Urteil vom Landgericht Dortmund - 6 O 175/12
Tenor
I.
Es wird festgestellt, dass der Beklagten keine Ansprüche zustehen aus den Derivate-Kontrakten
Referenznummer #######D vom 13.07.2007,
Referenznummer #######D vom 17.07.2006,
Referenznummer #######D vom 17.07.2006,
Referenznummer #######D vom 29.08.2007 nebst seinen Restrukturierungen vom 12.03.20009, 08.12.2009, 14.06.2010 und 15.12.2010,
sowie Referenznummer #######D vom 29.08.2007 nebst seinen Restrukturierungen vom 12.03.2009, 08.12.2009, 14.06.2010 und 16.12.2010.
II.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III.
Die Widerklage wird abgewiesen.
IV.Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 6 % und die Beklagte zu 94 %.
V.Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin beansprucht von der Beklagten die Beseitigung der Folgen aus dem Abschluss diverser Derivate in Form von sog. Swapgeschäften. Widerklagend macht die Beklagte behauptete Zahlungsrückstände aus CHF Plus-Swaps geltend.
3Die Klägerin ist eine kreisangehörige Stadt im Landkreis V mit rund 45.000 Einwohnern. Mit der Beklagten steht die Klägerin seit 2006, zunächst unter Einbindung der Sparkasse L, in einer Geschäftsbeziehung.
4Im Jahre 2010 hatte die Klägerin im allgemeinen Haushalt ein Haushaltsdefizit von rund 23,4 Millionen Euro, so dass ein Haushaltssicherungskonzept nach § 76 GO-NRW aufgelegt wurde mit dem Ziel des Haushaltsausgleichs bis zum Jahr 2022. Die langfristigen Darlehen des allgemeinen Haushalts im Jahr 2011 betrugen rund 48,7 Millionen Euro. Die Bilanzsumme lag bei 387,7 Millionen Euro. Der ABB hat ein Stammkapital von 6,136 Millionen Euro und eine Bilanzsumme zum 31.12.2011 von 78,7 Millionen Euro.
5In dem Zeitraum 2006 – 2011 schloss die Klägerin auf Empfehlung der Beklagten für den allgemeinen Haushalt sowie für den Abwasserbeseitigungsbetrieb (kurz: ABB) insgesamt 7 als Swap bezeichnete Finanzinstrumente ab.
6Nach einem Erstkontakt im Jahr 2006 im Hinblick auf die Möglichkeit eines sog. Zinsmanagements mit Derivaten entschied sich die Klägerin mit E-Mail vom 07.07.2006 „Zins- und Währungsswaps“ sowohl für den allgemeinen Haushalt als auch für den ABB abzuschließen und bat zu den „Flexi-Swaps“ und den „kündbaren Stufen-Swaps“ um weitere Informationen. Nach entsprechender Reaktion der Beklagten mit E-Mail vom 11.07.2006 tätigte die Klägerin verschiedene der von der Beklagten vorgestellten und empfohlenen Swap-Geschäfte, u.a. die folgenden streitgegenständlichen Derivateabschlüsse, für deren Ausgestaltung auf den näheren Inhalt der nachfolgend aufgeführten Anlagen der Klageschrift Bezug genommen wird. Am 18.07.2006 schlossen die Parteien einen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte (Anlage B 60) mit einer Zusatzvereinbarung (Einzelheiten vgl. Anlage K 6).
7Swap – BezeichnungReferenznummer |
vgl. zu den Einzelheiten |
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1 |
Flexi-Swap Referenznummer: #######D vom 13.07.2006 |
Anlage K 3 |
2 |
Kündbarer Stufenswap Referenznummer: #######D vom 17.07.2006 #######D vom 17.07.2006 |
Anlage K 7 Anlage K 8 |
3 |
CHF-Plus-Swap Referenznummer: #######D vom 29.08.2007 #######D vom 29.08.2007 |
Anlage K 9 |
4 |
Zahlerswap Referenznummer: a) #######D vom 24.02.2011 b) #######D vom 28.03.2011 |
Anlage K 14 Anlage K 15 |
Für die Klägerin wurden die streitgegenständlichen Einzelabschlüsse teilweise durch den Bürgermeister, teilweise durch den Stadtkämmerer und teilweise durch den 1. Beigeordneten unterschrieben.
9Die Parteien sind sich einig, dass die Swaps #######D vom 24.02.2011 und #######D vom 28.03.2011 konnex waren.
10Die Klägerin ist der Ansicht, die streitgegenständlichen Swap-Verträge seien nichtig, da die Gemeinde außerhalb des kommunalen Wirkungskreises gehandelt habe. Sie meint, der vorliegende Fall sei vergleichbar mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von getätigten Rechtsgeschäften einer juristischen Person des öffentlichen Rechts außerhalb des durch Gesetz oder Satzung bestimmten Wirkungskreises. Die Swapgeschäfte hätten gegen das Spekulationsverbot für Kommunen verstoßen, da es keine Konnexität der Anlagegeschäfte zu den dem Wirkungskreis der Kommune unterliegenden Darlehensgeschäften in Form eines sachlichen und zeitlichen Grundgeschäftsbezugs zu dem Finanzgeschäft gebe (vgl. zu den Einzelheiten Bl. 341 - 368 d.A. und Privatgutachten T vom 09.03.2012, vgl. zu den Einzelheiten Anlage K 10 des Parallelverfahrens 6 O 205/12).
11Zudem ist sie der Ansicht, ihr stehe selbst bei der Wirksamkeit der Verträge ein Schadenersatzanspruch wegen fehlerhafter Beratung durch die Beklagte zu. Sie meint, die Beklagte habe die durch höchstrichterliche Rechtsprechung festgelegten Anforderungen an die Anlageberatung bei strukturierten Swapgeschäften nicht eingehalten, da sie insbesondere nicht über den -unstreitig- negativen Marktwert der einzelnen Swaps aufgeklärt habe (vgl. zu den Einzelheiten Bl. 162 – 165 d. A., sowie Bl. 375 - 396 d. A.).
12Die Klägerin hat ihren ursprünglichen Antrag aus der Klageschrift (vgl. zu den Einzelheiten Bl. 3 - 5 d.A.) in der mündlichen Verhandlung vom 17.05.2013 um einen Hilfsantrag zu dem Klageantrag zu 4. ergänzt und beantragt,
131. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 798.026,87 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
142. Es wird festgestellt, dass der Beklagten keine Ansprüche gegen die Klägerin zustehen aus den Derivate-Kontrakten
15Referenznummer #######D vom 13.07.2006
16Referenznummer #######D vom 17.07.2006
17Referenznummer #######D vom 17.07.2006
18Referenznummer #######D vom 29.08.20007 nebst seinen Restrukturierungen vom 12.03.20009, 08.12.2009, 14.06.2010 und 15.12.2010,
19Referenznummer #######D vom 29.08.2007 nebst seinen Restrukturierungen vom 12.03.2009, 08.12.2009, 14.06.2010 und 16.12.2010,
20Referenznummer #######D vom 24.02.2011,
21Referenznummer #######D vom 28.03.2011.
