Urteil vom Landgericht Dortmund - 12 O 191/09
Tenor
Die Beklagte zu 1.) wird verurteilt, Zug um Zug gegen Abgabe eines
Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1.) auf Übertragung der vom Kläger gezeichneten Beteiligung an der G im Nennwert 100.000,00 € (Kommanditisten-Nr. ######) sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte zu 1.)
an den Kläger 57.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % für die Zeit vom 14.12.2004 bis zum 29.12.2008 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2008 zu zahlen,
und
ihn von allen Verbindlichkeiten bzgl. des vom Kläger bei der I-Bank aufgenommenen Darlehns zu Darlehns-Kontonummern ######### und ######### über einen Nennbetrag in Höhe von 45.500,00 € zu einem Nettozinssatz von 7,475 % bei einer Laufzeit bis zum 30.11.2014 freizustellen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1.) verpflichtet ist, den Kläger Zug um Zug gegen Übertragung der vom Kläger gezeichneten Beteiligung an der G im Nennwert von 100.000,00 € (Kommanditisten-Nr. ######) von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der vom Kläger gezeichneten Beteiligung der G im Nennwert von 100.000,00 € (Kommanditisten-Nr. ######) resultieren.
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2.) sowie der Hälfte seiner eigenen. Er trägt weiter die Hälfte der Gerichtskosten.
Die weiteren Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zu 1.) zu Last.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger macht, nachdem er die Klage gegenüber dem Beklagten zu 2) zurückgenommen hat, gegenüber der Beklagten zu 1) Ansprüche wegen einer Verletzung der Aufklärungspflicht im Zusammenhang mit der von ihm getätigten Kapitalanlage geltend.
3Der Kläger unterhielt seit dem Jahre 1999 geschäftliche Kontakte zu der Beklagten. Etwa seit dem Jahre 2001 wurde er von deren Mitarbeiter C betreut. In der Vergangenheit wurden von dem Kläger wiederholt Anlagen getätigt.
4Im November 2004 erhielt der Kläger von dem Mitarbeiter der Beklagten einen Anruf, bei dem er auf eine günstige Kapitalanlage, nämlich den streitgegenständlichen Medienfonds hingewiesen wurde. Nach einem Urlaubs- und anschließenden Krankenhausaufenthalt führte der Kläger ein weiteres Telefonat mit dem für die Beklagte tätigen Berater C. Dieser wies auf die Notwendigkeit einer schnellen Zeichnung hin, da der Fonds geschlossen werde. Vor diesem Hintergrund vereinbarten der Kläger und der Mitarbeiter der Beklagten für den kommenden Montag einen Termin im Hause des Klägers. Zu diesem Zeitpunkt stand dem Kläger ein Flyer des W zur Verfügung. Der überlassene Flyer trug auf der ersten Seite die Aufschrift „Garantiefonds“. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage zum Protokoll vom 07.01.2010 Bezug genommen.
5Der für die Beklagte tätige Berater C brachte zu dem mit dem Kläger vereinbarten Termin die Vertragsunterlagen mit, wobei die Zeichnungsscheine bereits ausgefüllt waren. Zudem überreichte der Berater der Beklagten dem Kläger ein ausführliches Emissionsprospekt. Wegen der Einzelheiten des Prospektes wird auf die zu den Akten gereichte Anlage Bezug genommen. Aufgrund des Umfanges des Prospektes war der Kläger nicht in der Lage, dieses während des Termins vollständig durchzulesen. Er nahm jedoch jedenfalls die Seiten zur Kenntnis, auf die seitens des Beraters ausdrücklich hingewiesen wurde. Dabei wies der Mitarbeiter der Beklagten auch daraufhin, dass es sich um eine von ihr hausintern geprüfte Anlage handele, die nur ausgewählten Kunden vorgestellt werde.
6Der Kläger unterzeichnete schließlich am 07.12.2004 die Anteilsübernahmeerklärung für eine Beteiligung an der G, wobei sich seine Beteiligung auf einen Betrag in Höhe von 100.000,00 € zzgl. Agio in Höhe von 5 % belief, woraus sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 105.000,00 € ergab. Nach den vertraglichen Vereinbarungen waren 54,5 % des Beteiligungsbetrages (nicht finanzierter Beteiligungsanteil) zuzüglich des Agios, nämlich 59.500,00 € unter Angabe des Verwendungszwecks „Beitritt G“ auf das dafür eingerichtete Konto der Fondsgesellschaft bei der D-Bank N zu überweisen. Der restliche Teil des Beteiligungsbetrages (45,5 %) war über ein Darlehn zu finanzieren.
