Urteil vom Landgericht Dortmund - 21 O 562/09
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 896.- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.05.2006 sowie außergerichtliche Nebenkosten von 899,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.02.2010 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit geleistet hat.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 29.04.2005 in E ereignet hat. Zum Unfallzeitpunkt war der Kläger als Kradfahrer unterwegs. Ein bei der Beklagten versicherter Lkw nahm dem Kläger die Vorfahrt. Hierbei stürzte der Kläger und erlitt Verletzungen. Unter den Parteien ist nicht im Streit, dass die Beklagte dem Kläger vollen Schadensersatz zu leisten hat. Vorprozessual erbrachte die Beklagte auf den Personenschaden eine Zahlung in Höhe von 15.000,00 €. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 12.09.2009 Bezug genommen.
3Der Kläger befand sich vom 29.04. bis zum 13.05.2005 in stationärer Behandlung. Bei dem Unfall hatte der Kläger sich eine Sprengung der Schambeinfuge sowie einen unvollständigen Bruch der linken Kreuzdarmbeinfuge zugezogen. Die unvollständige Fraktur musste nicht operativ behandelt werden, die Sprengung der Schambeinfuge wurde osteosynthetisch versorgt. Weiterhin erlitt der Kläger bei dem Unfall eine Verstauchung und Zerrung der Lendenwirbelsäule, zahlreiche Prellungen im Bereich der Beine, im Oberschenkel bildete sich ein Bluterguss mit Lymphansammlung, weiterhin erlitt der Kläger ein stumpfes Bauchtrauma.
4Während des stationären Aufenthaltes wurde der Kläger am 02.05.2005 operiert. Im Bereich der Schambeinfuge wurde eine Reposition durch Anbringung einer Platte erreicht.
5Nach der Entlassung aus der stationären Behandlung wurde der Kläger fachärztlich weiter behandelt. Er erhielt insbesondere Krankengymnastik und sonstige Therapien.
6In der Folgezeit tauchten Schulterbeschwerden links auf. Der Kläger begab sich erneut am 29.08.2005 in stationäre Behandlung. Zur Durchführung einer Schultergelenksarthroskopie blieb der Kläger bis zum 31.08.2005 in stationärer Behandlung. Bei der Arthroskopie wurde ein Riss der Knorpellippe der linken Schulter festgestellt.
7Zum dritten Mal begab sich der Kläger am 19.11.2005 in stationäre Behandlung. In der Zeit vom 19.11.2005 bis zum 03.12.2005 wurde das osteosynthetische Material im Bereich der Schambeinfuge entfernt.
8Am 09.01.2006 nahm der Kläger seine Arbeit wieder auf. Er hatte aufgrund der arbeitsvertraglichen Regelungen durchgehend Lohnfortzahlung erhalten. Während der Kläger vor dem Unfall im Rohrleitungsbau der Stadtwerke eingesetzt war, arbeitete er ab dem 09.01.2006 als Gasspürer. Der Kläger muss hierbei, wenn den Stadtwerken ein Gasausbruch gemeldet wird, den Schadensort aufsuchen und die erforderlichen und ggf. notfallmäßigen Anordnungen treffen.
9Der Kläger behauptet, über die unstreitigen Verletzungen hinaus auch bei dem Unfall die Verletzung im Schultergelenk erlitten zu haben. Es sei ein Dauerschaden eingetreten, der zu Beginn von der Berufsgenossenschaft mit einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 %, später mit 20 % bewertet worden sei.
10Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld mit der Vorstellung zur Höhe von insgesamt 35.000,00 €. Darüber hinaus macht er aus dem Zeitraum vom 29.04.2005 bis zum 04.01.2006 einen Haushaltsführungsschaden geltend. Er behauptet insoweit, es sei in diesem Zeitraum zu einem Ausfall von 747 Stunden gekommen, die insgesamt mit 5.976,00 € zu entschädigen seien.
