Urteil vom Landgericht Dortmund - 2 S 18/12
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.03.2012 verkündete Urteil des Amtsgerichts Dortmund abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von 2.530,40 € der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
2I.
3Der Kläger hat nach Diebstahl seines bei der Beklagten kaskoversicherten Fahrzeugs 2006 als Ersatz einen VW Touran angeschafft zum Preis von 20.568,97 €. Das bedingungsgemäße Sachverständigenverfahren endete mit der Feststellung eines Wiederbeschaffungswertes für das entwendete Fahrzeug von 15.840,00 € netto. Diesen Betrag zahlte die Beklagte abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung als Versicherungsleistung an den Kläger.
4Die Parteien streiten nun darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch die 16 %ige Mehrwertsteuer auf den Wiederbeschaffungswert zu zahlen.
5Der Kläger meint, die Mehrwertsteuer verlangen zu können, da er das Ersatzfahrzeug sowohl geschäftlich als auch privat nutze und deshalb fünf Jahre lang 1 % des Bruttolistenpreises des Ersatzfahrzeugs zuzüglich Mehrwertsteuer (19 %) zahlen müsse. Die Beklagte meint, der Kläger könne die Mehrwertsteuer nicht verlangen, da er bei der Ersatzbeschaffung vorsteuerabzugsberechtigt gewesen sei und ihm deshalb in Höhe der Mehrwertsteuer kein Schaden entstanden sei.
6Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben mit der Begründung, dem Kläger sei in Höhe der Mehrwertsteuer ein Schaden entstanden, da er diese beim Ankauf des Ersatzfahrzeugs entrichtet habe. Wegen der gemischten unternehmerisch/privaten Nutzung habe er ein Wahlrecht, welchem Vermögensbereich er das Fahrzeug zuordnen wolle. Unstreitig habe er den Vorsteuerabzug bei der Ersatzbeschaffung nicht geltend gemacht. Dies sei ein Indiz für die Zuordnung eines Fahrzeugs zum Privatvermögen, so dass der Kläger die Mehrwertsteuer ersetzt verlangen könne.
7Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt mit der sie rügt, dass das Amtsgericht davon ausgegangen sei, dass der Kläger keinen Vorsteuerabzug bei der Ersatzbeschaffung geltend gemacht habe. Gegenteiliges ergebe sich bereits aus dem Vortrag des Klägers selbst, dass die 1 %-Regelung auf die Nutzung des Ersatzfahrzeugs Anwendung finde. In der Berufungsinstanz hat der Kläger auf gerichtliche Nachfrage eingeräumt, dass er die Mehrwertsteuer aus dem Ankauf des Ersatzfahrzeugs vom Finanzamt erstattet bekommen hat. Die für die Nutzung des Fahrzeugs in den Jahren 2006 bis 2011 gezahlte Mehrwertsteuer beziffert er mit 1.929,83 €.
8II.
9Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
101.