7Wegen der weiteren Einzelheiten der Anteilsübernahmeerklärung, wobei die Beklagte als Vertriebsstelle in der Urkunde aufgeführt wurde, wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
8Ebenfalls unter dem 07.12.2004 unterzeichnete der Kläger einen Darlehnsvertrag mit der I-Bank mit u.A. folgenden Vereinbarungen:
9„…
101. Verwendungszweck
11Das Darlehn dient gewerblichen Zwecken, nämlich der teilweisen Finanzierung einer Kommanditbeteiligung des Darlehnsnehmers an der G mit einem Kommanditanteil von nominal 100.000,00 €.
122. Darlehnsbedingungen
13Der Darlehnsnehmer beantragt ein I-Bank-Darlehn zu den nachstehenden Bedingungen:
14Darlehnsnominalbetrag: Der Nettodarlehnsbetrag in Höhe von 45.500,00 € wird am 28.12.2004 zu 100 % valutiert.
15Zinssatz: 7,475 % p. a. nominal zum Auszahlungstag fest für die gesamte Laufzeit. Die Zinsberechnung erfolgt jährlich jeweils zum 31.12. eines jeden Jahres, letztmals zum Laufzeitende.
16Die nachstehenden Zinsen werden zinsfrei gestundet und einem von der I-Bank zu eröffnenden, auf den Darlehnsnehmer lautenden Buchungskonto bei der I-Bank, N belastet. Dieses Buchungskonto ist am Laufzeitende in einem Betrag auszugleichen. Im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Darlehnsvertrages sind die bis dahin aufgelaufenen Zinsen zuzüglich der anteiligen Zinsen des angefangenen Jahres bei Beendigung des Vertrages fällig.
17Effektiver Jahreszins lt. PangVO: 5,57 % p. a.
18Kosten: Der Darlehnsnehmer trägt die mit dem Darlehn zusammenhängende Kosten und Auslagen. Er hat der I-Bank alle durch die Nichterfüllung der übernommenen Verpflichtungen verursachten Auslagen und Schäden zu ersetzen. Daneben trägt der Darlehnsnehmer alle Auslagen gemäß § 12 Abs. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der I-Bank.
19Laufzeit, Fälligkeit und Rückzahlung: Das Darlehn hat eine Laufzeit bis zum 30.11.2014. Der Darlehnsbetrag und die bis dahin aufgelaufenen Zinsen sind an diesem Tag in einem Betrag zurückzuzahlen.
20Der an diesem Tag zurückzuzahlenden Betrag beträgt mithin 79.246,72 €.
21Hierbei handelt es sich um den Gesamtbetrag der vom Darlehnsnehmer zu erbringen Leistung im Sinne von § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 BGB. Hiervon entfallen 45.500,00 € auf die Darlehnsrückzahlung und 33.746,72 € auf die Zinszahlung.
22…“
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehnsvertrages wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
24Während des mit dem Kläger geführten Gesprächs wurde seitens des für die Beklagte tätigen Beraters darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Vorgängerfonds, die einen positiven Verlauf gezeigt hätten, mit einer guten Rendite zu rechnen sei, wenn diese auch nicht garantiert sei. Darüber hinaus wurde auf steuerliche Vorteile hingewiesen.
25Weiterhin war das Agio in Höhe von 5.000,- € Gegenstand des Gespräches. Insoweit bestand seitens des Klägers keine Bereitschaft, einen solchen Betrag für den Abschluss zu investieren. Von ihm wurde ein Teil beansprucht. Vor diesem Hintergrund verständigten sich der Kläger und der Mitarbeiter der Beklagten dahin, dass von dem Kläger im Ergebnis nur ein Betrag in Höhe von 2,5 % (= 2.500,- €) gezahlt werden und die andere Hälfte zurückfließen sollte, und zwar an die Tochter des Klägers. Entsprechend erfolgte zum späteren Zeitpunkt eine Zahlung in Höhe von 2.500,00 € an die Tochter des Klägers.
26Das während des Gespräches an den Kläger überreichte Fondsprospekt trägt auf der Titelseite die Bezeichnung „Garantiefonds“.
