Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 664/11
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Unter dem 04.07.1998 schlossen der Kläger und die Beklagte zu 2) einen schriftlichen Darlehensvertrag (Anlage K 4). Die Darlehenssumme belief sich auf 50.000 DM. Mit der vorliegenden Klage erklärt der Kläger den Widerruf und begehrt die Rückzahlung seiner – streitigen – Zins- und Tilgungsleistungen abzüglich empfangener Ausschüttungen. Die vollständige Rückzahlung des Darlehens durch den Kläger erfolgte im Jahr 2008.
3Der Kläger behauptet, ein Mitarbeiter der Beklagten zu 1), der Zeuge H, habe ihn – unstreitig – in seiner Privatwohnung aufgesucht und im Namen der Beklagten zu 1) im Rahmen eines Anlageberatungsvertrages fehlerhaft beraten.
4Er – der Kläger – habe dem Zeugen H erklärt, dass er mit einer Steuernachzahlung rechne und eine Beratung über steuersparende Kapitalanlagen wünsche. Der Zeuge H habe sodann eine Beteiligung am N Fonds Nr. 41 empfohlen und hierzu erklärt, diese Fondsbeteiligung sei sicher und auch zur Altersvorsorge geeignet. Weiter habe der Zeuge H erklärt, die Fondsbeteiligung könne jederzeit veräußert werden. Auf Risiken der Fondsbeteiligung – insbesondere auf ein etwaiges Totalverlustrisiko – sei hingegen nicht hingewiesen worden. Auch habe der Zeuge H nicht auf die der Beklagten zu 1) zufließenden Provisionen bzw. Rückvergütungen sowie die fehlende Plausibilität des gesamten Fondskonzepts hingewiesen. Auch auf das mögliche Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung sei er nicht hingewiesen worden.
5Bei einem weiteren Hausbesuch – einige Zeit später – habe der Zeuge H die Beitrittserklärung, den Darlehensvertrag sowie die Selbstauskunft für die Beklagte zu 2) zur Unterschrift vorgelegt. Er – der Kläger – habe sodann den Darlehensvertrag und die Selbstauskunft ausgefüllt und unterzeichnet. Die Unterlagen habe dann der Zeuge H an die Beklagte zu 2) weitergeleitet.
6Den Prospekt habe der Zeuge H ihm aber zu keinem Zeitpunkt übergeben.
7Der Kläger beantragt,
81. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 32.126,43 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus jährlich seit Rechtshängigkeit zu zahlen Zug um Zug gegen Übertragung der Immobilienfondsanteile des Klägers an der N Fonds Nr. 41 Objekt L.
92. festzustellen, dass sich die Beklagten mit vorgenannter Abtretung in Annahmeverzug befinden.
103. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den weiteren Schaden, der dem Kläger in Folge der Zeichnung der Beteiligung an der N Fonds Nr. 41 Objekt L entstehen wird, zu ersetzen.
11Die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) beantragen jeweils,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagten rügen zunächst die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund.
14Die Beklagte zu 2) ist zudem der Ansicht, sie sei nicht passivlegitimiert. Hierzu wendet sie ihre Enthaftung nach § 133 UmwG ein und behauptet, die E sei durch den – unstreitigen – Ausgliederungsvertrag vom 29.04.1999 ihre Rechtsnachfolgerin geworden. Der streitgegenständliche Kreditvertrag unterfalle auch den ausgegliederten Geschäftsbereichsmerkmalen „05“ bzw. „06“ (vgl. Anlage B 1 bis B 4).
15Die Beklagte zu 1) behauptet, die Hausbesuche des Zeugen H hätten ausschließlich der Vorstellung und Vermittlung des streitgegenständlichen Fonds und nicht der Beratung des Klägers gedient. Die Beklagte zu 1) ist weiter der Ansicht, Aufklärungspflichtverletzungen lägen nicht vor. Beim ersten Besuch sei dem Kläger durch den Zeugen H auch der Verkaufsprospekt (vgl. Anlage K 8) übergeben und mit ihm durchgesprochen worden. Abweichende Angaben zu dem zutreffenden Inhalt des Prospekts habe der Zeuge H nicht gegeben.
16Auch habe der Zeuge H dem Kläger die Finanzierung nicht vermittelt und in diesem Zusammenhang auch keine Formulare vorgelegt. Der Kläger habe sich die Finanzierung vielmehr selbst beschafft.
17Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen C, H und N. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17.05.2013 (Bl. 241 ff. d.A.) verwiesen. Zudem ist der Kläger in der Sitzung vom 17.05.2013 gemäß § 141 ZPO angehört worden.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Die vorliegende Klage hat gegenüber der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) insgesamt keinen Erfolg.
21Die zulässige Klage ist nämlich hinsichtlich der geltend gemachten Klageanträge zu 1. bis 3. unbegründet.
22Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das erkennende Gericht auch örtlich zuständig. Dabei ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund – entgegen der Ansicht der Beklagten – vorliegend aus § 29 Abs. 1 ZPO. Richtet sich nämlich die Klage auf Schadensersatz wegen einer möglichen Verletzung der Beratungspflicht nicht nur gegen den Berater, sondern auch gegen die finanzierende Bank, so besteht der gemeinschaftliche besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes bei dem Gericht, zu dessen Bezirk der Wohnsitz des Kunden gehört (OLG Zweibrücken NJW-RR 2012, 831; OLG Schleswig OLGR 2005, 630; Zöller-Vollkommer, § 29 Rn. 25). Zudem ergibt sich die örtliche Zuständigkeit auch aus § 29c Abs. 1 ZPO. Ist nämlich – wie auch im vorliegenden Fall – das Vorliegen einer Haustürsituation streitig, ist für die Zulässigkeit der Klage der schlüssige Sachvortrag des Klägers als doppelrelevante Tatsache als wahr zu unterstellen (LG Tübingen NJW 2005, 1513; LG Dortmund, Urteil vom 08.05.2012 – 3 O 693/11; Musielak, ZPO, § 29c Rn. 14). Vorliegend aber hat der Kläger zum Vorliegen einer Haustürsituation in der Klageschrift schlüssig vorgetragen.
23In der Sache selbst ist die Klage aber zunächst mit dem Klageantrag zu 1. unbegründet.
24Dem Kläger stehen insoweit Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Dahinstehen kann vorliegend, ob dem Kläger überhaupt Schadensersatzansprüche wegen arglistiger oder vorsätzlicher Täuschung des Vermittlers oder aber Rückabwicklungsansprüche nach dem HWiG zustehen, denn die Beklagte zu 2) haftet für etwaige Ansprüche vorliegend nicht.
25Die Beklagte zu 2) ist nämlich nicht passivlegitimiert. Die von der Beklagten zu 2) insoweit vorgebrachte Einwendung der Enthaftung nach § 133 Abs. 3 UmwG greift durch. Gemäß § 133 Abs. 1 UmwG haften die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger für die Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers, die – wie auch im vorliegenden Rechtsstreit – vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet worden sind, zwar grundsätzlich als Gesamtschuldner. Diese Haftung ist aber nach § 133 Abs. 3 UmwG beschränkt. Für eine Altverbindlichkeit, die vor der Spaltung begründet oder für die davor jedenfalls die Wurzel gelegt worden war, braucht der „Mithafter" nämlich nur unter zwei kumulativen Voraussetzungen gemäß § 133 Abs. 1 UmwG einzustehen: Zum einen muss die Verbindlichkeit vor Ablauf von fünf Jahren nach der Spaltung fällig geworden sein und zum anderen muss der Gläubiger seine Forderung gegen den „Mithafter" gerichtlich geltend gemacht haben. Für eine Verbindlichkeit aber, die diese Voraussetzungen nicht erfüllt, haftet der „Mithafter“ nicht länger; er wird mit Ablauf der Fünf-Jahres-Frist automatisch enthaftet (vgl. Lutter, UmwG, § 133 Rn. 104). Bei einer Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG ist „Mithaftender“ nach § 133 Abs. 3 UmwG derjenige Rechtsträger, dem die Verbindlichkeiten im Ausgliederungsvertrag nicht zugewiesen sind – vorliegend also die Beklagte zu 2). Denn der streitgegenständliche Ausgliederungsvertrag vom 29.04.1999 (Anlage B 3) überträgt gemäß § 1 Nr. 1.1 umfassend alle Rechte und Pflichten aus der jeweiligen Kundenbeziehung auf die E. Die Veröffentlichung der Eintragung in das Handelsregister der Beklagten zu 2) (Anlage B 2) als dem übertragenden Rechtsträger erfolgte auch unter dem 23.09.1999 (Anlage B 5). Die Frist von 5 Jahren lief daher bereits am 23.09.2004 ab.
