Urteil vom Landgericht Dortmund - 1 S 178/13
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts X vom 07.05.2013 zum Aktenzeichen 2 C ###/## wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
1
G r ü n d e :
2I.
3Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. § 62 Abs. 2 S. 2 WEG abgesehen.
4II.
5Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung des Klägers ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässig.
6Das Rechtsmittel bleibt in der Sache insgesamt erfolglos. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine für den Kläger vorteilhaftere Entscheidung (§ 513 ZPO).
71.
8Die Berufung hat zunächst hinsichtlich der Ungültigerklärung des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 23.02.2012 zu TOP 6.3 keinen Erfolg.
9a)
10Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 23.02.2012 zu TOP 6.3 ist nicht anfechtbar, soweit er die Wartung der Dachflächenfenster regelt.
11aa)
12Der Beschluss ist nicht nichtig.
13(1)
14Er ist hinreichend bestimmt. Bei Maßnahmen der Instandhaltung oder –setzung muss hinreichend bestimmt sein, welche konkreten Maßnahmen vorgenommen werden sollen. Regelmäßig müssen die Grundfragen der Art und Weise der Durchführung, also Umfang, Finanzierung, Ablauf und Kostenvoranschläge, geregelt werden (Bärmann/Merle, WEG, 12. Aufl., § 23 Rn. 56 m. w. N.). Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Beschluss. Er regelt insbesondere die Grundfragen der Art und Weise der Durchführung der Wartung der Fenster. Das ergibt sich insbesondere aus dem beigefügten Angebot der Firma Velux, dem sich auch unschwer entnehmen lässt, dass keine regelmäßige Wartung vorgesehen war. Es ist auch nicht erforderlich, dass ein Beschluss regelt, was von dem Beschluss nicht umfasst sein soll.
15Auch die Bezugnahme auf das Angebot der Firma Velux führt nicht zu einer Unbestimmtheit. Die Bezugnahme auf ein bestimmtes Angebot ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn das Angebot mit hinreichender Sicherheit bestimmbar ist (Bärmann/Merle, WEG, 12. Aufl., § 23 Rn. 56 m. w. N.). Das ist hier bei der Bezugnahme auf das Angebot der Firma Velux der Fall, weil das Angebot insbesondere datumsmäßig bestimmt ist und den einzelnen Teileigentümern vorgelegen hat.
16(2)
17Die Wohnungseigentümergemeinschaft verfügt über die erforderliche Beschlusskompetenz. Diese ergibt sich aus § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG. Danach gehört zur ordnungsgemäßen Verwaltung insbesondere die Instandhaltung und -setzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Dachflächenfenster sind gemäß § 5 Abs. 2 WEG zwingendes Gemeinschaftseigentum (Bärmann/Armbrüster, WEG, 12. Aufl., § 5 Rn. 76 m. w. N.). Die Zugehörigkeit zum Gemeinschaftseigentum ist nicht durch eine Vereinbarung abdingbar. Eine dem entgegen gesetzte Zuordnung zum Sondereigentum ist nichtig.
18bb)
19Der Beschluss verstößt weiter nicht gegen § 21 Abs. 4 WEG. Er entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.
20(1)
21Es liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung vor. Dieser ist durch Beschluss nicht betroffen. Der wesentliche Inhalt des Grundsatzes der Gleichbehandlung ist, dass innerhalb des Gemeinschaftsverhältnisses jedes Mitglied bei gleichen Voraussetzungen gleich behandelt werden muss (Bärmann/Merle, WEG, 12. Aufl., § 25 Rn. 201). Durch die Wartung der Dachflächenfenster wird keinem Wohnungseigentümer ein unrechtmäßiger Vorteil zuerkannt.
22(2)
23Auch die in dem Beschluss vorgesehene Kostenverteilung widerspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
24Die Kosten für die Wartung der Fenster sind als Kosten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu betrachten und dementsprechend gemäß § 16 Abs. 2 WEG nach Miteigentumsanteilen zu verteilen.