27Auf Seite 63 des Prospekts erfolgt eine Darstellung der Investitionsplanung, und zwar hinsichtlich der Mittelherkunft und der Mittelverwendung. Unter dem Punkt Mittelverwendung finden sich folgende Angaben:
28Emissionsbedingte Nebenkosten
2903. Eigenkapitalvermittlung 4,9 %
3004. Geschäftsbesorgungsgebühr 2,9 %
3105. Garantiegebühr 2,0 %
3206. Gründungs- und Eintragungskosten 0,09 %
3307. Finanzvermittlungsgebühr 2,0 %
34Summe 11,890 %
35Desweiteren befindet sich auf der Seite 63 folgender Zusatz:
36Agio: Ein Agio in Höhe von 5 % auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der W, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen.
37Darüber hinaus finden sich in dem Emissionsprospekt auf der Seite 91 folgende weitere Angaben:
38Eigenkapitalvermittlungsvertrag
39Mit dem Vertrieb der Kommanditanteile ist die W (nachfolgend W) beauftragt. Die W wird die Vermittlung und Einwerbung des Eigenkapitals organisieren und abwickeln und ist berechtigt, Dritte als Vertriebspartner einzusetzen. Der Beitritt hat mit Kapitalanteilen von mindestens 25 % zuzüglich 5 % Agio zu erfolgen.
40…
41Für die Vermittlung der Anteile erhält die W eine Vergütung in Höhe von 4,9 % des platzierten Kommanditkapitals, sowie das Agio in Höhe von 5 %, und für die Übernahme der Platzierungsgarantie eine Vergütung in Höhe von 2 % des vermittelten Kommanditkapitals. Für die Vermittlung der Finanzierungen erhält die W eine Gebühr in Höhe von 2 % des ermittelten Kommanditkapitals.
42…“
43Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Seite 91 des zur Akte gereichten Prospekts Bezug genommen.
44Für die Vermittlung der Anlage erhielt die Beklagte jedenfalls eine Provision in Höhe von jedenfalls 7,085 %. Diese war nicht Gegenstand des mit dem Kläger geführten Anlagegespräches.
45Der Kläger behauptet, er habe die Anlage deshalb getätigt, weil sie als sichere Anlage mit einer hohen Renditeerwartung vorgestellt worden sei. Hinzugekommen sei die Möglichkeiten der steuerlichen Abschreibung. Allerdings wäre die Anlage von ihm nicht getätigt worden, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die Beklagte über das Agio hinaus einen Verdienst für die Vermittlung erhält. Dies deshalb nicht, weil er auch nicht bereit gewesen sei, dies ist unstreitig, ein Agio in Höhe von 5 % zu zahlen. Die 2,5 %, die er der Beklagten als Agio habe zugestehen wollen, seien für ihn die Deadline gewesen. Hätte er von weiteren Provisionen gewusst, wäre er nicht bereit gewesen, die Anlage zu zeichnen. Dies deshalb nicht, weil er die Vermittlung von Anlagen dahin verstehe, dass das Interesse des Kunden und nicht das eigene wirtschaftliche Interesse der vermittelnden Bank im Vordergrund zu stehen habe.
46Der Kläger beantragt, nachdem er die Klage gegen den Beklagten zu 2) und gegen die Beklagte zu 1) teilweise in Höhe von 2.500,- € zurückgenommen hat,
471. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 57.000,00 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 4 % seit dem 14.12.2004 bis zur Rechtshängigkeit und ab Rechtshängigkeit Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz zu zahlen,
482. die Beklagte zu verurteilen, ihn von allen Verbindlichkeiten
49bezüglich des von ihm bei der I-Bank aufgenommenen Darlehns zu den Darlehnskontonummern ######### und ######### über einen Nennbetrag in Höhe von 45.500,00 € zu einem Nominalzinssatz von 7,475 % bei einer Laufzeit bis zum 30.11.2004 freizustellen,
503. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen
51steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von ihm gezeichneten Beteiligung an der G im Nennwert von 100.00,00 € (Kommanditistenanteil Nr. ######) resultieren,
524. die Verurteilung gemäß den Anträgen 1. – 3. auszusprechen Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von ihm gezeichneten Beteiligung an der G im Nennwert von 100.000,00 € (Kommanditistennummer ######) sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte,
53hilfsweise
54die Verurteilung gemäß den Anträgen 1. – 3. Zug um Zug gegen Übertragung der von ihm gezeichneten Beteiligung an der Film- und Entertainment G im Nennwert 100.000,00 € (Kommanditistennummer ######) an die Beklagte,
555. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der von ihm gezeichneten Beteiligung an der G im Nennwert von 100.000,00 € (Kommanditistennummer #######) sowie der Annahme der Abtretung der Rechte an dieser Beteiligung in Verzug befindet,
56hilfsweise
57festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der von ihm gezeichneten Beteiligung an der G im Nennwert von 100.000,00 € (Kommanditistennummer #######) in Verzug befindet.
