Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 257/13
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von 6.000,00 € werden dem Kläger auferlegt.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist der Bruder der am 00.00.2012 verstorbenen X. Alleinerbin der Erblasserin ist Frau T.
3Die Erblasserin unterhielt bei der Beklagten ein Sparkonto nebst Sparkassenbuch mit der Nr. ########9. Am 11.09.2001 unterzeichnete die Erblasserin eine „Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall“ betreffend das vorbezeichnete Sparkonto (Anlage S&J1 = Bl. 31 d.A.). Unter Ziff. 1. der Verfügung, die die Beklagte (nicht aber der Kläger) gegengezeichnet hat, ist bestimmt, dass mit dem Zeitpunkt des Todes der Erblasserin alle Rechte aus dem Konto unmittelbar auf den Kläger übergehen. Unter Ziff. 5. der Verfügung heisst es weiter: „Der Gläubiger (d.h. die Erblasserin) hat den Begünstigten (d.h. den Kläger) über die Vereinbarung bereits informiert bzw. wird den Begünstigten (d.h. den Kläger) über die Vereinbarung informieren.“ Tatsächlich hatte der Kläger zu Lebzeiten der Erblasserin von dieser Verfügung keine Kenntnis.
4Nach dem Tod der Erblasserin nahm Frau T die Erbschaft an und in ihren Besitz. Am 26.06.2012 legte Frau T in der Geschäftsstelle der Beklagten in E die Sterbeurkunde und eine erste Rechnung für Beerdigungskosten vor. Am 26.06. und 02.07.2012 wurden im Auftrag von Frau T Rechnungsbeträge auf ein zum Nachlass gehörendes Girokonto übertragen und von dort an die Empfänger überwiesen.
5Im September oder Oktober 2012 – frühestens drei Monate nach dem Tod der Erblasserin – erfuhr der Kläger von der Verfügung der Erblasserin über ihr Sparkonto vom 11.09.2001. Am 15.09.2012 besuchten Frau T und ihr Ehemann den Kläger in seinem Haus und baten ihn, ein mit „Antrag auf Kontoschließung für Konto #########9“ überschriebenes Formular der Beklagten (Bl. 9 f. d.A.) zu unterzeichnen und eine Kopie seines Personalausweises beizufügen. Noch am 15.09.2012 unterzeichnete der Kläger den Kontoschließungsantrag. Da ihm die Angelegenheit aber „sehr suspekt“ vorgekommen war, begab er sich zwei Tage später, am 17.09.2012, im Beisein seiner Ehefrau mit dem Originalantrag in die Mengeder Geschäftsstelle der Beklagten, um zu erfahren, was es mit dem Kontoauflösungsantrag überhaupt auf sich hat. Erst nach Einschaltung seiner
6Verfahrensbevollmächtigten erfuhr der Kläger im Zuge der außergerichtlichen Korrespondenz von der Verfügung der Erblasserin vom 11.09.2001.
7In der Folge löste die Beklagte auf Weisung von Frau T das streitgegenständliche Sparkonto auf und transferierte das dort zuletzt noch vorhandene Guthaben auf ein Girokonto des Nachlasses.
8Der Kläger ist der Auffassung, dass er nach wie vor Begünstigter der Verfügung der Erblasserin vom 11.09.2001 sei. Das – dem Kläger der Höhe nach nicht bekannte – Sparkontoguthaben habe ihm zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin zugestanden.
9Der Kläger begehrt im Wege einer Stufenklage von der Beklagten (1.) Auskunft über den Guthabenstand des Sparkontos zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin, (2.) sodann Zahlung des nach der Auskunftserteilung zu beziffernden Geldbetrages nebst Zinsen sowie (3.) Zahlung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 546,69 € nebst Zinsen.
10Der Kläger beantragt,
111.
12die Beklagte zu verpflichten, Auskünfte über den Guthabenstand des Kontos mit der Nummer ########9, frühere Inhaberin X, I-straße ##, ##### E, zum Zeitpunkt des Todes der Frau X, nämlich 00.00.2012, zu erteilen;
132.
14die Beklagte zu verurteilen, einen noch nach der vollständigen Auskunftserteilung zu beziffernden Geldbetrag nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2012 an den Kläger zu zahlen;
153.
16die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 546,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Sie tritt den Ausführungen des Klägers entgegen und ist der Ansicht, dass ein Schenkungsvertrag zwischen der Erblasserin und dem Kläger weder zu Lebzeiten der Erblasserin noch danach zustande gekommen sei. Damit fehle es an einem den Rechtserwerb (aufgrund Verfügung der Erblasserin vom 11.09.2001) begründenden Valutaverhältnis.
20Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Terminsprotokoll vom 18.12.2013 (Bl. 53, 53R d.A.) Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe:
221.
23Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
24Dem Kläger stehen aus dem Sparkonto der Erblasserin keine Rechte mehr zu, so dass weder der verfolgte Auskunfts- (Klageantrag zu Ziff. 1.) noch der geltend gemachte Leistungsanspruch (Klageantrag zu Ziff. 2.) begründet sind.
25Im Deckungsverhältnis zu der Beklagten ist der Kläger zwar mit dem Tode der Erblasserin am 00.00.2012 nach der Auslegungsregel des § 331 Abs. 1 BGB unmittelbar Inhaber der Rechte aus dem Sparkonto geworden.
26Jedoch hat der Kläger im Valutaverhältnis zu Frau T die Forderungen gegen die Beklagte aus dem Konto ohne Rechtsgrund erworben. Das Fehlen eines Rechtsgrunds im Valutaverhältnis kann die Beklagte vorliegend gegenüber dem Auszahlungsanspruch des Klägers (und auch gegenüber seinem vorgelagerten Auskunftsanspruch) unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) einwenden.
27Das Valutaverhältnis betrifft die Frage, ob der Kläger im Verhältnis zu Frau T berechtigt war, die ihm durch Verfügung zugunsten Dritter auf den Todesfall zugewandten Sparforderungen zu behalten. Denn die Verfügung zugunsten Dritter allein schafft im Valutaverhältnis zu den Erben nicht den in diesem Verhältnis notwendigen Rechtsgrund für die Zuwendung der Forderungen. Eine hier allein in Betracht kommende Schenkung gemäß den §§ 516 ff. BGB ist nicht vereinbart worden. Es fehlt schon an einem entsprechenden Schenkungsangebot der Erblasserin gegenüber dem Kläger. Unstreitig hat der Kläger erst mehrere Monate nach dem Tod der Erblasserin Kenntnis von der zu seinen Gunsten getroffenen Verfügung der Erblasserin vom 11.09.2001 erhalten. Von der Begünstigungsabrede hat der Kläger nur zufällig – nämlich im Nachgang des Besuches von Frau T am 15.09.2012 in seinem Haus – erfahren. Dem Kläger ist ein Schenkungsangebot der Erblasserin auch nicht nach dem Tod der Erblasserin durch Dritte – etwa durch die Beklagte – übermittelt worden. Denn auch insofern lässt sich weder feststellen, dass die Erblasserin der Beklagten den Auftrag erteilt hätte, ein Schenkungsangebot weiterzuleiten, noch hat die Beklagte tatsächlich ein entsprechendes Angebot gegenüber dem Kläger abgegeben. Zwar ist es grundsätzlich möglich, dass die Bank dem Begünstigten ein Schenkungsangebot übermittelt. Das setzt aber voraus, dass der Erblasser der Bank tatsächlich einen entsprechenden Auftrag zur Übermittlung einer Schenkungsofferte erteilt hat. An einem solchen Auftrag fehlt es hier ausweislich der von der Beklagten vorgelegten schriftlichen Verfügung der Erblasserin vom 11.09.2001. Dass ein solcher Auftrag durch die Erblasserin anderweitig gegenüber der Beklagten erteilt worden ist, hat der Kläger nicht behauptet. Fehlt es somit schon an einem Schenkungsversprechen der Erblasserin, kommt es auf die Frage einer eventuellen Annahme des Schenkungsangebots durch den Kläger nicht mehr an (vgl. zum Ganzen: OLG Hamm, Urt. v. 07.02.1996 – 31 U 172/95 – NJW-RR 1996, 1328; ebenso: OLG Schleswig, Beschl. v. 20.03.2013 – 3 U 62/12 – BeckRS 2013, 17424; Mayer, DNotZ 2000, 905, 917; Palandt-Grüneberg, BGB, 72. Auflage 2013, § 331 Rn. 5; Janoschek, in: BeckOK BGB, Hrsg.: Bamberger/Roth, Stand: 01.11.2013, § 331 Rn. 5).
28Die Klage war nach alledem abzuweisen. Auf mögliche „Merkwürdigkeiten“ bzw. ein mögliches Fehlverhalten der Mitarbeiterinnen der Beklagten (namentlich Frau C und Frau L) gegenüber dem Kläger am 17.09.2012 und nachfolgend kommt es nicht an. Auch der Kontoschließungsantrag des Klägers vom 15.09.2012 ist für die Entscheidung nicht von Bedeutung. Ebenso wenig kommt es auf einen „Widerruf der Spareinlage“ an.
292.
30Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Den Streitwert hat das Gericht gemäß den §§ 3, 5 ZPO entsprechend der vorläufigen Festsetzung durch Beschluss vom 04.07.2013 (Bl. 15R d.A.) auf 6.000,00 € festgesetzt. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.
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