Urteil vom Landgericht Dortmund - 21 O 219/11
Tenor
Das Versäumnisurteil vom 17.2.2012 bleibt aufrecht erhalten mit der Maßgabe, dass der Beklagte zu 2) neben dem Beklagten zu 1) als Gesamtschuldner haftet.
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, als Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 2) an die Klägerin 10.500,00 € (i. W.: zehntausendfünfhundert Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 9.8.2011 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte und Ansprüche, die der Klägerin aus der Beteiligung an der B, nominal: 10.000,00 €, zustehen.
Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte zu 1) mit der Annahme der Erklärung betreffend die Abtretung gemäß sämtlicher Rechte und Ansprüche, die der Klägerin aus der Beteiligung an der B, nominal: 10.000,00 €, zustehen, in Annahmeverzug befindet
Die Klage gegen den Beklagten zu 3) wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin diese zu 1/3 und die Beklagten zu 1) und 2) zu 2/3, mit Ausnahme der Kosten der Säumnis, diese trägt der Beklagte zu 2) allein.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3) trägt die Klägerin.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2) tragen diese jeweils selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Streithelfer zu 1) und 2) trägt die Klägerin je zur Hälfte, im Übrigen tragen sie die Streithelfer jeweils selbst.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar, die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 17.2.2012 darf nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages fortgesetzt werden.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um die Rückabwicklung einer Kapitalanlage in Form einer Treuhandbeteiligung an der B (im Folgenden: B) mit Sitz in H.
3Die Klägerin beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 08.09.2008 mit einem Betrag in Höhe von 10.000,00 € zuzüglich eines Agios in Höhe von 500,00 € als treuhänderische Kommanditistin an der B. Die Fondslaufzeit war konzipiert bis zum 31.12.2011.
4Bei der B handelte es sich um einen sog. vermögensverwaltenden Fonds. Dieser sollte das eingesammelte Kapital in Genussrechte an einer in Dubai ansässigen Gesellschaft, der B2 (im Folgenden: B2), investieren. Die B2 sollte ihrerseits durch Immobiliengeschäfte in Dubai Gewinne erwirtschaften, die zu einer Wertsteigerung der Genussrechte führen sollten.
5Die Anleger wurden jeweils mit Hilfe eines Prospektes geworben, in dem das Fondskonzept beschrieben wurde.
6Als Partner der B ist die B3 (im Folgenden: B3) genannt, die nach dem Prospekt die Auswahl der Investitionsobjekte sowie den An- und Verkauf vornehmen sollte.
7Der Beklagte zu 2) ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der B2 und der B3. Gleichzeitig war die B3 zu 95 % Mitgesellschafterin der B2.
8Gründungsgesellschafter der B waren die B4 (im Folgenden: B4) als persönlich haftende Gesellschafterin sowie die E (im Folgenden: E) und die B5 (im Folgenden: B5) als Kommanditisten. Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter sowohl der B4 als auch der B5 war der Beklagte zu 1), Geschäftsführer der E war der Beklagte zu 3).
9Der Beklagte zu 2) ist der Sohn des Beklagten zu 1).
10Als „Schlüsselperson“ wird im Prospekt der Beklagte zu 2) beschrieben. Dazu heißt es im Prospekt: „ Einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg der Vorgängerfondsgesellschaften der B Unternehmensgruppe hat dabei Herr M geleistet. Die Prognosen basieren auf der Marktkenntnis und dem Marktzugang von Herrn M…“.
11Der Beklagte zu 2) hatte unstreitig auch die alleinige Verfügungsbefugnis über das Clearingkonto, auf das sämtliche Gelder aus den Fonds II bis VII gezahlt wurden und von dem die Ausgaben für alle Fonds getätigt wurden.
12Die E hielt als Treuhandkommanditistin die Anteile der Anleger, indem sie von den einzelnen Anlegern – so auch von der Klägerin - beauftragt wurde, den Beitritt zur B zu bewirken und die Kapitalanlage treuhänderisch zu verwalten und zwar entsprechend dem Treuhandvertrag zwischen der E und der B.