26Gemäß § 2 Nr. 1.2 des Ausgliederungsvertrages sind von der Ausgliederung alle Kundenbeziehungen mit der internen Kundenschlüsselung aus dem Bereich „00“ bis „09“ erfasst. Dass aber die Kundenbeziehung zum Kläger mit den Geschäftsbereichsmerkmalen „05“ bzw. „06“ eingeschlüsselt worden war und daher zu den von der Ausgliederung erfassten Kundenbeziehungen gehörte, steht nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest. Insoweit hat nämlich der Zeuge N in der mündlichen Verhandlung die interne Dokumentation der GBM-Einschlüsselung für die Kundenbeziehung zum Kläger (vgl. Anlage B 4) nachvollziehbar und plausibel erläutert. Die Kammer konnte daher aufgrund der als Anlage B 4 vorgelegten internen Dokumentation und der hiermit im Einklang stehenden und die interne Dokumentation erläuternden – glaubhaften – Aussage des Zeugen N die Überzeugung gewinnen, dass die Kundenbeziehung zum Kläger aufgrund der Einschlüsselung in die Geschäftsbereichsmerkmale „05“ bzw. „06“ von der streitgegenständlichen Ausgliederung erfasst wurde.
27Überdies würde ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) auf Rückabwicklung gemäß § 3 Abs. 1 HWiG vorliegend ohnehin ausscheiden. Insoweit gilt zunächst altes Recht, weil der streitgegenständliche Darlehensvertrag vor dem 01.01.2002 geschlossen wurde (vgl. Art. 229 § 5 EGBGB). Ein solcher Anspruch gemäß § 3 HWiG ist aber bereits deshalb nicht gegeben, weil der vom Kläger in der Klage erklärte Widerruf nicht innerhalb der Widerrufsfrist erfolgte. Nach § 2 Abs. 1 S. 4 HWiG erlischt nämlich das Widerrufsrecht spätestens einen Monat nach der beiderseitigen vollständigen Leistungserbringung, die vorliegend im Jahre 2008 erfolgte. Dies gilt auch dann, wenn der Verbraucher schon nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist; bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung muss dies nach Sinn und Zweck sodann erst recht gelten. Die Regelung des § 2 Abs. 1 S. 4 HWiG ist zudem auch europarechtskonform (vgl. EuGH C-412/06 – Hamilton; EuGH NJW 2008, 1865).
28Im Hinblick auf den Klageantrag zu 1. stehen dem Kläger auch Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Insbesondere steht dem Kläger insoweit kein Anspruch nach dem ungeschriebenen Grundsatz der pVV eines Anlageberatungs- oder Vermittlungsvertrages zu.
29Auch insoweit gilt altes Recht, weil der streitgegenständliche Beratungs- oder Vermittlungsvertrag vor dem 01.01.2002 geschlossen wurde (vgl. Art. 229 § 5 EGBGB).
30Da sich die Aufklärungspflichten des Anlageberaters und -vermittlers in vielen Punkten decken, kann eine Differenzierung und rechtliche Einordnung des streitgegenständlichen Vertrages zunächst dahinstehen.
31Für die Kammer war jedenfalls eine Aufklärungspflichtverletzung durch die Beklagte zu 1) nicht feststellbar.
32Durch die rechtzeitige Übergabe eines zutreffenden Prospektes wird nämlich die Pflicht zur Anlageberatung bzw. -information grundsätzlich erfüllt (BGH WM 2005, 833; BGH NJW-RR 2006, 1345; BGH WM 2007, 1608). Nach Auffassung der Kammer ist der Prospekt des streitgegenständlichen Fonds (Anlage K 8) als solches auch inhaltlich zutreffend, vollständig und fehlerfrei (vgl. auch OLG Bamberg, Urteil vom 15.02.2012 – 3 U 204/11).
