Urteil vom Landgericht Dortmund - 2 O 144/10
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.500,00 € (in Worten: dreitausendfünfhundert Euro) nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.000,00 € seit dem 07.03.2008 und aus weiteren 1.500,00 € seit dem 28.05.2008 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, den Kläger von Zahlungsansprüchen des Herrn S in Höhe von 506,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 42,43 € seit dem 07.03.2008 und aus 464,50 € seit dem 28.05.2008 freizustellen.
3. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 856,40 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2008 zu zahlen.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen des Schadensereignisses vom 03.11.2007 bedingungsgemäßen Haftpflichtversicherungsschutz zu gewähren im Hinblick auf eine Forderung der U Krankenkasse in Höhe von 2.296,07 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.04.2009.
5.Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen des Schadensereignisses vom 03.11.2007 bedingungsgemäßen Haftpflichtversicherungsschutz zu gewähren im Hinblick auf alle weiteren Schadensersatzansprüche des Herrn S, X-straße ##, ##### M, auch soweit diese Schadensersatzansprüche auf Sozialversicherungsträger, insbesondere die U Krankenkasse, und die Berufsgenossenschaft O, übergegangen sind.
6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. .
7. Von den Gerichtskosten tragen 13 % der Kläger und 87 % die Beklagte. Der Kläger trägt 13 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und 13 % der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers der Beklagten. Die Beklagte trägt 87 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Von vorstehender Kostenentscheidung ausgenommen sind die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichtes Osnabrück zusätzlich angefallenen Kosten. Diese trägt der Kläger allein. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
8. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für den Kläger ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger darf die Vollstreckung des Streithelfers der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Streithelfer der Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei dieser genommenen Haftpflichtversicherung in Anspruch. "Vertragsbeginn" war der 01.09.2007. Nach dem Versicherungsschein vom 13.01.2010 liegen dem Vertrag die AHB 2002 (Anlagen zum Schriftsatz der Beklagten vom 14.02.2010, Blatt 162 und 183 ff. der Akte) zugrunde. Der Kläger bestreitet, die AHB 2002 erhalten zu haben; ein Erhalt sei ihm nicht erinnerlich.
3Am 02.12.2007 begab sich der Kläger in M auf einen Kneipenbummel. In den frühen Morgenstunden des 03.11.2007 suchte er die Gaststätte "U" in M auf. Er war bereits erheblich alkoholisiert und bestellte sich ein alkoholisches Mischgetränk. Als ihm dieses nicht schmeckte, schmiss er das Glas gegen eine Wand. Dazu rief er aus "Das schmeckt Scheiße hier". Der Zeuge S forderte den Kläger sodann auf, das Bistro zu verlassen. Daraufhin erwiderte der Kläger: "Was willst du. Ich poliere dir gleich die Fresse." Der Zeuge S bat im Anschluss einen Kollegen, die Polizei zu rufen. Er ging zu dem Kläger, um ihn erneut anzusprechen und aus dem Bistro zu bitten. Als der Zeuge S sich dem Kläger näherte, schob dieser seine Ärmel rechts und links hoch, nahm eine Boxerhaltung ein und machte einen Schritt auf den Zeugen S zu. Der Zeuge S hat dabei Respekt bekommen, da der Kläger energisch aussah. Der Kläger war zudem ca. einen Kopf größer als der Zeuge S, so dass dieser es für sinnvoll hielt, rückwärts zu gehen. Als er einen Schritt rückwärts machte, rutschte er in der Lache des durch den Kläger verschütteten Getränkes auf dem Fußboden aus. Bei dem Versuch, den Sturz abzufangen, verletzte sich der Zeuge S am Arm. Beim Aufschlagen knackte es und der linke Arm tat dem Zeugen S weh. Der Zeuge S erlitt durch den Sturz eine Radiusköpfchenmeißelfraktur am linken Ellenbogen.
4Der Zeuge S nahm den Kläger – zunächst erfolglos außergerichtlich mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 21.02.2008 – auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz in Anspruch. Er erwirkte sodann gegen den Kläger vor dem Amtsgericht Lingen ein Versäumnisurteil mit folgendem Tenor:
5"1.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.000,00 € seit dem 07.03.2008 und aus 1.500,00 € seit dem 28.05.2008 zu zahlen.
62.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 506,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 42,43 € seit dem 07.03.2008 und aus 464,50 € seit dem 28.05.2008 zu zahlen.
73.) Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus dem Vorfall vom 03.11.2007 im Bistro "U" in M noch entstehen wird, soweit Schadensersatzansprüche nicht kraft Gesetzes auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind.
84.) Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
95.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
106.) Der Streitwert wird auf bis 5.000,00 € festgesetzt."
11Die Klageschrift in jenem Verfahren wurde dem Kläger am 28.05.2008 zugestellt.