223. Es wird festgestellt. dass die Beklagte der Klägerin alle zukünftigen Schäden zu ersetzen hat, die ihr aus und im Zusammenhang mit den Derivate-Kontrakten
23Referenznummer #######D vom 13.07.2006
24Referenznummer #######D vom 17.07.2006
25Referenznummer #######D vom 17.07.2006
26Referenznummer #######D vom 29.08.20007 nebst seinen Restrukturierungen vom 12.03.20009, 08.12.2009, 14.06.2010 und 15.12.2010,
27Referenznummer #######D vom 29.08.2007 nebst seinen Restrukturierungen vom 12.03.2009, 08.12.2009, 14.06.2010 und 16.12.2010,
28Referenznummer #######D vom 24.02.2011,
29Referenznummer #######D vom 28.03.2011
30noch entstehen können.
314. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 24.980,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen,
32hilfsweise
33die Beklagte zur Zahlung von Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 2,5-fachen Gebühr nach dem Streitwert für den Klageantrag zu Ziffer I. bis III. zu verurteilen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
34Die Beklagte beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Widerklagend hat sie zunächst angekündigt, den Antrag zu stellen, die Klägerin zur Zahlung i.H.v. 928.125,00 € nebst Zinsen zu verurteilen. Nachdem sie mit Schriftsatz vom 16.05.2013 den Betrag auf 1.856.250,00 € erhöht hat, hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 17.05.2013 den Antrag gestellt,
37die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte EUR 1.856.250,00 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils EUR 309.375,00 seit dem 15.12.2011, seit dem 15.03.2012, seit dem 15.06.2012, aus EUR 316.250,01 seit dem 17.09.2012, aus EUR 309.375,00 € seit dem 17.12.2012, aus EUR 302.499,99 seit dem 15.03.2013 zu zahlen.
38Die Klägerin beantragt,
39die Widerklage abzuweisen.
40Zur Klage ist die Beklagte der Ansicht, die Klägerin habe nicht außerhalb ihres Wirkungskreises gehandelt, da der Abschluss der Swapgeschäfte zur Schuldenverwaltung und somit zum geschützten Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung gehöre.
41Zu den behaupteten Schadensersatzansprüchen der Klägerin erhebt sie unter Hinweis auf § 37a WpHG a.F. die Einrede der Verjährung. Außerdem ist sie der Ansicht, dass die Klägerin als professionelle Anlegerin überhaupt nicht aufklärungsbedürftig sei. Zudem meint sie, der Klägerin sei ein überwiegendes Mitverschulden anzulasten, da es in ihrer Verantwortung gelegen habe, ihre kommunalrechtlichen Verpflichtungen zu kennen. Außerdem meint sie, die Klägerin müsse sich einen Gewinn i.H.v. EUR 575.007,08 anrechnen lassen, den sie aus weiteren (nicht streitgegenständlichen) Swapgeschäften mit der Beklagten gezogen habe (vgl. zu den Einzelheiten des Vorbringens Bl. 502 ff. d.A.).
42Zur Widerklage ist die Beklagte der Ansicht, die Klägerin sei vertraglich verpflichtet, ihr den beantragten Betrag zu zahlen (vgl. zu Einzelheiten Zusammensetzung des Betrages Schriftsatz vom 16.05.2013, Bl. 610 ff d. A.).
43Wegen der weiteren Einzelheiten des jeweiligen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Parteierklärungen in den Sitzungsniederschriften vom 14.09.2012 und 17.05.2013 sowie den Sitzungsniederschriften der Parallelverfahren 6 O 205/12 und 6 O 85/12 verwiesen.
44Entscheidungsgründe
45A.
46Die Klage (siehe nachfolgend I.) ist mit den Feststellungsanträgen zu 2) zulässig und bis auf die reinen Zahler-Swaps auch begründet. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
47Die Widerklage (siehe nachfolgend II.) ist zulässig aber unbegründet.
48I.
491.
50Die Klage ist zulässig.
51a)
52Die Klageänderung durch den gewillkürten Parteiwechsel auf Beklagtenseite zulässig, da die Beklagtenseite diesem ausdrücklich zugestimmt hat (vgl. Bl. 449 ff. d. A.).
53b)
54Des Weiteren besteht für die Feststellungsanträge 2) und 3) das erforderliche Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO, da die Klägerin ein wirtschaftliches und rechtliches Interesse an der Klärung der Unsicherheit der künftigen Zinszahlungen aus den Swapgeschäften hat.
552.
56Die Klage hat in der Sache teilweise, nämlich mit dem Antrag zu 2) hinsichtlich der im Tenor aufgeführten Finanzderivate Erfolg (siehe nachfolgend a). Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen (siehe nachfolgend b) und c)).
57a)
58Die Klage ist zu 2. ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, da die streitgegenständlichen Swapgeschäfte nichtig sind.
59aa)
60Die streitgegenständlichen Swapgeschäfte sind sittenwidrig und somit nichtig gem. § 138 I BGB.
61Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Zur Beurteilung kommt es auf den Gesamtcharakter des Rechtsgeschäfts zum Zeitpunkt seines Abschlusses an. Eine Sittenwidrigkeit wird jedenfalls dann bejaht, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt (vgl. Palandt/Ellenberger, 70. Auflage, § 138, Rn. 2 m.w.N.). Auch der Inhalt oder der Gesamtcharakter des Rechtsgeschäfts können die Sittenwidrigkeit begründen. Die Sittenwidrigkeit ergibt sich dabei aus einer Gesamtwürdigung des Rechtsgeschäfts, in die Inhalte, Beweggründe und Zweck des Rechtsgeschäfts einzubeziehen sind.
62(1)
63Die streitgegenständlichen Rechtsgeschäfte sind nach ihrem Gesamtcharakter wegen einer Verletzung der Interessen der Allgemeinheit sittenwidrig.
64Eine Fallgruppe von sittenwidrigen Rechtsgeschäften ist das sittenwidrige Verhalten bei Schädigung der Allgemeinheit (vgl. Palandt/Ellenberger, 70. Auflage, § 138, Rn. 40). Neben § 134 BGB hat auch § 138 BGB die Funktion, die Einhaltung der Rechtsordnung zu sichern. Rechtsgeschäfte, die gegen wichtige rechtlich geschützte Belange der Allgemeinheit verstoßen, können sittenwidrig sein. Ein mit einer Gemeinde geschlossener Vertrag kann daher als sittenwidrig und damit rechtsunwirksam anzusehen sein, wenn beide Vertragsteile wissen und billigen, dass die Vertragsleistung der Gemeinde nur unter gröblicher Verletzung der im Interesse der Allgemeinheit gegebenen Haushaltsvorschriften erbracht werden kann (vgl. BGH NJW 1962, 955). Die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB kommt jedenfalls dann in Betracht, wenn die Handhabung der Haushaltsvorschriften in einem so hohen Maße fehlsam ist, dass von einer sparsamen Ausgabe der öffentlichen Mittel und einer gewissenhaften treuhänderischen Verwaltung des Gemeindevermögens schlechthin nicht mehr gesprochen werden kann (vgl. BGH a.a.O.).