58Die Beklagte beantragt,
59die Klage abzuweisen.
60Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen sowie auf die Erklärungen im Termin zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
61Die Klageschrift vom 30.12.2008 ist der Beklagten am 16.02.2009 zugestellt worden.
62E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
63Die zulässige Klage ist begründet.
64Die Beklagte ist dem Kläger wegen einer Verletzung der ihr im Rahmen eines Beratungsvertrages obliegenden Aufklärungspflicht zum Schadensersatz verpflichtet, § 280 BGB.
65Zwischen den Parteien bestand ein Beratungsvertrag. Denn die Tätigkeit der Beklagten hat sich nicht in der Vermittlung einer Anlage erschöpft. Sie ist vielmehr darüber hinaus gegangen. Die Parteien standen wiederholt in geschäftlichen Kontakten, wobei von dem Kläger auch Kapitalanlagen getätigt wurden. Der Beklagten sind vor diesem Hintergrund die individuellen Gegebenheiten auf Klägerseite bekannt gewesen. Sie hat dem Kläger die Anlagemöglichkeit vorgestellt und ihn dahingehend beraten, diese zu tätigen, und zwar auch unter Hinweis darauf, dass sie von ihr geprüft sei. Damit ist das Vertrauen des Klägers in Anspruch genommen worden.
66Im Rahmen dieses Beratungsvertrages hat die Beklagte die ihr obliegenden Aufklärungspflichten dadurch verletzt, dass sie nicht über die Vergütung bzw. Provision aufgeklärt hat, die sie für ihre Vermittlungstätigkeit erhält.
67Grundsätzlich ist eine Bank verpflichtet, den Anleger über erhaltene Rückvergütungen zu informieren, und zwar unabhängig von deren Umfang (BGHReport 2009, 500). Denn ein Kunde hat regelmäßig ein deutliches Interesse zu wissen, ob sich der Berater, dem er aufgrund des bestehenden Beratungsvertrages Vertrauen entgegenbringt, sich in einem Interessenkonflikt befindet und bei der Beratung nicht nur oder vielleicht sogar nur zweitrangig das Interesse des Kunden sieht, sondern auch sein eigenes Provisionsinteresse bzw. das seiner Arbeitgeberin. Erst das Wissen über die von der beratenden Bank erzielten Vergütungen und deren Umfang versetzen den Anleger in die Lage, den ihm erteilten Rat in Kenntnis aller Umstände abschätzen zu können. Vor diesem Hintergrund ist eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, gehalten, darauf hinzuweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Aufgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält (BGH WM 2007, 487 ff.). Entsprechend ist auch von einer Bank darüber aufzuklären, wenn ein Agio an die Bank für den Vertrieb gezahlt wird, und zwar unabhängig von der Höhe. Diese Aufklärungspflicht ergibt sich daraus, dass wegen der dem Kunden nicht bekannten Vergütung der beratenden Bank ggfs. ein Interessenkonflikt besteht, der zur Folge haben kann, dass die Bank bei ihrer Anlageempfehlung zumindest auch durch Eigeninteresse geleitet wird. Dabei ist es nicht entscheidend, ob es sich bei den von der beratenden Bank vereinnahmten Vergütungen um Rückvergütungen oder Innenprovisionen handelt (OLG Frankfurt, Urteil vom 20.10.2009, AZ: 14 U 98/08).