12Die U Krankenkasse machte gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 02.09.2009 (Anlage K 4 zur Klageschrift) Aufwendungen in Höhe von 2.296,07 € geltend.
13Im Februar 2009 mandatierte der Kläger seine Prozessbevollmächtigten. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wandte sich mit Schreiben vom 26.02.2009 an die L (im Folgenden: L) und erbat Prüfung der Eintrittspflicht der Beklagten. Die L erbat daraufhin mit Schreiben vom 04.03.2009 weitere Informationen. Nach deren Erteilung lehnte die L mit Schreiben vom 30.03.2009 für die Beklagte die Eintrittspflicht ab, da der Schaden vorsätzlich herbeigeführt worden sei. Auch nach weiterem Schriftverkehr blieb sie bei ihrer Ablehnung.
14Die L handelt bei der Aufnahme von Schäden für die Beklagte. Sie hat mit der Firma des Streithelfers der Beklagten, der U3 (im Folgenden: U3) entsprechend der von der Beklagten vorgelegten "Courtagezusage für Versicherungsmakler" (Anlage B 5 zum Schriftsatz der Beklagten vom 26.05.2010, Blatt 79 ff. der Akten) eine Vereinbarung geschlossen.
15Die U Krankenkasse machte gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 02.09.2009 (Anlage K 4 zur Klageschrift) Aufwendungen in Höhe von 2.296,07 € geltend.
16Der Kläger meint, die Verletzung des Zeugen S sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen.
17Der Kläger behauptet, er habe sich nach dem Vorfall an seinen (späteren) Schwager, den Zeugen T, Mitarbeiter der U3, gewandt und diesen beauftragt, sich für ihn mit dem Streithelfer der Beklagten in Verbindung zu setzen und den Schaden anzuzeigen. Dies habe der Zeuge T auch sofort getan. Der Kläger hat zunächst behauptet, er habe sich bereits im Dezember 2007 an seinen Schwager gewandt. Er hat später behauptet, er habe sich nach Erhalt des Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigten des Zeugen S vom 21.02.2008 an seinen Schwager gewandt. Der Zeuge T habe mit dem Streithelfer der Beklagten, dessen Chef, Rücksprache gehalten und ihm den Sachverhalt geschildert. Der Streithelfer der Beklagten habe erklärt, dass Versicherungsschutz nicht eingreife, weil der Kläger vorsätzlich gehandelt habe. Dies sei dem Kläger dann von dem Zeugen T mitgeteilt worden. Er habe sich dann auf diese Rückäußerung verlassen, wobei er davon ausgegangen sei, dass diese von der Beklagten autorisiert sei. Bei der U3 handele es sich um eine Agentur der Beklagten. Der Streithelfer der Beklagten habe den Eindruck erweckt, dass er die Entscheidungsbefugnis habe. Auf jeden Fall habe sich der Kläger darauf verlassen können, dass der Schadensfall unverzüglich und richtig der Beklagten gemeldet worden sei.
18Der Kläger behauptet weiter, er habe die Forderungen des Zeugen S gemäß dem Versäumnisurteil vom 13.06.2008 erfüllt.
19Der Kläger beantragt,
20- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.500,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.000,00 € seit dem 07.03.2008 und 1.500,00 € seit dem 28.05.2008 zu zahlen sowie weitere 506,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 42,43 € seit dem 07.03.2008 und aus 464,50 € seit dem 28.05.2008 zu zahlen.
- ferner, die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 856,40 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2008 zu zahlen (gemäß Kostenfestsetzungsbeschluss in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Lingen vom 16.09.2008),
- die Beklagte ferner zu verurteilen, an ihn weitere 2.296,07 € (Forderung der U Krankenkasse) nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.04.2009 zu zahlen,
- ferner, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen weiteren Schadensersatzansprüchen des Herrn S, aus dem Vorfall vom 03.11.2007 in M freizustellen, auch soweit diese Schadensersatzansprüche auf Sozialversicherungsträger, insbesondere die U Krankenkasse, und die Berufsgenossenschaft O übergegangen sind,
- hilfsweise zu Ziffer 1. bis 3.: die Beklagte zu verurteilen, Zahlung entsprechend Ziffer 1. und 2. der obigen Anträge an Herrn S und hinsichtlich Ziffer 3. an die U Krankenkasse zu zahlen,
- "ganz" hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, ihn von Zahlungsansprüchen des Herrn S entsprechend Ziffer 1. und 2. der Anträge und der U Krankenkasse entsprechend Ziffer 3. der Anträge freizustellen,
- die Beklagte ferner zu verurteilen, an ihn weiter 661,16 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.04.2009 zu zahlen, hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, an die Prozessbevollmächtigten des Klägers, die Rechtsanwälte L2 und Kollegen, 661,16 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.04.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie beruft sich auf den Vorsatzausschluss aus § 4 II.1. S. 1 AHB. Sie behauptet, der Kläger habe billigend in Kauf genommen, dass dem Zeugen S körperlicher Schaden zugefügt wurde, um dem Hausverbot zu entgehen. Dem Kläger sei bewusst gewesen, dass der Geschädigte aufgrund der drohenden Haltung des Klägers sich zurückbewegen musste. Der Kläger habe auch um die von ihm selbst verursachte Getränkelache auf dem Fußboden gewusst.