13Die Vollständigkeitserklärung des Prospekts per 25.06.2008 unterschrieb der Beklagte zu 1) als Geschäftsführer der B4.
14Der Prospekt ist erstmals am 4.7.2008 in der G Zeitung veröffentlicht worden.
15Er wurde von der Anwaltspartnerschaftsgesellschaft, C erarbeitet. Die Prospektbegutachtung erfolgte durch die S.
16Diesen Beteiligten haben die Beklagten zu 1) und 3) den Streit verkündet, sie sind dem Rechtsstreit beigetreten.
17Wegen des Inhaltes des Prospektes und des Treuhandvertrages wird auf die Anlagen im Verfahren 21 O 221 / 11 verwiesen, die der Kammer und den Prozessbevollmächtigten bekannt sind.
18Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung (§§ 280, 311 BGB), aus Prospekthaftung (§ 13 VerkProspG i.V.m. § 44 BörsG) und aus Delikt (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m §§ 263, 264a, 266 StGB; § 826 BGB).
19Gegen die Beklagten wurde in diesem Zusammenhang von der Staatsanwaltschaft Bielefeld zu den Aktenzeichen 6 Js 39/10 und 6 Js 36/11 wegen des Verdachts des Kapitalanlagebetruges, des Betruges und der Untreue ermittelt. Wegen eines Teils der Vorwürfe, die allerdings nicht den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits betreffen, wurde bereits Anklage bei dem Landgericht Bielefeld – Wirtschaftsstrafkammer (9 KLs 9/11) – erhoben. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Zwischenzeitlich wurde gegen die Beklagten weitere Anklage erhoben wegen des Verdachts zweckwidriger Verwendung von Anlegergeldern (9 KLs 13/12 LG Bielefeld).
20Die Klägerin ist der Ansicht, der Prospekt sei fehlerhaft.
21Entgegen der Ankündigung im Prospekt habe nicht die B2 sondern die B3 den Immobilienhandel betrieben. Die B2 habe den Handel mangels Lizenz auch gar nicht betreiben können. Insoweit sei der Prospekt falsch, da die tatsächliche rechtliche Konstruktion von der im Prospekt geschilderten erheblich abweiche.
22Es habe auch kein Gewinn durch den Verkauf der Genussrechte erzielt werden können, da sämtlich Genussrechte bereits 2008 an die B3 zu einem Fixpreis veräußert worden seien. Wegen des Verkaufs verweist sie auf den Vertrag vom 18.12.2008 (Anlage Ks 26). Sie behauptet, dieser Verkauf der Genussrechte sei schon vorab im Juni 2008 vertraglich fixiert und vorbereitet gewesen. Sie meint, auch insoweit sei der Prospekt falsch.
23Auch in weiteren Punkten sei der Prospekt fehlerhaft. Wegen der dargestellten Fehler im Einzelnen wird auf den Inhalt der Klageschrift verwiesen.
24Sie ist der Ansicht, der Beklagte zu 1) hafte als Herausgeber des Prospektes. Er habe auch die Vollständigkeitserklärung des Prospektes unterzeichnet. Der Beklagte zu 2) hafte als verantwortlicher Hintermann. Denn er habe die alleinige tatsächliche Herrschaft über alle deutschen und dubaianischen B-Gesellschaften gehabt. Der Beklagte zu 3) hafte als Geschäftsführer der Treuhandkommanditistin, da ihm die Mittelverwendungskontrolle oblegen habe, eine solche habe es jedoch nicht gegeben.
