Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 546/09
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 26.04.1995 (Einzelheiten Anlage K 4 im Anlagenband) traten die Kläger durch Erwerb von drei Anteilen der H (nachfolgend: X) mit einer Kapitalbeteiligung in Höhe von 91.950,00 DM bei. Grundlage dieses Beitritts waren u.a. die Vertriebsprospekte Teil I. und Teil II. der X.
3Gem. § 2 des notariellen Vertrages sollte das Entgelt für die Beteiligung nebst einer Treuhandgebühr und Notargebühr zunächst auf ein Treuhandkonto der G gezahlt werden.
4Die finanzierende Bank wurde gem. § 3 des notariellen Vertrages unwiderruflich angewiesen, das zur Finanzierung des Entgelts aufgenommene Darlehen auf das vorgenannte Treuhandkonto auszubezahlen.
5Zur Finanzierung der Beteiligungssumme schlossen die Kläger und die U unter dem 27.06.1995 einen formularmäßigen Darlehensvertrag (Einzelheiten Anlage K 5 Anlagenband) mit einem Bruttodarlehensbetrag in Höhe von 105.720,00 DM (= 54.053,78 €).
6Die Beklagte zu 2) ist die Rechtsnachfolgerin der U.
7Das Darlehen wurde vereinbarungsgemäß an die Treuhänderin ausgekehrt.
8Mit Beschluss vom 31.10.1997 eröffnete das AG Stuttgart das Insolvenzverfahren über das Vermögen der X2.
9Die Kläger erbrachten an die Beklagte zu 2) bzw. deren Rechtsvorgängerin folgende Zinsleistungen:
10
Jahr | Zahlung in DM |
1995 | 3.307,41 |
1996 | 7.003,92 |
1997 | 7.003,92 |
1998 | 7.003,92 |
1999 | 7.003,92 |
2000 | 2.918,30 34.291,60 (= 17.533,02 €) |
11
Im Juni 2000 lösten die Kläger das Darlehen bei der Beklagten zu 2) in voller Höhedurch Umschuldung auf ein anderes Bankinstitut ab.
12Es erfolgten streitige Ausschüttungen in folgender Höhe:
13
Jahr | Höhe in DM |
1995 | 1.710,00 |
1996 | 3.600,00 |
1997 | 2.190,00 |
1998 | 522,00 |
1999 | 1.452,00 |
2000 | 1.500,00 |
2001 | 1.590,00 |
2002 | 1.901,07 = 972,00 € |
2003 | 985,74 = 504,00 € |
2004 | 1.337,79 = 684,00 € |
2005 | 1.337,79 = 684,00 € |
2006 | 4.617,71 = 2.361,00 € |
2007 | 1.267,38 = 648,00 € |
2008 | 1.056,00 = 540,00 € |
25.067,48 DM (= 12.816,80 €) |
14
Die Kläger machen mit der Klage den Darlehensbetrag in Höhe von 54.053,78 € zuzüglich der erbrachten Zinsleistungen in Höhe von 17.533,02 €, abzüglich der erfolgten Ausschüttungen in Höhe von 12.816,80 €, mithin einen Betrag in Höhe von 58.770,00 €, geltend.
15Hilfsweise machen die Kläger den vorgenannten Betrag abzüglich in den Jahren 1995 bis 2005 erlangter streitiger Steuervorteile in Höhe von 8.671,35 € geltend.
16Die Kläger haben mit Klage zunächst nur die Beklagte zu 1) in Anspruch genommen. Nachdem die Beklagte zu 1) mit Schriftsatz vom 20.07.2010 ihre Passivlegitimation gerügt hat, haben die Kläger die Klage mit Schriftsatz vom 26.11.2010, zugestellt am 22.12.2010, auf die Beklagte zu 2) erweitert.
17Die Kläger sind der Ansicht, bei dem Darlehensvertrag und dem Gesellschaftsbeitritt handele es sich um verbundene Geschäfte. Sie seien bei dem Gesellschaftsbeitritt arglistig getäuscht worden. Hierzu behaupten sie, es seien u.a. über die in den Vertriebsprospekten Teil I. und II. dargestellten Vertriebsprovisionen hinaus weitere –versteckte- Innenprovisionen in Höhe von 6 - 10 % gezahlt worden.
18Die Beklagte zu 1) habe den Darlehensvertrag im Wege der Ausgliederung von der U2 Land übernommen.
19Die Kläger beantragen,
20die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 58.770,00 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte der Kläger zu deren Gesellschaftsanteil an der "H" bzgl. des X.
21hilfsweise,
22die Beklagten zu verurteilen, an sie 50.098,65 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte der Kläger zu deren Gesellschaftsanteil an der "H" bzgl. des X.
23Die Beklagten beantragen,
24die Klage abzuweisen.
25Die Beklagten sind der Ansicht, die Beklagte zu 1) sei nicht passivlegitimiert. Sie behaupten, der Darlehensvertrag sei zu keiner Zeit auf die Beklagte zu 1) übergegangen. Die Beklagte zu 1) habe zwar mit notariellem Ausgliederungs- und Übernahmevertrag vom 29.07.2004 einige Kreditengagements der U im Wege der Teilbetriebsübertragung übernommen. Der streitgegenständliche Darlehensvertrag sei hiervon jedoch nicht erfasst gewesen, da das Darlehen unstreitig bereits im Jahr 2000 durch die Kläger vollständig getilgt wurde.
