Urteil vom Landgericht Dortmund - 19 O 25/14
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.905,46 € (i. W. achttausendneunhundertfünf 46/100 Euro) vom 19.12.2013 bis zum 27.02.2014 sowie aus weiteren 6.915,80 € (i. W. sechstausendneunhundertfünfzehn 80/100 Euro) seit dem 19.12.2013 bis zum 27.02.2014 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 865,00 € (i. W. achthundertfünfundsechzig Euro) zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 29 % und die Beklagte 71 % der Kosten.
Das Urteil ist für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach diesem Urteil jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Auszahlung von Stromeinspeisevergütung.
3Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der S GmbH. Die Klägerin betreibt eine mittelgroße, über 100 kW produzierende Photovoltaikanlage, für deren Leistung sie von der Beklagten Vergütungen nach dem EEG erhält.
4Mit Datum vom 23.05.2012 versandte die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Mitteilung, dass sich aufgrund einer Gesetzesänderung die technischen Kriterien gemäß § 6 EEG geändert hätten und die Klägerin daher entsprechende Anpassungsmaßnahmen bis zum 01.07.2012 ausführen lassen müsse. Dabei handelte es sich um technische Einrichtungen, die es dem Netzbetreiber ermöglichen, jederzeit die Einspeisungsleistung bei Netzüberlastung ferngesteuert zu reduzieren.
5Mit Schreiben vom 26.06.2012 teilte die Klägerin daraufhin mit, dass es ihr unter dem 22.06.2012 gelungen sei, den Auftrag für die Ausführung der erforderlichen technischen Änderungen zu vergeben, allerdings werde es ihr nicht gelingen, die Anlage bis zum Stichtag am 01.07.2012 umzurüsten.
6Schließich bestätigte die Klägerin mit einer Anlage zum Schreiben vom 23. Mai 2012, dass die technischen Vorgaben des § 6 EEG 2012 ab dem 14.08.2012 von ihr eingehalten würden.
7Die Beklagte vergütete deshalb unter Hinweis auf die in §§ 17 Abs. 1, 6 Abs. 1, 2 EEG enthaltene Regelung den von der Klägerin in das Netz eingespeisten Strom für die Zeit vom 01.07. bis zum 14.08.2012 nicht.
8Später legte die Klägerin mit Schreiben vom 26.02.2013 eine Bestätigung der Firma L vor, wonach die technischen Anpassungsmaßnahmen tatsächlich bereits – was zwischen den Parteien unstreitig geworden ist – zum 14.07.2012 umgebaut waren. Unter Bezugnahme auf diese Bestätigung bat die Klägerin um eine wohlwollende Überprüfung der „Vergütungssperre“ vom 01.07. bis 14.08.2012. Die Beklagte zahlte gleichwohl nicht.
9Mit Anwaltsschreiben vom 4. Dezember 2013 forderte die Klägerin daraufhin die Vergütung für Juli 2012 in Höhe von 15.372,42 € für 43.060 kWh und August 2012 in Höhe von 6.915,80 für 19.372 kWh bis spätestens zum 18.12.2013. Diesem Schreiben war eine Kostenaufstellung mit einer Geschäftsgebühr aus 22.288,22 € mit einer Gesamtsumme von 1.044,40 € netto beigefügt.
10Nachdem die Beklagte auch hieraufhin eine Zahlung nicht leistete, stellte die Klägerin unter dem 23.12.2013 Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides. Hiergegen legte die Beklagte zunächst Widerspruch ein, zahlte dann aber am 28.02.2014 auf die Gesamtforderung der Klägerin einen Betrag von 15.911,67 €. Damit verblieb eine unerledigte Forderung für den Zeitraum vom 01.07. bis 14.07.2012 mit noch 6.376,55 €.
11Die Klägerin verfolgt mit der Klage ihren Vergütungsanspruch für den Monat Juli bis zum 14.07.2012 weiter und macht im Übrigen Verzugszinsen und vorgerichtliche Kosten geltend.
12Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr auch für diesen Zeitraum ein Anspruch auf Vergütung des eingespeisten Stromes nach EEG zustehe. Dies folge zum einen daraus, dass ihr nicht vorgeworfen werden könne, dass sie die Umrüstung nicht fristgerecht durchgeführt habe, weil sie von der Rechtsvorgängerin der Beklagten erst am 23.05.2012 über die erforderlichen Maßnahmen in Kenntnis gesetzt worden sei. Im Übrigen hält sie die Regelungen im EEG für verfassungswidrig.
13Die Klägerin beantragt daher,
14die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 22.288,22 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 15.372,42 € seit dem 23.07.2012 sowie aus weiteren 6.915,80 € seit dem 21.08.2012 abzüglich der am 28.02.2014 gezahlten 15.911,67 € sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.044,40 € zu zahlen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen und schließt sich der im Klage-
17antrag enthaltenen Erledigungserklärung an.
