der Kläger sich auf das sachverständige Zeugnis der behandelnden Ärzte beruft, können auch diese nicht unterscheiden, welches Ereignis konkret einen möglichen Schock ausgelöst hat. Das hält die Kammer wegen der zeitlichen Nähe der in Frage stehenden möglichen Ereignisse sicher für ausgeschlossen.
102Der Nachweis der Kausalität zwischen der allein entschädigungspflichtigen Maßnahme, der Durchsuchung, und dem behaupteten Schaden aber ist erforderlich. Eine Entschädigung nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz kommt nur für Vermögensschäden in Betracht, die konkret auf der entschädigungspflichtigen Maßnahme beruhen und nicht für Nachteile, die allgemein dadurch entstanden sein können, dass Ermittlungen gegen den Kläger durchgeführt wurden.
103Die geltend gemachten Positionen sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung erstattungsfähig.
104Eine Amtspflichtverletzung kann hier nicht festgestellt werden. Die Polizeibeamten sind als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft unmittelbar nach dem Banküberfall ihrer Pflicht gefolgt, in alle Richtungen zu ermitteln, und sind in diesem Zusammenhang den Angaben der Zeugen nachgegangen. Es entsprach gerade den Pflichten der Polizeibeamten, bei dieser Sachlage Ermittlungsmaßnahmen gegen den Kläger einzuleiten. Insoweit ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass der Ermessenspielraum der Staatsanwaltschaft sehr weitgehend ist.
105Zu 9.)
106Soweit der Kläger einen Verdienstausfall seiner Ehefrau in Höhe von 98,21 € geltend macht, kommt hier ein Anspruch nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz nicht in Betracht, sondern allein ein Anspruch der Ehefrau unter dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung.
107Ein solcher scheitert jedoch schon daran, dass eine Abtretung eines möglichen Anspruchs der Ehefrau nicht dargelegt wurde.
108Zu 11.)
109Soweit der Kläger Kosten für die Beschädigung der Halterung einer Waffe in Höhe von 16,00 € geltend macht, ist die Höhe dieses Schadens nicht ausreichend belegt, zumal der Kläger eingeräumt hat, dass man den Schaden mit zwei Dübeln aus dem eigenen Bestand im Werkzeugkasten reparieren konnte. Selbst wenn man aber einen Schaden in der vom Kläger angegebenen Höhe zugrundelegen würde, so würde ein Ersatzanspruch jedenfalls an der Bagatellgrenze des § 7 Abs. 2 des Strafrechtsentschädigungsgesetzes scheitern, da er einen Betrag von 25,00 € nicht übersteigt.
110Zu 14.)
111Da ein ersatzfähiger Schaden des Klägers nicht dargelegt ist, stehen ihm auch keine Rechtsanwaltsgebühren zur (außergerichtlichen) Geltendmachung eines solchen Schadens zu.
112Auch der Feststellungsantrag des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
113Die Kammer lässt dahinstehen, ob das erforderliche Feststellungsinteresse besteht, der Antrag also zulässig ist, nachdem die Haftung dem Grunde nach durch den Beschluss des Amtsgerichts Arnsberg festgestellt wurde.
114Jedenfalls aber scheitert die Bejahung eines Feststellungsantrages schon daran, dass weitere kausale Schäden aus der Durchsuchung nicht zu erwarten sind.
115Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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