33Vorliegend ist für die Kammer zudem nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht feststellbar, dass der streitgegenständliche Prospekt dem Kläger nicht rechtzeitig übergeben worden ist. Insoweit vermochte nämlich der beweisbelastete Kläger (BGH NJW-RR 2006, 1345; Palandt, § 280 Rn. 36, 50) die substantiierte Behauptung der Beklagten zu 1), der Prospekt sei bereits beim ersten Gespräch durch den Zeugen H übergeben worden, nicht zur Überzeugung der Kammer zu widerlegen. Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt, einen Prospekt des streitgegenständlichen Fonds habe der Zeuge H nicht übergeben. Auch die Zeugin C hat den diesbezüglichen Vortrag des Klägers bestätigt. Demgegenüber hat aber der Zeuge H den Vortrag des Klägers verneint und ausgesagt, er sei sich sicher, dass er den Prospekt des streitgegenständlichen Fonds übergeben habe, da er dies in den Beratungsgesprächen immer so gemacht habe. Bereits aufgrund dieser widersprechenden Aussagen waren für die Kammer keine sicheren Feststellungen zu dem streitigen Sachvortrag des Klägers möglich, der Prospekt sei nicht übergeben worden. Zudem gab es auch keine objektiven Anhaltspunkte, die für den streitigen Vortrag des Klägers sprechen könnten. Weder der Kläger noch die beiden Zeugen C und H konnten ihre entsprechenden Aussagen beispielsweise auf Besprechungsvermerke oder Gesprächsnotizen über die streitgegenständlichen Beratungsgespräche stützen. Überdies vermag die Kammer ohnehin über den genauen Ablauf und Gesprächsinhalt eines 15 Jahre zurückliegenden Beratungsgesprächs insgesamt keine sicheren Feststellungen zu treffen. Insoweit gaben nämlich auch der Kläger und die beiden Zeugen an, sich an Einzelheiten nicht mehr zuverlässig zu erinnern, was nach dem Ablauf von 15 Jahren auch verständlich und nachvollziehbar ist. Zwar waren vorliegend der Kläger und auch die Zeugen erkennbar um eine wahrheitsgemäße Aussage bemüht; gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass bei einem solch lange zurückliegenden Geschehen, etwaige Erinnerungslücken lediglich mit Gedankenverbindungen ausgefüllt werden, die dem Kläger bzw. den Zeugen heute als plausibel erscheinen.
34Die insoweit verbleibenden Zweifel aber gehen zu Lasten des beweisbelasteten Klägers.
35Gleichwohl ist aber auch ein nach Form und Inhalt geeigneter Prospekt, den der Anleger erhalten hat, kein „Freibrief“ für den Berater bzw. Vermittler, die Risiken der Kapitalanlage abweichend vom Prospekt darzustellen oder aber über den Prospekt hinausgehende Zusicherungen zu machen (BGH WM 2007, 1606; BGHZ 123, 126, 129). Abweichende Angaben vom Prospekt durch den Berater bzw. Vermittler können daher auch eine Pflichtverletzung darstellen, die aber vorliegend der Kläger zu beweisen hat (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.07.2011 – I-6 U 51/10; Palandt, § 280 Rn. 50).
36Es ist aber auch insoweit für die Kammer nicht zu ihrer Überzeugung feststellbar, dass der Zeuge H tatsächlich im Rahmen der Beratungsgespräche von dem zutreffenden Prospekt abweichende Angaben bzw. Zusicherungen gegeben hat. Die Kammer konnte nämlich auch insoweit – nach dem oben Gesagten – aufgrund der widersprechenden Aussagen insgesamt keine sicheren Feststellungen zum Ablauf und Inhalt eines 15 Jahre zurückliegenden Beratungsgesprächs treffen.
37Im Einzelnen ist insbesondere kein Verstoß gegen den Grundsatz der angelegergerechten Beratung feststellbar. Es stellt zwar grundsätzlich eine Pflichtverletzung dar, wenn eine spekulative Anlage als für die Altersvorsorge geeignet empfohlen wird (BGH WM 2000, 1441; BGH NJW 2010, 3292; Palandt, § 280 Rn. 48). Ein geschlossener Immobilienfonds – wie auch im vorliegenden Fall – ist als spekulative Anlage auch grundsätzlich nicht zur Altersvorsorge geeignet (BGH, Urteil vom 19.06.2008 – III ZR 159/07; OLG Bamberg, Urteil vom 15.02.2012 – 3 U 204/11). Gleichwohl ist vorliegend nicht feststellbar, dass der Zeuge H in den Beratungsgesprächen den streitgegenständlichen Fonds als zur Altersvorsorge geeignet empfohlen hat und die Altersvorsorge und die Altersvorsorge das Anlageziel des Klägers war.