65(2)
66Nach der vom Bundesgerichtshof gewählten Definition zur Sittenwidrigkeit von kommunalen Geschäften sind jedenfalls glücksspielähnliche Finanzanlagen, die nicht mit den o.g. kommunalrechtlichen Haushaltsvorgaben in Einklang stehen, sittenwidrig. Denn in diesen Fällen kann nicht mehr von einer gewissenhaften treuhänderischen Verwaltung gesprochen werden.
67Einfache Zinsswaps (sog. Plain-Vanilla Swaps), die eine Gemeinde abschließt, sind jedenfalls keine glücksspielähnlichen Finanzanlagen und somit nicht sittenwidrig i.S.v. § 138 I BGB. Bei den einfachen Zinsswapgeschäften handelt es sich um Vereinbarungen, bei denen die Parteien Zinszahlungen auf einen durch das Grundgeschäft (Kredit) vorgegebenen Betrag austauschen. Dabei geht es einem Marktteilnehmer, der von seiner Bank ein variabel verzinsliches Darlehen aufgenommen hat, letztlich um die Absicherung von Zinsrisiken aus einen konkreten Grundgeschäft. Aufgrund dessen kann er mit einem Kontrahenten vereinbaren, dass er diesem für eine bestimmte Laufzeit (nämlich entsprechend der Laufzeit des Darlehens) einen festen Zinssatz zahlt und im Gegenzug von dem Kontrahenten eine variable Zinszahlung erhält. Im wirtschaftlichen Ergebnis ermöglichen die Zinsswaps eine nachträglich Zinsgestaltung, ohne das Grundgeschäft rechtlich zu verändern. Kredit und Swap begründen voneinander unabhängige Verpflichtungen aus eigenständigen Verträgen, deren Parteien nicht identisch sein müssen. Vereinfacht gesagt übernimmt ein Swappartner die Zinsen des anderen und umgekehrt.
68Entscheidend ist letztlich, dass die einfachen Swapgeschäfte konnex sind, d.h. der Begrenzung bzw. Absicherung von Risiken dienen. Die Konnexität ist der Zusammenhang in zeitlicher und inhaltlicher Sicht zwischen dem Swap und einem oder mehreren Darlehen. Die Swapbedingungen sind dabei so ausgestaltet, dass das Ziel der Absicherung erreicht werden kann und nicht lediglich eine rein formale Verbindung zu einem Grundgeschäft erfolgt. Mindestvoraussetzungen für die Konnexität bei kommunalen Swapgeschäften sind, dass die Kommunen nur solche Tauschgeschäfte eingehen, die konkret zur Optimierung des kommunalen Kreditportfolios eingesetzt werden und hierzu auch geeignet sind. Es muss also eine Sicherungsbeziehung zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft in zeitlicher Hinsicht und bezüglich des Volumens der beiden Geschäfte bestehen.
69(3)
70Anders zu beurteilen ist der Abschluss von strukturierten Zinsswaps durch eine Gemeinde, da diese hochspekulative Investments sind, bei denen aus objektiver Sicht das Gemeindevermögen quasi glücksspielähnlich unkalkulierbaren Risiken ausgesetzt wird.
71Der komplexe Zinsswap ist ein synthetisches Finanzinstrument, das von der emittierenden Bank unter Einstrukturierung beliebiger Faktoren frei gestaltet wird, sodass sich einen Vielzahl von unterschiedlichen Swapgeschäften herausgebildet hat. Zwar handelt es sich auch bei den strukturierten Swapgeschäften dem Grundgedanken nach um einen Zinstausch. Bei diesem Geschäftsmodell werden die Zinssätze allerdings regelmäßig auf einen fiktiven Bezugsbetrag ausgetauscht.
72Außerdem kommen noch weitere Faktoren hinzu, die das Geschäft zu einem spekulativen Geschäft machen. Denn strukturierte Swapgeschäfte werden im Wesentlichen als Spekulationsinvestment genutzt. Im Prinzip ist es ein Finanzinstrument bei dem (ohne einen realwirtschaftlichen Gegenwert) auf eine Zinsentwicklung spekuliert wird (d.h. eine Zinswette der Bank gegen den Kunden). Dabei gibt es keine zwingende Verbindung zu einem Grundgeschäft, d.h. es geht letztlich gar nicht um ein Absicherungsinstrument (vgl. Lammers, NVwZ 2012, 13 ff.).
73Wie bereits oben erörtert, findet auch bei den strukturierten Zins Swaps ein Zinstausch statt. Allerdings ist der Tauschvorgang erheblich komplexer als beim einfachen Zinsswap, da sich der variable Zinssatz aufgrund von komplizierten Formeln ergibt, sodass die Gewinnchancen ohne ein finanzmathematisches Studium nicht kalkulierbar sind.
74Die regelmäßigen Gestaltungen derartiger Swaps beinhalten, dass in der Anfangsperiode feste und später variable Zinssätze gezahlt werden. Der Zinssatz wird bei strukturierten Swaps regelmäßig aus einem Mindestzinssatz gebildet (dem sog. „strike“), zu dem ein variabler Zinssatz hinzugerechnet wird, der sich aus der Differenz von zwei als maßgeblich vereinbarten Zinssätzen (dem sog. „spread“) ergibt. Der Strike ist eine Konstante, die in gestaffelter Form im Vertrag vereinbart wird und über die Laufzeit gesehen abnimmt. Als Mindestzinssatz wird zum Teil der Vorjahreszins festgelegt, so dass in diesem Fall der geschuldete Zins der Marktentwicklung nachfolgt (sog. Spread-Ladder-Swap). Dieses Ladder-Prinzip, nach dem der maßgebliche Zins anhand des jeweiligen Zinssatzes der Vorperiode festzustellen ist, hat zur Folge, dass einer Gemeinde eine ihr günstige Entwicklung des Spreads unter Umständen erst dann zugute kommt, wenn durch den vorteilhaften Spread auch der zuvor aufgebaute hohe Zinssatz des Strikes ausgeglichen werden kann (vgl. Lammers, NVwZ 2012, 13 ff.).
75Auch die Gestaltung eines Kündigungsrechts beeinflusst -unabhängig von der sonstigen Struktur- das Risiko, ein nachteiliges Geschäft abzuschließen. Wird die Kommune bei vorzeitiger Kündigung verpflichtet, einen Ausgleichsbetrag zu zahlen, so erhöht sich die finanzielle Belastung bei einer für die Gemeinde ohnehin schon negativen Zinsentwicklung, da sie in der Regel nur bei eingetretenen Nachteilen kündigen wird. Die Vereinbarung eines unbedingten Kündigungsrechts der Bank verringert dagegen aus kommunaler Sicht die Vorteile des Derivats, da der Vertragspartner seinen Interessen entsprechend nur kündigen wird, wenn die Zinsentwicklung im Sinne der Kommune verläuft (vgl. Lammers, NVwZ 2012, 13 ff).
76Zudem weisen die strukturierten Swaps in der Regel einen negativen anfänglichen Marktwert auf. Das heißt, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Swap am Markt einen negativen Marktwert aufweist, also der Markt die Chancen der Zinswette für den Vertragspartner (= Kommune) von Anfang an als nachteilig einstuft. Denn i.d.R. strukturieren die Banken die Konditionen des Swapgeschäftes so, dass dieser zu Vertragsbeginn einen negativen Marktwert von x-Prozent der Bezugssumme aufweist (=anfängliche Gewinnmarge der Bank).