25Dazu behauptet sie:
26Der Beklagte zu 3) habe auf schlichten Zuruf des Beklagten zu 1) die eingesammelten Anlegergelder auf ein und dasselbe Privatkonto des Beklagten zu 2) in Dubai überwiesen. Damit seien die Gelder sämtlicher Fonds auf ein Konto des Beklagten zu 2) geflossen, vermischt und nicht ausschließlich zu dem im Prospekt beabsichtigten Zweck verwendet worden. Es sei keine getrennte Buchführung erfolgt, das Geld sei insbesondere nicht an die B2 zum Erwerb der Genussrechte weiter gegeben worden.
27Das Geld sei vielmehr zweckwidrig verwandt worden. Sie meint, eine Mittelverwendungskontrolle habe es damit nicht gegeben, vielmehr habe der Beklagte zu 3) die Gelder direkt dem Beklagten zu 2) zukommen lassen.
28Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 28.06.2011, eingegangen bei Gericht am 30.06.2011 Klage erhoben mit dem Antrag,
291. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 10.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte und Ansprüche, die der Klägerin aus der Beteiligung an B, nominal: € 10.000,00, zustehen,
302. festzustellen, dass sich die Beklagten mit Annahme der Abtretungserklärung gemäß Ziffer 1. in Annahmeverzug befinden.
31Durch Beschluss vom 16.12.2011 wurde die öffentliche Zustellung der Klage an den Beklagten zu 2) bewilligt, die öffentlicher Zustellung war am 30.01.2012 bewirkt, nachdem die entsprechende Bekanntmachung am 27.12.2011 an der Gerichtstafel ausgehängt worden war.
32Durch Teil-Versäumnisurteil vom 17.02.2012 wurde der Beklagte zu 2) antragsgemäß verurteilt (Bl. 241 ff. d.A.).
33Nachdem er rechtzeitig Einspruch eingelegt hatte, wurde durch Beschluss vom 18.04.2012 die Einstellung der Zwangsvollstreckung angeordnet.
34Wegen der Gründe dieses Beschlusses und der Bewilligung der öffentlichen Zustellung wird auf Bl. 231 ff. und 291 ff. d.A. verwiesen.
35Die Klägerin beantragt nunmehr,
36das Teil-Versäumnisurteil vom 17.2.2012 aufrechtzuerhalten und
371. die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 10.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte und Ansprüche, die der Klägerin aus der Beteiligung an B, nominal: € 10.000,00, zustehen,
382. festzustellen, dass sich die Beklagten zu 1) und 3) mit Annahme der Abtretungserklärung gemäß Ziffer 1. in Annahmeverzug befinden.
39Der Beklagte zu 2) beantragt,
40das Teilversäumnisurteil vom 17.02.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
41Die Beklagten zu 1) und 3) und die Streithelferinnen beantragen,
42die Klage abzuweisen.
43Eine fehlende Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund wird von den Beklagten nicht gerügt.
44Der Beklagte zu 2) rügt, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen sei. Er ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung der Klage an ihn nicht vorgelegen hätten.
45Dazu behauptet er, sein Aufenthaltsort sei nicht unbekannt gewesen. Er unterhalte seinen Hauptwohnsitz nach wie vor in K, Dubai. Eine Zustellung im Ausland sei daher möglich und auch Erfolg versprechend gewesen. Daher hätte das Gericht nicht die öffentliche Zustellung bewilligen dürfen, ohne einen Zustellversuch unternommen zu haben. Das Gericht habe zu dieser Anschrift auch keine ausreichenden Erkundigungen eingeholt. Wegen der Rüge des Beklagten zu 2) im Einzelnen wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 02.04.2012 (Bl. 259 ff d.A.) verwiesen.
46Die Beklagten bestreiten, dass der Prospekt in wesentlichen Punkten fehlerhaft sei. Sie behaupten, die Anlegergelder seien prospektgemäß verwendet worden.
