Urteil vom Landgericht Dortmund - 4 O 132/11
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelas-sen, die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen der Beschädigung eines Pkw durch eine Dachlawine, abgehend vom Haus B-Straße 27 in E.
3Der Schadensfall ereignete sich am 01.01.2011 gegen 1.10 Uhr nachts. Der Beklagte ist Eigentümer des Hauses sowie Vermieter der Klägerin, wohnt selbst aber nicht dort. Eigentümer des Pkw ist der Ehemann der Klägerin, welcher diese mit Erklärung vom 23.09.2011 (Bl. 51 d. A.) zur Geltendmachung etwaiger Ersatzansprüche ermächtigt hat.
4Bereits in den Wochen vor dem Schadensereignis gab es wochenlang außergewöhnlich starken Schneefall im gesamten Stadtgebiet und auch darüber hinaus. Die Klägerin parkte das Fahrzeug – unbestritten – in der Silvesternacht wie üblich vor dem Haus in der B-Straße 27, dies in etwa 2 m Entfernung zum Haus. Bei dem Stellplatz, auf welchem sich das klägerische Fahrzeug befand, handelt es sich nicht um einen zum Haus gehörigen Parkplatz, sondern um eine öffentliche Stellfläche. In der Nacht rutschten Schneemassen vom Dach und trafen den Pkw der Klägerin.
5Das betreffende Haus verfügt nicht über Schneegitter; unstreitig ist zwischen den Parteien, dass der Beklagte das Dach weder geräumt noch eventuelle Warnhinweise oder Absperrungen aufgestellt hatte.
6Nachdem sich die Klägerin zwecks Regulierung an den Beklagten gewandt hatte, lehnte dessen Haftpflichtversicherer mit Schreiben vom 16.03.2011 eine Haftung ab.
7Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte sei für den eingetretenen Schaden verantwortlich, er habe Vorsichtsmaßnahmen ergreifen müssen, um den Abgang von Schnee zu verhindern. Insbesondere, so behauptet die Klägerin, sei in der Silvesternacht Tauwetter gewesen mit anschließender erneuter Kälte, weswegen sich Eis gebildet habe. Der Beklagte habe daher mit etwaigen Dachlawinen rechnen müssen.
8Die Klägerin ist ferner der Ansicht, den Beklagten treffe eine besondere Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mietern. Sie habe sich als Mieterin darauf verlassen dürfen, dass der Beklagte alle vorgeschriebenen Vorsichtsmaßnahmen ergreift, um Schäden an den Rechtsgütern seiner Mieter zu vermeiden. Der Beklagte sei daher verpflichtet gewesen, im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht irgendetwas zum Schutz der geparkten Fahrzeuge zu veranlassen. Zwar erwarte sie keine Anbringung von Schneegittern, erforderlich sei es aber gewesen, die Schneemassen von oben abzubauen bzw. Warnhinweise oder Absperrungen anzubringen. Sie ist der Ansicht, aufgrund der besonders extremen Wetterverhältnisse gelte das Prinzip, dass grundsätzlich jeder auf sich selbst achten müsse, hier nicht.
9Die Klägerin vertritt die Auffassung, sie selbst treffe kein Mitverschulden, da sie ihr Fahrzeug in ausreichendem Sicherheitsabstand vom Haus abgestellt hätte. Sie habe nicht vorhersehen können, dass der Schnee weiter fällt. Sie habe vielmehr darauf vertrauen dürfen, dass der Hauseigentümer Maßnahmen ergreift.
10Die Klägerin begehrt 4.698,85 € netto Reparaturkosten sowie 15 x 35,00 € = 525,00 € Nutzungsausfall.
11Die Klägerin beantragt,
12- den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.248,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.03.2011 zu zahlen,
- den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von den außergerichtlichen Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte Dres. X, Q und N in Höhe von 546,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Der Beklagte behauptet, das Gebäude weise keinerlei Besonderheiten auf, die eine entsprechende Verkehrssicherungspflicht begründen würden. So habe das Dach nur einen Neigungswinkel von 35 Grad – was zwischen den Parteien unstreitig ist –, Handlungsbedarf bestehe aber erst ab 45 Grad Dachneigungswinkel. Das Dach entspreche auch dem neuesten Stand. Der Beklagte behauptet weiter, es sei auch noch nie zuvor zum Abgang einer Dachlawine von dem Haus in der B-Straße 27 gekommen; so dass er damit nicht habe rechnen müssen. Er habe auch vor dem streitgegenständlichen Ereignis keinerlei Besonderheiten am Haus bzw. auf dem Dach feststellen können.