25(a)
26Dem Kläger ist zuzugeben, dass eine in der Gemeinschaftsordnung enthaltene und aus den obigen Erwägungen nichtige Regelung, wonach Fenster zum Bestandteil des Sondereigentums gehören, im Einzelfall im Wege der Umdeutung dahin verstanden werden kann, dass die Kostenlast für die jeweilige Maßnahme denjenigen Wohnungseigentümern aufgebürdet wird, in deren Wohnung sich die zu erneuernden oder zu wartenden Fenster befinden. Voraussetzung dafür ist jedoch das Bestehen einer weiteren Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung, dass jeder Wohnungseigentümer sein Sondereigentum auf seine Kosten instandzuhalten und instandzusetzen hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.01.1998, Az.: 3 Wx 546/97; OLG Hamm, Beschl. v. 13.08.1996, Az.: 15 W 115/96, zitiert jeweils nach juris). Denn ein unbefangener Erwerber eines Wohnungseigentums kann in diesem Fall der Teilungserklärung als Grundbuchinhalt entnehmen, dass die Gemeinschaft mit solchen Kosten nicht belastet werden soll, sondern vielmehr die Erneuerung von Fenstern, soweit sie sich in seiner Wohnung befinden, zu dem ihm zugewiesenen Pflichten- und Lastenkreis gehört. Der fehlgeschlagenen sachenrechtlichen Erklärung kann dann entnommen werden, dass die Pflicht zur Unterhaltung bestimmter Bauteile einzelnen Wohnungseigentümern obliegen soll (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.01.1998, Az.: 3 Wx 546/97, zitiert nach juris).
27(b)
28Eine Regelung, dass jeder Wohnungseigentümer das in seinem Eigentum stehende Sondereigentum auf seine Kosten instandsetzen und instandhalten muss, enthält die Teilungserklärung nicht. Vielmehr enthält sie in § 7 Ziffer 1 die Regelung, dass insbesondere die Instandhaltung der Fenster und Rollläden der Gemeinschaft obliegt. Aus der Teilungserklärung geht somit nicht erkennbar hervor, dass eine Kostentragungspflicht hinsichtlich der Fenster oder der Rollläden begründet werden sollte. Ein unbefangener Erwerber muss nicht davon ausgehen, dass die Kosten hinsichtlich der Fenster grundsätzlich von dem jeweiligen Wohnungseigentümer zu tragen sind.
29Aus der klägerseits angeführten Entscheidung des OLG Hamm vom 06.03.2011, Az.: 15 W 320/00, folgt keine abweichende Einordnung. Aus ihr ergibt sich vielmehr die im vorliegenden Fall vorgesehene Kostenverteilung.
30b)
31Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 23.02.2012 zu TOP 6.3 entspricht auch insoweit ordnungsgemäßer Verwaltung, als dort der Austausch zweier Dachflächenfenster beschlossen worden ist.
32aa)
33Der Beschluss ist auch insoweit nicht nichtig.
34(1)
35Er ist hinreichend bestimmt. Die Grundfragen der Art und Weise der Durchführung der konkreten Maßnahme werden geregelt.
36(2)
37Die Beschlusskompetenz folgt aus § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG. Denn Rollläden sind gemäß § 5 Abs. 1 WEG zwingendes Gemeinschaftseigentum. Außenjalousien betreffen die äußere Gestaltung des Gebäudes (Bärmann/Armbrüster, WEG, 12. Aufl., § 5 Rn. 55 m. w. N.) und können deshalb gemäß § 5 Abs. 1 WEG nicht dem Sondereigentum zugeordnet werden.
38bb)
39Der Beschluss verstößt weiter nicht gegen § 21 Abs. 4 WEG.
40(1)
41Das gilt zunächst aus den obigen Gründen hinsichtlich der Kostentragungsregelung.
42(2)
43Der vom Kläger vorgetragene Anfechtungsgrund, der Austausch der Rollläden sei nicht erforderlich gewesen, ist nicht berücksichtigungsfähig, weil er außerhalb der Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG erfolgt ist.
442.
45Die Kostenentscheidung des Ausgangsgerichtes ist nicht zu berichtigen.
46a)
47Der ursprünglich angefochtene Negativbeschluss der Eigentümerversammlung vom 23.02.2012 zu TOP 8 entsprach, unabhängig von einer noch durchzuführenden Beweisaufnahme, ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne von § 21 Abs. 4 WEG.
48Im Zeitpunkt der beantragten Abberufung lag kein wichtiger Grund vor, der eine Abberufung der Verwaltung rechtfertigt.