11Der Kläger beantragt,
12die Beklagte zu verurteilen, an ihn
131. ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, welches in
14das Ermessen des Gerichts gestellt wird und
152. 5.976,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
16über dem Basiszinssatz seit dem 04.05.2006 und
173. 1.530,58 € außergerichtliche Kosten nebst Zinsen in Höhe
18von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie bestreitet, dass die Schulterbeschwerden unfallbedingt sind. Sie verweist darauf, dass erstmals 4 Monate nach dem Unfall die Verletzung im Schultergelenk festgestellt worden sei. Alle übrigen unfallbedingten Beschwerden seien spätestens mit Wiederaufnahme der Arbeit zu Beginn des Jahres 2006 folgenlos abgeheilt gewesen. Mit der Zahlung von 15.000,00 € auf den Personenschaden seien die Ansprüche des Klägers insgesamt angemessen abgegolten.
22Das Gericht hat den Kläger angehört und ein fachorthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten des Sachverständigen T eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift, das schriftliche Gutachten nebst Ergänzungsgutachten Bezug genommen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
24Die Klage ist in einem geringen Umfang begründet.
25Es steht unter den Parteien nicht im Streit, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die bei dem Unfall vom 29.04.2005 erlittenen Schäden Ersatz zu leisten.
26Die erlittenen Verletzungen rechtfertigen ein Schmerzensgeld gemäß § 253 BGB von 15.000,00 €. Zu berücksichtigen bei der Bemessung sind Ausmaß und Schwere der Verletzungen und der Schmerzen, die Dauer der stationären Behandlungen, die Belastungen durch Operationen und Behandlungsmaßnahmen sowie der Verlauf des Heilungsprozesses. Bei der Bemessung kommt dem Gedanken, dass für vergleichbare Verletzungen ein annähernd gleiches Schmerzensgeld zu gewähren ist, besondere Bedeutung zu (Palandt, BGB, 70. Aufl., § 253 Rn. 15 ff.). Der Kläger hat bei Unfall eine Sprengung der Schambeinfuge erlitten, die mit einer Metallplatte versorgt werden musste. Darüber hinaus trat ein unvollständiger Bruch der linken Kreuzdarmbeinfuge auf, der der operativen Behandlung nicht bedurfte. Der Kläger erlitt weiter eine Verstauchung und Zerrung der Lendenwirbelsäule sowie mehrere Prellungen an den Beinen. Im Oberschenkel bildete sich ein Bluterguss mit einer Lymphansammlung. Schließlich erlitt der Kläger ein stumpfes Bauchtrauma. Diese Verletzungen sind unstreitig und daher der Entscheidung zugrunde zu legen.
27Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass der Kläger sich bei dem Unfall einen Riss in der Knorpellippe der linken Schulter zugezogen hat, wobei es nicht zu einer Ablösung der Knorpellippe von der knöchernen Schulterpfanne kam und auch eine Ausrenkung der linken Schulter ausblieb. Dieser streitige Umstand ist durch das Gutachten des Sachverständigen T bestätigt. Der Sachverständige hat allerdings klargemacht, dass er aufgrund des Abstandes der ersten Behandlung an der Schulter zu dem Unfall lediglich von der Wahrscheinlichkeit einer Unfallverursachung ausgehen kann. Es sei zu erwarten, dass bei einer Schulterverletzung zeitnah über Schulterprobleme geklagt und berichtet werde. Das sei bei dem Kläger nicht der Fall gewesen. Auf der anderen Seite hat der Sachverständige aufgezeigt, dass die Verletzungen am Unterkörper und den Beinen im Vordergrund gestanden haben, so dass etwaigen Beschwerden an der Schulter keine wesentliche Bedeutung beigemessen worden ist. Hierfür spricht auch, dass es sich ersichtlich um eine leichte Verletzung der Schulter gehandelt hat, denn es ist nicht zu einer Ablösung der Knorpellippe gekommen und die linke Schulter war auch nicht ausgerenkt. Es ist zwar eine Arthroskopie durchgeführt worden, hierbei musste allerdings kein therapeutischer Eingriff vorgenommen werden, das heißt, der Riss musste nicht etwa genäht werden. In der Folgezeit ist die Verletzung weitgehend beschwerdefrei abgeklungen. Schließlich hat das Gericht berücksichtigt, dass der Unfallmechanismus, ein Sturz als Kradfahrer nach Verletzung der Vorfahrt, der Annahme einer Schulterverletzung nicht entgegensteht. Der Sturz war so schwer, dass sogar eine massive Verletzung der Hüfte eintrat. Unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten ist das Gericht davon überzeugt, dass die – leichte – Verletzung der Schulter unfallabhängig ist.
