Urteil vom Landgericht Dortmund - 11 S 148/10
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 11.05.2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts Dortmund (512 C 74/08) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin 4.551,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2008 sowie vorgerichtliche Kosten i.H.v. 452,99 € zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin 7% und tragen die Beklagten 93%; die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.525,23 € festgesetzt.
1
G r ü n d e
2I.
3Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 1, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO verzichtet.
4II.
5Die zulässige Berufung ist begründet. Über den bereits vom Amtsgericht Dortmund zugesprochenen Betrag hinaus sind die Beklagten verpflichtet, weiteren Schadensersatz i.H.v. 1.525,23 € zu leisten, wovon 632,97 € auf die nicht berechtigte Kürzung wegen des auf ihren eigenen Miteigentumsanteil entfallenden Teils des Schadens und 892,26 € auf die Kosten des vorgerichtlich von der Klägerin eingeholten Sachverständigengutachtens entfallen.
61.
7Die Kürzung des von den Beklagten zu zahlenden Schadensersatzbetrages um den auf ihren Miteigentumsanteil entfallenden Teil des Schadens war nicht gerechtfertigt, da sie für den vollen, sich unstreitig auf 3.658,76 € belaufenden Schadensumfang ersatzpflichtig sind und insbesondere noch keine abschließende Entscheidung der Wohnungseigentümergemeinschaft darüber ergangen ist, den Schaden nicht beheben zu lassen bzw. den zu zahlenden Betrag nicht für evt. Folgekosten des Schadensereignisses vorzuhalten.
8Grundsätzlich fällt ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1 BGB i.V.m. 10 ff. WEG, § 823 Abs. 1 BGB wegen Beschädigung des Gemeinschaftseigentums, soweit ein wesentlicher Bestandteil betroffen und damit das Grundstück insgesamt beschädigt ist, unter § 10 Abs. 6 S. 3 WEG und ist ein gemeinschaftsbezogener Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft, den der Verband geltend machen kann (vgl. Lafontaine, in: jurisPK-BGB, Bd. 3, 5. Aufl. 2010, § 10 WEG Rdnr. 223, 235; Jennißen/ Grziwotz/Jennißen, WEG 2008, § 10 Rdnr. 74; Bärmann/Wenzel, 10. Aufl. 2008, § 10 Rdnr. 254, 269; Häublein, in: Festschrift für Merle zum 70. Geburtstag, München 2010, S. 154 ff.).
9Inhaltlich geht der Schadensersatzanspruch auch gem. § 249 BGB zunächst auf Wiederherstellung des ohne die Verletzungshandlung bestehenden Zustandes bzw. auf Zahlung des hierfür erforderlichen Geldbetrages. Dass vorliegend für die Berechnung des Schadens von einem wirtschaftlichen Totalschaden der beschnittenen Eibe ausgegangen und deshalb die Grundstückswertminderung ermittelt und als von den Beklagten zu zahlender Betrag zugrunde gelegt worden ist, steht dem nicht entgegen. Denn auch wenn anhand des Gutachtens davon auszugehen ist, dass eine Naturalrestitution im engeren Sinne unmöglich ist, weil der ursprüngliche Zustand des Baumes nicht wiederhergestellt werden kann, steht es der Gemeinschaft frei, auch die zum Ausgleich der Wertminderung geleistete bzw. zu leistende Summe zumindest vorläufig im Gemeinschaftsvermögen zu belassen, um ggf. Folgekosten des Schadensereignisses hiervon bestreiten zu können. Eine solche Vorgehensweise entspräche ohne weiteres ordnungsgemäßer Verwaltung, zumal auch in dem Gutachten ausgeführt worden ist, dass sowohl Sofortmaßnahmen der Wundbehandlung als auch Nachbehandlungen, die pro Jahr ca. 1 Stunde beanspruchen dürften, erforderlich sein werden; die Kosten hierfür kann die Gemeinschaft jeweils aus der vereinnahmten Schadenssumme zahlen.
10Erst wenn die Gemeinschaft von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht und entschieden hat, dass keinerlei Maßnahmen zur Schadensbeseitigung mehr getroffen werden sollen, entfällt ggf. das schutzwürdige Interesse daran, die zum Ausgleich der Wertminderung geleistete Summe weiter einzubehalten; erst dann ist der Betrag – anteilig nach dem Verhältnis der Schäden im Vermögen der Wohnungseigentümer – den einzelnen Wohnungseigentümern zur Verfügung zu stellen; erst und nur dann verfängt auch die Überlegung, ob der schädigende Wohnungseigentümer wegen der auch bei ihm eingetretenen Wertminderung aus der bereits gezahlten Summe die Auskehrung einer entsprechenden Schadensquote beanspruchen kann bzw. von Anfang an nur einen entsprechend gekürzten Betrag zahlen muss (vgl. Häublein, a.a.O., S. 163 f.). Diese Frage bedurfte daher im vorliegenden Fall nicht der Klärung, da gegenwärtig noch nicht feststellbar ist, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft keinerlei Verwendung der geforderten Ersatzleistung für Schadensbeseitigungsmaßnahmen bzw. Folgekosten des Schadensereignisses mehr beabsichtigt. Auch dann bliebe aber zu bedenken, dass die Beklagten zwischenzeitlich ihr Wohnungseigentum – mit der eingetretenen Wertminderung einerseits und dem ausgleichenden Schadensersatzanspruch als ausstehende Forderung andererseits – veräußert haben, ohne dass dargelegt worden wäre, dass dieser Umstand bei der Veräußerung bereits vertraglich berücksichtigt worden ist. Soweit der beschädigte/ wertgeminderte Miteigentumsanteil nebst zugehörigem Schadensersatzanspruch veräußert worden ist, bleibt jedoch der Anspruch der Gemeinschaft bestehen und ist er von den Beklagten zu erfüllen.