24Die Beklagte beruft sich im Übrigen auf Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung (Verletzung der Anzeigepflicht). Sie behauptet, der Kläger habe den Versicherungsfall erstmals mit Schreiben vom 26.02.2009 gegenüber der L angezeigt. Selbst wenn der Kläger den Zeugen T über den Versicherungsfall informiert hätte, so könne dies nicht zu Lasten der Beklagten gehen, da der Zeuge T als Makler gehandelt habe.
25Die Beklagte meint, der Kläger könne den Kausalitätsgegenbeweis nicht mit Erfolg führen. Sie behauptet, sie hätte den Versicherungsschutz zumindest unter dem Vorbehalt gewährt, dass keine vorsätzliche Herbeiführung des Schadens vorliege. Sie behauptet weiter, bei einer rechtzeitigen Information hätte sie versucht, auf eine vergleichsweise Regelung, auch unter Abgeltung des Feststellungsantrages, hinzuwirken. Sie hätte auch auf eine ordnungsgemäße Verteidigung gegen die Klage des Zeugen S gesorgt. Im Rahmen dieser Verteidigung hätte die Schadenshöhe bestritten werden können. Es hätte dann möglicherweise eine günstigere vergleichsweise Einigung herbeigeführt werden können. Wäre eine solche Einigung bereits außergerichtlich erfolgt, so wäre die gerichtliche Auseinandersetzung insgesamt vermieden worden, woran auch der Zeuge S ein Interesse gehabt habe. Bei einer anwaltlichen Vertretung des Klägers hätte der Schadenshöhe im Einzelnen entgegengetreten werden können, so dass ein geringerer Betrag ausgeurteilt worden wäre, insbesondere ein geringeres Schmerzensgeld.
26Demgegenüber behauptet der Kläger, die Beklagte hätte nicht versucht, auf eine vergleichsweise Einigung mit dem Zeugen S hinzuwirken, weil sie von vornherein Deckung abgelehnt hätte. Der Zeuge S habe keinen Grund für eine vergleichsweise Einigung gehabt. Er hätte sich nicht schlechter als aus dem Versäumnisurteil folgend verglichen. Die Schadenshöhe habe das Amtsgericht Lingen zutreffend ausgeurteilt. Der zugrunde liegende Sachvortrag des Zeugen S sei zutreffend gewesen.
27Der Streithelfer der Beklagten behauptet, der Kläger habe der Beklagten den Schaden erst in 2009 gemeldet. Der Kläger habe den Zeugen T angerufen und diesem von dem Vorfall vom 03.11.2007 berichtet. Er habe den Zeugen T aber nicht beauftragt, den Schaden zu melden. Er habe nur mitgeteilt, dass er einen Rechtsanwalt beauftragt habe, da der Geschädigte Ansprüche geltend mache. Er – der Streithelfer der Beklagten – habe daher den Zeugen T beauftragt, dem Kläger mitzuteilen, dessen Rechtsanwalt solle die Schadensmeldung direkt an die L schicken. Der Zeuge T habe dem Kläger ferner mitteilen sollen, dass Zweifel an der Eintrittspflicht der Beklagten bestünden, da der Ausschlussgrund des vorsätzlichen Handelns eingreifen könnte.
28Der Streithelfer der Beklagten meint, er sei als unabhängiger Makler und nicht als Agent der Beklagten tätig geworden.
29Die Beklagte hat sich die Ausführungen ihres Streithelfers zu Eigen gemacht.
30Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen T, S und Rechtsanwalt F. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 06.04.2011 (Blatt 207 ff. der Akten) und 08.02.2012 (Blatt 272 ff. der Akten) Bezug genommen.
31Das Landgericht Osnabrück hat sich im Beschlusswege (Blatt 48 der Akten) für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Dortmund verwiesen.
32E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
33Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet. Die Beklagte ist grundsätzlich eintrittspflichtig (hierzu im Folgenden: I.). Sie hat daher im titulierten Umfange Deckung zu gewähren (im Einzelnen zu den Klageanträgen: II.).
34I.
35Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 1 Abs. 1, Satz 1 VVG a.F. in Verbindung mit der bei dieser genommenen Privathaftpflichtversicherung Anspruch auf Versicherungsschutz für den vorliegenden Versicherungsfall. Dem steht weder der von der Beklagten in Anspruch genommene Ausschluss gemäß § 4 II. 1. S.1 AHB 2002 noch eine Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung entgegen.
361.
37Der Versicherungsfall, definiert in § 5 Ziffer 1. der AHB 2002 ist eingetreten. Unzweifelhaft konnte der Vorfall vom 03.11.2007 Haftpflichtansprüche gegen den Kläger zur Folge haben.
382.
39Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger vorsätzlich im Sinne des Ausschlusses des § 4 II. 1. Satz 1 AHB 2002 handelte. Vorsatz ist das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges. Der Vorsatz muss dabei anders als bei § 823 Abs. 1 BGB nicht nur die haftungsbegründende Verletzungshandlung, sondern auch die Verletzungsfolgen umfassen (BGH VersR 1998, 1011; OLG Hamm VersR 1981, 789; 2006, 781; OLG Celle OLG-Report 2008, 63; Landgericht Dortmund r+s 2012,114). Hierbei genügt auch bedingter Vorsatz. Dieser liegt vor, wenn der Täter den als möglich vorgestellten Erfolg in seinen Willen aufgenommen und für den Fall seines Eintritts gebilligt hat. Der Täter muss dabei die Folgen seines Handelns nicht in allen Einzelheiten vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Ausreichend ist es vielmehr, wenn er sich die Folgen zumindest in ihren Grundzügen vorgestellt hat. Das schließt es aus, dem Versicherungsnehmer Schadensfolgen zuzurechnen, die er nicht oder nicht in ihrem wesentlichen Umfang als möglich erkannt und für den Fall ihres Eintrittes nicht gewollt oder im Sinne bedingten Vorsatzes billigend in Kauf genommen hat (BGH a.a.O.). Verletzungen, die durch einen von den Vorstellungen des Täters über den Schadensverlauf wesentlich abweichenden Geschehensablauf entstanden sind und die nach Art und Schwere wesentlich von den Körperverletzungen abweichen, wie er sie sich vorgestellt hat, werden von einem auf "Körperverletzung" gerichteten Vorsatz nicht umfasst (OLG Düsseldorf VersR 1977, 745; OLG Celle a.a.O.; LG Dortmund a.a.O.). Dabei muss unstreitig der Versicherer ein vorsätzliches Handeln im Sinne des Ausschlusstatbestandes beweisen. Zu seinen Lasten geht es daher, wenn die innere Einstellung des Täters zur Tat nicht aufgeklärt werden kann, wobei es zulässig ist, indiziell aus der Gefährlichkeit der objektiven Verhaltensweise auf die innere Einstellung des Täters zu schließen (OLG Celle a.a.O. m.w.N.).
40Dies zugrunde gelegt kann ein vorsätzliches Handeln des Klägers nicht festgestellt werden. Denn weder aus den – hier unstreitigen – äußeren Umständen noch aus den Erklärungen des Klägers zu dem Tatgeschehen lässt sich hier schließen, der Kläger habe sich die Verletzungsfolgen für den Zeugen S zumindest in ihren Grundzügen vorgestellt. Es kann bereits nicht sicher gesagt werden, ob der Kläger überhaupt schon entschlossen war, den Zeugen S körperlich zu verletzen, als er sich durch Einnahme der "Boxerstellung" bedrohlich gebärdete. Ebenso möglich erscheint, dass der Kläger durch die Drohgebärde zunächst nur verhindern wollte, der Lokalität verwiesen zu werden. Kann bereits nicht festgestellt werden, dass der Kläger schon entschlossen war, den Zeugen S körperlich zu verletzen, so kann erst recht nicht als bewiesen angesehen werden, dass der Kläger die Vorstellung hatte, der Zeuge S würde möglicherweise zurückweichen, dabei auf der Getränkelache ausrutschen und sich infolgedessen eine Radiusköpfchenmeißelfraktur am linken Ellenbogengelenk oder eine ähnliche Verletzung zuziehen. Bereits ein aktuelles Reflektieren über das Vorhandensein der Getränkelache kann bei dem alkoholisierten Kläger nicht unterstellt werden, mag dieser die Getränkelache auch selbst verursacht haben und ein Fahrlässigkeitsvorwurf in Bezug auf die Verletzungsfolge gerechtfertigt erscheinen.
41Da die bloße Vorhersehbarkeit einer Schadensfolge nicht ausreicht, hat das OLG Düsseldorf (a.a.O.) in einem ähnlichen Fall den Bruch von vier Mittelfußknochen als nicht vom Vorsatz eines den Geschädigten in das Gesicht schlagenden Versicherungsnehmers umfasst angesehen, wenn der Geschädigte nach diesem Schlag stürzt und sich die vorgenannten Brüche zuzieht.