49Die Abberufung der Verwaltung setzt vorliegend wegen § 15 Ziffer 3 der Teilungserklärung i. V. m. § 26 Abs. 1 S. 3 WEG das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraus. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn den Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände im konkreten Einzelfall nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann und deshalb das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist. Das erforderliche Vertrauensverhältnis kann insbesondere infolge schwerwiegender Pflichtverstöße, durch Rechtsmissbrauch oder aus mehreren tatsächlichen Umständen zerstört sein. Weiter kann ein einzelner Wohnungseigentümer auch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht zwingend die Abberufung der Verwaltung verlangen. Aufgrund ihres Selbstorganisationsrechtes steht der Wohnungseigentümergemeinschaft ein Beurteilungsspielraum zu. Ein Anspruch auf Abberufung besteht erst dann, wenn die Nichtabberufung nicht mehr ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen würde. Die Ablehnung der Abberufung muss aus objektiver Sicht nicht mehr vertretbar erscheinen.
50Ein solcher Fall ist nicht gegeben.
51aa)
52Zunächst rechtfertigt die verzögerte Erstellung der Jahresabrechnungen 2008 bis 2010 nicht die Annahme eines schwerwiegenden Grundes.
53(1)
54Die Nichterstellung der Jahresabrechnung für die Jahre 2008 und 2009 stellt keinen wichtigen Grund dar. Es liegt schon keine Pflichtverletzung vor. Der Verwalter war zur Erstellung dieser Jahresabrechnungen nicht verpflichtet, weil er die Verwaltung erst im Jahre 2010 übernommen hat.
55Sofern sich der Verwalter, dem unstreitigen Vortrag folgend, aus Kulanz bereit erklärt hat, auch die Abrechnungen für 2008 und 2009 zu erstellen, ist ihm die fehlende Vorlage bis Anfang 2012 nicht vorzuwerfen, weil die Erstellung der Jahresabrechnung dadurch erschwert worden ist, dass der Verwaltung die entsprechenden Unterlagen zunächst nicht vorgelegen haben. Zudem standen sowohl hinsichtlich der Jahresabrechnung 2008, als auch hinsichtlich der Jahresabrechnung 2009, verschiedene Punkte unter den Wohnungseigentümern in Streit. Hinsichtlich der Jahresabrechnung 2009 stimmten dabei sogar die Teileigentümer darin überein, zunächst den Ausgang des Rechtsstreits abzuwarten.
56(2)
57Auch die fehlende Erstellung der Jahresabrechnung für das Jahr 2010 rechtfertigt nicht die Abberufung des Verwalters. Die Schwierigkeiten bei der Erstellung der Jahresabrechnung für das Jahr 2010 sind nachvollziehbar. Sie resultierten überwiegend aus der Übernahme der Verwaltung zum 01.06.2010 und den fehlenden Abrechnungsunterlagen.
58Dass der Verwalter hinsichtlich der Jahresabrechnung 2010 eine wesentliche Vertragspflicht in Abrede stellt, wird erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragen. Dieser Anfechtungsgrund ist – unabhängig von §§ 529 f. ZPO – nicht berücksichtigungsfähig, weil er außerhalb der Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG vorgetragen worden ist.
59(3)
60Darüber hinaus ist das Recht, sich auf die fehlende Erstellung der Jahresabrechnung zu berufen, entsprechend § 314 Abs. 3 BGB verwirkt. Die Geltendmachung dieses Grundes liegt außerhalb der Frist des § 314 Abs. 3 BGB, der auf die Abberufung des Verwalters entsprechend anzuwenden ist. Insoweit wird grundsätzlich eine Höchstfrist zwischen zwei und sechs Monaten als angemessen eingeordnet (Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 314 Rn. 10 m. w. N.). Selbst wenn aufgrund der Besonderheiten der Entscheidungsfindung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine längere Höchstfrist von sechs Monaten angesetzt wird, rechtfertigt dies keine abweichende Einordnung. Der Abberufungsgrund ist von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht innerhalb von sechs Monaten geltend gemacht worden. Dass die Jahresabrechnungen nicht rechtzeitig vorgelegt wurden, war den Wohnungseigentümern im Zeitpunkt der beantragten Beschlussfassung über die Abberufung bereits etwa acht Monate bekannt. Spätestens im Juni 2011 war evident, dass die Jahresabrechnung 2010 zumindest verspätet vorgelegt werden würde. Die Gemeinschaft hat durch ihre Untätigkeit zum Ausdruck gebracht, dass es ihr nicht unzumutbar ist, mit dem Verwalter weiterhin zusammenzuarbeiten. Insoweit kommt es nicht auf das Tätigwerden des Klägers an, sondern auf entsprechende Hinweise der Gemeinschaft gegenüber dem Verwalter. Denn maßgeblich ist, ob das Vertrauensverhältnis zwischen der Gemeinschaft und dem Verwalter zerstört ist. Es ist weiter unerheblich, dass es sich bei der Erstellung der Jahresabrechnung um eine Dauerverpflichtung handelt. Dies ändert nichts daran, dass den übrigen Wohnungseigentümern die fehlende oder aber zumindest außerhalb der üblichen Frist von drei bis sechs Monaten liegenden Erstellung der Jahresabrechnung bekannt gewesen ist.
