Urteil vom Landgericht Dortmund - 2 O 101/09
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits nach ei-nem Streitwert von 8.904,92 €.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheits-leistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
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T a t b e s t a n d
2Die Beklagte führte Rodungsarbeiten im Zuge der Baumaßnahme "Kanaltrasse West" der Stadt I zwischen der M Straße und dem Datteln-Hamm-Kanal im Mai 2007 durch. Südlich der Fläche befindet sich die Ferngasleitung Nummer 7/3/1 der F. Die Leitung liegt in einem Schutzstreifen von 8 m Breite. Für die im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs J Blatt 3501 unter Nummer 2, 6, 11 und 14 eingetragenen Waldflächen besteht das Recht der F in einem Grundstücksstreifen von 8 m Breite eine unterirdische Gasfernleitung zu verlegen nebst Betretungsrecht und Bebauungsverbot.
3Mit Schreiben vom 27.02.2007 teilte die von der F beauftragte Firma Q der Stadt I u. a. mit, dass für notwendige Überfahrten der Leitungsbereiche Baggermatten zu verwenden sind. Die Firma Q war im Auftrag der Rechtsvorgängerin der Klägerin damit betraut, das Leitungsnetz in technischer Hinsicht zu verwalten und zu betreuen. Die F hat die geltend gemachte Klageforderung nach Eintritt des Schadens im Wege der Ausgliederung gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf die F2 übertragen.
4Am 15.05.2007 befuhr der Mitarbeiter der Beklagten, der Zeuge N, mit einem 20 t schweren Kettenbagger die in dem Schutzstreifen verlegte Leitung. Die Einzelheiten dieses Befahrens sind zwischen den Parteien streitig. Der Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin der Klägerin stellte am Folgetage Baggerspuren über der Leitung fest und ordnete diese einem Bagger der Beklagten zu. Eine von der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin durchgeführte Überprüfung der Gasleitung ergab eine innerhalb der Norm liegende Unrundheit, die keiner Reparatur bedurfte. Mit Rechnung vom 04.10.2007 berechnete die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Überprüfung der Leitung mit insgesamt 8.904,92 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannte Rechnung (Anlage K 5) Bezug genommen.
5Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe ihre Verpflichtung zur Benutzung der Baggermatten verletzt, wie die eingereichten Fotos zeigen. Die Beklagte hätte durch geeignete Vorkehrungen die Benutzung der Baggermatten sicherstellen müssen. Die Klägerin meint, die Beklagte müsse sich die Handlungsweise ihres Mitarbeiters in analoger Anwendung des § 31 BGB zurechnen lassen, da dieser die eigenverantwortliche Aufgabe übertragen bekommen habe, die Rodungsarbeiten durchzuführen. Dinglich gesicherte Schutzstreifen seien ein sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, da sie den Sinn haben, jeglichen Dritten von Einwirkungen aller Art auszuschließen. Die von der Klägerin durchgeführten Maßnahmen beruhe auf der sich aus § 49 Abs. 1 ENBG ergebenden rechtlichen Verpflichtung. Die zur Überprüfung der Leitung erforderlichen Arbeiten seien in angemessener Arbeitszeit zu üblichen Preisen durchgeführt worden.
6Die Klägerin beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 8.904,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2008 zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie behauptet, sie habe alle notwendigen und erdenklichen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Es sei eine Schotterschuttschicht über die Gasleitung gedeckt worden und auf diese seien von Mitarbeitern der Beklagten Baggermatratzen gelegt worden, um einen weiteren Schutz für die Gasleitung zu gewährleisten. Der Bagger sei aufgrund einer Unebenheit des Untergrundes von der Baggermatratze abgekommen und mit einer Kette auf den nicht durch Baggermatratzen geschützten Untergrund gekommen. Der Baggerfahrer N sei bei der Beklagten bereits seit dem 01.08.2002 beschäftigt und in dieser gesamten Zeit immer ein zuverlässiger Mitarbeiter gewesen. Ein vergleichbares Schadensereignis sei zu keiner Zeit verursacht worden. Der Mitarbeiter sei jederzeit sorgfältig angeleitet und überwacht worden und auch gelegentlich kontrolliert worden. Die Beklagte habe auf der Baustelle vorsorglich einen Bagger mit Spezialketten eingesetzt, der ein besonders schonendes Laufwerk habe. Dieses Laufwerk sei besonders breit und lang, damit der Druck durch das Eigengewicht des Baggers aufgrund der größeren Auflagefläche geringer ausfällt. Mit diesen als "Moorlaufwerke" bezeichneten Laufwerken könne sogar Asphalt befahren werden, ohne etwas zu zerstören. Am Morgen des Ereignistages sei der Zeuge N durch den Geschäftsführer der Beklagten auf der Baustelle in die durchzuführenden Tätigkeiten eingewiesen und auf das Vorhandensein der Ferngasleitung sowie das ordnungsgemäße Überfahren dieser persönlich hingewiesen worden.
11Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
12Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen N, C und A. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10.02.2010 verwiesen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
14Die zulässige Klage ist nicht begründet.
15Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus übergegangenem Recht weder ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB noch aus § 831 BGB zu. Zwar könnte das ungeschützte Befahren des Schutzstreifens einen grundstücksbezogenen Eingriff in das dinglich gesicherte Nutzungsrecht der Klägerin darstellen. Denn es ist auch Sinn und Zweck des Schutzstreifens nicht nur die Beschädigung der Leitung auszuschließen, sondern diese auch vor einer die Klägerin zu Überprüfungsmaßnahmen verpflichtende Gefahr der Beschädigung zu schützen (OLG Düsseldorf Urteil vom 19.11.2008, 19 U 13/08; vgl. BGH NJW 2001, 971). Die Verletzung einer Organisationspflicht der Beklagten ist jedoch nicht festzustellen. Sie hat ihren Mitarbeiter N sowohl durch den Geschäftsführer wie auch durch den Zeugen C angewiesen, beim Befahren des Schutzstreifens Baggermatratzen zu verwenden. Im Übrigen handelte der Zeuge N nicht eigenverantwortlich, sondern auf Weisung der Beklagten.
16Auch eine Haftung der Beklagten aus § 831 BGB kommt nicht in Betracht, denn die Beklagte hat die sorgfältige Auswahl des Zeugen N bewiesen. Bei dem Zeugen handelte es sich nach der Bekundung des Zeugen C um einen der besten Baggerfahrer der Beklagten. Auch besaß der Zeuge N zum Zeitpunkt der Arbeiten bereits seit 23 Jahren Erfahrungen als Baggerfahrer. Im Übrigen entfällt hier auch die Haftung, da der Zeuge N sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sachgerecht und vernünftig verhielt. Der Zeuge hat glaubhaft geschildert, dass er von der Baggermatratze abgerutscht sei, als er einen Baumstumpf überfahren wollte und dass er für jede der Ketten jeweils eine Baggermatratze in Längsrichtung verwandte, um überhaupt den Bagger weiterbewegen zu können, musste er die Baggermatratzen entfernen und wenden. Hierbei verursachte er die auf den Fotos ersichtlichen Spuren. Die Beklagte hat mithin bewiesen, dass ihr Mitarbeiter sich sachgerecht und vernünftig entsprechend den Anweisungen verhielt. Eine Haftung kommt daher nicht in Betracht.
17Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
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Referenzen
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