423.
43Die Beklagte ist nicht gemäß § 6 Abs. 3 VVG a.F. leistungsfrei, weil der Kläger seine Anzeigeobliegenheit verletzt hat.
44a)
45Allerdings hat der Kläger in objektiver Hinsicht gegen die Anzeigeobliegenheit aus § 5 Ziffer 2. AHB 2002 verstoßen. Danach ist jeder Versicherungsfall dem Versicherer unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche, schriftlich anzuzeigen. Nach § 5 Ziffer 2. S.4 AHB hat der Versicherungsnehmer es ferner unverzüglich anzuzeigen, wenn gegen ihn ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht wird.
46aa)
47Hinsichtlich der Anzeige des Versicherungsfalles selbst hat der Kläger seine Anzeigepflicht unzweifelhaft in objektiver Hinsicht verletzt, soweit der Beginn der Wochenfrist bereits mit dem 03.11.2007 anzusetzen ist.
48bb)
49Der Kläger hat die Anzeigepflicht in objektiver Hinsicht auch dann verletzt, wenn die Wochenfrist erst mit dem Zugang des Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigten des Zeugen S vom 21.02.2008 in Lauf gesetzt wurde. Denn selbst wenn die Behauptung des Klägers zuträfe, er habe sich nach Erhalt dieses Schriftsatzes an den Zeugen T gewandt, so liegt darin keine Anzeige des Versicherungsfalles gegenüber der Beklagten. Anderes könnte sich nur dann ergeben, wenn die U3, für die der Zeuge T arbeitete, als Agentin der Beklagten anzusehen, oder zur Entgegennahme von Schadenanzeigen von der Beklagten bevollmächtigt wäre. Beides ist nicht der Fall. Für Letzteres gibt es keine Anhaltspunkte. So ist der bestehenden Vereinbarung zwischen der L und der U3 eine solche (Unter-)Bevollmächtigung nicht zu entnehmen. Allein der Umstand, dass der Zeuge T bekundet hat, dass bei der U3 auch Schadenanzeigen aufgenommen wurden, ist hierfür nicht ausreichend. Denn auch die Weiterreichung von Schadenanzeigen gehört noch zum Aufgabenbereich eines Maklers, soweit er gegenüber seinem Auftraggeber, dem Versicherungsnehmer, seine Pflichten nicht vertraglich beschränkt hat. Allein aus dem Umstand, dass die U3 häufiger Schadenanzeigen aufnahm, kann vorliegend daher nicht auf eine Bevollmächtigung zur Entgegennahme von Schadenanzeigen durch die Beklagte geschlossen werden.
50Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die U3, gegebenenfalls abgeleitet von der L, als Agentin der Beklagten handelte.
51Zwar war die L unstreitig von der Beklagten mit der Aufnahme von Schadenanzeigen und der Abwicklung von Schadenfällen beauftragt. Nach der Erklärung des Streithelfers der Beklagten handelt es sich bei der L zudem um einen Assekuradeur. Als solcher handelt dieser als Agent des Versicherers (Schimikowski, VVG, 4. Auflage 2009, 3. Teil, Rdnr. 115 a.E.; Remè/Gerike in Terbille, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 2. Auflage, § 11, Rdnr. 94).
52Es ergeben sich aber keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass auch die U3 als Agentin der Beklagten handelte. Zum einen reicht es nicht aus, dass die U3 im Kopf des Versicherungsscheines benannt ist und in anderen Schriftsätzen angegeben wurde, dass der Kläger von der U3 "betreut" wird. Solche Vermerke weisen regelmäßig nur auf die übliche Betreuungspflicht hin, die sich schon aus dem Maklervertrag ergibt und stellt lediglich klar, an wen sich der Versicherungsnehmer mit Fragen betreffend das Versicherungsverhältnis wenden kann (Kollhosser in Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage, § 43, Rdnr. 13 c). An eine Agentenstellung wäre zu denken, wenn der Vermittler in die Vertriebsorganisation des Versicherers eingebunden war, weil er wirtschaftlich in nicht unerheblichem Maße von dem Versicherer abhängig war oder weil er gar keine Produktauswahl empfehlen konnte oder wollte (OLG Hamm ZfS 2003, 189; OLG Saarbrücken NJW-RR 2006, 1467 jeweils m.w.N.). Solches kann vorliegend nicht festgestellt werden, zumal der Streithelfer der Beklagten erklärt hat, dass die U3 auch andere Haftpflichtversicherungen vermittelt habe und die L nur eine von 15 "Direktanbindungen" sei.