61bb)
62Der Vortrag zu einem angeblich insgesamt fehlenden Wirtschaftsplan geht fehl, weil bereits nach dem Vortrag des Klägers die Fortgeltung des Wirtschaftsplanes aus 2008 bis zum 31.12.2011 beschlossen worden ist.
63Der einmalig fehlende Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 stellt ebenfalls keinen Abberufungsgrund dar, weil insoweit im Februar 2012 noch nicht klar gewesen ist, ob ein Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 insgesamt nicht mehr aufgestellt werden würde. Die zeitliche Verzögerung der Aufstellung des Wirtschaftsplanes kann dem Verwalter nicht vorgeworfen werden. Denn sie resultiert daraus, dass ein Wirtschaftsplan in der Regel nicht bereits zu Beginn des Jahres erstellt wird, sondern erst, wenn die entsprechenden Abrechnungen vorliegen, die ihrerseits nur innerhalb einer angemessenen Frist von drei bis sechs Monaten nach Ablauf des Wirtschaftsjahres zu erstellen sind.
64cc)
65Etwaige Versäumnisse des Verwalters im Zusammenhang mit der Herausgabe von Verwaltungsunterlagen durch den Vorverwalter stellen keinen wichtigen Grund zur Abberufung der Verwaltung dar.
66Dass die insoweit eingetretene Verzögerung auf ein Unterlassen der Verwaltung zurückzuführen ist, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ergibt sich insbesondere aus dem Protokoll der Versammlung vom 08.09.2011, dass eine Verzögerung insoweit wiederum mit Rechtsstreitigkeiten zwischen den Eigentümern zusammenhing.
67Hingegen hat der Verwalter mit der fehlenden Durchführung des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 20.12.2011 gegen seine Pflicht zur unverzüglichen Durchführung von Beschlüssen verstoßen. Dies rechtfertigt jedoch nicht die Annahme eines wichtigen Grundes, weil nicht ersichtlich ist, dass das Vertrauensverhältnis zu der Verwaltung aufgrund des Pflichtverstoßes zerstört ist. Denn die Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 23.02.2012 einen inhaltsgleichen Beschluss gefasst haben und dadurch zum Ausdruck gebracht, einer etwaigen Verzögerung nicht weiter nachzugehen.
68dd)
69Ein Abberufungsgrund liegt auch nicht in der behaupteten schleppenden Vorbereitung dringend notwendiger Instandsetzungsmaßnahmen.
70(1)
71Zur Einholung eines fachkundigen Rates hinsichtlich der Dachgauben war die Verwaltung nicht verpflichtet. Eine solche Pflicht wird auch nicht in dem angeführten Urteil des Landgerichts Hamburg vom 005.04.2012, Az.: 318 S 180/11, bestätigt. In dem Urteil ging es nicht um etwaige Pflichtverletzungen einer Verwaltung, sondern um einen Beseitigungsanspruch wegen baulicher Veränderungen. Weiter gab es keinen Beschluss der Gemeinschaft zur Einholung eines fachkundigen Rates. Darüber hinaus hat der Verwalter unstreitig insoweit mit einem Fachunternehmen verhandelt. Die Auffassung des Klägers, dass zusätzlich die Einholung eines fachkundigen Rates in Form eines weiteren Gutachtens erforderlich ist, teilt die Kammer nicht. Eine entsprechende Pflicht folgt nicht aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG. Bei der Umsetzung von Maßnahmen der Instandhaltung und -setzung muss der Verwalter diejenigen Erwägungen anstellen, die auch ein vernünftiger Hauseigentümer, der sein Eigentum selbst verwaltet, anstellt. Die Einholung eines weiteren, möglicherweise kosten- und zeitintensiven Gutachtens ist danach nicht zwingend notwendig. Es ist auch nicht dargelegt oder ersichtlich, dass die Auskunft eines Fachunternehmens aufgrund einer besonderen Schwierigkeit der durchzuführenden Maßnahme erforderlich gewesen ist.
