Beschluss vom Landgericht Dortmund - 64 StVK 37/12
Tenor
Der Antrag des Verurteilten gerichtet auf Gestattung des Erwerbs von
Entlassungskleidung bei den Versandhandelsunternehmen „U
wird auf Kosten des Verurteilten zurückgewiesen.
1
G r ü n d e :
2 3I.
4Mit Antrag vom 13.4.2012 hat der Verurteilte Antrag auf gerichtliche
5Entscheidung gem. § 109 StVG hinsichtlich der Entscheidung der Justizvollzugsanstalt E gestellt, ihm eine Bestellung von Bekleidung / Entlassungsbekleidung " bei einem eingetragenen Versandhandel" zu gestatten.
6Eine nähere Bezeichnung der Kleidung bzw. des Versandhandelsunternehmens enthielt der Antrag selbst nicht. Lediglich im Ursprungsantrag vom 11.4.2012 hatte der Verurteilte deutlich gemacht "Bekleidung wie Hose, T-Shirt, Sweatshirt vom "U-Versand" bestellen zu wollen. Die Kammer hat angesichts des im Antrag nach § 109 nicht näher dargelegten Inhalts der Bestellung und der Gründe der erfolgten Versagung das Gesuch des Verurteilten der JVA E zur ergänzenden Stellungnahme unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Hamm vom 5.12.1969 NJW 1970 – 291 zwecks Darlegung von die Versagungsentscheidung begründenden Erwägungen überlassen.
7Mit Schreiben vom 2.5.2012 hat alsdann die Leiterin der Justizvollzugsanstalt
8E unter Hinweis darauf näher begründet, dass das Versandhandelsunternehmen "U" eine "rechtsextremen Kreisen sehr beliebte Modemarke" sei, die als "Erkennungs- und Identifikationsmerkmal" dieser Szene anzusehen sei.
9Dem Verurteilten ist die Stellungnahme der Leiterin der Justizvollzugsanstalt am 15. Mai zur Stellungnahme binnen 2 Wochen zugestellt worden.
10Eine Ergänzende Stellungnahme ist weder binnen der dem Verurteilten gesetzten Frist noch bislang überhaupt eingegangen.
11II.
12Der Antrag des Verurteilten ist zulässig aber in der Sache unbegründet.
13Die Strafvollstreckungskammer ist nach § 109 StVG zur Bescheidung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 StVG zuständig, da der Verurteilte in der JVA E einsitzt.
14Der Antrag des Verurteilten ist jedoch in der Sache unbegründet.
15Die Kammer verkennt dabei nicht, dass einem Strafgefangenen grundsätzlich zu gestatten ist, die erforderliche Entlassungsbekleidung bei einem von ihm selbst gewählten Geschäft zu erwerben. Dabei darf die Vollzugsbehörde den Strafgefangenen nicht auf einen Kauf bei einem ortsansässigen Geschäft verweisen (vergleiche OLG Hamm Beschluss vom 15.12.1969 – 1 VAs 272/69).
16Die Entscheidung ist vorliegend von § 22 II 1 StVollzG gedeckt. Hinsichtlich der Überprüfungskompetenz der Kammer ist dabei zu berücksichtigen, dass die verwandten Begriffe "Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung" unbestimmte Rechtsbegriffe ohne Beurteilungsspielraum darstellen. die der vollen gerichtlichen Darstellung unterliegen, während bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen die Frage des Einschreitens bzw. eines Verbots eine Ermessensentscheidung der Vollzugsbehörde darstellen, bei der die Prüfungskompetenz des Gerichts lediglich dahin geht zu prüfen, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem Ermessen nicht im vom Zweck der Norm entsprechender Weise Gebrauch gemacht hat.
17Vorliegend hat die Leiterin der Justizvollzugsanstalt E bei ihrer Versagung der Gestattung von Bezug von Bekleidung bei dem Versandhandelsunternehmen U unter zutreffender Subsumtion der rechtlichen Voraussetzung eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Justizvollzugsanstalt bei Gestattung des beantragten Bekleidungsbezugs bejaht . Auch ist die Entscheidung der Versagung des Bezuges von Bekleidung des angegebenen Versandhandelsunternehmens bzw. des Labels "U" ermessensfehlerfrei.