53Auch aus dem bestehenden Vertrag zwischen der L und der U3 folgt eine Agentenstellung der U3 nicht, schon weil nicht feststeht, inwieweit die Beklagte Kenntnis von den einzelnen vertraglichen Beziehungen der L zu Vermittlern hat und in die Vertragsgestaltung in jenem Verhältnis eingebunden ist.
54cc)
55Nach Vorstehendem ist unzweifelhaft, dass der Kläger in objektiver Hinsicht auch gegen die Obliegenheit aus § 5 Ziffer 2. S. 4 AHB 2002 verstoßen hat. Denn der Kläger hat die Beklagte nach Zugang der Klageschrift nicht von dem gerichtlichen Verfahren informiert.
56b)
57Bei der Verletzung einer nach dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit wird nach § 6 Abs. 3 VVG a.F. zwar kraft Gesetzes ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Fehlverhalten des Versicherungsnehmers vermutet. Vorsatz liegt jedoch nicht schon dann vor, wenn dem VN die Tatsachen, die die Anzeigepflicht begründeten, bekannt waren; vielmehr ist zudem erforderlich, dass ihm auch bewusst war, dass er aufgrund dieser Tatsachen zu einer Anzeige an den Versicherer verpflichtet war (BGH VersR 1979, 1119; Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 2. Auflage, § 24, Rdnr. 123). Der Annahme einer bewussten Pflichtverletzung steht im Streitfall jedoch die allgemeine Erfahrung entgegen, dass sich kein vernünftiger Versicherungsnehmer durch bewusste Nichterfüllung der Anzeigepflicht Rechtsnachteile im Deckungsverhältnis zu einem Versicherer zuzieht (BGH VersR 1981, 321, 322); OLG Köln NJOZ 2006, 4435 (4436) m.w.N.). Deshalb ist hier (allenfalls) lediglich von einer grob fahrlässigen Versäumung der Anzeigefrist auszugehen. Die dahingehende Vermutung kann die Beklagte nicht entkräften. Auch aus den Bekundungen des Zeugen T folgen keine Feststellungen, die die Annahme rechtfertigen, der Kläger sei sich der Pflicht zur Anzeige des Versicherungsfalles und der gerichtlichen Geltendmachung durch den Geschädigten bewusst gewesen. Allein, dass der Zeuge bekundete, dass er dem Kläger erklärte, er solle die Sache direkt an die Adler Versicherung melden, folgt nicht, dass dem Kläger auch eine dementsprechende Verpflichtung bewusst gewesen sein muss.
58c)
59Nimmt man an, dass der Kläger grob fahrlässig der Anzeigepflicht nicht nachkam, so führt dies nicht zu einer Leistungsfreiheit der Beklagten, weil der Kläger den ihm obliegenden Kausalitätsgegenbeweis geführt hat. Bei grob fahrlässiger Verletzung einer nach dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit tritt gemäß §§ 6 Abs. 3 Satz 2 VVG a.F. Leistungsfreiheit des Versicherers dann nicht ein, wenn die Verletzung weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der Entschädigungsleistung Einfluss gehabt hat. Zwar muss der Versicherungsnehmer den Kausalitätsgegenbeweis führen. Diesen Negativbeweis kann er jedoch praktisch nur in der Weise erbringen, dass er zunächst die sich aus dem Sachverhalt selbst ergebenden Möglichkeiten ausräumt und dann abwartet, welche Behauptungen der Versicherer über Art und Maß der Kausalität aufstellt. Der Versicherer muss dazu die konkrete Möglichkeit eines für ihn günstigeren Ergebnisses aufzeigen, indem er z.B. vorträgt, welche Maßnahmen er bei rechtzeitiger Erfüllung der Obliegenheit getroffen und welchen Erfolg er sich davon versprochen hätte. Dies muss der Versicherungsnehmer dann widerlegen (OLG Düsseldorf r+s 2001, 16; BGH VersR 1964, 709 (712); OLG Karlsruhe NJW-RR 2010, 949 (951) m.w.N.). Mangels unmittelbar aus dem Sachverhalt selbst sich ergebender Möglichkeiten kam es hier auf die von der Beklagten aufgestellten Behauptungen der Beklagten an. Die Beklagte hat insofern im Wesentlichen behauptet, dass sie versucht hätte, auf eine vergleichsweise Regelung unter Abgeltung des Feststellungsantrages hinzuwirken. Diese Behauptung hat der Kläger widerlegen können. Nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen S wäre dieser nicht bereit gewesen, sich hinsichtlich des Feststellungsantrages für zukünftige Schäden zu vergleichen, indem er einen Abfindungsbetrag erhielt. Er hat dies nicht schlicht in den Raum gestellt, sondern damit untermauert, dass er aus seiner beruflichen Praxis als Rettungsassistent mit Personen in Kontakt gekommen ist, die an Spätfolgen von Unfallschäden litten und erklärten, dass sie von der Versicherung keine Zahlungen mehr erhielten. Hinzu kommt, dass er bekundete, sein Arzt habe ihm erklärt, dass das Gelenk, wenn er älter werde, noch Schwierigkeiten bereiten könne. Auch dies macht seine Erklärung glaubhaft, er hätte sich mit einem "Abfindungsbetrag" nicht einverstanden erklärt.
