Urteil vom Landgericht Dortmund - 21 O 281/08
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit leisten.
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T a t b e s t a n d
2Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am Freitag, den 15.09.2006 gegen 18.20 Uhr in E auf einem Parkplatz des Hauses C-straße ## ereignet hat.
3Der Parkplatz besteht aus einer gepflasterten, ca. 3 m breiten Zuwegung, von der die einzelnen Parkboxen in Schrägaufstellung abgehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Lichtbilder in der Anlage des unfallanalytischen Gutachtens Bezug genommen.
4Zum Unfallzeitpunkt befuhr die Klägerin mit ihrem Pkw Toyota Yaris die genannte Zuwegung. Sie fand keinen freien Parkplatz und setzte daher ihr Fahrzeug zurück.
5Zur selben Zeit befand sich die Beklagte zu 1.) mit einem Pkw VW Passat in einer der genannten Parkboxen. Die Fahrzeugfront zeigte dabei zur Zuwegung. Die Beklagte zu 1.) fuhr mit ihrem Pkw an, zur selben Zeit setzte die Klägerin auf dem Fahrweg zurück. Es kam zur Kollision beider Fahrzeuge. Die linke Heckecke des klägerischen Fahrzeuges stieß gegen die linke Frontecke des Beklagtenfahrzeuges.
6Die Klägerin macht vorliegend Personenschäden geltend. Sie behauptet, sie habe sich bei dem Unfall eine HWS-Distorsion zugezogen. Hierzu trägt sie folgenden ärztlichen Behandlungsablauf vor:
7Die Erstbehandlung erfolgte im K-Hospital. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 13 und 19 d. A. Bezug genommen. Die Klägerin begab sich sodann in die Behandlung des Hausarztes S. Dieser überwies sie an den Facharzt für Unfallchirurgie N. Wegen der Behandlung dort wird auf den Bericht vom 11.06.2007 (Blatt 14 d. A.) Bezug genommen. Die Erstbehandlung fand am 21.09.2006 statt. Am 25.09.2006 wurde eine Röntgenaufnahme gefertigt, die eine relative Steilstellung der Halswirbelsäule zeigte. Ebenfalls wurde ein Muskelhartspann festgestellt. Eine weitere Vorstellung bei N erfolgte am 10.10.2006 sowie am 31.10.2006. Die Behandlung bei N war im November 2006 abgeschlossen.
8Die Klägerin war weiter bei dem Praxisvorgänger der Frau T am 01.12.2006 und am 11.01.2007 in Behandlung. Der bereits verstorbene Praxisvorgänger diagnostizierte Spannungskopfschmerz und eine Zervikobrachialgie. Eine Behandlung durch Frau T erfolgte nicht. Die Klägerin behauptet zudem, auch bei dem Orthopäden Q in Behandlung gewesen zu sein. Q hat in einer Erklärung vom 12.06.2007 mitgeteilt, dass ihm ein Unfall der Klägerin nicht bekannt sei. Die Klägerin behauptet, ihre Behandlungsunterlagen seien dort unerklärlicherweise nicht mehr vorhanden.
9Die Klägerin behauptet weiter, sie habe unter Schmerzen im Schulter- und Armbereich gelitten. Ein Neurologe habe ein EG ausgeführt und Elektroströme gemessen. Noch im Januar 2008 habe die Klägerin unter Beschwerden gelitten. Diese hätten bis Ende 2006 gleichmäßig und kontinuierlich angehalten. Anfang 2007 habe sich die Befindlichkeit gebessert. Nach einer Kur im Sommer 2007 sei es der Klägerin einigermaßen besser gegangen, die Kopfschmerzen seien aber geblieben.
10Die Klägerin macht vorliegend ein angemessenes Schmerzensgeld mit einer Vorstellung zur Höhe von 3.000,00 € geltend. Sie verlangt den Haushaltsführungsschaden für den Zeitraum vom 15.09.2006 bis zum 31.12.2006 in Höhe von 3.000,00 €. Hierzu legt sie 20 Stunden Ausfall/Woche zugrunde. Im Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.03.2007 sei von einem wöchentlichen Ausfall von 10 Stunden auszugehen, so dass sich der Ersatzbetrag auf 1.300,00 € belaufe. Darüber hinaus macht die Klägerin Attestkosten in Höhe von 24,05 € (Blatt 8 d. A.) und 49,00 € (Blatt 16 d. A.) mit einem Gesamtbetrag von 73,05 € geltend.