77Strukturierte Swaps sind für den jeweiligen Vertragspartner der Bank hochspekulativ und von ihrer Struktur her ähnlich einem Glücksspiel. Ein Glücksspiel ist ein Vertrag zwischen Spielern, die mit Blick auf die zufallsbedingte Möglichkeit eines Gewinns einen Einsatz riskieren. Bei einem Glücksspiel hängen typischerweise Gewinn und Verlust von entgegengesetzten Bedingungen ab (vgl. Staudinger/Engel, Neubearbeitung 2008, § 762 BGB Rn. 3). Bei der Konstruktion eines komplexen Swapgeschäfts kann es über die gesamte Laufzeit des Vertrages nur einen Gewinner geben. Das ist die Partei, die bis zum Vertragsende per Saldo weniger gezahlt hat, als sie von Gegenpartei empfangen hat. Der Kunde gewinnt das Spiel, wenn seine Zinseinschätzung besser ist als das von der Bank verwendete Wahrscheinlichkeitsmodel. Es ist ein Spiel-Einschätzung des Kunden gegen EDV-gestützte Wahrscheinlichkeitsberechnung der Bank (vgl. OLG Stuttgart, Urteil v. 26.02.2010, Az. 9 U 164/08, BeckRS 2010, 05267). Das Geschäft ist dadurch geprägt, dass beide Seiten ein Risiko übernehmen und das Pflichtenprogramm bzw. die Zahlungen der Parteien vom Zufall oder der subjektiven Ungewissheit der Parteien über bestimmte Ereignisse abhängen.
78Im Gegensatz zu einem einfachen Glücksspiel sind bei einem strukturierten Swapgeschäft die Bedingungen aufgrund der Optionsstruktur mit Ladder-Effekt, steigendem Abschlag, Mindestzinssatz, Volatilität und Kündigungsrechten ausgesprochen komplex und ohne eine entsprechende finanzmathematische Vorbildung nicht erfassbar. Somit wird das Spiel beim komplexen Swapgeschäft mit ungleich verteilten Mitteln gespielt.
79Zu den vertragswesentlichen Umständen bei Spielverträgen gehört grundsätzlich die Zufälligkeit. Zufall heißt, dass die Entscheidung über Gewinn oder Verlust nicht von Fähigkeiten und Kenntnissen der Spieler abhängt, sondern hauptsächlich vom Zufall, also vom Wirken unberechenbarer, dem Einfluss der Beteiligten entzogener Ursachen (vgl. dazu Roberts, DStR 2010, 1082 m.w.N.) Es widerspricht dabei dem Wesen des Zufalls, wenn ein Spieler Sonderwissen über die Einschränkung oder Ausschaltung des Zufalls erlangt, das dem anderen nicht zugänglich ist. Derjenige, der ein Glücksspiel anbietet, sichert also konkludent zu, dass er den Zufall nicht ausgeschaltet hat. Eine Ausschaltung des Zufalls liegt dann vor, wenn ein Spieler die Chancenstruktur des Spiels strukturiert, ohne dass seine Gegner dies erkennen, und ohne dass die Gewinnquoten entsprechend angepasst werden (vgl. Roberts, a.a.O.). Die Banken entwerfen die komplexen Spiele (= strukturierte Swaps) und die Spielregeln (z.B. Zinsformel, Optionsstruktur, Kündigungsrechte) durch ihre Finanzmathematiker. Dabei können sie die Gewinnwahrscheinlichkeiten mit ihren anerkannten auf Wahrscheinlichkeitsmodellen beruhenden Bewertungsmethoden präzise berechnen und einschätzen. Der Kunde als Gegenspieler muss hingegen das Spiel ohne Bewertungsmodelle antreten und kennt die Gewinnwahrscheinlichkeiten nicht (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O.). Somit liegt eine deutliche Informationsasymmetrie vor (vgl. Kirchberg in der Festschrift für Prof. Dr. Brun-Otto Byrde, S. 405).
80Zusammenfassend sind strukturierte Swaps von Finanzmathematikern der Banken entwickelte, hochkomplexe Zinswetten, die letztlich mit einem Glücksspiel im Casino vergleichbar sind. Die Regeln sind so ausgestaltet, dass die Kommune von Anfang an schlechtere Gewinnchancen bekommt, die zu einem negativen Marktwert führen, d.h. hätte die Gemeinde unmittelbar nach dem Abschluss des Geschäfts den Swap am Markt verkauft, hätte sie weniger als ihren Einsatz herausbekommen (= man tauscht im Casino Bargeld in Jetons und bekommt für 100 € Bargeld lediglich Jetons, die man an andere Marktteilnehmer nur für 90 € weiterveräußern kann). Zudem besteht eine Asymmetrische Informationsverteilung (= der Vertragspartner hat die Spielregeln so gestaltet, dass ich die Spielregeln ohne einen Sachverständigen nicht durchblicken kann). Durch das einseitige Kündigungsrecht kann die Bank das Geschäft jederzeit beenden (= das Casino kann bei einer negativen Serie das Glücksspiel jederzeit beenden und die Spieler auffordern, den Spieltisch zu verlassen). Dagegen gibt es i.d.R. nur ein mit Verlust verbundenes Kündigungsrecht der Kommune (= der Spieler muss immer weiter spielen und für den Fall, dass er das Spiel einseitig beendet, muss er große Teile des Gewinns herausgeben).
81(4)
82Nach Überzeugung der Kammer handelt es sich unter Berücksichtigung der obigen Erwägungen bei dem Abschluss von komplexen kommunalen Zinsswapgeschäften dem Gesamtcharakter nach um ein sittenwidriges Rechtsgeschäft, das gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses einiger der o.g. Derivate (Juni 2006), also noch vor der Bankenkrise des Jahres 2008, verstieß es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, wenn eine Gemeinde sehenden Auges Rechtsgeschäfte mit hochspekulativem Glücksspielcharakter abschließt, deren finanzielle Zinsrisiken sie nicht ansatzweise abschätzen kann. Bei anderen der o.g. Derivate lag das Abschlussdatum sogar bereits nach dem Eintritt der Banken- und Finanzkrise, sodass hinsichtlich der Beurteilung der Sittenwidrigkeit bereits die Auswirkungen der Finanzkrise auf das Wertesystem zu berücksichtigen sind. Für diese Fälle dürfte vor dem Hintergrund der Lehren der Krise jedenfalls ein Verstoß gegen die Sittenordnung beim Glücksspiel mit Gemeindevermögen vorliegen.