72Weiter kann in der Vorlage der mit Beschluss vom 30.09.2011 eingeholten weiteren Angebote am 15.02.2011 keine erhebliche Verzögerung gesehen werden. Ein Zeitrahmen von 4 ½ Monaten ist für die Einholung diverser Angebote nicht ungewöhnlich lang. Es ist auch nicht ersichtlich oder dargelegt, dass oder warum der Umstand, dass die Arbeiten erst im September 2011 ausgeführt worden sind, der Verwaltung anzulasten sind.
73(2)
74Eine schleppende Vorbereitung dringend notwendiger Instandsetzungsmaßnahmen kann der Verwaltung zudem nicht im Hinblick auf die Sanierung der Tiefgarage vorgeworfen werden.
75Etwaige Verzögerungen sind nicht auf ein pflichtwidriges Verhalten der Verwaltung zurückzuführen.
76Die Gemeinschaft beauftragte im September 2011 noch einen weiteren Bausachverständigen mit einer weiteren Prüfung. Dass das vom Bachsachverständigen vorgeschlagene Konzept nicht umgehend in der Versammlung vom 08.12.2011 zur Beschlussfassung vorgelegt worden ist, ist dem Verwalter nicht vorzuwerfen, weil insoweit schon nicht ersichtlich ist, dass eine Beschlussfassung zu einer umfassenden Sanierung der Tiefgarage zu diesem Zeitpunkt bereits möglich gewesen ist, also alle relevanten Gesichtspunkte für eine Entscheidung der Wohnungseigentümer geklärt waren. Aus den darauf folgenden Maßnahmen, etwa der Einholung von weiteren Stellungnahmen, folgt vielmehr, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht von einer Klärung der Situation auszugehen war. Entsprechendes gilt auch für die fehlende Beschlussfassung hinsichtlich der Trocknung der Tiefgarage.
77Dass es gegebenenfalls Probleme im Zusammenhang mit der Flächendrainage geben könnte, war erst Ende 2011 bekannt. Der Verwalter ist hinsichtlich der Prüfung der Flächendrainage nicht zur Einholung von Vergleichsangeboten verpflichtet gewesen. Es ist ersichtlich, dass es sich um eine Maßnahme mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung gehandelt hat.
78Des Weiteren wurde in der Versammlung vom 23.02.2012 beschlossen, eine gutachterliche Stellungnahme zur Lüftungssituation einzuholen.
79Dass bis zum 23.02.2012 hinsichtlich der Tiefgarage kein Beschluss gefasst worden ist, dürfte zudem insbesondere an einer Vielzahl durchzuführender Maßnahmen liegen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Verwalter untätig geblieben ist. Dass am 23.02.2012 oder in der darauf folgenden Zeit keine Beschlussfassung erfolgte, ist für die begehrte Abberufung unbeachtlich, weil es insoweit auf den Zeitpunkt bis zur Fassung des Negativbeschlusses ankommt. Es war auch kein dringender Fall im Sinne von § 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG gegeben, weil die Sanierung der Tiefgarage nicht als Fall einzustufen ist, der wegen seiner Eilbedürftigkeit eine vorherige Einberufung der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zuließ. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums gefährdet war.
80Zudem stellt der am 08.07.2010 beschlossene und erst am 08.02.2012 veranlasste Einbau der Sickerkästen keinen wichtigen Grund dar. Zwar ist der Verwalter grundsätzlich gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG als Vollzugsorgan der Wohnungseigentümergemeinschaft zur unverzüglichen Ausführung der Beschlüsse verpflichtet. Diese Pflicht hat der Verwalter bei einer rund anderthalb Jahre nach der Beschlussfassung liegenden Durchführung des Beschlusses verletzt. Die Pflichtverletzung rechtfertigt jedoch nicht die Annahme eines wichtigen Grundes. Der Verwalter erscheint aufgrund der fehlenden Umsetzung nicht ungeeignet für das Verwalteramt. Es ist weder ersichtlich noch dargelegt, dass der Gemeinschaft hierdurch ein Nachteil oder Schaden entstanden ist.