26Die Beklagte zu 2) beruft sich auf die Einrede der Verjährung. Die Beklagte zu 2) bezieht sich auf ein Schreiben der Kläger vom 28.03.2006 (Einzelheiten Anlage K 23, Bl.199-201 d.A.), in dem diese angebliche Schadensersatzansprüche aufgrund behaupteter zu niedriger Vertriebskosten gegenüber der Beklagten zu 1) geltend gemacht haben. Sie sind der Ansicht, hieraus ergebe sich, dass die Kläger bereits im Jahr 2006 Kenntnis von den Schadensersatzansprüchen gehabt haben.
27Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagte haften als an der Spaltung beteiligte Rechtsträger für die Verbindlichkeiten , die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet worden sind, als Gesamtschuldner. Es sei denkbar, dass es außerhalb der Ausgliederungsvereinbarung weitere Vereinbarungen zwischen der Beklagten zu 2) und der Beklagten zu 1) über die Abwicklung gäbe.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe
30Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
31Die Klage ist zulässig.
32Insbesondere ist das Landgericht Dortmund nach dem bindenden Verweisungsbeschluss des Landgerichts Schweinfurt vom 14.12.2009 gem. § 281 Abs.1 ZPO örtlich zuständig.
33Die Klage ist jedoch unbegründet.
34Die streitige Passivlegitimation der Beklagten zu 1) haben die Kläger entgegen der Auflage vom 28.09.2010 (Bl.177 d.A.) nicht substantiiert und unter Beweisantritt dargelegt.
35Gemäß § 133 Abs.1 UmwG haften die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger für die Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers, die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet worden sind, zwar als Gesamtschuldner. Diese Haftung ist jedoch nach § 133 Abs.3 UmwG beschränkt. Für eine Alt-Verbindlichkeit, die vor der Spaltung begründet oder für die davor die Wurzel gelegt worden war, braucht der "Mithafter" nur unter zwei kumulativen Voraussetzungen weiterhin gesamtschuldnerisch gem. § 133 Abs.1 einzustehen: Zum einen muss diese Verbindlichkeit vor Ablauf von fünf Jahren nach der Spaltung fällig geworden sein und zum anderen muss der Gläubiger seine Forderung gegen den "Mithafter" gerichtliche geltend gemacht haben; [...] Für eine Verbindlichkeit, die diese beiden Voraussetzungen nicht erfüllt, haftet der Mithafter nicht länger; er wird mit Ablauf der der Fünf-Jahres-Frist automatisch enthaftet (Lutter, UmwG,4.Auflage, 2009, § 133, Rn. 104).,
36Bei einer Ausgliederung nach § 123 Abs.3 UmwG bleibt der übertragende Rechtsträger -hier die Beklagte zu 2) als Rechtsnachfolgerin der U "Hauptschuldner" all jener Verbindlichkeiten, die nicht einem übernehmenden Rechträger im Vertrag zugewiesen sind (Lutter, aaO, § 123, Rn.17).
37Mithaftender ist nach § 133 Abs.3 UmwG derjenige Rechtsträger, dem die Verbindlichkeiten im Spaltungs- und Übernahmevertrag nicht zugewiesen sind.
38Die Kläger haben weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass die Beklagte zu 1) die streitgegenständliche Verbindlichkeit im Wege der Ausgliederungnach § 123 Abs.3 UmwG übernommen hat. Es ist damit davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1) "Mithaftende" ist.
39Die Kläger haben nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die vorliegende Klage rechtzeitig vor dem Ablauf der Frist von 5 Jahren ab Bekanntmachung nach § 133 Abs.34 UmwG eingegangen (§ 167 ZPO) ist.
40Ein möglicher Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 2) ist gem. §§ 195, 199 BGB verjährt.
41Auch in Überleitungsfällen (Palandt, 70.Auflage, 2011, Art.229 § 6 EGBGB, Rn.6) beginnt die Verjährung gem. § 199 Abs.1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Dies war bereits im Jahr 2006 der Fall.
42Ausweislich des Schreibens vom 28.03.2006 der seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der Kläger haben die Kläger bereits im Jahr 2006 Schadenersatzansprüche wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten gegenüber der Beklagten zu 1) geltend gemacht. Zwar ist grundsätzlich für den Verjährungsbeginn auch die Kenntnis von der Person des Schuldners vorliegen (Palandt, 70.Auflage, 2011, § 199, Rn.35).
43Die umfassenden Kenntnisse ihres Prozessbevollmächtigten müssen sich jedoch die Kläger in den Grenzen des erteilten Mandats zurechnen lassen (Palandt, aaO, §199, Rn.24). Es muss dem Geschädigten lediglich zumutbar sein, auf Grund dessen, was ihm hinsichtlich des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, Klage zu erheben (NJW-RR 2008, 1495, BGH Urteil vom 27.05.2008, XI ZR 132/07; Palandt, aaO, § 199, Rn.36). Die Kläger, die das Darlehen bereits im Jahr 2000 abgelöst haben, hätten sich lediglich an ihren ursprünglichen Vertragspartner bzw. deren Rechtsnachfolgen halten müssen.
44Die Verjährung des Anspruchs gegen die Beklagte zu 2) war auch nicht durch die Erhebung der Klage gegen die Beklagte zu 1) gehemmt. Beginn, Ablauf, Hemmung und Neubeginn der Verjährung haben Einzelwirkung (Palandt, aaO, § 425, Rn.6).
45Der Schadensersatzanspruch verjährt in der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren gem. § 195 BGB. Der Anspruch war daher mit Ablauf des 31.12.2009 verjährt, die Klage gegen die Beklagte zu 2) ist erst am 22.12.2010, also nach Ablauf der Verjährungsfrist, rechtshängig geworden.
46Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 S.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S.2 ZPO.
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