47Sie meinen, der Prospekt sei schon deshalb nicht falsch, da klargestellt sei, dass nicht die B2, sondern die B3 die Immobiliengeschäfte betreibe. Dazu verweisen sie auf S. 11 des Prospektes, auf der es heiße, „An- und Verlauf wird die B3 vornehmen“, sowie auf S. 83 des Prospektes, wo klargestellt sei, dass die B3 als Stellvertreter oder Kommissionär tätig werde. Damit sei die B3 zwar im eigenen Namen, aber auf Rechnung der B2 tätig geworden. Außerdem sei auch auf S. 82 des Prospektes darauf hingewiesen worden, dass „zum Projektgeschäft auch jede Form der Gewinnbeteiligung an vergleichbaren Geschäften Dritter gehöre“.
48Im Übrigen sei in dem Verkaufsprospekt mehrfach ein deutlicher Hinweis auf das Totalverlustrisiko enthalten. Die Klägerin habe gewusst, dass sie sich an dem Fonds beteilige, ohne eine Sicherheit für ihre Einlage zu erhalten. Etwaige Prospektfehler seien daher auch nicht für die Anlageentscheidung erheblich gewesen.
49Sie behaupten, der Vertrag über die Veräußerung der Genussrechte an die B3 sei erst im Dezember 2008 und damit nach Auflegung des Prospektes im Juni 2008 erfolgt. Sie bestreiten weiter, dass diese Veräußerung bereits von Anfang an geplant gewesen sei. Sie meinen, auch insoweit sei der Prospekt daher nicht falsch. Der Vertrag sei auch so zu verstehen, dass nicht nur der Nennbetrag für die Genussrechte zu zahlen gewesen sei sondern auch die entstandenen Gewinne. Außerdem habe gleichwohl noch die Möglichkeit zu anderweitigem Verkauf bestanden.
50Der Beklagte zu 1) meint, er habe die Vollständigkeitserklärung am Ende des Prospektes nicht persönlich, sondern in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Komplementärin unterzeichnet. Nur diese sei daher die Prospektverantwortliche. Er sei auch nicht allein wegen seiner Stellung als Gesellschafter-Geschäftsführer als Prospektveranlasser anzusehen. Er habe Fachleute mit der Erstellung des Prospektes beauftragt, sich auf diese verlassen und selbst keinen Einfluss auf den Inhalt genommen.
51Der Beklagte zu 2) ist der Ansicht, er sei weder Prospektverantwortlicher im formalen Sinne noch sei er als prospektverantwortlicher Hintermann anzusehen und hafte daher nicht für etwaige Prospektfehler. Er meint, die Klägerin habe die Voraussetzungen für eine solche Haftung seinerseits auch nicht schlüssig dargetan. Wegen der Begründung des Beklagten zu 2) dazu im Einzelnen wird auf den Inhalt der Klageerwiderung vom 02.04.2012 (Bl. 259 ff d.A.) verwiesen.
52Der Beklagte zu 2) erhebt die Einrede der Verjährung.
53Er behauptet, die Klägerin habe bereits über einen längeren Zeitraum als ein Jahr vor Klageerhebung von den behaupteten anspruchsbegründenden Prospektfehlern Kenntnis gehabt. Zum Beweis für diese Behauptung bezieht sich der Beklagte zu 2) auf eine Vernehmung der Klägerin.
54Er meint, damit sei die Klage nicht rechtzeitig eingegangen, jedenfalls sei sie ihm nicht „demnächst“ zugestellt worden. Außerdem sei in diesem Zusammenhang der Vortrag der Klägerin nach dem 4.7.2011 nicht zu berücksichtigen.
55Der Beklagte zu 3) behauptet, die Gelder seien prospektgemäß in Zuordnung zu dem einzelnen Fond verwendet worden, auch wenn sämtliche Gelder aus den Fonds II bis VII auf das gemeinsame Clearingkonto gezahlt worden seien. Er meint, dies ergebe sich auch aus dem Testat des Wirtschaftsprüfers zur Verwendung der Gelder für den Fond VII.