81(3)
82Auch hinsichtlich der Wartung und Sanierung der Dachflächenfenster kann dem Verwalter kein Pflichtverstoß vorgeworfen werden.
83Die fehlende Klärung der Austauschnotwendigkeit vor Einholung der Angebote hat sich letztlich nicht ausgewirkt, weil eine Beschlussfassung zu einem bestimmten Angebot nicht erfolgt ist. Etwaige Verzögerungen können ebenfalls nicht zu Lasten des Verwalters gehen, weil auf Seiten der Wohnungseigentümer die Kostentragung nicht geklärt war und die Klärung dieser Frage auch für die Umsetzung der Prüfung der Austauschnotwendigkeit relevant war. In der Versammlung vom 08.09.2011 ist darüber hinaus nicht etwa beschlossen worden, die Austauschnotwendigkeit zu prüfen. Der Austausch der Dachfenster sollte vielmehr in einer weiteren Versammlung nochmals thematisiert werden.
84ee)
85Die verspätete Versendung der Versammlungsniederschriften rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme eines wichtigen Grundes. Denn der Verwalter ist nicht verpflichtet, innerhalb einer bestimmten Frist die Protokollniederschriften zu vervielfältigen und an die Wohnungseigentümer zu versenden. Nach § 24 Abs. 6 S. 3 WEG wird dem einzelnen Wohnungseigentümer lediglich ein Einsichtsrecht in die Niederschrift gewährt (Bärmann/Merle, WEG, 12. Aufl., § 24 Rn. 126). Wenn bereits keine Pflicht besteht, Versammlungsniederschriften zu versenden, kann erst recht nicht angenommen werden, dass eine Pflicht zur rechtzeitigen Versendung von Versammlungsniederschriften besteht.
86ff)
87Auch die fehlende Versendung eines Entwurfs zur Hausordnung führt nicht zur Annahme eines wichtigen Grundes. Der Verwalter ist nicht zur Erstellung der Hausordnung verpflichtet. Das ist vielmehr grundsätzlich Sache der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Eine Pflicht zur Erstellung einer Hausordnung folgt zudem nicht aus der Zusage des Verwalter, den in der Versammlung vom 30.09.2010 diskutierten Entwurf der Hausordnung zu versenden.
88Weiter ist das Recht, sich auf die fehlende Versendung zu berufen, entsprechend § 314 Abs. 3 BGB verwirkt. Den Wohnungseigentümern war die fehlende Versendung bereits länger als ein Jahr bekannt.
89gg)
90Darüber hinaus ist auch die Versäumung, rechtzeitig für einen Winterdienst zu sorgen, nicht geeignet, einen wichtigen Grund darzustellen.
91Aufgrund des Erfordernisses der Geltendmachung innerhalb einer angemessenen Frist entsprechend § 314 Abs. 3 BGB, kann eine Abberufung ohnehin ausschließlich auf ein etwaiges Versäumnis des Verwalters im Winter 2011/2012 abgestellt werden. Insoweit ist jedoch festzuhalten, dass der Winterdienst letztlich noch im Winter 2011/2012 durchgeführt worden ist. Die Frage der Ordnungsgemäßheit der Ausführung durch das jeweilige Unternehmen ist in diesem Zusammenhang irrelevant. Dies kann dem Verwalter nicht angelastet werden. Es ist auch nicht dargelegt oder ersichtlich, dass der Verwalter bei der Auswahl der Unternehmen nicht die erforderliche Sorgfalt an den Tag gelegt hat.
92hh)
93Die Nichtaufnahme beantragter Beschlüsse stellt zwar einen Pflichtverstoß des Verwalters dar. Denn der einzelne Wohnungseigentümer kann gemäß § 21 Abs. 4 WEG unabhängig von dem Quorum nach § 24 Abs. 2 WEG die Aufnahme bestimmter Tagesordnungspunkte verlangen, wenn die Behandlung ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Insoweit ist jedoch kein schwerwiegender Pflichtverstoß anzunehmen. Es ist nicht ersichtlich, dass dadurch das Vertrauensverhältnis der Gemeinschaft zu ihrem Verwalter zerstört ist. Insoweit kommt es auch auf den Umfang und die Häufigkeit an.