68Da allein maßgeblich ist, ob eine Vergütung gezahlt wird, die dazu führen kann, dass die Bank von einem Eigeninteresse geleitet wird, ist es unerheblich, ob eine Rückvergütung oder Innenprovision gezahlt wird (OLG Dresden, Urteil vom 24.07.2009, AZ: 8 U 1240/08). Mithin ist regelmäßig über Vergütungen aufzuklären, die geeignet sind, sich bei einer Anlagenempfehlung auch von Eigeninteressen leiten zu lassen. Eine solche Aufklärung kann in der Weise geschehen, dass sie im Rahmen des Anlagegespräches offen gelegt wird. Unstreitig hat vorliegend der für die Beklagte tätige Berater C im Rahmen des vor Abschluss des Vertrages geführten Beratungsgesprächs die von der Beklagten vereinnahmte Provision in Höhe von 7,085 % nicht offen gelegt. Diesbezüglich hat die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung selber erklärt, im Rahmen des Gespräches sei über die Gelder, die sie für die Vermittlung der Anlage vereinnahmt habe, der Höhe nach nicht gesprochen worden.
69Darüber hinaus kann eine beratende Bank ihrer Aufklärungspflicht regelmäßig auch dadurch Genüge tun, dass in einem Fondsprospekt die an die Bank gezahlten Beträge für die Eigenkapitalbeschaffung, die Platzierungsgarantie und die Fremdkapitalbeschaffung dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausgewiesen werden. Wird ein solches Prospekt dem Anleger so rechtzeitig übergeben, dass er sich mit dem Inhalt vertraut machen kann, so genügt dies (BGH WM 2009, 2306 ff.). Vorliegend ist das Prospekt, in dem die Mittelverwendung dargestellt wurde, dem Kläger bereits nicht frühzeitig überreicht worden. Unstreitig ist dies erst im Rahmen des Beratungsgesprächs geschehen. Darüber hinaus besagen die Angaben in dem Prospekt nichts darüber, welche Vergütungen an die Beklagte fließen. Über Vergütung ist jedoch immer dann aufzuklären, wenn diese umsatzabhängig an die beratende Bank gezahlt werden, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, diese Beteiligung zu empfehlen (vgl. BGH a.a.O.). Um eine solche Vergütung hat es sich vorliegend, die Beklagte hat für ihre Tätigkeit jedenfalls eine Provision in Höhe von 7,085 % erhalten, gehandelt. Diese ergab sich nicht aus dem dem Kläger zur Verfügung gestellten Prospekt.
70Des weiteren ist mit dem klägerischen Vorbringen auch davon auszugehen, dass er bei Kenntnis der an die Beklagte geflossenen Provision von einer Zeichnung der Anlage und den Abschluss der Verträge abgesehen hätte. Diesbezüglich hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung dargelegt, dass er davon ausgegangen sei, dass die Beklagte das Agio erhalte, wobei er nur bereit gewesen sei, die Hälfte zuzugestehen. Hätte er weitere Kenntnis von der an die Beklagte gezahlte Vergütung gehabt, so hätte er die Anlage nicht getätigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes streitet in den Fällen, in denen eine Aufklärungspflichtverletzung fest steht, für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Danach ist von dem Aufklärungspflichtigen zu beweisen, dass auch im Falle der Aufklärung die Anlage getätigt worden wäre (BGH Urteil vom 12.05.2009, Az: XI ZR 586/07; OLG Celle Urteil vom 21.10.2009, Az: 3 U 86/09). Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens findet immer dann Anwendung, wenn Aufklärungsfehler feststehen. Vor diesem Hintergrund wäre von der Beklagten darzulegen und zu beweisen gewesen, dass der Kläger auch bei Offenlegung der an sie gezahlten Provisionshöhe die Anlage getätigt hätte. Dies vermochte die Beklagte nicht nachzuweisen.
71Des Weiteren trifft die Beklagte auch ein Verschulden. Sie kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dem stehe entgegen, dass im Jahre 2004 keine Kenntnis davon bestanden habe, dass Provisionen unterhalb von 15 % zu offenbaren seien. Soweit sie auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.02.2004 (BGHZ 158, 110-122) verweist, in welcher dieser eine Verpflichtung zur Offenlegung von Innenprovisionen in Höhe von 15 % oder mehr angenommen hat, bleibt dies ohne Erfolg. Denn der dort zu entscheidende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Die dortige Entscheidung beruhte darauf, dass es sich um einen Vermittlungsvertrag und nicht um einen Beratungsvertrag gehandelt hat. Der Annahme einer Aufklärungspflicht ab einer Provisionshöhe von 15 % lag zugrunde, dass es sich um einen Immobilienfonds handelte, bei dem die Provision Rückschlüsse auf die (geringe) Werthaltigkeit des Objektes zuließ. Vor diesem Hintergrund ist, da im Hinblick auf die Werthaltigkeit und damit für die Anlage relevant, eine Aufklärungspflicht ab einer Provisionshöhe von 15 % angenommen worden.