11Der Kläger kann von der Beklagten die Mehrwertsteuer für die Ersatzbeschaffung des VW Touran nicht erstattet veranlagen, weil er die Mehrwertsteuer, die er an den Verkäufer des Fahrzeugs entrichtet hat, im Wege des Vorsteuerabzugs vom Finanzamt bereits erstattet bekommen hat, so dass ihm kein Schaden in dieser Höhe entstanden ist. § 13 (1 a) der vereinbarten AKB bestimmt dazu, dass die Mehrwertsteuer bei jeglicher Ersatzleistung nur insoweit ersetzt wird, wenn und soweit sie vom Versicherungsnehmer tatsächlich bezahlt werden musste. Da dem Kläger - wie spätestens in der Berufungsinstanz unstreitig geworden ist - die Mehrwertsteuer bereits vom Finanzamt erstattet worden ist, musste er sie im Endeffekt nicht bezahlen, so dass die Mehrwertsteuer nicht nochmals von der Beklagten zu zahlen ist (vgl. BGH r+s 1991, 223; OLG Hamm r+s 2012, 382. Nichts anderes folgt aus der vom Kläger bemühten Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 28.01.2009, r + s 2009, 185. In jener Entscheidung hat der Senat ausgeführt, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer nach der Interessenlage der Beteiligten und dem Sinnzusammenhang der Regelung des § 13 AKB nicht erkennt, dass eine Differenzierung bei der Berechnung der Versicherungsleistung danach angezeigt wäre, ob bei einer konkreten Ersatzbeschaffung Umsatzsteuer anfällt oder nicht. Der Senat hat diesen Satz aber mit der Einschränkung versehen, dass dies beim nicht vorsteuerabzugsberechtigten Anspruchsinhaber gilt, was vom Kläger nicht beachtet worden ist, so dass sich der Kläger wegen eigener auch in Anspruch genommener Vorsteuerabzugsberechtigung auf die Entscheidung des OLG Saarbrücken nicht berufen kann. Aus der Tatsache, dass im A. 2. 9 AKB 2008 nunmehr eine ausdrückliche Regelung dahingehend enthalten ist, dass die Mehrwertsteuer nicht erstattet wird, soweit Vorsteuerabzugsberechtigung besteht, darf nicht gefolgert werden, dass die Mehrwertsteuer unter Geltung älterer Bedingungen trotz Vorsteuerabzugs vom Versicherer zu erstatten ist. Denn A. 2. 9 Satz 2 AKB 2008 enthält lediglich eine Klarstellung der schon vorher bestehenden Rechtslage, dass in Höhe der Umsatzsteuer kein Schaden beim Versicherungsnehmer verbleibt, wenn dieser Vorsteuerabzugsberechtigt ist und deshalb der Ersatz von Mehrwertsteuer bei bestehender Vorsteuerabzugsberechtigung immer entfällt (Stadler in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl., AKB 2008 A. 2. 9 Rn. 9; Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., AKB 2008 A. 2. 13 Rn. 25).
122.
13Eine andere Beurteilung der Rechtslage folgt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht daraus, dass dieser in den Jahren 2006 bis 2009 die private Nutzung des Ersatzfahrzeugs nach der sogenannten 1 %-Regelung versteuern musste. Der Kläger hat dazu vorgetragen und durch Bescheinigung seines Steuerberaters belegt, dass die private Nutzung des Ersatzfahrzeugs steuerpflichtig gewesen ist und dass auf diese Kfz-Nutzung die Umsatzsteuer zu zahlen war, die der Steuerberater mit insgesamt 1.929,83 € ausgewiesen hat. Es kann dahinstehen, ob für die Privatnutzung tatsächlich vom Kläger Umsatzsteuer entrichtet worden ist, was die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung bestritten hat. Selbst wenn sein auf die Bescheinigung des Steuerberaters gestützter Vortrag zutreffend wäre, wäre daraus nicht zu folgern, dass die Beklagte nunmehr verpflichtet wäre, die Mehrwertsteuer auf die Ersatzbeschaffung jedenfalls teilweise zu erstatten. Denn gemäß § 13 (1 a) der vereinbarten AKB will der Versicherer die Mehrwertsteuer bei jeglicher „Ersatzleistung“ ersetzen, soweit diese tatsächlich bezahlt werden musste. In den Jahren 2006 bis 2009 hat der Kläger jedoch nicht die Mehrwertsteuer für die Ersatzbeschaffung wieder an das Finanzamt entrichtet, sondern nach seinem eigenen Vortrag für die Nutzung des Fahrzeugs Steuern bezahlen müssen, wobei Mehrwertsteuer angefallen sein soll. Für eine solche Umsatzsteuer für eine Fahrzeugnutzung will der Versicherer jedoch ohnehin nicht einstehen, da er bedingungsgemäß nur für den durch die Ersatzleistung entstandenen Schaden aufkommen will.
14Auf die Berufung der Beklagten war somit das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.
15Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
16Die Zulassung der Revision war mangels Zulassungsgrundes nicht veranlasst.
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