83In den Fällen von isolierten Zinswetten, denen kein konnexes Grundgeschäft gegenübersteht, wird die Handhabung von Haushaltsvorschriften jedenfalls in so hohem Maße verletzt, dass die handelnden Personen quasi billigen, dass mit öffentlichen Mittel gespielt wird. Objektiv sittenwidrig ist daher ein mit der Gemeinde abgeschlossenes Swapgeschäft jedenfalls dann, wenn folgende Kriterien alternativ vorliegen:
84- 85
Fehlende Konnexität zu einem konkreten Grundgeschäft, sodass ein eklatanter Verstoß gegen die sich aus der Gemeindeordnung ergebenden Haushaltsgrundsätze vorliegt, da keine gewissenhafte treuhänderische Verwaltung von Gemeindegeldern erfolgt, sondern eine von den Gemeindefinanzen abgekoppelte Spekulation mit Gemeindevermögen.
- 86
Glücksspielcharakter des Geschäfts, da ein Glücksspiel mit Steuergeldern einen eklatanten Verstoß gegen das Spekulationsverbot der Gemeinden und damit gemeindliche Haushaltsgrundsätze darstellt.
Nur ergänzend und nicht entscheidungserheblich ist anzumerken, dass sich die Kammer bei der Beurteilung der objektiven Sittenwidrigkeit in diesem Fall nicht einmal mit dem Umstand auseinanderzusetzen hatte, dass zumindest einige Banken (ggf. auch die ursprünglich beklagte X) sogar die theoretische Möglichkeit haben, die Referenzzinssätze und somit die Wettbedingungen zu beeinflussen (vgl. zur sog. Libor-Affäre u.a. Süddeutsche Zeitung v. 26.12.2012; FAZ v. 26.06.2013 m.w.N.).
88(5)
89Aus den obigen Erwägungen sind die folgenden streitgegenständlichen Swapgeschäfte bei einer Gesamtbetrachtung objektiv sittenwidrig, im Einzelnen:
901 |
Flexi-Swap Referenznummer: #######D vom 13.07.2006 |
Zunächst ist eine Zuordnung zu einem ganz konkreten Darlehensvertrag ausweislich der Einzelabschlüsse vertraglich nicht vorgenommen worden (vergleiche Anlagen K 3). Darüber hinaus ist auch eine Zuordnung zu dem gesamten Kreditportfolio nicht möglich. Die Beklagtenseite hat bislang nicht substantiiert dargelegt, inwieweit der Flexi-Swap zur Absicherung des Kreditportfolios diente. Allein der Hinweis darauf, dass der Swap ganz allgemein als Absicherungsinstrument geeignet sei, reicht dafür nicht aus. Zum einen fehlt es an schlüssigem Vortrag zu der Zusammensetzung des Kreditportfolios am Tage des Abschlussdatums (18.07.2006). Zum anderen ergibt sich aus dem Beklagtenvortrag auch nicht, nach welchen Kriterien der Bezugsbetrag bemessen worden ist und inwieweit dieser sich mit dem Kreditportfolio in Einklang bringen lässt. Aufgrund dessen lässt sich nach dem Vortrag der Beklagten auch nicht nachvollziehen, inwiefern durch den Swap die Gesamtzinslast aus dem Portfolio abgesichert werden sollte. Soweit die Beklagte behauptet, dem Swap seien 4 Darlehen aus dem allgemeinen Haushalt zugeordnet (10099, 10100, 10102. 10105 und 10106) so ist dieser Vortrag weder im Bezug auf die Laufzeit noch auf den Bezugsbetrag nachvollziehbar. |
2 |
Kündbarer Stufenswap Referenznummer: #######D vom 17.07.2006 #######D vom 17.07.2006 |
Auch bei diesem Swapgeschäft fehlt es an der erforderlichen Konnexität. Ausweislich der Vertragsunterlagen (vgl. Anlage K 7 und 8) wurde kein Darlehen zugeordnet. Soweit die Beklagte behauptet, dem Swap #######D seien 3 Darlehen aus dem allgemeinen Haushalt zugeordnet (10092, 10101 und 10118) so ist dieser Vortrag weder im Bezug auf die Laufzeit noch auf den Bezugsbetrag nachvollziehbar. Zudem hat die Beklagte das Geschäft mit einem einseitigen Kündigungsrecht strukturiert, welches -wie bereits oben erörtert- die Möglichkeit der Gewinnchancen der Klägerin von vornherein beschränkt, während die Beklagte theoretisch ab dem Zeitpunkt der variablen Zinszahlungen (20.07.2007) bis zum Ende der Laufzeit (20.07.2011) den Höchstsatz erhalten kann. |
3 |
CHF-Plus-Swap Referenznummer: #######D vom 29.08.2007 #######D vom 29.08.2007 |
Auch bei diesem Swapgeschäft handelt es sich um eine isolierte Spekulation. Denn die Vertragsparteien haben auch hier keine Ordnung zu einem konkreten Darlehen vertraglich vorgenommen (vergleiche dazu Anlage K 11). Zudem ist der Beklagtenvortrag im Hinblick auf eine Zuordnung zu dem gesamten Kreditportfolio nicht schlüssig, da die Absicherung eines Währungsrisikos der Klägerin durch konkrete CHF-Darlehen nicht dargelegt worden ist. Denn der Swap macht als Absicherungsgeschäft letztlich nur dann Sinn, wenn es neben der Zinssicherung um eine Sicherung der Wechselkursentwicklung gegangen wäre. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass der Swap letztlich als Optimierungsinstrument des kommunalen Schuldenmanagements auch dann geeignet sei, wenn die Verschuldung in der Heimatwährung erfolgte sei, so entspricht dies nicht den Grundsätzen zu der Konnexität des Swapgeschäftes, da überhaupt keinen Bezug mehr zu dem streitgegenständlichen Kreditportfolio besteht. Außerdem handelt sich bei diesem Swap ausweislich der Bedingungen um eine hochkomplexe Zinswette, bei der die konkreten Risiken nur für die Beklagte, als derjenigen, die die Regeln entworfen hat, überschaubar waren. |
(6)
92Beide Parteien handelten auch sittenwidrig, da beide die Tatsachen, welche die Sittenwidrigkeit begründen, kannten bzw. sich ihrer Kenntnis grob fahrlässig verschlossen haben.
93Eine Sittenwidrigkeit bei einer Verletzung von Interessen der Allgemeinheit oder Dritter grundsätzlich ist dann anzunehmen, wenn alle Beteiligten sittenwidrig handeln, d.h. die Tatsache, die die Sittenwidrigkeit kennen oder sich ihrer Kenntnis grob fahrlässig verschließen (vgl. BGH NJW 1990, 568; NJW 1962, 955). Hinzukommen muss die Billigung, Förderung oder Ausnutzung der sittenwidrigen Absicht des jeweils Anderen (vgl. BGH NJW 1962, 957).
94Wie bereits oben erörtert hatten die vertretungsberechtigten Personen der Beklagten als diejenigen, die die Swap-Bedingungen gestaltet und vertrieben haben, Kenntnis von den sittenwidrigen Umständen.