72Im Übrigen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Beklagte in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum befunden hat. Voraussetzung eines unvermeidbaren Rechtsirrtums ist, dass die Rechtslage gründlich geprüft, erforderlicher Rechtsrat eingeholt und einschlägige höchst richterliche Rechtsprechung beachtet worden ist. Entschuldigt wäre die Beklagte nur dann, wenn bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte gerechnet zu werden brauchte. Dies vermochte die Beklagte weder substantiiert darzutun, noch ist dies sonst ersichtlich.
73Grundsätzlich ist aufgrund der Rechtsnatur des Beratungsvertrages auch im Jahre 2004 eine Aufklärungspflicht zu bejahen gewesen, die sich daraus ergab, dass bei einem Beratungsvertrag auf einen bestehenden Interessenkonflikt hinzuweisen ist. Diese Rechtslage hat sich auch zu keinem Zeitpunkt geändert. Unter anderem hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 19.12.2000 (BGHZ 146, 235 ff) ausgeführt, dass auf Seiten der Bank eine vorvertragliche Pflicht besteht, über eine mit dem Vermögensverwalter des Kunden geschlossenen Vergütungsvereinbarung aufzuklären. Danach war durchaus damit zu rechnen, dass im Hinblick auf etwaige Interessenkonflikte auch ohne zum damaligen Zeitpunkt bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung eine Aufklärungspflicht zu bejahen sein könnte, auch wenn es keine Entscheidung im Sinne der des Bundesgerichtshof vom 20.01.2009 (BGHReport 2009, 500 f) gab.
74Desweiteren bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Entgegen der Annahme der Beklagten, die einen ggfs. verfassungswidrigen Eingriff in ihre Grundrechte darin sieht, dass die neue Rechtsprechung auf zurückliegende Sachverhalte angewandt werde, liegt ein solcher nicht vor. Denn so lange keine höchstrichterliche Rechtsprechung besteht, nach der über Interessenkonflikte nicht aufzuklären ist, kommt es durch eine gerichtliche Entscheidung, die die Aufklärung verlangt, nicht zu einer rückwirkenden Beseitigung erworbener Rechte (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 06.10.2009, Az: 6 U 126/09).
75Im Rahmen des dem Kläger zustehenden Schadensersatzes kann er das negative Interesse verlangen. Er ist so zu stellen, wie er gestanden hätte, hätte er sich nicht an dem streitgegenständlichen Medienfonds beteiligt und die damit in Zusammenhang stehenden Verträge abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund kann er die von ihm geleistete Anlage, den Eigenanteil in Höhe von 55.000,- € nebst Agio in Höhe von 2.500,00 € zurückverlangen, und zwar Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Übertragung der Beteiligung und Abtretung der Rechte aus dieser. Darüber hinaus stehen dem Kläger Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 14.12.2004 bis zur Rechtshängigkeit aus dem Gesichtspunkt des entgangenen Gewinns zu. Soweit der Kläger diesen mit 4 % beziffert hat, schätzt die Kammer ihn ebenfalls auf diesen Betrag (§ 287 ZPO).
76Darüber hinaus kann der Kläger die Freistellung von den Verbindlichkeiten aus dem streitgegenständlichen Darlehnsvertrag verlangen. Die Ersatzpflicht der Beklagten erstreckt sich gemäß § 249 BGB auch hierauf. Der Darlehnsvertrag ist allein im Hinblick auf die Beteiligung an dem Medienfonds abgeschlossen worden. Gleichermaßen steht ihm ein Anspruch auf Feststellung, dass er von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen ist, zu. Diese werden ebenfalls von der Ersatzpflicht umfasst.
77Die geltend gemachten Verzugszinsen ab Rechtshängigkeit sind in dem ausgeurteilten Umfang gerechtfertigt, §§ 291, 288 BGB. Diese waren wie beantragt zuzusprechen.
78Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 269 ZPO.
79Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
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