56Dem Prospekt sei eindeutig zu entnehmen, dass der Beklagte zu 2) die entscheidende „Figur“ für die Verwirklichung des Fond- und Anlagezieles gewesen sei. Dem Anleger sei damit bewusst gewesen, dass er in ein Projekt investiere, ohne hierfür irgendeine Sicherheit zu erhalten, insbesondere dass die Treuhandgesellschaft nicht für die korrekte Verwendung der Mittel hafte.
57Nach dem Prospekt habe sich die von E übernommene Mittelverwendungskontrolle auf die Freigabe der eingezahlten Gelder zu der dem Investitionsplan entsprechenden Verwendung beschränkt und sei auch dementsprechend erfolgt. Den Anlegern sei deutlich vor Augen geführt worden, dass die Mittelverwendungskontrolle auf die Verweildauer der Gelder auf dem Treuhandkonto in Deutschland beschränkt gewesen sei.
58In dem Fondsprospekt sei auch nicht ein bestimmtes Konto angegeben worden, auf das zu zahlen gewesen wäre. Damit habe auch keine Verpflichtung bestanden, auf ein bestimmtes Konto zu zahlen. Im Übrigen sei dies auch ohne Belang gewesen, da der Beklagte zu 2) ohnehin über alle Konten verfügungsbefugt gewesen sei.
59Die Klägerin bestreitet, von den Prospektfehlern schon ein Jahr vor Klageerhebung Kenntnis gehabt zu haben. Sie behauptet, erst mit der Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten im Juni 2011 Kenntnis erlangt zu haben. Die Vollmacht der Klägerin datiert vom 23.06.2011.
60Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
61Entscheidungsgründe
62Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
63I.
64Das Landgericht Dortmund ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits sowohl sachlich als auch örtlich zuständig.
65Die Klägerin macht gegen die Beklagten zu 1) und 2) Ansprüche geltend aus § 13 VerkProspG in Verbindung mit §§ 44 ff. BörsG, weiterhin wegen deliktischer Prospekthaftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 263, 264a, 266 StGB, und aus § 826 BGB.
66Die betroffene Anbieterin und Prospektherausgeberin der streitbefangenen Anlage, die B, sitzt in H, also im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm.
67Gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 1 der Verordnung über die Konzentration der Verfahren nach dem Gesetz zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren NRW ist im Oberlandesgerichtsbezirk Hamm das Landgericht Dortmund ausschließlich zuständig für Klagen, mit denen Schadenersatzansprüche wegen falscher, irreführender oder unterlassener Kapitalmarktinformationen geltend gemacht werden. Dieser Gerichtsstand umfasst nicht nur Ansprüche aus spezialgesetzlich geregelter Prospekthaftung, sondern auch solche aus allgemeiner vertraglicher oder deliktische Haftung, sofern die Haftung des Beklagten auf falsche Angaben in einem Prospekt zurückgeführt wird (Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Auflage 2012, § 32b Rn. 5).
68Für die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund reicht aus, dass die Klägerin zunächst behauptet, die Beklagten kämen als Prospektverantwortliche in Betracht. Ob sie tatsächlich prospektverantwortlich sind, ist dann gleichzeitig eine Frage der Begründetheit und daher als doppelrelevante Tatsache erst dort abschließend zu entscheiden, sofern es auf diese Voraussetzung ankommt.
69Aus § 32b Abs. 1 ZPO folgt auch die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund im Hinblick auf den Beklagten zu 2). Denn nach dieser Vorschrift ist auf den Sitz des betroffenen Emittenten, also der Fondsgesellschaft in Deutschland, abzustellen. Die örtliche Zuständigkeit nach § 32b Abs. 1 ZPO indiziert die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte (vgl. BGH, Urteil v. 21.11.1996, IX ZR 148/95, juris Rn. 6).
70Der Beklagte zu 3) hat die Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund nicht gerügt.
71II.
72Die Klägerin kann von den Beklagten zu 1) und 2) gem. § 13 VerkProspG in Verbindung mit §§ 44 ff. BörsG a.F. Rückzahlung ihrer Einlage in Höhe von 10.000 € zuzüglich des Agios in Höhe von 500,00 € gegen Abtretung ihrer Beteiligungsrechte an der B verlangen.