16Der Beklagte ist der Ansicht, er habe keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Der Abgang der Dachlawine sei für ihn weder vorhersehbar noch vermeidbar gewesen. Die Anbringung von Schneefanggittern sei nur bei gesetzlichen oder polizeilichen Anordnungen erforderlich, diese gäbe es für die Stadt E nicht, was die Klägerin auch nicht behauptet. Eine darüberhinausgehende Pflicht zur Anbringung von Schneefanggittern bestehe auch nicht per se, sondern nur im Einzelfall. Für ein entsprechendes Erfordernis sei hier aber nichts ersichtlich. Es sei ihm auch nicht zumutbar gewesen, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Das Dach selbst zu räumen sei ihm nicht möglich gewesen, da dies eine zu hohe Gefahr mit sich gebracht hätte. Der Beklagte ist ferner der Ansicht, er sei auch nicht verpflichtet gewesen Warnschilder aufzustellen. Es handele sich um eine öffentliche Fläche, so dass hierfür schon eine Sondernutzungserlaubnis eingeholt werden müsse. Zudem würde dies die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht völlig überspitzen, da in diesem Fall jeder Hauseigentümer Warnschilder aufstellen würde.
17Jedenfalls aber vertritt der Beklagte die Auffassung, die Klägerin treffe ein erhebliches Mitverschulden, welches ein etwaiges eigenes Verschulden vollständig zurücktreten lasse. Denn der Klägerin seien die Wetterverhältnisse bekannt gewesen, so dass sie ihr Verhalten hierauf hätte einstellen müssen. Sie habe auch schon durch einen Blick auf das Dach feststellen können, dass sich dort keine Schneegitter befinden.
18Den geltend gemachten Schaden bestreitet der Beklagte dem Grund und der Höhe nach.
19Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.
20Die Kammer hat die Parteien persönlich angehört. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2011 (Bl. 69 ff d. A.) verwiesen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
22Die zulässige Klage ist nicht begründet.
23Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Ersatzanspruch gegen den Beklagten zu. Denn dem Beklagten ist ein Verstoß gegen eine Verkehrssicherungspflicht nicht vorzuwerfen.
24(1) Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie ist zwar – inzwischen unstreitig – nicht Eigentümerin des beschädigten Fahrzeugs, dies ist vielmehr ihr Ehemann. Dieser hat sie aber mit Erklärung vom 23.08.2011 dazu ermächtigt, etwaige Ansprüche, welche ihm gegen den Beklagten zustehen, im eigenen Namen geltend zu machen.
25(2) Der Beklagte haftet nicht aus §§ 535, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. Zwar besteht zwischen den Parteien ein Mietverhältnis, vermöge dessen der Beklagte verpflichtet ist, hinsichtlich der Rechtsgüter der Klägerin Sorgfalt walten zu lassen. Eine über die übliche Verkehrssicherungspflicht hinausgehende gesteigerte Sorgfaltspflicht hinsichtlich des klägerischen Pkw ergab sich aber nicht aus dem Mietverhältnis. Unstreitig gehört der Parkraum, auf welchem die Klägerin das Fahrzeug abstellte, nicht zum gemieteten Haus, es handelt sich vielmehr um öffentlichen Parkraum. Daher trifft den Vermieter diesbezüglich keine erhöhte Sorgfaltspflicht für mieterseits dort abgestellte Fahrzeuge.
26Etwas anderes gilt auch nicht, wenn dem Beklagten bekannt gewesen ist, dass seine Mieter stets ihre Fahrzeuge dort abstellen. Denn allein dadurch wird dieser Bereich nicht in den Verantwortungsbereich des Beklagten einbezogen. Die Verkehrssicherungspflicht des Beklagten gilt auch hinsichtlich des Stellplatzes vielmehr nur im üblichen Rahmen. Das Abstellen des klägerischen Fahrzeugs auf dem öffentlichen Parkplatz stand mithin in keinem Zusammenhang zum Mietverhältnis der Parteien.
27(3) Ein Anspruch der Klägerin aus § 836 BGB besteht nicht. Denn die Bestimmung ist auf Dachlawinen schon nicht anwendbar (vgl. OLG Hamm NJW RR 2003, 1463).
