Beschluss vom Landgericht Dortmund - 2 O 205/11
Tenor
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf bis zu 6.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Krankheitskostenversicherung, die zunächst nach den Tarifen SB 153, SV/H, Z5 und PVN bestand. Nachdem der Kläger
4mit mehr als 3 Monatsbeiträgen für Dezember 2008, Januar 2009, Februar 2009 und teilweise November 2008 in Rückstand geriet, mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 21.02.2009 die Rückstände an und bot gleichzeitig die Möglichkeit des Wechsels in einen preiswerteren Tarif an. Da der Kläger den Rückstand nicht ausglich, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 28.03.2009 an, dass Ruhen der Leistungen gem. § 193 VI VVG festzustellen. Diese Feststellung erfolgt mit Schreiben vom 14.04.2009, weil der Kläger zwar Teilbeträge gezahlt hatte, der Rückstand aber weiter mehr als 2 Monatsbeiträge betrug. Unter dem 02.07.2010 beantragte der Kläger den Wechsel in den Basistarif, der gem. Versicherungsschein vom 15.07.2010 ab dem 01.08.2010 vollzogen wurde. Die Prämien in Höhe von 577,86 € monatlich für den Basistarif zahlte der Kläger in der Folgezeit. Als er Behandlungskosten und Rezepte zur Kostenerstattung einreichte, verweigerte die Beklagte die Regulierung wegen des festgestellten Ruhens der Leistungen und einem immer noch bestehenden Prämienrückstand aus der Zeit vor Wechsel in den Basistarif, der sich zwischenzeitlich auf über 13.000,00 € summiert hatte.
5Da der Kläger in der Zeit vom 06.07.2010 bis 30.06.2011 Leistungen nach SGB XII (Eingliederungshilfen zum selbständigen Wohnen) erhielt, setzte die Beklagte für diesen Zeitraum das Ruhen der Leistungen aus und nahm tarifgemäße Kostenerstattung auf die in diese Zeit fallenden eingereichten Kostenbelege vor.
6Die Parteien haben sodann darüber gestritten, ob der Kläger ab 01.07.2011 uneingeschränkte Leistungen aus dem Basistarif beanspruchen kann oder die Beklagte wegen des bestehenden Prämienrückstandes nur für Aufwendungen aus Anlass von Akutbehandlungen haften muss.
7Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ein neuer Versicherungsvertrag abgeschlossen worden sei und die Beklagte nicht wegen der Rückstände aus der alten Krankenversicherung die Leistungen aus dem Basistarif beschränken könne. Dies laufe Sinn und Zwecke der Pflichtversicherung zuwider.
8Die Beklagte hat demgegenüber argumentiert, es sei kein neuer Versicherungsvertrag geschlossen worden, sondern es habe ein Tarifwechsel stattgefunden. Das Ruhen der Leistungen ende erst, wenn sämtliche Rückstände aus der Krankenversicherung beglichen seien.
9In der mündlichen Verhandlung vom 09. Februar 2012 hat der Kläger einen weiteren Leistungsbescheid des Landschaftsverbandes S vom 13.01.2012 vorgelegt, wonach dem Kläger für Zeit vom 09.01.2011 bis 31.08.2012 Leistungen nach dem SGB XII gewährt werden. Daraufhin hat die Beklagte erklärt, dass das Ruhen der Versicherung für diesen Zeitraum endet. Nachfolgend haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und beantragt, der jeweils anderen Seite die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
10II.
11Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über dessen Kosten gem. § 91 ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien waren die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger aufzuerlegen, weil die Klage unbegründet gewesen ist. Denn dem Kläger steht kein ungeschmälerter Krankenversicherungsschutz im Basistarif zu, solange er nicht die Rückstände aus der Zeit vor dem Wechsel in den Basistarif beglichen hat.
12Allerdings wird die Auffassung vertreten, dass das Ruhen des Versicherungsschutzes endet, wenn die Prämien im Basistarif gezahlt werden (Voit in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. § 193 Rn-Nr. 44). Das Gericht hat erwogen, sich dieser Auffassung anschließen, weil sie der Intention des Gesetzgebers Rechnung trägt, jedem Bürger mit dem Basistarif einen preiswerten Krankenversicherungsschutz zur Verfügung zu stellen. Auf der anderen Seite würde der Krankenversicherer, wenn er trotz des Prämienrückstandes aus der Zeit vor Geltung des Basistarifes den vollen Versicherungsschutz des Basistarifes gewähren müsste, nicht über Gebühr benachteiligt. Denn er hätte die Möglichkeit, gegen die Leistungsansprüche aus dem Basistarif mit den rückständigen Prämienforderungen aufzurechnen. Das Aufrechnungsverbot des § 12 MB/KK richtet sich nur an den Versicherungsnehmer, nicht aber an den Versicherer (OLG Frankfurt vom 03.08.2005 – 7 U 84/04 -; Rogler in Rüffer/Halbach/Schimikowski, HK-VVG, 2. Aufl. § 12 MB/KK Rd.-Nr. 1). Auch § 394 BGB würde eine Aufrechnung nicht entgegenstehen, da gemäß § 394 S. 2 BGB geschuldete Beiträge gegenüber Leistungen aus der Krankenversicherung aufgerechnet werden können. Der Auffassung von Voit steht allerdings § 193 Abs. 6 S. 5 VVG entgegen, wonach das Ruhen erst endet, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind. Da mit dem gesetzlich angeordneten Wechsel in den Basistarif keinen neuer Versicherungsvertrag zustande kommt (BVerwG VersR 2007, 1253) und die Parteien mit der Vereinbarung des Basistarifs den Wechsel nur deklaratorisch nachvollzogen haben, endet nach dem eindeutigen Wortlaut von § 193 Abs. 6 S. 5 VVG das Ruhen des Versicherungsschutzes erst, nachdem der Kläger auch die Prämien für den Krankenversicherungsschutz aus der Zeit vor Wechsel in den Basistarif gezahlt hat (OLG Köln zfs 2012, 37; Rogler/Marko in Rüffer/Halbach/Schimikowski, a. a.O., § 193 Rd-Nr. 77)
13Da unstreitig noch ein Prämienrückstand von rund 13.000,00 € besteht, braucht die Beklagte aus dem Basistarif keinen ungeschmälerten Versicherungsschutz zu
14leisten, sondern ist weiterhin nur zur Kostenerstattung für Notfallleistungen verpflichtet, worüber die Parteien allerdings nicht streiten.
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