73Denn der Verkaufsprospekt ist in wesentlichen Punkten unrichtig.
74Als wesentlich sind sämtliche Angaben anzusehen, die für einen durchschnittlichen und verständigen Anleger bei der Anlageentscheidung von Bedeutung sind und zu den wertbildenden Faktoren der Beteiligung gehören (Groß, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 2. Auflage 2009, § 45 BörsG 2007, Rn. IX431; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Auflage 2012, § 311 Rn. 70). Dabei ist davon auszugehen, dass der Anleger den Prospekt, insbesondere alle Risikohinweise, aufmerksam und sorgfältig liest.
75Im Verkaufsprospekt wird der zentrale Wirkungsbereich der B2, durch deren Geschäfte die Gewinne der Fondgesellschaft erzielt werden sollen, nicht hinreichend deutlich. Denn der Prospekt klärt nicht ausreichend über den Umstand auf, dass der Erwerb und der Weiterverkauf der Immobilien vor Ort in Dubai allein durch die B3 erfolgen konnte und sollte und nicht durch die B2.
76Dies wird in folgenden Passagen des Prospektes deutlich:
77Auf den ersten Seiten des Prospektes (S. 9-11) wird die Idee des Fonds dargelegt. Danach investiert die B in Genussrechte, die von der B2 ausgegeben werden. Für die Überlassung des Genussrechtskapitals erhält der Fond ein Gewinnbeteiligungsrecht. Die Anleger partizipieren mittelbar an Teilflächen, für deren Erwerb das Genusskapital verwendet wird. Die einzelnen Objekte, in die investiert werden soll, werden vorgestellt.
78Weiter heißt es auf S. 40 zur Genussrechtsschuldnerin, der B2: „ Die Fondgesellschaft beteiligt sich …indirekt an der B2, die dort den Erwerb und den Weiterverkauf von Immobilienprojekten ... betreibt….Gewinne, die die B2 durch den An- und Verkauf von Immobilienprojekten erzielt“.
79Auf S. 41 werden dann die bisherigen Erfolge der B3 dargestellt. Die Darstellung schließt mit dem Satz: „Die B2 hat die B3 mit der….Abwicklung der Immobiliengeschäfte beauftragt“.
80Diese Beispiele zeigen, dass in dem Prospekt zunächst der Eindruck erweckt wird, die B2 betreibe unmittelbar Immobiliengeschäfte in Dubai, an denen die B über den Erwerb von Genussrechten partizipiert. Lediglich mit der Abwicklung werden Dritte beauftragt.
81Zwar heißt es dann auf S. 11 des Prospektes unter der Überschrift „Die Partner“: „Die Auswahl der Investitionsobjekte sowie den An- und Verkauf wird die B3 vornehmen“.
82Auch auf S. 82 werden die rechtliche Verhältnisse dargestellt: „Primär möchte die Genussrechtsschuldnerin…lediglich Einheiten geplanter Immobilienprojekte erwerben und durch Weiterverkauf profitieren….Zum Projektgeschäft der Emittentin (Fondgesellschaft) gehört auch jede Form der Gewinnbeteiligung an vergleichbaren Geschäften Dritter“.
83Auf S. 83 heißt es zum Managementvertrag: „Die (B2) beauftragt die (B3) bestimmte Immobilienobjekte zu erwerben bzw. zu verkaufen. Für diese Tätigkeit als Stellvertreter bzw. Kommissionär erhält die (B3) eine …Provision“.
84Dadurch wird zwar dargestellt, dass auch die B3 im Auftrag der B2 bestimmte Immobilienobjekte erwerben und verkaufen sollte. Dass sie aber von vornherein den Immobilienhandel allein betreiben sollte, wird damit nicht hinreichend deutlich hervorgehoben.
85Damit ist ein wesentlicher Fehler im Prospekt gegeben.