28(4) Auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einer öffentlich rechtlichen Bestimmung besteht nicht. In Betracht käme einzig eine satzungsmäßige Verpflichtung zur Anbringung von Schneefanggittern auf Hausdächern. Entsprechendes ist im Gebiet der Stadt E ordnungsbehördlich aber nicht vorgeschrieben. Es besteht innerhalb des Stadtgebietes vielmehr gerade keine satzungsmäßige Verpflichtet hierzu.
29(5) Der Beklagte ist letztlich auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB zum Ersatz eines entstandenen Schadens verpflichtet.
30Ob bzw. in welcher Höhe ein Schaden am streitgegenständlichen Pkw entstanden ist, kann dabei dahinstehen. Denn nach Auffassung des Gerichts besteht schon dem Grunde nach keine Haftung des Beklagten. Der Beklagte hat nicht gegen eine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verstoßen.
31Dass es tatsächlich zum Angang einer Dachlawine von Haus des Beklagten gekommen ist, ist dabei zunächst vom Beklagten bestritten worden. In der mündlichen Verhandlung hat er dann aber angegeben, dass der Ehemann der Klägerin ihm den Schadensfall gemeldet und er diesen dann auch besichtigt hat.
32Grundsätzlich ist der Eigentümer im Wege der Verkehrssicherungspflicht verpflichtet, Gefahren, die von seinem Grundstück bzw. einem darauf befindlichen Haus hervorgerufen werden können, zu vermeiden. Denn derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage gleich welcher Art für Dritte schafft, die mit Gefahren für Rechtsgüter Dritter verbunden sind, hat Rücksicht auf diese Gefährdung zu nehmen und deshalb die allgemeine Rechtspflicht, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und ihm zumutbar sind, um die Schädigung Dritter möglichst zu verhindern (vgl. Palandt/ Sprau 70. Auflage 2011 § 823 Rn. 46 BGB). Anerkanntermaßen besteht die Verkehrssicherungspflicht jedoch eben nur im Rahmen des Zumutbaren. Es ist dem Pflichtigen grundsätzlich nicht möglich und auch nicht zumutbar, jede nur denkbare Gefahr zu vermeiden. Ein Schutz vor Gefahren ist deshalb nur insoweit gefordert, als der Dritte sich mangels Erkennbarkeit nicht selbst vor ihnen schützen kann.
33Dementsprechend ist es grundsätzlich Aufgabe eines jeden Passanten bzw. auch jedes Parkenden selbst, sich und sein Eigentum durch Achtsamkeit vor den Gefahren vom Dach herabfallenden Schnees zu schützen. Demgegenüber trifft den Hauseigentümer regelmäßig nicht die Pflicht, Dritte vor Dachlawinen durch spezielle Maßnahmen zu sichern; allein die allgemeine Gefahr, dass von einem schneebedeckten Dach Lawinen abgehen können, reicht dafür nicht aus. Es müssen schon im Einzelfall besondere Umstände erkennbar für eine erforderliche Verkehrssicherung sprechen (OLG Hamm Urt. v. 11.11.1986 – 27 U 68/86).
34(a) Nach Auffassung des Gerichts war der Beklagte nicht verpflichtet, auf dem Dach des Hauses B-Straße 27 Schneefanggitter anzubringen. Soweit schon keine satzungsmäßige Verpflichtung hierzu bestand, wird dennoch unter bestimmten Umständen eine entsprechende Pflicht angenommen. Derartige besondere Umstände lagen aber hier nicht vor. Gefordert wird dies etwa in Gegenden mit häufigem Schneefall. Hierzu gehört das E Stadtgebiet aber sicherlich nicht. Auch bei einem besonderen Neigungswinkel des Daches werden Schneefanggitter gefordert. Unbestritten hat der Beklagte hier aber vorgetragen, dass der Neigungswinkel des Daches lediglich 35 Grad beträgt. Entsprechende Verpflichtungen werden in der Rechtsprechung erst ab einem Neigungswinkel von 45 Grad diskutiert.
35Auf die Anbringung von Schneefanggittern beruft sich die Klägerin im Übrigen auch nicht.
36(b) Dem Beklagten war auch nicht zumutbar, das Dach vom Schnee frei zu räumen. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere, dass es sich bei der hier fraglichen Zeit um die Silvesternacht handelte. Der Beklagte verweist zu Recht darauf, dass die Räumung des Daches daher mit besonderen Problemen verbunden gewesen wäre: Auf dem fraglichen Parkstreifen vor dem Haus standen noch weitere Fahrzeuge. Vor einer Räumung hätte der Beklagte diese zunächst ausfindig machen und zum Umsetzen ihrer Pkw bewegen müssen. Dies dürfte schon nicht ohne weiteres möglich gewesen sein.