28Infolge der Unfallverletzungen befand sich der Kläger vom 29.04. bis zum 13.05.2005, also über etwa 2 Wochen, in stationärer Behandlung. Im Rahmen der Operation vom 02.05.2005 musste die Schambeinfuge mit einer Platte repositioniert werden. In der Folgezeit war der Kläger weiterhin arbeitsunfähig. Wie der Sachverständige T erklärt hat, war der Kläger nach der stationären Behandlung über einen Zeitraum von 8 bis 10 Wochen voll arbeitsunfähig. Im Rahmen der ambulanten Behandlung erhielt der Kläger Krankengymnastik und sonstige Therapiemaßnahmen. Wegen der Schulterbeschwerden befand sich der Kläger vom 29.08. bis zum 31.08.2005 erneut in stationärer Behandlung. Im Rahmen der dabei durchgeführten Schultergelenksarthroskopie wurde der Riss an der Knorpellippe festgestellt. In der Folgezeit war der Kläger weitere 2 bis 3 Wochen infolge des Arthroskopie-Eingriffs vollständig arbeitsunfähig. In der Zeit vom 19.11.2005 bis zum 03.12.2005, also wieder über 2 Wochen, fand der dritte stationäre Aufenthalt statt. Das osteosynthetische Material an der Schambeinfuge wurde entfernt. Erneut war der Kläger im Anschluss daran 2 bis 3 Wochen vollständig arbeitsunfähig. Erst zu Beginn des Jahres 2006, am 09.01.2006, nahm der Kläger seine Arbeit wieder auf. Ein funktioneller Dauerschaden ist ausgeblieben. Verblieben sind die Narben der operativen Eingriffe. Die linke Schulte weist keinen Dauerschaden auf. Eine Instabilität des Beckens ist nicht eingetreten. Die Hüftgelenke selbst waren ohnehin nicht betroffen. Die unvollständige Fraktur im Bereich der linken Kreuzdarmbeinfuge ist als Haarriss zu verstehen und stellt damit einen leichten Befund dar. Insbesondere stellt der Haarriss nicht den Auslöser für die Rückenschmerzen des Klägers dar, an denen der Kläger nach wie vor leidet. Auslöser der Rückenschmerzen ist der Verschleiß im unteren Bereich der Lendenwirbelsäule, der durch den Unfall nicht ausgelöst oder beeinflusst worden ist. Dass die Schmerzen, die der Kläger im unteren Rückenbereich nach wie vor erleidet, nicht auf den Unfall beruhen, zeigt sich auch darin, dass die schwerste Verletzung, die Sprengung der Schambeinfuge, nicht den Bereich der unteren Wirbelsäule betraf.
29Soweit im Rahmen eines Gutachtens der Unfallklinik E vom 02.08.2007 schwerere Folgen dargestellt werden, hat sich der Sachverständige T damit überzeugend auseinandergesetzt. Hinsichtlich der von der Unfallklinik festgestellten Beinverkürzung um 1,5 cm rechts hat der Sachverständige T gezeigt, dass eine Beinverkürzung auf dem Röntgenbild nicht nachzuvollziehen ist. Die in der Unfallklinik festgestellte Beinverkürzung ist auf dem Untersuchungstisch festgestellt worden und unterliegt im Moment der Bestandsaufnahme der Mitarbeit des Patienten. Lagerungsbedingte Beinlängenveränderungen lassen sich auf einem Röntgenbild besser erkennen als bei der äußeren klinischen Untersuchung. Darüber hinaus hat der Sachverständige T bei seiner Untersuchung Bewegungseinschränkungen an den Hüften des Klägers nicht festgestellt. Eine Erklärung zu dem abweichenden Befund der Unfallklinik ist darin zu sehen, dass die dortige Untersuchung im Jahre 2007 stattfand, während die Untersuchung bei dem gerichtlichen Sachverständigen 5 ½ Jahre nach dem Unfall stattfand. Es war möglich, durch zwischenzeitliche Anpassungs- und Gewöhnungsmechanismen die Beweglichkeit der Hüfte wieder herzustellen.