86Die Beklagten zu 1) und 2) haften aufgrund dieser falschen Angaben im Prospekt, da sie für die Herausgabe des Prospektes als verantwortlich anzusehen sind.
87Der Beklagte zu 1) hat als alleiniger Geschäftsführer und gleichzeitig alleiniger Gesellschafter der B4 den Prospekt unterzeichnet. Damit ist aber nicht nur diese als Prospektherausgeberin sondern auch der Beklagte zu 1) persönlich als Verantwortlicher anzusehen.
88Denn eine Person haftet wegen falscher oder unvollständiger Prospektangaben unabhängig von einer Beteiligung an einem Vertrag mit dem Erwerber als so genannter Hintermann unter anderem dann, wenn sie auf die Konzeption des konkreten Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit für die Herausgabe des Prospektes verantwortlich ist. Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospektes gegeben ist. Ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist. Ob ein Beteiligter als so genannter Hintermann anzusehen ist, hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalles ab, wobei die gesellschaftsrechtliche Funktion sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen können (vgl. BGH WM 2006,427).
89Diese Voraussetzung ist beim Beklagten zu 1) erfüllt. Wie der BGH in der zitierten Entscheidung ausgeführt hat, kann auch im konkreten Fall daher „eine rechtlich zutreffende Beurteilung des festgestellten Sachverhalts nur zur Bejahung eines beherrschenden Einflusses des Beklagten zu 1) auch auf das hier in Rede stehende Projekt führen und lässt keine andere Beurteilung zu als die, dass der zur Bewerbung dieses Projekts erstellte Prospekt mit seiner Kenntnis in den Verkehr gebracht worden ist, mag der Beklagten zu 1) auch inhaltlich an der Prospektgestaltung nicht beteiligt gewesen sein“ (vgl. BGH a.a.O.). Denn ihm war nicht nur aufgrund seiner Stellung als alleiniger Gesellschafter der Komplementärgesellschaft sondern auch aufgrund seiner verwandtschaftlichen Stellung zum Beklagten zu 2) das Konzept der Fondgesellschaft offensichtlich bekannt.
90Auch der Beklagte zu 2) gehört zu den Verantwortlichen. Von ihm ist der Erlass des Prospektes ausgegangen.
91Mit der Haftung derjenigen Personen, von denen der Prospekt „ausgeht“, sollen nämlich die tatsächlichen Urheber des Prospekts erfasst werden (vgl. Ebenroth, Boujong u.a., HGB, 2. Aufl. 2009, Börsengesetz 2007, § 45, Rn. IX398). Das war in allererster Linie der Beklagte zu 2), der in besonderer Weise ein eigenes geschäftliches Interesse an der Emission hatte. Er hat die Geschäfte vor Ort in Dubai im Wesentlich betrieben und hatte die alleinige Verfügungsgewalt über die Konten, von denen die Ausgaben für alle Fonds getätigt wurden. Seine besondere Stellung wird auch in dem Prospekt hervorgehoben.
92Auch die übrigen Haftungsvoraussetzungen sind erfüllt. Denn die Klägerin hat innerhalb von 6 Monaten nach Veröffentlichung des Prospektes die Beteiligung erworben.
93Es kann auch dahingestellt bleiben, aus welchen Gründen der Fond letztlich gescheitert ist. Vielmehr folgt der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der Beteiligung allein aus der Fehlerhaftigkeit des Prospektes.
94Die Forderung der Klägerin ist auch nicht verjährt.
95Gem. § 46 BörsenG tritt Verjährung spätestens 3 Jahre nach Veröffentlichung ein. Dies war der 04.07.2008. Die Klage ist rechtzeitig vor Ablauf von 3 Jahren am 30.06.2011 eingegangen. Da sie auch „demnächst“ zugestellt worden ist, ist gem. § 204BGB i.V.m. § 167 ZPO rechtzeitig eine Hemmung der Verjährung eingetreten. Zwar ist die Klage dem Beklagten zu 2) aufgrund öffentlicher Zustellung erst am 30.01.2012 zugestellt worden. Da die öffentliche Zustellung berechtigt war – insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Beschlüsse vom 16.12.2011 und 18.04.2012 verwiesen – ist diese zeitliche Verzögerung, für die es keine absolute Zeitgrenze gibt, nicht der Klägerin anzulasten.