60Ohnehin ist unklar, ob eine vergleichsweise Regelung, mit der der Feststellungsantrag für zukünftige Schäden abgegolten wird, im Ergebnis für die Beklagte günstiger gewesen wäre. Denn bei Zahlung eines entsprechend erhöhten Geldbetrages an den Kläger wäre der Abschluss des Vergleiches für die Beklagte dann nachteilig, wenn Spätfolgen tatsächlich ausblieben.
61Nach alledem kann auch dahinstehen, ob die Behauptung der Beklagten überhaupt hinreichend konkretisiert war, um vom Kläger deren Widerlegung fordern zu können. Denn die Beklagte hat nicht vorgetragen, welchen Vergleichsbetrag sie dem Geschädigten angeboten hätte. Es ist nicht fernliegend, einen solchen Tatsachenvortrag zu fordern, weil die Vergleichsbereitschaft bei einem Geschädigten regelmäßig auch von der Höhe des angebotenen Vergleichsbetrages abhängen wird.
62Auch soweit die Beklagte behauptet, dass bei einer anwaltlichen Vertretung die Schadenshöhe im Einzelnen bestritten worden wäre, so dass nur ein geringerer Betrag – insbesondere ein geringeres Schmerzensgeld – ausgeurteilt worden wäre, so hat der Kläger auch diese Behauptung widerlegt. So folgt aus den glaubhaften Bekundungen des Zeugen S, dass das Amtsgericht Lingen die zutreffenden Bemessungsfaktoren für die Höhe des Schmerzensgeldes zugrunde gelegt hat. Der Zeuge S hat sowohl die Schienung des Armes, als auch die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und die schwierige Heilung bestätigt. Das ausgeurteilte Schmerzensgeld war daher nicht zu beanstanden. Auch im Übrigen ergeben sich keine Zweifel, dass dem Kläger auch die weiteren vom Amtsgericht Lingen mit dem Versäumnisurteil titulierten Ansprüche materiell-rechtlich zustanden. Der Zeuge hat glaubhaft bekundet, dass er seinen Rechtsanwalt zutreffend über die weiteren angefallenen "kleinen Kosten" informiert habe und noch nicht einmal alle Kosten geltend gemacht worden seien. So habe es noch weitergehende Spritkosten gegeben, die nicht Gegenstand der Klage wurden. Nach alledem kann die Beklagte sich nicht mit Erfolg auf eine Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers berufen.
63Dahinstehen kann nach alledem die Frage, ob der Kläger in prozessual beachtlicher Weise "bestritten" hat, die AHB erhalten zu haben und ferner, ob die Annahme einer schuldhaften Obliegenheitsverletzung bei einem nicht bewiesenen Zugang der Versicherungsbedingungen ausscheidet (vgl. hierzu Schimikowski r+s-Beilage 2011, 96 (100) zum neuen Recht).
64II.
65Ist die Beklagte nach Vorstehendem grundsätzlich verpflichtet Deckung zu gewähren, so bedeutet dies für die Klageanträge im Einzelnen Folgendes (Gliederung folgt der des Tenors):
661.
67Die Beklagte ist hinsichtlich des vom Amtsgericht Lingen tenorierten Schmerzensgeldes in Höhe von 3.500,00 € nebst Zinsen zur Zahlung verpflichtet. Zwar kann der Versicherungsnehmer richtigerweise grundsätzlich nur auf Feststellung klagen, dass der Versicherer wegen einer bestimmten Haftpflichtforderung Versicherungsschutz zu gewähren habe. Soweit jedoch das Bestehen des Haftpflichtanspruchs unstreitig ist oder bereits rechtskräftig festgestellt wurde, besteht die Möglichkeit der Leistungsklage (Beckmann/Matusche-Beckmann, a.a.O., § 23, Rdnr. 31 m.w.N.). Aufgrund des Versäumnisurteils des Amtsgerichts Lingen, welches rechtskräftig wurde, ist die Zahlungspflicht des Klägers hinreichend festgestellt. Dass der Kläger die Forderung insoweit auch erfüllt hat, so dass er auf Zahlung an sich und nicht nur auf Freistellung klagen kann, steht fest aufgrund der glaubhaften Bekundungen des Zeugen S, der die erschöpfenden Zahlungen auf das Schmerzensgeld insoweit bestätigt hat.
682.