30Insgesamt ist die Zukunftsprognose für den Kläger günstig. Funktionelle Defizite im Bereich der linken Schulter sind nicht verblieben und es ist keine ungünstige Entwicklung zu befürchten. Im Bereich des Beckens ist die Schambeinfuge fest verheilt. Zukünftige Komplikationen sind nicht zu befürchten. Auch der Haarriss in der linken Kreuzdarmbeinfuge ist fest verheilt und hat keine wesentliche Gelenkstufe oder Verschleiß hinterlassen. Eine Verschlechterung ist unwahrscheinlich.
31Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat das Gericht zudem die weiteren Verletzungen berücksichtigt, die sich über einen wesentlich geringeren Zeitraum ausgewirkt haben, in diesem aber ebenfalls schmerzhaft waren. Dazu zählen die Verstauchung und Zerrung der Lendenwirbelsäule, die Prellungen der Beine mit dem Bluterguss im Oberschenkel und der unangenehmen Lymphansammlung. Darüber hinaus erlitt der Kläger ein stumpfes Bauchtrauma ohne innere Verletzungen. Unter Berücksichtigung von Art und Umfang der Verletzungen, der Heilbehandlungsmaßnahmen und des Verlaufs des Heilungsprozesses sowie der verbliebenen geringen Folgen hält das Gericht ein Schmerzensgeld von 15.000,00 € für angemessen. Hierbei ist der Gedanke einer vergleichbaren Regelung mit vergleichbaren Sachverhalten berücksichtigt worden. Soweit der Kläger auf eine Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 24.06.1988 hinweist, lagen der damaligen Entscheidung wesentlich schwerere Unfallfolgen zugrunde. Der damalige Verletzte befand sich 2 ¼ Monate in stationärer Behandlung. Es kam zu einem erfolglosen Versuch, die Schambeinfuge zu schließen. Dabei wurden mehrere Wundinfektionen ausgelöst, die zu weiteren operativen Eingriffen führten. Als besondere Komplikation trat eine Beinvenenthrombose auf. Dies führte zu einer stationären Nachbehandlung über 1 ½ Monate. Insgesamt war der damalige Verletzte ein Jahr arbeitsunfähig. Der vom OLG Saarbrücken beurteilte Sachverhalt ist also auch ansatzweise nicht vergleichbar mit der vorliegenden Situation.
32Der vorliegend ausgeurteilte Betrag steht auch in einem vergleichbaren Zusammenhang mit anderen gerichtlichen Entscheidungen, die Verletzungen der Hüfte betreffend. So hat das OLG Hamm im Jahre 2006 eine Entscheidung des Landgerichts Münster aus dem Jahre 2005 bestätigt, in dem ein Schmerzensgeld von 12.500,00 € ausgeurteilt worden ist. Der Kläger hatte sich eine Hüftgelenks-/Oberschenkelfraktur rechts zugezogen sowie Rippenbrüche im Bereich der Rippen 4 bis 9 und eine Kopfplatzwunde. Er war 3 ½ Wochen stationär in Behandlung, unterzog sich anschließend einer 3-wöchigen Rehabilitation und war insgesamt 4 Monate arbeitsunfähig. Es verblieben Narben ohne Funktionsbeeinträchtigungen (Hacks, Schmerzensgeldbeträge, 27. Aufl., Nr. 1769). Im Vergleich zu dieser Entscheidung hat der Kläger schwerere Verletzungen davongetragen.
33Im Jahre 2006 urteilte das Landgericht Düsseldorf ein Schmerzensgeld von 15.000,00 € aus (Hacks, a.a.O., Nr. 1852). Dort hatte der Kläger neben einer Fraktur im Hüftbereich Frakturen im Gesichtsbereich, einen knöchernen Ausriss in der rechten Schulter sowie im rechten Kniegelenk bei gleichzeitigem Bänderschaden erlitten. Es verblieben Dauerschäden im Kniegelenk und Kiefergelenk von nicht unerheblichem Gewicht.