96Es ist auch nicht von einer kürzeren Verjährungsfrist auszugehen.
97Die Verjährungsfrist verkürzt sich zwar auf 1 Jahr ab Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen. Die Klägerin hat dazu aber behauptet, erst mit der Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten im Juni 2011 - die Vollmacht der Klägerin datiert vom 23.06.2011 - Kenntnis erlangt zu haben. Dagegen wird vom Beklagten zu 2) nicht substantiiert behauptet, dass die Klägerin schon zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis hatte. Allein die schlichte Behauptung einer früheren Kenntnis der Klägerin ist nicht ausreichend, vielmehr als eine Behauptung ins „Blaue“ anzusehen.
98Da sich die Beklagten geweigert haben, der Forderung der Klägerin nachzukommen, befinden sie sich in Verzug. Damit ist auch der Feststellungsantrag begründet.
99Das Versäumnisurteil vom 17.02.2012 war daher aufrechtzuerhalten und der Beklagte zu 1) antragsgemäß neben dem Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen.
100III.
101Der Beklagte zu 3) haftet der Klägerin weder aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB noch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 266 StGB.
102Ein Betrug zum Nachteil der Klägerin kommt schon deshalb nicht in Betracht, da der Beklagte zu 3) die Klägerin nicht getäuscht und dadurch einen Irrtum erregt hat. Es bestand kein Kontakt zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 3). Dieser hat auf die Vorstellung der Klägerin nicht eingewirkt. Der Beklagte zu 3) war an der Erstellung der Vertragsgrundlagen nicht beteiligt. Eine Irrtumserregung gegenüber der Klägerin ist daher nicht ersichtlich.
103Es sind auch nicht die Voraussetzungen einer Untreue zum Nachteil der Klägerin dargetan und unter Beweis gestellt.
104Eine allgemeine und umfassende Vermögensbetreuungspflicht hatte der Beklagte zu 3) gegenüber der Klägerin nicht zu erfüllen. Aus dem Treuhandvertrag war der Beklagte zu 3) verpflichtet, die Anlagegelder der Klägerin entsprechend den Vorgaben des Treuhandvertrages zu verwalten.
105In § 2 Abs. 6 des Treuhandvertrages heißt es dazu:
106„Die Treuhandkommanditistin hat für die Dauer der Platzierungsphase die alleinige Verfügungsmacht über das Treuhandkonto und das Treuhanddollarkonto. Die Treuhandkommanditistin verpflichtet sich, die auf dem Treuhandkonto bzw. Treuhanddollarkonto eingegangenen Beträge der Anleger auf Abruf der Fondsgesellschaft zu der im Investitionsplan entsprechenden Verwendung freizugeben. Nach Vollplatzierung/Einwerbung des im Investitionsplan genannten Eigenkapitals geht die Verfügungsmacht über das Treuhand- und Treuhanddollarkonto auf die Fondsgesellschaft über. Die Mittelverwendungskontrolle der Treuhandkommanditistin endet dann.“
107Dass der Beklagte zu 3) Investitionsmittel ohne Abruf der Fondsgesellschaft oder zu einer nicht im Investitionsplan vorgesehenen Verwendung freigegeben hat, wird von der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin nicht vorgetragen. Soweit nach erfolgter Überweisung der Beträge nach Dubai weitere Verfügungen getroffen worden sind, unterlagen diese nicht der von dem Beklagten zu 3) geschuldeten Kontrolle. Eine Untreuehandlung des Beklagten zu 3) ist daher nicht dargetan.
108IV.
109Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 I, 101, 709 ZPO.
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