18Der begehrte Bezug von Waren des Labels "U" ist geeignet die Öffentliche Sicherheit und Ordnung der Anstalt i.S. d. § 22II 1 zu gefährden
19Die Kammer verkennt dabei nicht, dass gem. § 22 Abs. I StVollzG der Gefangene von seinem Hausgeld (gem. § 47) bzw. seinem Taschengeld aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot, Nahrungs, Genuss- und Mittel der Körperpflege kaufen kann. Erst recht gilt dies für die Möglichkeit Kleidung zu erwerben, die anläßlich der Entlassung getragen werden soll. Gleichwohl gefährdet der beabsichtigte Bezug die Sicherheit der Anstalt. Dies gilt auch in Ansehung der Entscheidung des OLG Hamm vom 5.12.1969 1 VAs 272/69( NJW 1970,291), wonach insbesondere der Erwerb von Entlassungsbekleidung grundsätzlich bei einem vom Verurteilten selbst gewählten Anbieter erfolgen kann. Weder darauf noch auf die in der Rechtsprechung ergangenen Entscheidungen hinsichtlich der Bestellung bei Versandhandelsunternehmen bzw. der Ablehnung solcher Bestellungen vermag der Verurteilte einen Anspruch auf Stattgabe seines Antrags nicht zu stützen.
20Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Regelung des § 22 StrVollzG in Absatz 1 den Grundsatz aufstellt, dass dem Gefangenen aus eigenen Mitteln (Hausgeld oder Taschengeld) erlaubt ist aus dem von der Anstalt vermittelten Angebot Nahrungs- und Genussmittel zu kaufen und dies nur Maßgabe des Absatzes 2 nur in Fällen zu verwehren ist, in denen aufgrund der Gegenstände die Sicherheit und Ordnung der Anstalt gefährdet ist. Gleiches sieht §70 II StVollzG für den Bezug von Gegenständen der Freizeitbeschäftigung vor. Beide Regelungen beziehen sich unmittelbar auf den Erwerb solcher Gegenstände bezieht, welche der Verurteilte während seiner Inhaftierung in der Haft bzw. in seinem Haftraum verwendet.
21Hier hingegen begehrt der Verurteilte den Bezug von Bekleidungsgegenständen, die der Verurteilte gerade nicht während seiner Haftzeit nutzen d. h. tragen will sondern die er anlässlich der Entlassung zu tragen beabsichtigt. Gleichwohl ist dem Verurteilten vorliegend angesichts der Bestellung bei dem von ihm gewählten Versandhandelsunternehmen "U" diese gestützt auf § 22 Abs. 2 StVG nicht rechtsfehlerhaft versagt worden.
22Der Bezug von Waren dieses Versandhandelsunternehmens bzw. von Waren dieses Labels "U" bei einem Versandhandelsunternehmen ist geeignet die Sicherheit und Ordnung der Haftanstalt zu gefährden.
23Dabei kann letztlich dahinstehen, ob nicht schon – wozu die Kammer neigt- jedweder Bezug von Bekleidung bei dem der das Label / der Herstellername "U" sichtbar aufgedruckt ist , aus den nachstehend ausgeführten Umständen per se geeignet ist die Anstaltssicherheit bzw. Ordnung zu gefährden.
24Jedenfalls ist dies bei dem hier gestellten Antrag zu bejahen.
25Insoweit sind hier die Umstände des gestellten Antrags mit zu berücksichtigen. Der Verurteilte hat in seinem Antrag selbst ursprünglich lediglich formuliert, dass er "Bestellung von Hose T-Shirt, Sweatshirt vom "U Versand" beantragt. Diese Bestellung ist von ihm in keiner weiteren Weise näher spezifiziert worden. So hat der Verurteilte nicht etwa die Gegenstände näher bezeichnet oder beschrieben, sodass eine nähere Überprüfung der Gestaltung der bestellten bzw. zu bestellenden Waren auf den Inhalt der Aufdrucke auf der Kleidung ( Texte oder Symbole) weder der Leiterin der JVA E noch der Kammer möglich war. Dies hat der Verurteilte auch nicht getan, nachdem ihm von der Vollstreckungskammer die Stellungnahme der Leiterin der Justizvollzugsanstalt E vom 2.5.2012 übersandt worden ist, mit der auf die Besonderheiten des Versandhandelsunternehmens "U" hingewiesen worden war, insbesondere auf die optische Gestaltung der diesbezüglich vom Unternehmen vertriebenen Bekleidung.
26Die ihm insoweit ausdrücklich von der Kammer gesetzte Frist zur Stellungnahme hat der Verurteilte schlicht verstreichen lassen.