95Die Kenntnis der Klägerin von dem Umstand, dass den streitgegenständlichen Swapgeschäften keine entsprechenden Darlehen zur Zinsabsicherung zugeordnet waren, ergibt sich zunächst aus den vorgelegten Swap-Bedingungen. Wie bereits oben erörtert findet sich in keiner der streitgegenständlichen Einzelabschlüsse ein Hinweis auf die Zuordnung zu einem konkreten Darlehen. Daraus ließ sich für die unterzeichnenden Personen schließen, dass die Einzelabschlüsse eben nicht dem im Rahmenvertrag vereinbarten Zweck der Absicherung von wirtschaftlichen Risiken, die durch eine Kreditaufnahme entstanden sind, dienten. Der Umstand, dass diese Sicherungsabrede in den streitgegenständlichen Verträgen fehlte, war für die handelnden Personen der Klägerin (den Bürgermeister und den Ersten Beigeordneten/Stadtkämmerer) erkennbar.
96Zudem ist von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung der Parallelsache 6 O 205/12, die ausdrücklich auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung in dieser Sache war, seitens des Klägervertreters zum Vortrag der Klägerin gemacht worden, dass in den Beratungsgesprächen von Seiten der Beklagten erklärt worden sei, dass die Geschäfte konkreten Darlehen zugeordnet werden mögen. Es sei im Regelfall so gewesen, dass die Beklagte selbst vorgeschlagen habe, formell die verschiedenen Swapgeschäfte den Darlehen, die aufgenommen worden sind, zuzuordnen. Auch aus diesem unwidersprochenen Klägervortrag ergibt sich, dass die Vertreter der Klägerin bereits bei dem Abschluss der Geschäfte wussten, dass jedenfalls kein konnexes Grundgeschäft zuzuordnen war. Vielmehr hat man es sogar der Beklagten überlassen, den Anschein der Konnexität durch eine formelle Zuordnung herzustellen.
97Die Kenntnis des Bürgermeisters, des ersten Beigeordneten und des Stadtkämmerers kann der Klägerin gem. § 166 I BGB zugerechnet werden, da diese als Vertreter nach §§ 63, 64 GO NRW aufgetreten sind.
98Die Vertreter beider Parteien haben jeweils trotz Kenntnis des Umstandes, dass mit Gemeindevermögen isoliert von einem Grundgeschäft spekuliert wurde, das Handeln des anderen gebilligt und die streitgegenständlichen Geschäfte abgeschlossen.
99bb)
100Soweit die Klägerseite der Ansicht ist, die Unwirksamkeit der Swapgeschäfte ergebe sich bereits wegen Überschreitung des kommunalen Wirkungskreises, folgt die Kammer dieser Meinung nicht. Die Kammer ist der Ansicht, dass im vorliegenden Fall die Grundsätze des Überschreitens des Wirkungskreises einer Gemeinde keine Anwendung finden.
101Nach der so genannten Ultra-Vires-Lehre sind Rechtsgeschäfte einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die den ihr bei ihrer Gründung festgelegten Wirkungskreis überschreiten, unwirksam (vgl. zur Ultra-Vires Lehre m.w.N. Staudinger/Weick, Neubearbeitung 2005, § 21, Rn. 24 f.; Kirchberg in der Festschrift für Prof. Dr. Brun-Otto Byrde, S. 393 ff.).
102Der Bundesgerichtshof hat die Ultra-Vires-Doktrin in einer Entscheidung aus dem Jahre 1956 aufgegriffen und entschieden, dass Rechtsgeschäfte die eine juristische Person des öffentlichen Rechts durch ihre Organe außerhalb des durch Gesetz oder Satzung bestimmten Wirkungskreises vornimmt, rechtsunwirksam sind (vgl. BGH, NJW 1956,746). Nach dieser Entscheidung sind juristische Personen des öffentlichen Rechts jedenfalls grundsätzlich nur im Rahmen des ihnen durch Gesetz oder Satzung zugewiesenen Aufgaben- und Wirkungskreises zu einem rechtswirksam handeln befugt (vgl. BGH, a.a.O.).
103Im Hinblick auf das Merkmal des Überschreitens des Wirkungskreises einer Gemeinde bei dem Abschluss von komplexen Swapgeschäften gibt es in der Rechtsprechung und der Literatur unterschiedliche Ansichten:
104(1)
105Nach einer Ansicht in der Literatur ist der Abschluss von komplexen Swapgeschäften durch eine Gemeinde unwirksam. In den Fällen einer fehlenden Konnexität sei das Swapgeschäft in seiner Struktur so vage, dass der spekulative Charakter überwiege und das Geschäft unwirksam sei. Sofern es einem Swapgeschäft an der erforderlichen Konnexität entweder in zeitlicher (Laufzeit) oder sachlicher Hinsicht (Bezugsbetrag, Basiswert, Währung) fehle, sei ein Verstoß gegen das Spekulationsverbot zu bejahen (vgl. Morlin, NVwZ 2007, 1159). In einem solchen Fall handele die Gemeinde bei dessen Abschluss nicht mehr im Rahmen ihrer Finanzhoheit, folglich außerhalb ihres gesetzlichen Wirkungskreises, sodass ein derartiges Geschäft ist von Anfang an nichtig sei (vgl. Weck/Schick, NVwZ 2012, 18).
106(2)
107Andere Vertreter in der Literatur sowie einige Landgerichte vertreten die Auffassung, dass Kommunen auch bei dem Abschluss von strukturierten Swapgeschäften nicht Ultra-Vires handelten. Die selbstständige Finanzierungshoheit der Kommunen stelle ein verfassungsrechtlich verbürgtes Recht dar, sodass davon auszugehen sei, dass eine allein rechtswidrige Maßnahmen im Bereich des Schuldenmanagements nicht außerhalb des Wirkungskreises lägen (vgl. Lammers, NVwZ 2012, 12). Die Anwendung der Ultra-Vires Lehre widerspreche letztlich Art. 20 III GG und führe zu einem unkalkulierbaren Risiken für private Marktteilnehmer, welche mit der Gemeinde kontrahieren wollten (vgl. Lehmann, BKR 2008, 488). Der Kernbereich der kommunalen Aufgaben ergäbe sich aus §§ 75 ff. GO, sodass der Gemeinde auch Finanzmarktgeschäfte gestattet seien (vgl. LG Wuppertal, Urteil vom 16.07.2008 - 3 O 33/08 BeckRS 2008, 14152; LG Düsseldorf, BKR 2013, 166 ff.).
108(3)
109Bei einer Abwägung der oben aufgeführten Argumente kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die streitgegenständlichen Swapgeschäfte nicht bereits wegen Überschreitens des Wirkungskreises nichtig sind. Denn die Ultra-Vires-Lehre lässt sich dogmatisch nicht problemlos auf das Bürgerliche Gesetzbuch übertragen, da diesem eine partielle Rechtsfähigkeit (anders als die partielle Geschäftsfähigkeit) fremd ist. Denn juristische Personen des öffentlichen Rechts besitzen auf dem Gebiet des Privatrechts die volle Rechtsfähigkeit. Darüber hinaus muss aus Sicht der Kammer dahingehend differenziert werden, zwischen dem „ob“ und dem „wie“ der Eingehung von Swapgeschäften. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gemeinden im Rahmen des kommunalen Wirkungskreises grundsätzlich unstreitig (einfache) Swapgeschäfte abschließen dürfen. Das ergibt sich jedenfalls aus dem grundgesetzlichen Wirkungskreis von Art. 28 Abs. 2 GG und aus den haushaltswirtschaftlichen Vorschriften der Gemeindeordnung, §§ 75 Abs. 1 ff. GO NRW. Daraus folgt, dass das „ob“ des Abschlusses von Swapgeschäften nicht sanktioniert wird. Bei den streitgegenständlichen Swapgeschäften geht es vornehmlich um die konkrete Ausgestaltung (Strukturierung) der Finanzderivate also um das „wie“.