94ii)
95Weiter folgt aus der zeitlichen Begrenzung der Eigentümerversammlungen vom 08.12.2011 und 20.12.2011 sowie der daraus folgenden Nichtbehandlung von Tagesordnungspunkten kein wichtiger Grund. Es liegt schon keine Pflichtverletzung des Verwalters vor. Nach dem Vortrag des Klägers ist die zeitliche Begrenzung der Versammlung durch die Eigentümer selbst beschlossen worden.
96jj)
97Eine Pflichtverletzung der Verwaltung liegt zudem nicht hinsichtlich der Instandsetzung der Zuwegung zu Haus 105 vor.
98Eine unzureichende Vorbereitung der Beschlussfassung ist nicht ersichtlich.
99Der erstmals in der Berufungsinstanz erfolgte Vortrag des Klägers, der Verwalter hätte den rechtlichen Hinweis erteilt, die Eigentümer des Hauses 107 müssten sich an den Kosten beteiligen, ist nicht berücksichtigungsfähig, weil er außerhalb der Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG erfolgte. Darüber hinaus wird er nicht durch das vorgelegte Versammlungsprotokoll bestätigt.
100Der erstinstanzlich erfolgte Vortrag, der Verwalter hätte darauf hingewiesen, die entsprechende Maßnahme bedürfe der Zustimmung aller Miteigentümer und die Eigentümer des Hauses 105 müssten sich mit der Mehrkostenübernahme einverstanden erklären, rechtfertigt nicht die Annahme einer Pflichtverletzung. Es ergibt sich daraus nicht, dass der Verwalter einen rechtlich verbindlichen Hinweis erteilen wollte oder der Hinweis nicht vielmehr auf tatsächlichen Erwägungen beruhte, etwa weil die Maßnahme wirtschaftlich nicht nur dann tragbar gewesen wäre, wenn sich auch die übrigen Miteigentümer mit einer Beteiligung an den Mehrkosten einverstanden erklärt hätten. Des Weiteren ist die klägerseits erstinstanzlich angeregte Zustimmung zu einem Beschluss unter einer Bedingung nicht zulässig. Denn die Zustimmung zu einem Beschluss ist bedingungsfeindlich (Spielbauer, WEG, 2. Aufl., § 23 Rn. 19).
101kk)
102Auch eine Gesamtwürdigung der danach verbleibenden Pflichtverstöße des Verwalters führt nicht zur Annahme eines wichtigen Grundes. In die Gesamtwürdigung sind die verspätete Durchführung des Beschlusses zum Einbau der Sickerkästen, des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 20.12.2011 sowie die Nichtaufnahme beantragter Beschlüsse auf die Tagesordnung einzubeziehen.
103Auch bei einer Gesamtbetrachtung dieser nur wenigen verbliebenen Pflichtverstöße kann eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zum Verwalter nicht angenommen werden. Die Nichtabberufung ist vertretbar. Insbesondere, weil der Gemeinschaft durch die vorliegenden für sich genommenen nicht schwerwiegenden Pflichtverstöße kein Nachteil oder Schaden entstanden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Zusammenarbeit mit dem Verwalter aufgrund dieser Verstöße schlechthin nicht mehr zumutbar ist.
104b)
105Die Kostenentscheidung ist nicht zu Lasten des Berufungsklägers zu berichtigen. Eine Änderung der Kostenentscheidung zu Lasten des Berufungsklägers stellt bei fehlender Anschlussberufung einen Verstoß gegen das in § 528 S. 2 ZPO statuierte Verschlechterungsverbot dar. Zwar gilt das Verschlechterungsverbot nicht bei den von Amts wegen zu treffenden Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit, da sie keinen Besitzstand vermitteln und keines Antrages bedürfen. Eine Besonderheit gilt jedoch, soweit es sich um eine Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO handelt. Dann ist der Betroffene im Rahmen der Berufung nicht schlechter zu stellen als er im Falle einer sofortigen Beschwerde stünde, nur weil die Kostenentscheidung gemäß § 99 ZPO grundsätzlich nicht isoliert anfechtbar ist. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wird von der überwiegenden Rechtsprechung und Literatur eine Anwendung des Verschlechterungsverbotes bejaht. Dem ist zu folgen, weil im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO eine eigene materiell-rechtliche Prüfung in der Sache erfolgt.
1063.
107Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. § 713 ZPO ist anwendbar, weil die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht gegeben sind.
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