69Hinsichtlich des weitergehend mit dem Versäumnisurteil des Amtsgerichts Lingen rechtskräftig titulierten Anspruchs in Höhe von 506,93 € nebst Zinsen kann indes die Erfüllung durch den Kläger nicht festgestellt werden. Der Zeuge S hat hierzu keine Angaben machen können. Auch aus dem von dem Kläger mit Schriftsatz vom 17.11.2011 überreichten Forderungskonto mit Stand vom 03.11.2011 (Blatt 256 ff. der Akten) lässt sich eine Erfüllung hinsichtlich dieses Betrages nicht herleiten. Der Betrag von 506,93 € ist in diese Aufstellung offenbar von vornherein nicht eingestellt worden. Insoweit konnte hier lediglich die Freistellung von der Forderung tituliert werden.
703.
71Demgegenüber kann hinsichtlich des Betrages von 856,40 € nebst Zinsen (Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Lingen) Zahlung verlangt werden. Denn zum einen ist eine entsprechende Zahlungspflicht durch den bestandskräftig gewordenen Kostenfestsetzungsbeschluss festgestellt. Zum anderen folgt aus dem unter Ziffer 2. zitierten Forderungskonto, dass der Betrag von 856,40 € durch Zahlungen getilgt ist. Anhaltspunkte dafür, dass das Forderungskonto die Tilgungen unzutreffend wiedergibt liegen nicht vor und sind von der Beklagten auch nicht aufgezeigt worden.
724.
73Abweichendes gilt hinsichtlich des von der U Krankenkasse geltend gemachten Betrages in Höhe von 2.296,07 €. Insofern schied eine Zahlung an den Kläger selbst von vornherein aus. Aber auch die Titulierung eines Freistellungsanspruchs kam nicht in Betracht, da eine entsprechende Zahlungspflicht nicht rechtskräftig festgestellt ist. Zwar ist durch das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Lingen die Eintrittspflicht dem Grunde nach rechtskräftig festgestellt. Es fehlt jedoch an einer rechtskräftigen Feststellung zur Höhe des hier von der U Krankenkasse geltend gemachten Anspruchs. Insofern konnte lediglich die Feststellung ausgesprochen werden, dass die Beklagte zur Gewährung von Deckung verpflichtet ist. Der Beklagten verbleibt dabei die Entscheidung, ob sie den Kläger durch Zahlung des geforderten Betrages an die U Krankenkasse von der Forderung freistellt oder die Forderung als ggfls. unberechtigten Anspruch abwehrt.
74Der Kläger hat seinen Klageantrag diesbezüglich zwar nicht, auch nicht hilfsweise, so formuliert. Das Gericht sieht jedoch die hier titulierte Feststellung der Gewährung von Deckung als in dem Hilfsantrag enthaltenes Minus an.
755.
76Ähnliches gilt für den Klageantrag zu 4.. Auch hier war es erforderlich, den Anspruch auf die Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung von Deckung zu begrenzen, weil konkrete weitere Schadensersatzansprüche noch nicht der Höhe nach rechtskräftig festgestellt sind.
776.
78Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
79Dies gilt zum einen im Hinblick auf das aus vorstehenden Ausführungen folgende Teilunterliegen des Klägers.
80Zum anderen war die Klage auch wegen des Klageantrages zu 7., einschließlich des diesbezüglichen Hilfsantrages, abzuweisen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß § 280 Abs. 2 in Verbindung mit § 286 Abs. 2 BGB. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte sich bereits in Verzug befand, als der Kläger seine Prozessbevollmächtigten mandatierte. So hat die L erst nach Schriftverkehr mit den Prozessbevollmächtigten des Klägers die Leistung für die Beklagte abgelehnt. Dass die U3 für die Beklagte bereits zuvor eine ernsthafte und endgültige Ablehnung ausgesprochen hat, ist nicht ersichtlich. Solches folgt auch nicht aus den Bekundungen des Zeugen T.
81Nach alledem war zu erkennen wie geschehen.
82Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92, 101 Abs. 1, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO.
83Bei der Bildung der Quote wegen des Teilunterliegens des Klägers hat das Gericht sich von folgenden Überlegungen leiten lassen:
84Den Klageanträgen zu 1. (bezüglich des Betrages in Höhe von 506,93 € nebst Zinsen), dem Klageantrag zu 3. und 4. konnte nicht in vollem Umfang oder lediglich hinsichtlich des Hilfsantrages entsprochen werden. Das Gericht hat das Teilunterliegen insoweit mit jeweils 20 % (von 506,93 € und 2.296,07 € und 5.000,00 €, letzteres für den Klageantrag zu 4.) bemessen. Dies führt insgesamt zu einem Teilunterliegen des Klägers in Höhe von 13 % (1.560,60 € zu 12.159,40 € Gesamtstreitwert).
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