37Ferner war dem Beklagten selbst nach Ansicht des Gerichts das Betreten des Daches auch deshalb schon nicht zumutbar, weil hierdurch erhebliche Gefahren für die eigene körperliche Unversehrtheit bestanden hätten. Bei Betreten des Daches hätte erhebliche Rutsch- und damit Verletzungsgefahr bestanden. Einem derartigen Risiko musste sich der Beklagte nicht aussetzen.
38Das Gericht geht auch davon aus, dass es dem Beklagten nicht möglich gewesen wäre, einen Dachdeckerbetrieb zu finden, welcher das Dach hätte räumen können. Dies wäre zunächst wegen der Tatsache, dass es sich um die Silvesternacht handelte, nicht unproblematisch gewesen. Ferner wäre nach Auffassung der Kammer das Betreten des Daches aber auch für einen Fachbetrieb wegen der damit einhergehenden Gefahren unverantwortlich gewesen. Letztlich bliebe in diesem Fall das Problem der unter dem Haus parkenden Fahrzeuge auch weiterhin bestehen.
39Etwa die Feuerwehr zum Räumen des Daches zu rufen, war dem Beklagten jedenfalls nicht zumutbar. Dies würde nicht nur mit erheblichen finanziellen Beeinträchtigungen einhergehen, sondern wäre auch schon deshalb unverhältnismäßig gewesen, weil das Dach hier nicht konkret einsturzgefährdet gewesen ist. Letztlich hat die Klägerin selbst vorgetragen, dass auch die Polizei wegen der Häufigkeit der abgehenden Dachlawinen nur noch in bestimmten Fällen Schadensaufnahmen durchgeführt hatte. Es ist also schon fraglich, ob ein entsprechender Einsatz der Feuerwehr überhaupt durchgeführt worden wäre.
40Der Beklagte war ferner nicht verpflichtet, bereits Wochen zuvor das Dach zu räumen bzw. räumen zu lassen. Denn dies wäre mit denselben Gefahren verbunden gewesen wie das Betreten des Daches in der Silvesternacht, und dem Beklagten damit nicht zumutbar. Es hat sich daher an dieser Stelle auch nicht ausgewirkt, dass der Beklagte zuvor während des gesamten Winters keine Sichtkontrollen des Daches hat durchgeführt, jedenfalls eine Pflicht zum Räumen des Daches hätte sich hieraus nicht ergeben. Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2011 seinen schriftlichen Vortrag korrigiert und angegeben hatte, am 22.12.2010 keine Sichtkontrolle durchgeführt zu haben, änderte dies nichts.
41(c) Die Anbringung einer Absperrung auf der Parkfläche war vom Beklagten ebenfalls nicht zu fordern. Es handelte sich um öffentlichen Verkehrsraum, so dass eine Absperrung ohnehin nicht ohne weiteres hätte aufgestellt werden dürfen. Letztlich würde der Beklagte sonst für eventuelle Schäden, welche durch das Aufstellen der Absperrung entstehen, haften.
42(d) Einen Anspruch der Klägerin vermag das Gericht auch nicht deshalb zu bejahen, weil der Beklagte keinen Warnhinweis hinsichtlich der Gefahr von Dachlawinen angebracht hatte.
43Dabei ist schon fraglich, ob den Beklagten überhaupt die Pflicht traf, vor der Gefahr zu warnen. Jedenfalls aber hat es sich nach Auffassung des Gerichts nicht ausgewirkt, dass kein Hinweis angebracht war.
44Ob der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, einen Warnhinweis anzubringen, ist fraglich. Dabei ist zunächst wiederum zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Gehsteig neben dem Haus und dem angrenzenden Parkraum um eine öffentliche Fläche handelte. Das Anbringen von Warnhinweisen dürfte deshalb zumindest nicht uneingeschränkt möglich gewesen sein. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass der Beklagte etwa einen Hinweis direkt am Haus hätte anbringen können, ist zweifelhaft, ob er dies auch tun musste. Grundsätzlich kann es nicht Sinn und Zweck einer solchen Verpflichtung sein, dass sämtliche Hauseigentümer während des Winters prophylaktisch Warnhinweise aufstellen. Es müssen vielmehr besondere Gegebenheiten vorliegen, welche die jeweiligen Eigentümer dazu veranlassen, Warnschilder anzubringen. Derartige besondere Gegebenheiten vermag das Gericht hier aber nicht zu erkennen. Es handelte sich zwar um einen schneereichen Winter, dies war aber im gesamten Gebiet gleichermaßen der Fall. Das Dach des betreffenden Hauses war mit einem Dachneigungswinkel von etwa 35 Grad auch nicht sonderlich steil, jedenfalls nicht über das vergleichbar übliche Maß hinaus. Warum der Beklagte also dazu angehalten gewesen sein sollte, besondere Maßnahmen zu ergreifen, ist nicht ersichtlich.