11Die Klägerin beantragt,
121. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die
13klägerische Partei ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld mindestens jedoch 3.000,00 €, zu zahlen und
142. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner ver-
15pflichtet sind, der klägerischen Partei den materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aus dem Verkehrsunfall mit dem Beklagten zu 1.) am 15.09.2006 in E noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist und
163. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die
17klägerische Partei weitere 4.373,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und
184. darüber hinaus weitere 775,64 € an die Prozessbevoll-
19mächtigten der klägerischen Partei zu zahlen.
20Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 1.) sei allenfalls 1 bis 2 m bis zur Kollision vorgerollt. Da die Klägerin nach ihrer Behauptung mit Schrittgeschwindigkeit gefahren sei, sei die Möglichkeit einer Verletzung nicht gegeben. Im Übrigen gelte auf den Parkplatzflächen der Grundsatz der gegenseitigen Verständigung. Eine Haftung käme dem Grunde nach allenfalls mit einem Haftungsanteil von 50 % in Betracht. Die Beklagten bestreiten im Übrigen das Vorliegen einer unfallbedingten Verletzung.
21Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
22Die Klägerin ist in dem Verfahren umgekehrten Rubrums vor dem Amtsgericht Dortmund 417 C 205/07 gemäß § 141 ZPO (in der dortigen Verfahrensrolle als Beklagte zu 1.) angehört worden. Ebenso ist der Beklagte zu 1.) in den genannten Verfahren (in der dortigen Verfahrensrolle als Kläger) angehört worden. Die amtsgerichtlichen Akten liegen vor. Auch die dortige Sitzungsniederschrift vom 04.04.2007 (Blatt 45 ff. der Beiakte) wird Bezug genommen.
23Das Gericht hat sodann ein unfallanalytisches Gutachten des Sachverständigen T2 und ein fachorthopädisches-unfallchirurgisches Gutachten des Sachverständigen T3 eingeholt. Auf die Sitzungsniederschriften, das Gutachten und die Anlagen zum Gutachten wird Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
25Die Klage ist nicht begründet.
26Die Klägerin kann von den Beklagten nicht die Zahlung eines Schmerzensgeldes, den Ersatz des Haushaltsführungsschadens, der Attestkosten und auch nicht die begehrte Feststellung verlangen. Es besteht kein Anspruch gemäß §§ 7, 17 StVG, 3 PflVG, 253 BGB, denn es steht nicht mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit fest, dass die Klägerin unfallbedingt Verletzungen davongetragen hat.
27Das Gericht hat im Rahmen einer interdisziplinären Begutachtung zunächst die unfallanalytischen Fragen klären lassen. Der Sachverständige T2 hat hierbei insbesondere die Schäden ausgewertet und die Ergebnisse in die Örtlichkeiten eingebunden. Es zeigte sich, dass die Klägerin rückwärtsfahrend gegen den im Moment der Kollision stehenden Pkw Passat gestoßen ist. Die stoßbedingte Geschwindigkeitsänderung für den Pkw Toyota betrug bei diesem Anstoß etwa 5 km/h Insassenbelastung. Das stellt aus unfallanalytischer Sicht einen eher unkritischen Wert dar.
28Der Sachverständige T3 hat unter Zugrundelegung dieses technischen Zwischenergebnisses ein orthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten erstellt. Er hat die Klägerin untersucht und ist dabei insbesondere der Frage nachgegangen, ob Besonderheiten bei der Klägerin die Verletzungsanfälligkeit auch in dem vom Techniker ermittelten niedrigen Belastungsbereich eine Verletzung fördern. Ergebnis der Untersuchung durch den Sachverständigen war, dass sich die Klägerin möglicherweise eine Zerrung der Halswirbelsäule zugezogen hat, dies steht jedoch nicht fest. Im Bereich der Halswirbelsäule der Klägerin war keine erhöhte Verletzungsanfälligkeit festzustellen. Die von dem Sachverständigen festgestellte und beurteilte Skoliose ist im Ledenwirbelbereich ausgeprägt.
29Danach steht unter dem hier anzuwendenden Beweismaßstab des § 286 ZPO nicht fest, dass die Klägerin bei dem Anstoß auf dem Parkplatz tatsächlich eine Verletzung der Halswirbelsäule erlitten hat. Die Feststellung der Möglichkeit einer solchen Verletzung reicht nicht aus.
30Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.
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