Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 259/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann schlossen im November 2004 einen Vertrag, der die Vermittlung von Reisen und die Erbringung von diversen Reiseserviceleistungen zum Gegenstand hatte. Grundlage des Vertrags waren das Schreiben der E, handelnd für die E2, sowie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der E3, deren Komplementärin die Beklagte ist. Vereinbart wurde u.a. die Zahlung eines Monatsbeitrags in Höhe von zunächst 44,50 Euro, der einen Anspruch auf „Reisewerte“ begründen sollte. Diese „Reisewerte sollten mit dem Reisepreis bestimmter vermittelter Reisen teilweise verrechnet werden. In den von der Klägerin vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der ReiseClub D GmbH & Co.KG heißt es unter Ziffer 2 u.a., dass der Vermittlungsvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen werde und eine Kündigung jederzeitig mit einer Kündigungsfrist von sechs Wochen möglich sei. Daneben heißt es in Ziffer 5 der AGB u.a., dass die Barauszahlung nicht verrechneter Reisewerte ausgeschlossen sei. Weder die Klägerin noch ihr verstorbener Ehemann nahmen die Leistungen der Beklagten in Anspruch.
3Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.10.2012 erklärte die Klägerin die Kündigung des Vertrages. Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Rückerstattung ihrer teilweise streitigen Zahlungen.
4Die Klägerin behauptet, dass die Beklagte Vertragspartnerin des streitgegenständlichen Reiseservicevertrags sei und ihr ein Anspruch auf Rückzahlung der Zahlungen zustehe.
5Die Klägerin beantragt,
6die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.000,00 Euro nebst 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz liegender Zinsen hieraus seit 01.12.2012 zu zahlen;
7die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 546,69 Euro nebst 5 % über dem Basiszinssatz liegender Zinsen hieraus seit 01.12.2012 zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte behauptet, Vertragspartnerin der Klägerin sei die E.
11Entscheidungsgründe
12Die zulässige Klage ist unbegründet.
13Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung ihrer teilweise streitigen Zahlungen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Daher konnte dahinstehen, ob die Beklagte Vertragspartnerin der Klägerin und ihres verstorbenen Ehemannes geworden ist.
14Eine vertragliche Anspruchsgrundlage hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Eine Vereinbarung, die ein jederzeitiges Rückforderungsrecht der Klägerin bzw. ein Rückzahlungsanspruch nach Beendigung des Vertrags zum Gegenstand hat, hat die Klägerin schon nicht behauptet. Vielmehr ergibt sich aus den Vertragsunterlagen, insbesondere aus Ziffer 5 der AGB, dass ein solcher Anspruch gerade nicht bestehen sollte. Auf die an §§ 305 ff. BGB zu messende Wirksamkeit der streitgegenständlichen Klausel kommt es dabei vorliegend nicht an. Zwischen den Parteien wurde unstreitig ein Servicevertrag geschlossen, wonach die Klägerin und ihr Ehemann einen monatlichen Beitrag zahlen mussten. Die so „angesammelten“ Reisewerte sollten dann bei Buchung einer Reise verrechnet werden. Aus diesem Vertragsinhalt ergibt sich selbst ohne die streitgegenständliche Klausel kein Rückzahlungsanspruch der Klägerin (vgl. ebenso LG Köln, Hinweisbeschluss 13.08.2010, Az.: 9 S 174/10, Anl. B 5). Durch die Kündigung ist der Vertrag lediglich beendet worden, ein Rückforderungsanspruch für die Vergangenheit ergibt hieraus indes nicht.
15Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auch nicht aus §§ 700, 488 BGB zu. Ein Verwahrungsvertrag liegt nur vor, wenn vertretbare Sachen in der Art bei dem Verwahrer hinterlegt werden, dass das Eigentum auf den Verwahrer übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurück zu gewähren, § 700 Abs. 1 S. 1 BGB. Das vorliegend in Betracht kommende Einlagengeschäft als Sonderform des unregelmäßigen Verwahrungsvertrags ist in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG umschrieben. Danach ist sein Gegenstand die Annahme fremder Gelder als Einlagen ohne Rücksicht auf die Verzinslichkeit. Zweck des Geschäfts ist es aus der Perspektive einer Bank, diejenige Verfügungsfreiheit über die Gelder zu erlangen, die sie braucht, um die empfangenen Beträge im Rahmen des Kreditgeschäfts wieder zu vergeben. Aus der Kundenperspektive geht es zumeist primär darum, die Sorge für das Geld loszuwerden, aber die Möglichkeit jederzeitiger Verfügung über den Gegenwert zu behalten (vgl. Henssler in MüKo, BGB, 6. Aufl. 2012, § 700, Rn. 15). Eine solche jederzeitige Verfügbarkeit ist in dem vorliegenden Vertrag unstreitig nicht vereinbart. Dieser ist vielmehr so ausgestaltet, dass die angesammelten Werte weder während noch nach dem Ende des Vertrags in Bargeld umgerechnet an den Kunden zurückgezahlt werden. Die „angesparten“ Reisewerte können nur auf eine Reisebuchung verrechnet werden.
16Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auch nicht aus § 812 BGB zu, da die Zahlungen aufgrund des Reiseservicevertrags und damit nicht ohne Rechtsgrund erfolgt sind. Der Rechtsgrund ist auch nicht rückwirkend wegen Sittenwidrigkeit i.S.d. § 138 BGB entfallen. Ein Vertrag ist nur dann als sittenwidrig anzusehen, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein grobes Missverhältnisses besteht. Ob ein solches Missverhältnis vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu bewerten (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 72. Auflage 2013, § 138, Rn. 34b). Ein grobes Missverhältnis liegt hier nicht vor, da die Klägerin bei Buchung einer Reise ihre „angesammelten Reisewerte“ hätte verbrauchen können und ihr damit wertmäßig Reisewerte zugestanden hätten, die über ihre geleisteten Zahlungen hinausgegangen wären. Von einer minderwertigen oder gar wertlosen Gegenleistung kann daher nicht ausgegangen werden.
17Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auch aus keinem anderen Rechtsgrund zu.
18Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Referenzen
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