110b)
111Die Klage ist allerdings hinsichtlich des Klageantrages zu 2. in Bezug auf die reinen Zahlerswaps mit den Referenznummern #######D und #######D unbegründet. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 14.09.2012 erklärt, dass hinsichtlich dieser beiden einfachen Zahlerswaps die Konnexität nicht bestritten wird. Der Abschluss reiner einfacher konnexer Zahlerswaps ist nicht sittenwidrig. Hierbei handelt es sich um ein zulässiges Mittel im Rahmen der Kreditsicherung und des Schuldenmanagements.
112c)
113Die Klage ist allerdings mit den Anträgen zu 1), 3) und 4) unbegründet.
114aa)
115Zunächst hat die Klägerin gegen die Beklagten keinen bereicherungsrechtlichen Anspruch aus § 812 I 1 1. Alt. bzw. § 817 S. 1 BGB, da einem bereicherungsrechtlichen Anspruch § 817 S. 2 BGB entgegensteht. Nach § 817 S. 2 BGB ist die Rückforderung ausgeschlossen, wenn der Leistende vorsätzlich sittenwidrig handelt. Die Vorschrift versagt für die Rückabwicklung eines zweifelhaften Rechtsgeschäftes deren gerichtliche Durchsetzbarkeit. Wer sich selbst außerhalb der Sitten- und Rechtsordnung stellt, soll hierfür keinen Schutz erhalten. § 817 S. 2 BGB ist als rechtshindernde Einwendung von Amts wegen zu beachten. Ausgeschlossen ist im Grundsatz sowohl der Anspruch auf das Erlangte wie auf Wertersatz sowie deren Berücksichtigung im Rahmen einer Saldierung.
116Die Gemeinde muss sich ein begründetes Hindernis der Rechtsverfolgung nach § 817 S. 2 BGB entgegenhalten lassen. Denn wie bereits oben erörtert war der Klägerin die Kenntnis der sittenwidrigen Umstände der für sie handelnden Personen (Bürgermeister/Stadtkämmerer) zuzurechnen.
117Außerdem kann die Kammer bei den Vertretern der Klägerin einen Rechtsirrtum im Hinblick auf die Erlaubnis zu derartigen Swapgeschäften ausschließen. Zwar sind Swapgeschäfte nach dem Derivateerlass vom 9.10.2006 grundsätzlich erlaubt (vgl Runderlass über Kredite und kreditähnliche Rechtsgeschäfte der Gemeinden vom 9.10.2006, SMBL. NRW 652). Allerdings ergibt sich bereits aus dem Erlass, dass es eine Sicherungsbeziehung zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft existieren muss.
118Zudem waren die Vertreter der Klägerin bereits aus den zwischen den Parteien festgelegten Richtlinien ausreichend darüber aufgeklärt, dass Finanzderivate nicht losgelöst von konkret zu Grunde liegenden Kreditgeschäften abgeschlossen werden dürfen (vgl. Anlage K 6). Außerdem können sich die Vertreter der Klägerin auch nicht darauf zurückziehen, sie hätten der Beklagten die Zuordnung zu den Darlehen überlassen. Denn gerade daraus ergibt sich, dass eine konkrete Zuordnung von vornherein gar nicht vorgesehen war, sondern lediglich durch die Beklagte pro forma vorgenommen werden sollte. Vielmehr stand auch für die Klägerin die Möglichkeit, durch Spekulationen mit Steuergeldern Gewinne zu erzielen, im Fokus der von ihr gewählten Anlagestrategie.
119Bereits aus dem o.g. Derivateerlass des Landes NRW ergibt sich, dass der Sicherungszusammenhang zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft über die gesamte Laufzeit des Zinsderivats nachvollziehbar und transparent dokumentiert sein muss. Das haben die Vertreter der Klägerin nach eigenem Vortrag unterlassen bzw. nicht ausreichend kontrolliert.
120Zudem würde sich ein unbilliges Ergebnis ergeben, wenn die Klägerin ihrerseits geleistete Beträge zurückfordern könnte. Denn für diesen Fall blieben weiterhin Anreize, die durch die Rechtsordnung nicht gebilligten Swapgeschäfte auch künftig abzuschließen, mit der Aussicht, Gewinne zu behalten und etwaige Verluste unter Hinweis auf § 138 I BGB zurückfordern zu können.
121bb)
122Die Klägerin hat gegen die Beklagten auch keinen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 280 I BGB i. V. m. einem Beratungsvertrag in der beantragten Höhe.
123(1)
124Hinsichtlich der unwirksamen Swapgeschäfte fehlt es bereits an einem Schuldverhältnis, da diese –wie bereits oben erörtert- sittenwidrig sind.
125(2)
126In Bezug auf die beiden wirksamen Zahlerswaps mit der Referenznummer #######D vom 24.02.2011 (Anlage K 14) und der Referenznummer #######D vom 28.03.2011 (Anlage K 15) besteht kein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung einer Beratungspflicht, da keine Beratungspflicht verletzt wurde. Die Beklagte musste nicht über den anfänglichen negativen Marktwert der beiden Swaps aufklären.
127Es handelt sich bei den beiden wirksamen Zahlerswaps um einfache „Plain Vanilla Swaps“, bei denen bei Abschluss offensichtlich war, dass das Geschäft zu Beginn negativ ist. Niedrige Zinssätze wurden gegen einen Festzins getauscht, der zu Beginn der Laufzeit erheblich höher war als der getauschte Zins.
128Bei dem Zinsswap #######D wurde ein variabler Zinssatz, der sich nach dem 6-Monats Euribor berechnete, gegen den Festsatz von 3,5 % getauscht. Der 6 Monats-Euribor betrug zum Anfangsdatum am 28.02.2011 1,37 %.
129Bei dem Zinsswap #######D wurde ein variabler Zinssatz, der für den ersten Berechnungszeitraum 1,521 % betrug, gegen den Festsatz von 3,865 % getauscht.
130Der anfängliche negative Marktwert ist aufgrund des Anfangsverhältnisses zwischen den getauschten Zinssätzen offensichtlich.
131Bei einem Zahlerswap mit einem festen Zinssatz verzichtet der Kunde bewusst auf Ertragschancen, die sich aus einem sinkenden variablen Zinssatz ergeben können. Seine Belastung und die Marktüblichkeit des Zinssatzes für das über den Swap-Vertrag erzeugte „virtuelle Festzinsdarlehen“ kann er selbst beurteilen (OLG Stuttgart, Urteil vom 27.06.2012, Az.: 9 U 140/11, zitiert nach juris Rn.: 44).
132(3)
133Auch aus dem Rahmenberatungsvertrag zwischen den Parteien ergibt sich kein Schadensersatzanspruch.
134Hinsichtlich der wirksamen Zahlerswaps liegt bereits kein Beratungs- oder Aufklärungsfehler vor.