11Der Höhe nach beläuft sich der weitergehende Schadensersatzanspruch, der über das erstinstanzliche Urteil hinaus noch zuzusprechen ist, auf den Anteil, um den der unstreitige Schadensbetrag in der angefochtenen Entscheidung gekürzt worden ist, mithin auf 632,97 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten.
122.
13Darüber hinaus hat die Klägerin auch Anspruch auf Zahlung der Kosten für das vorgerichtlich eingeholte Gutachten der Sachverständigen T.
14Der Schadensersatzanspruch, der in der Hauptsache unstreitig gegeben ist, umfasst auch den Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen, die dadurch entstanden sind, dass ein die Schadensursache untersuchendes und der Vorbereitung eventueller Maßnahmen oder der Geltendmachung von Ansprüchen dienendes Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben wird (BayObLG, NJW-RR 2002, 1668; OLG Hamm, OLGZ 1994, 22). Es bestehen auch keine Bedenken hinsichtlich der Vorgehensweise, da über die Einholung des Gutachtens vorab mit nicht angefochtenem Beschluss der Eigentümerversammlung vom 15.05.2008 eine Entscheidung der Wohnungseigentümergemeinschaft herbeigeführt worden ist. Insoweit ist es ausdrücklich Aufgabe des Verwalters, eine Entscheidung der Wohnungseigentümer darüber herbeizuführen, ob und welche Maßnahmen hinsichtlich des eingetretenen Schadens zu ergreifen sind (BayObLG a.a.O.); dies betrifft sowohl die vorgelagerte Frage der genauen Schadensermittlung durch Einholung eines Gutachtens, als auch die weitere Frage der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, für die es wiederum der Feststellungen aus dem Gutachten bedarf, wenn – wie hier und wohl üblicherweise anzunehmen – die sachverständige Schadensuntersuchung mangels eigener Sachkunde des Verwalters oder der Wohnungseigentümer erforderlich ist. Insoweit besteht sogar ein Anspruch jedes Wohnungseigentümers auf eine sachverständige Schadensfeststellung (OLG Hamm, a.a.O.); ferner war die zeitnahe Begutachtung vorliegend – angesichts des fortschreitenden Pflanzenwachstums – sicherlich auch zur Beweissicherung erforderlich, jedenfalls vertretbar.
15Soweit die Beklagten gegen den Erstattungsanspruch einwenden, dass das Gutachten unbrauchbar und die Sachverständige befangen und parteiisch gewesen sei, ist dies nicht nachvollziehbar und dringen sie hiermit gegen den Anspruch nicht durch. Insbesondere der Vergleich mit dem vom Amtsgericht eingeholten Gutachten lässt keine unsachlichen, unfundierten, unbrauchbaren Ausführungen erkennen; vielmehr sind die Feststellungen beider Sachverständigen durchaus vergleichbar. Insbesondere kam bereits die Sachverständige T im Wesentlichen zu demselben Untersuchungsergebnis wie der Gutachter N, dies gilt sogar für den nur geringfügig höher ermittelten Schadensbetrag.
16Soweit die Beklagten ferner einwenden, die von der Sachverständigen T berechneten Gebühren seien nicht ortsüblich und nicht angemessen, ist dieser Einwand unbeachtlich, weil viel zu pauschal und nicht näher begründet. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der gerichtlich bestellte Gutachter für eine im Wesentlichen vergleichbare Tätigkeit über 1.600,00 € und damit fast das Doppelte abgerechnet hat, hätte es der näheren Darlegung bedurft, weswegen die Gutachterkosten in Höhe von 892,26 € unüblich und unangemessen hoch gewesen sein sollten. Im Ergebnis stellte daher auch dieser Betrag eine dem Grunde und der Höhe nach ersatzfähige Schadensposition dar.
17III.
18Die Nebenentscheidungen folgen bezüglich der Kosten aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO und bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Quotelung der Kosten erster Instanz geht darauf zurück, dass die Klägerin ursprünglich einen Betrag von 4.917,46 € geltend gemacht hat und insoweit die mit der Berufung nicht angegriffene erstinstanzliche Klageabweisung in Höhe von 366,44 € rechtskräftig geworden ist.
19Die Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO war nicht veranlasst, da für die vorliegend ergangene Entscheidung lediglich von der Rechtsprechung bereits hinlänglich entschiedene Rechtssätze angewandt worden sind.
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