34Das Landgericht Saarbrücken setzte im Jahre 2005 ein Schmerzensgeld von 20.000,00 € fest (Hacks, a.a.O., Nr. 2169). Zu beurteilen waren ein Bruch der Hüftgelenkspfanne rechts mit Lähmungserscheinungen, ein Bruch des Handgelenks, des Schienbeinkopfes sowie eine Distorsion im Bereich des rechten oberen Sprunggelenkes. Es verblieben eine Gebrauchsminderung der rechten Hüfte und des rechten Beines sowie eine Fußheberschwäche rechts und erhebliche Bewegungseinschränkungen des rechten Handgelenkes.
35Diese Entscheidungen zeigen, dass ein Schmerzensgeld von 15.000,00 € angemessen ist und vergleichbar ist mit bereits ergangenen gerichtlichen Entscheidungen.
36Dem Kläger steht zudem ein Anspruch auf Ersatz des sogenannten Haushaltsführungsschadens zu. Auszugehen ist hierbei von dem Umfang der Hausarbeiten, die der Verletzte ohne den Unfall tatsächlich erbracht hätte. Eine schematische Betrachtung ist nicht gerechtfertigt. So mag die Überlegung, dass die Hausarbeit unter Eheleuten geteilt wird, vom theoretischen Ansatz her zutreffend sein. Eine solche Regelung wird aber durch die Realität überlagert. Zu berücksichtigen war, dass der Kläger vollschichtig tätig war, während seine Ehefrau teilzeitbeschäftigt ist. Auch die Anhörung des Klägers ergab, dass nicht schematisch von einer exakten hälftigen Teilung der anfallenden Arbeiten ausgegangen werden kann. Eine solche Annahme wäre auch nicht realistisch. Die Annahme der Klageschrift, der Kläger hätte über 249 Tage im Zeitraum vom 29.04.2005 bis zum 04.01.2006 immer und durchgehend 3 Stunden Hausarbeit täglich geleistet, ist zu schematisch. Das Gericht geht von einem niedrigeren Ansatz aus.
37Es ist sodann zu klären, welche konkrete haushaltsspezifische Behinderung bestanden hat. Wird eine Person durch den Arzt für arbeitsunfähig erklärt, so bedeutet dies nicht, dass er zugleich zu 100 % nicht in der Lage ist, Haushaltstätigkeit zu erbringen. Es ist vielmehr auf den konkreten Grad der Behinderung abzustellen. Im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO geht das Gericht davon aus, dass in den Zeiträumen, in denen der Kläger nach Angaben des Sachverständigen T zu 100 % arbeitsunfähig war, einen Ausfall von 1 Stunde täglich an Haushaltsarbeit aufgrund der Unfallverletzungen erlitten hat. Erfasst ist somit der Zeitraum von 10 Wochen nach dem ersten stationären Aufenthalt, von 3 Wochen nach der Arthroskopie und von weiteren 3 Wochen nach der Metallentfernung im November/Dezember 2005. Es ergibt sich ein Ausfallzeitraum von 16 Wochen, so dass - gemäß § 287 ZPO ermittelt – insgesamt 112 Stunden an Ausfall auszugleichen sind.
38Soweit der Kläger sich in stationärer Behandlung befunden hat, das waren knapp 5 Wochen, war seine persönliche Versorgung gewährleistet. Durch seine Abwesenheit im Haushalt minderte sich der dortige Bedarf und war im Übrigen kompensierbar. Zusätzliche Ausfallstunden sind insoweit nicht zu berücksichtigen.
39Der Stundensatz beträgt 8,00 €. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger keine Leitungsfunktionen im Haushalt ausübte, so dass dieser Stundensatz angemessen ist. Der Ersatzanspruch erstreckt sich somit auf 896,00 €.
40Dem Kläger stehen daher Ansprüche in Höhe von 15.896,00 € zu. Hierauf hat die Beklagte bereits eine Zahlung in Höhe von 15.000,00 € vorprozessual erbracht.
41Die vorgerichtlichen Kosten bestimmen sich aus einem Gegenstandswert von bis 16.000,00 € und belaufen sich somit auf 899,40 €.
42Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.