Urteil vom Landgericht Dortmund - 22 O 189/08
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung
in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abwenden,
wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
1Der Kläger ist vorbestraft. Er nimmt die Beklagte aus einer bei dieser für seinen PKW Mercedes C-Klasse ( ## - # 0000) genommenen Fahrzeugversicherung in Anspruch.
2Er behauptet hierzu, er sei am 01.08.2008 gegen 20.30 Uhr mit seinem PKW zum Restaurant „E“ in F gefahren. Er habe seinen PKW auf dem zu dem Restaurant gehörigen Parkplatz abgestellt. Erst am nächsten Tag habe er den PKW abgeholt. Diesen habe er dann gegen 18.00 Uhr beschädigt vorgefunden. Das Dreiecksfenster hinten rechts sei eingeschlagen gewesen und im Innenraum habe die komplette Mittelkonsole nebst Navigationsgerät und Radio/CD-Player gefehlt. Ebenso hätten der im Handschuhfach eingebaute DVD-Player sowie die in den Kopfstützen eingebauten Monitore als auch der Schaltknauf gefehlt. Die gestohlenen Geräte seien im Jahr 2005 durch die Firma A in seinem Auftrag eingebaut worden.
3Unstreitig meldete der Kläger der Polizei am 02.08.2008 telefonisch ein Diebstahlsereignis. Die Polizei forderte ihn auf, sich auf der Polizeidienststelle zu melden, wo um 18.13 Uhr die Anzeige aufgenommen wurde und Fotos angefertigt wurden.
4Der Kläger verlangt Zahlung gemäß einem Kostenvoranschlag der Firma A vom 17.11.2008 (Anlage 1 zur Klageschrift = Bl. 5f. d.A. ) in Höhe von 5.471,63 € netto sowie Einbaukosten in Höhe von 2.484,00 € abzüglich der Selbstbeteiligung in Höhe von 150,00 €.
5Der Kläger beantragt daher,
6die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.805,83 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Sie bestreitet den Versicherungsfall; die Redlichkeitsvermutung sei insbesondere im Hinblick auf die Vorstrafen des Klägers widerlegt. Der Kläger habe zudem in einem anderen Rechtsstreit über Versicherungsleistungen gefälschte Belege eingereicht.
10Die Beklagte behauptet, der Versicherungsfall sei nur vorgetäuscht. Hierzu nimmt sie Bezug auf ein Strafverfahren, das sich u. a. gegen den Geschäftsführer der Firma A wegen des Verdachtes des Betruges richtet, nachdem es in über 20 Fällen angeblich zu Entwendungen von Geräten kam, die von dieser Firma eingebaut worden sein sollen.
11Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen T und Q. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.08.2009, Bl. 65 ff. d. A., Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
13Die zulässige Klage ist unbegründet.
14Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch aus dem zu dem Zeitpunkt des behaupteten Diebstahls bestehenden Kaskoversicherungsvertrag nicht zu, da bereits der ihm obliegende Beweis des äußeren Bildes einer Entwendung nicht gelungen ist.
15Allerdings werden dem Versicherungsnehmer im Entwendungsfall Darlegungs- und Beweiserleichterungen eingeräumt, die darauf beruhen, dass ihm in der Regel keine Zeugen für den Nachweis der eigentlichen Entwendungshandlung zur Verfügung stehen. Im Regelfall muss es deshalb genügen, wenn ein - vom Versicherungsnehmer zu beweisender - äußerer Sachverhalt (sogenanntes „äußeres Bild“) feststeht, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass versicherte Gegenstände in einer den Versicherungsbedingungen entsprechenden Weise entwendet worden sind (BGH VersR 1984, 29; OLG Hamm r + s 2012, 381 m.w.N.). Bei der Kfz-Versicherung ist das äußere Bild eines Diebstahls regelmäßig dann gegeben, wenn der Versicherungsnehmer das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abstellt, an dem er es später nicht wieder vorfindet (BGH NJW-RR 2002, 671; Stiefel/Maier, Kraftfahrversicherung, 18. Aufl., AKB A 2.2, Rdn. 89). Diese Beweisregelung gilt entsprechend für die Entwendung von Teilen des abgestellten Fahrzeugs (OLG Hamm a.a.O.). Der Beweis dieses äußeren Bildes ist dem Kläger nicht gelungen. Es hätte des Beweises bedurft, dass das Fahrzeug mit den von dem Kläger als entwendet behaupten Fahrzeugteilen/Geräten am 01.08.2008 auf dem Parkplatz des Restaurants Dieckmanns abgestellt wurde und am nächsten Tag an diesem Ort ohne diese wieder aufgefunden wurde. Für die Beweisführung genügt dabei eine Diebstahlanzeige bei der Polizei nicht (OLG Düsseldorf VersR 1999, 303).