45Etwas anderes kann auch nicht daraus geschlossen werden, dass bereits zuvor Schneemassen vom Dach abgerutscht sein sollen. Denn dies ist schon nicht festzustellen, jedenfalls hatte der Beklagte als Vermieter hiervon aber keine Kenntnis. Der Beklagte selbst beruft sich darauf, dass ihm in den letzten über 50 Jahren keine derartigen Vorkommnisse bekannt geworden sind. Auch die Klägerin vermochte nicht mehr zu sagen, ob sie den Beklagten von dem Vorfall im Vorjahr in Kenntnis gesetzt hatte. Mithin ist davon auszugehen, dass der Beklagte jedenfalls hiervon keine Kenntnis hatte und aufgrund dessen auch nicht veranlasst war, im folgenden Winter entsprechende Vorkehrungen zu treffen.
46Letztlich bedarf dies aber keiner Entscheidung. Denn jedenfalls ist das Fehlen eines Hinweisschildes nach Auffassung des Gerichts für einen Schaden nicht kausal geworden. Denn die Klägerin war sich der Gefahr eines Schneeabgangs bewusst, so dass ein Hinweis hierauf nicht erfolgen musste. Schriftsätzlich hat die Klägerin umfangreich dazu vorgetragen, dass in der Presse eindringlich vor der Gefahr von Dachlawinen gewarnt wurde. Soweit sie sich darauf beruft, dass dem Beklagten daher die Gefahr bekannt gewesen sein muss, gilt dies für sie selbst gleichermaßen. Es war auch allseits bekannt, dass es sich um einen besonders schneeanfälligen und wetterextremen Winter handelte. Die Klägerin musste mithin sensibilisiert sein, was den Abgang von Schneemassen vom Dach angeht. Schriftsätzlich hatte die Klägerin insbesondere selbst vorgetragen, dass sie ihr Fahrzeug in einem Sicherheitsabstand von mehr als 2 m neben dem Haus geparkt hatte, da sie vom abrutschenden Schnee nicht erfasst werden wollte. Sie hat auch angegeben, froh gewesen zu sein, einen Parkplatz nah am Haus gefunden zu haben. Soweit die Klägerin dann in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, nicht mit Schneeabgang vom Dach gerechnet zu haben, überzeugt dies wegen der vorstehenden Ausführungen nicht.
47Sie war sich, davon ist das Gericht überzeugt, der Gefahren, welche mit dem Abstellen des Fahrzeugs an der betreffenden Stelle einhergingen, bewusst. Nichts anderes aber hätte ein Warnschild gewährleistet. Dieses hätte die Klägerin letztlich nur auf das hinweisen können, was ihr ohnehin bewusst war. Die Gefahr war auch für jedermann offenbar, mit dem Herabstürzen von Schnee musste jeder gleichermaßen rechnen. Eine Kausalität liegt daher jedenfalls – selbst wenn eine entsprechende Verpflichtung des Beklagten bestanden hat – nicht vor.
48Soweit sich die Klägerin letztlich darauf beruft, dass wegen der rar vorhandenen Parkplätze im Stadtgebiet ein gefahrloses Abstellen des Fahrzeugs an anderer Stelle auch nicht möglich gewesen sei, kann dies nicht zu Lasten des Beklagten gehen.
49(6) Ein etwaiges Mitverschulden der Klägerin kann dahinstehen, da schon kein Anspruch besteht.
50(7) Mangels Pflichtverletzung besteht kein Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihrer materiellen Schäden. Ob diese substantiiert genug vorgetragen waren, konnte daher dahinstehen. Auch ein Anspruch auf Ersatz der außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren bzw. auf Freistellung von diesen besteht nicht. Denn dieser folgt dem Schicksal der Hauptforderung.
51(8) Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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