27Insoweit ist es rechtlich zutreffend, dass die Vollzugsbehörde bei Ihrer Entscheidung hinsichtlich der Zulassung der Bestellung den Besonderheiten dieses "Labels" in der Einschätzung der Öffentlichkeit Bedeutung zumisst und ob dieser Bewertung bejaht, dass die Zulassung des Bezugs von Ware mit diesem Label die Anstaltssicherheit und Ordnung zu gefährden geeignet ist. Denn es ist gerichtsbekannt, dass es sich bei diesem Versandhandelsunternehmen bzw. der von ihm vertriebenen Bekleidung um ein Label handelt, dass nicht nur einen Kundenkreis hat, der sich im Wesentlichen der rechten Szene zuordnet und bei dem die Kunden ihrerseits diese Label , diese "Marke" gerade im Wissen um diese Zuordnung in den einschlägigen Kreise wie auch der Öffentlichkeit tragen.
28Im Rahmen der von ihr getroffenen Entscheidung hat die Vollzugsbehörde daher tatsächlich zutreffend darauf hingewiesen und darauf abgestellt, dass es sich bei dem Label "U" nicht nur um eine Marke handelt, deren Tragen gemeinhin von ihren Trägern als Erkennungsmerkmal und identifikationsstiftendes Mittel der Zugehörigkeit zur rechten Szene betrachtet wird, sondern darüber hinaus auch in der Öffentlichkeit insbesondere unter Jugendlichen, als solches verstanden wird.
29Entsprechend lehnen – auch dies ist gerichtsbekannt - sonstige Jugendliche weitgehend gerade allein vor diesem Hintergrund das Tragen und den Kauf von Bekleidungsstücken der Marke "U" bewusst ab um nicht in den Verdacht zu geraten, der diesbezüglichen Szene anzugehören.
30Zu berücksichtigen ist zudem, dass das Versandhandelsunternehmen "U" auch – anders als etwa der Hersteller des Labels "M", dessen Kleidung zeitweise in vergleichbarer Weise von Mitgliedern der rechten Szene verwandt wurde- nichts getan hat oder tut was auf eine eindeutige Distanzierung von ihrer "rechtsextremen Kundschaft" hindeutet.
31Insoweit nimmt es nicht Wunder, dass – worauf die Vollzugsbehörde im Rahmen ihrer Entscheidung hingewiesen hat- im Verfassungsschutzgericht des Landes Brandenburg aus 2007 darauf hingewiesen wird, dass von der rechtsextremen Szene das Label "U" in ihren Schmierereien und Schriftzügen vielfach neben anderen auf sie hinweisenden Parolen verwandt wird.
32Die Bestellung solcher Waren gefährdet die Sicherheit und Ordnung der Anstalt, selbst dann wenn berücksichtigt wird, dass der Verurteilte diese Kleidung nur aus Anlass der Entlassung in der Anstalt trägt. Denn gerade angesichts des nicht geringen Anteils nicht einheimischer Gefangener oder solcher mit Migrationshintergrund in hiesigen Haftanstalten ist das Tragen solcher Kleidung bewusste Provokation und zielt darauf auch ab. Insoweit steht zu erwarten, dass dies bei anderen Gefangenen auch Reaktionen auslösen wird, die die Aufrechterhaltung des Anstaltsfriedens und der Ordnung der Anstalt gefährden. Diese Gefährdung besteht nicht nur während der Zeit, während diese Kleidung vom Gefangenen in der Zeit nach seiner "Auskleidung" bis zur Entlassung tatsächlich in der Anstalt sichtbar getragen wird sondern auch von dem Umstand, dass anhand entsprechenden Versandkataloge Mitgefangenen gegenüber diese Identifikation des Angeklagten kundgemacht wird.
33Vor diesem Hintergrund ist gegen die Versagung des pauschal gestellten Antrags des Verurteilten, Waren der Marke "U" beziehen zu wollen, rechtlich nichts zu erinnern. Gründe für eine unterbliebene Ermessensentscheidung oder eine von sachfremden Erwägungen getragene Entscheidung sind nicht ersichtlich.
34In wieweit eine andere Entscheidung gegebenenfalls zutreffen wäre, wenn nach Vorlage von Einzelheiten der zu bestellenden Ware, insbesondere durch Beschreibung bzw. Fotos der konkret gewünschten Bekleidungsstücke jedweder diesbezüglicher Rückschluss ausscheidet, bedarf – wie eingangs schon angesprochen- vorliegend keiner Entscheidung. Der Verurteilte hat im Rahmen des ihm gewährten rechtlichen Gehörs eine entsprechende Konkretisierung oder gar Darlegung der Gegenstände gerade nicht vorgenommen.
35Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 121 StVG.
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