135Hinsichtlich der unwirksamen Swapgeschäfte schuldete die Beklagte schon gar keine Anlage- und Anlegergerechte Beratung. Auch fehlt es hier an der erforderlichen Kausalität, da die Klägerin -wie bereits oben erörtert- in Kenntnis der sittenwidrigen Umstände handelte, sodass nicht anzunehmen ist, dass sie im Falle der vollständigen Aufklärung von dem Geschäft Abstand genommen hätte.
136cc)
137Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Schadensersatzanspruch gem. § 826 BGB, da sie –wie bereits oben erörtert- Kenntnis von den Umständen hatte, die zur Sittenwidrigkeit der Einzelabschlüsse führen.
138dd)
139Die Klägerin hat aus den oben genannten Gründen auch kein Anspruch auf Ersatz zukünftiger Schäden.
140d)
141Auch der Antrag zu 4) ist unbegründet. Soweit der Antrag zu 4) die Vergütung für die Anträge zu 1) und 3) umfasst, besteht kein Anspruch, da die Klägerin –wie bereits oben erörtert- keinen Anspruch auf die Hauptforderung hat.
142Auch hinsichtlich der erfolgreichen Feststellungsanträge ergibt sich kein Anspruch aus §§ 286 I, 280 I, II BGB, da es an einer Pflichtverletzung fehlt. Denn der Klägerin geht es lediglich um die Abwehr von unberechtigten Ansprüchen, bei denen Rechtsverteidigungskosten nicht ersatzfähig sind (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 280, Rn. 27; BGH NJW 2009, 1262).Ein Schadensersatzanspruch aus § 280 I BGB i.V.m. dem Rahmenberatungsvertrag besteht nicht, da die Geltendmachung von vermeintlichen vertraglichen Ansprüchen keine Pflichtverletzung des Beratungsvertrages darstellt.
143II.
144Die Widerklage ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet.
1451.
146Der besondere prozessuale Zusammenhang zwischen der Klage und der Widerklage im Sinne von § 33 ZPO besteht, da die Gegenansprüche der Beklagten mit den Anträgen aus der Klageschrift in einem rechtlichen Zusammenhang stehen, weil sie jeweils Forderungen aus denselben Swapgeschäften betreffen.
1472.
148Des Weiteren sind die Klageerweiterungen aus den Schriftsätzen vom 23.01.2013 und 16.05.2013 gemäß §§ 267, 263 ZPO zulässig, da sich die Klägerin dazu in der mündlichen Verhandlung vom 17.05.2013 rügelos eingelassen hat.
1493.
150Die Widerklage ist unbegründet, da –wie bereits oben erörtert- die streitgegenständlichen Verträge gem. § 138 I BGB sittenwidrig sind.
151Die Beklagte begehrt mit der Widerklage nur Zahlungen aus den nichtigen CHF Plus-Swaps mit den Referenznummern #######D und #######D (vgl. Aufstellung Bl. 611 f d. A.).
152III.
153Die Anträge des Klägervertreters auf Einräumung einer Schriftsatzfrist zu dem Schriftsatz vom 16.05.2013 sowie des Beklagtenvertreters zu dem Schriftsatz vom 08.05.2013 werden zurückgewiesen.
154Dabei kann es dahinstehen, ob überhaupt die Voraussetzungen des § 283 ZPO vorliegen, da die Schriftsätze vom 08.05.2013 und 16.05.2013 lediglich Rechtsansichten erhalten, die sowohl in dem Prozessstoff bis zum 08.05.2013 von ca. 660 Seiten, als auch in der mündlichen Verhandlung vom 17.05.2013 ausführlich erörtert worden sind.
155Soweit es in dem Schriftsatz vom 08.05.2013 um eine Klageerweiterung geht, so ist nicht davon auszugehen, dass der Klägervertreter die tatsächlichen Behauptungen bestreiten wollte, da er sich auf die Klageerweiterung rügelos eingelassen hat, so wie er sich auch auf die inhaltlich bis auf die Fixingzeitpunkte entsprechende vorherige Klageerweiterung aus dem Schriftsatz vom 23.01.2013 rügelos eingelassen hat.
156Die weiteren Anträge der Prozessbevollmächtigten auf Einräumung einer Schriftsatzfrist zu den Erörterungen im Termin vom 17.05.2013 werden ebenfalls zurückgewiesen, da es sich bei den Ausführungen des Gerichts ausschließlich um Rechtsfragen handelte, sogar um solche, die bereits schriftsätzlich von beiden Parteien angesprochen worden sind. Die Kammer hat den Prozessbevollmächtigten insofern in der Sitzung umfassend Gelegenheit gegeben, zu den von ihr behandelten Rechtsfragen Stellung zu nehmen.
157IV.
158Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 25.06.2013 und 26.06.2013 ändern nichts an den oben angesprochenen Erwägungen.
159Soweit die Klägerseite mit Schriftsatz vom 26.06.2013 eine Kenntnis der für die Klägerin handelnden Personen von dem fehlenden Grundgeschäftsbezug und damit der isolierten Spekulation behauptet und darauf verweist, dass dieser nicht einmal von der Beklagten vorgetragen wird, kommt es aus Sicht der Kammer nicht darauf an. Denn wie bereits oben erörtert, ergab sich aus den unstreitigen Umständen der Einzelabschlüsse, dass eine Zuordnung nicht vorgenommen worden ist, was auch für die Beteiligten der Klägerin offensichtlich war. Zudem hat die Klägerseite selbst behauptet, man habe eine Zuordnung der Beklagten überlassen. Insoweit hatten die für die Klägerin handelnden Personen jedenfalls auch Kenntnis davon, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäfts keinerlei dokumentierte Zuordnung vorlag.
160Soweit behauptet wird, der Bürgermeister und der Beigeordnete hätten das unfaire Chance-/Risikoverhältnis nicht erkannt, so hat die Kammer bereits oben erörtert, dass sie ohnehin davon ausgeht, dass dieses nur Finanzmathematikern zugänglich sein dürfte.
161Darüber hinaus enthält der Schriftsatz Rechtsansichten, mit denen sich die Kammer auseinandergesetzt hat.
162Der Schriftsatz der Beklagtenseite vom 25.06.2013 enthält überwiegend Rechtsansichten, mit denen sich die Kammer auseinandergesetzt hat. Soweit die Beklagte behauptet, den streitgegenständlichen Swapgeschäften wären Darlehen der Klägerin zuzuordnen, verweist sie auf die Klageerwiderung, mit der sich die Kammer auseinandergesetzt hat.
163B.
164Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Sie entspricht dem Umfang, in dem die Klägerin obsiegt hat und die Beklagte unterlegen ist.
165Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 2 ZPO.
166C.
167Der Streitwert wird festgesetzt auf 10.078.126,87 €. Die Widerklage wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus, da die Ansprüche aufgrund der umfassenden Feststellungsanträge denselben Gegenstand betreffen (§ 45 I 3 GKG).
168Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, gegenüber der Beklagten zu 2 jedoch nur gegen Sicherheitsleistung von 110% des jeweils zur Vollstreckung gestellten Betrages.
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