16Es ist schon zweifelhaft, ob durch die Bekundungen des Zeugen T bewiesen werden kann, dass das Fahrzeug mit den von dem Kläger als entwendet behaupteten Fahrzeugteilen/Geräten auf dem Parkplatz abgestellt wurde. Denn der Zeuge konnte nur allgemein bekunden, dass ihm an dem PKW des Klägers damals nichts aufgefallen war und er nur gewusst habe, dass dieser eine „schöne Anlage“ habe. Konkretisieren konnte er dies allein dahin, dass er wüsste, dass der PKW des Klägers hinten Monitore hatte und über ein Navigationsgerät verfügte.
17Jedenfalls aber hat der Kläger das äußere Bild einer Entwendung insoweit nicht beweisen können, als nicht feststeht, dass er den PKW am 02.08.2008 auf dem Parkplatz des Restaurants „E“ ohne die als entwendet behaupteten Fahrzeugteile/Geräte wieder vorfand.
18Zeugen für diesen Teil des äußeren Bildes einer Entwendung stehen dem Kläger nicht zur Verfügung. Mit seinen eigenen Angaben zu diesem Vorgang kann er den Beweis nicht führen. Denn die zunächst zu Gunsten eines Versicherungsnehmers streitende Redlichkeitsvermutung (BGH NJW 1996, 1348) ist erschüttert. Dies folgt aus mehreren Vorstrafen, insbesondere wegen Betruges:
19So wurde der Kläger am 13.03.2003 vom Landgericht Dortmund wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges in Tateinheit mit gemeinschaftlicher gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger im Jahr 1997 Geldabhebungen von verschiedenen Postsparbüchern im europäischen Ausland vorgenommen hatte, wobei er wusste, dass diese Sparbücher auf den Namen eines Dritten bei Vorlage des entsprechenden Personalausweises angelegt worden waren und jeweils ein kleinerer Geldbetrag eingezahlt worden war. Sodann waren diese Postsparbücher mittels eines Druckers „hochgefälscht“ worden, indem fiktive Einzahlungen eingedruckt wurden, die ein - tatsächlich nicht vorhandenes - Guthaben vortäuschten, das sodann abgehoben wurde.
20Am 14.02.2011 wurde der Kläger wegen Betruges in 4 Fällen, davon in 1 Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 25,00 € verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger in der Zeit vom 30.09.2009 bis zum 26.05.2010 in 4 Fällen Schmuck und andere Waren in verschiedenen Geschäften gekauft und zur Bezahlung auf andere Namen ausgestellte Kreditkarten vorlegt hat, wobei die Lastschriften in allen Fällen von den beteiligten Bankinstituten - der W Bank sowie der Y-bank - mangels Deckung retourniert wurden.
21Zuletzt wurde der Kläger am 30.10.2012 noch wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug in zwei Fällen und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (Kokain) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (obgleich dem Kläger im Rahmen der Strafzumessung dieses Urteils eine „geradezu erschreckende Uneinsichtigkeit und Unbelehrbarkeit“ attestiert wurde). Der Verurteilung lag zum einen die Fälschung eines Überweisungsträgers über einen Betrag in Höhe von 18.998,79 € und zum anderen die Einreichung eines gefälschten Überweisungsauftrages, mit dem der Transfer eines Betrag in Höhe von 148.425,00 € vom Konto der X Versicherung AG auf das Konto des Klägers veranlasst werden sollte, zugrunde.
22Der Kläger hat damit in erheblichem Umfang Straftaten, die gegen fremde Vermögensinteressen gerichtet sind, begangen. Vermögensvorteile hat er mittels Täuschung zu erlangen versucht, wobei ihm zuletzt eine erschreckende Uneinsichtigkeit und Unbelehrbarkeit zugeschrieben wurde. Den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 14.08.2009 - nur wenige Wochen vor Beginn der mit Urteil vom 14.02.2011 geahndeten Betrugsserie - kann nach alledem nicht gefolgt werden.
23Auch in zeitlicher Hinsicht sind die Vorstrafen des Klägers berücksichtigungsfähig. Grundsätzlich können alle Vorstrafen in die Betrachtung einbezogen werden, die noch nicht getilgt sind (OLG Düsseldorf VersR 1999, 303). Vorliegend sind für sämtliche genannten Vorstrafen die Tilgungsfristen gemäß § 46 BZRG zum Zeitpunkt des geltend gemachten Diebstahls noch nicht abgelaufen.
24Vergeblich macht der Kläger noch geltend, der Diebstahlversicherungsschutz sei für einen vorbestraften Versicherungsnehmer völlig wertlos; trotz der offensichtlich bekannten Vorstrafe habe die Beklagte an dem Vertrag festgehalten und die Versicherungsprämien kassiert.
25Denn eine etwaige Kenntnis des Versicherers von einer vorausgegangenen Vorstrafe rechtfertigt es jedenfalls nicht, einen vorbestraften Kläger besser zu stellen, als jeden anderen Versicherungsnehmer und es dem Versicherer zu versagen, sich auf die Erschütterung der Redlichkeitsvermutung zu berufen (OLG Hamm NJW-RR 2005, 333).
26Nach alledem war zu erkennen wie geschehen.
27Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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