38Zudem war die streitgegenständliche Beratung auch objektgerecht. Zwar ist der Anleger bei einem geschlossenen Immobilienfonds darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung der Beteiligung in Ermangelung eines entsprechenden Marktes nur eingeschränkt möglich ist (BGH WM 2007, 542; BGH WM 2007, 1608). Im Fondsprospekt – von dessen rechtzeitiger Übergabe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auszugehen ist – findet sich aber beispielsweise auf Seite 6 ein ausreichender Hinweis auf die eingeschränkte Fungibilität der streitgegenständlichen Fondsbeteiligung. Dass der Zeuge H im Rahmen der Gespräche mit dem Kläger hiervon abweichende Erklärungen abgegeben hat, ist für die Kammer nicht feststellbar.
39Eine Aufklärungspflichtverletzung ergibt sich auch nicht aus der streitigen Behauptung des Klägers, er sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Beklagte zu 1) Provisionen bzw. Rückvergütungen erhalten habe. Den bankmäßig nicht gebundenen Anlageberater/-vermittler trifft nämlich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits keine Pflicht, über an ihn fließende Provisionen (BGH NJW-RR 2010, 1064; BGH NJW-RR 2011, 913) oder Rückvergütungen (BGH NJW-RR 2010, 1064; BGH NJW-RR 2012, 372) aufzuklären.
40Auch aus der streitigen Behauptung des Klägers, er sei nicht auf ein etwaiges Totalverlustrisiko hingewiesen worden, ergibt sich vorliegend keine Aufklärungspflichtverletzung. Auch wenn ein fremdfinanzierter Immobilienfonds Zins- und Tilgungsleistungen zu erbringen hat und im Falle der Verwertung der Fondsimmobilie das Risiko besteht, dass der Erlös hinter den Verbindlichkeiten zurückbleibt, ergibt sich daraus nämlich bereits kein Risiko, auf das gesondert hinzuweisen wäre (OLG Bamberg, Urteil vom 15.02.2012 – 3 U 204/11). Soweit nämlich der Anteil der Fremdfinanzierung des Fonds und die damit verbundenen Belastungen – wie auch im vorliegenden Fall – im Prospekt zutreffend dargestellt sind, sind die sich ergebenden Risiken nicht aufklärungsbedürftig (BGH, Urteil vom 27.10.2009 – XI ZR 337/08). Etwas anderes gilt nur dann, wenn besondere – risikoerhöhende – Umstände hinzutreten, die aber im vorliegenden Fall durch den Kläger schon nicht hinreichend dargetan sind.
41Auch ist eine Pflichtverletzung aufgrund fehlenden Hinweises auf ein mögliches Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB nicht feststellbar. Im streitgegenständlichen Prospekt – von dessen rechtzeitiger Übergabe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auszugehen ist – finden sich nämlich beispielsweise auf den Seiten 37 und 42 insoweit ausreichende Hinweise. Abweichende Erklärungen des Zeugen H konnte die Kammer nicht feststellen.
42Das Vorbringen des Klägers zur fehlenden Plausibilität der Fondsbeteiligung ist bereits nicht hinreichend substantiiert, um eine Aufklärungspflichtverletzung darzutun. Denn die entsprechenden Prognosen im Prospekt müssen lediglich auf Tatsachen gestützt und ex ante betrachtet vertretbar sein (BGH WM 2009, 2306; Palandt, § 280 Rn. 49). Dass aber aus einer ex ante-Sicht das Fondskonzept nicht plausibel gewesen wäre, ist von dem Kläger nicht hinreichend dargetan.
43Die Klage ist zudem mit dem Klageantrag zu 2. unbegründet. Da bereits vorliegend der Klageantrag zu 1. keinen Erfolg hat, besteht auch schon keine Zug-um-Zug-Verpflichtung zur Rückübertragung der streitgegenständlichen Fondsbeteiligung, mit dessen Annahme die Beklagten hätten in Annahmeverzug geraten können.
44Weiter ist die Klage auch mit dem Klageantrag zu 3. nicht begründet. Voraussetzung für die mit dem Klageantrag zu 3. begehrte Feststellung wäre nämlich das grundsätzliche Bestehen eines Ersatzanspruchs. Ein solcher ist aber vorliegend nach den Ausführungen zum Klageantrag zu 1. schon dem Grunde nach nicht gegeben.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.