18Die Beklagte meint, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zustehe, weil sie ihrer Pflicht als Anlagenbetreiber nach § 6 Abs. 1 EEG nicht nachgekommen sei. Es sei allein Sache des Anlagenbetreibers, die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen. Deshalb bestünden Informationspflichten seitens des Netzbetreibers nicht.
19Ergänzend wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21Die zulässige Klage ist bis auf Verzugszinsen und vorgerichtliche Kosten unbegründet.
22Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Entrichtung der Stromeinspeisevergütung für den Zeitraum vom 01.07. bis 14.07.2012 in Höhe von 6.376,55 € aus §§ 16, 33 EEG.
23Denn gem. § 17 Abs. 1 EEG verringert sich der Vergütungsanspruch nach § 16 EEG auf null, solange Anlagenbetreiber gegen §§ 6 Abs. 1, 2, 4 oder 5 EEG verstoßen.
24Die Regelung des § 6 Abs. 3 EEG, wonach Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie zum Zweck der Ermittlung der installierten Leistung im Sinne von § 6 Abs. 1 und 2 EEG als eine Anlage gelten, wenn sie sich auf demselben Grundstück oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe befinden und innerhalb von 12 aufeinander folgenden Kalendermonaten in Betrieb genommen worden sind, trat mit der Neuregelung des EEG durch Gesetz vom 28.07.2011 zum 01.01.2012 in Kraft. § 66 Abs. 1 Nr. 1 EEG sieht eine Übergangsregelung dergestalt vor, dass die technischen Vorgaben nach § 6 Abs. 1 EEG ab dem 01.07.2012 auch für Anlagen nach § 6 Abs. 3 EEG eingehalten werden müssen.
25Die Klägerin betreibt unstreitig eine Photovoltaikanlage mit einer installierten Leistung von 100 kW auf ihrem Grundstück. Sie fällt damit ab dem 01.07.2012 unter die Verpflichtung des § 6 Abs. 1 EEG. Da die Klägerin den erforderlichen Funkrundsteuerempfänger erst zum 14.07.2012 installiert hat, entfällt die Vergütungspflicht der Beklagten für den noch geltend gemachten Zeitraum vom 01.07. bis 14.07.2012.
26Die Vorschrift des § 17 Abs. 1 EEG greift nach ihrem Wortlaut verschuldensunabhängig ein und sieht keine Ausnahmen vor, in denen die Vergütungspflicht bestehen bleibt.
27Die Pflicht zur Ausstattung der Anlage trifft gem. § 6 Abs. 1 EEG den Anlagenbetreiber. Die verspätete Feststellung fällt deshalb in die Risikosphäre der Klägerin. Die Beklagte trifft keine Verpflichtung, die Klägerin auf das Erfordernis der fristgerechten Einhaltung der Vorgaben des § 6 Nr. 1 EEG und die Folgen der Nichtbeachtung hinzuweisen. Vielmehr müssen sich Anlagenbetreiber über Änderungen im Gesetz selbst informieren und diese rechtzeitig umsetzen. Hierzu hätte ausreichend Zeit bestanden, zumal die Gesetzesänderung bereits im August 2011 veröffentlicht worden ist. Die Klägerin kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass hier die Mitteilung durch die Beklagte am 23.05.2012 verspätet gewesen ist.
28Der Rechtsstreit war auch nicht auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungswidrigkeit des § 17 Abs. 1 EEG zur Überprüfung vorzulegen, denn das Gericht ist von der Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift nicht überzeugt. Sinn und Zweck der Verpflichtung nach § 6 Abs. 1, 3 EEG ist die Gewährleistung der technischen Sicherheit von Anlagen. Die Vorschrift des § 17 Abs. 1 EEG soll die Einhaltung der technischen Sicherheitsstandards gewährleisten, damit es bei Netzüberlastung nicht zu Stromausfällen und Kurzschlüssen kommt. Die Neuregelung in § 6 Abs. 1 EEG ist auch insofern nicht bedenklich, als sie sich auch auf Altanlagen bezieht. Die Eigentumsgarantie des Artikels 14 Abs. 1 GG wird hierdurch nicht betroffen, weil zukünftige Vermögens- und Erwerbschancen in diese Rechtsposition nicht eingreifen. Die Klägerin durfte deshalb von vornherein bei Stromlieferungen nach dem 01.07.2012 ohne installierten Funkrundsteuerempfänger nicht darauf vertrauen, eine Vergütung nach dem EEG für die Stromlieferung zu erhalten.
29Allerdings hat die Beklagte die Zahlung von 15.911,67 € verspätet geleistet.
30Danach war sie mit Schreiben der Klägerin vom 23. Mai 2012 zunächst darüber informiert worden, dass die technischen Vorgaben des § 6 EEG 2012 erst zum 14.08.2012 fertiggestellt waren. Aufgrund dieser Mitteilung war die Beklagte zunächst berechtigt, die Zahlung der 22.288,22 € zu verweigern.
31Mit Schreiben vom 26.02.2013 hat die Klägerin indes den Fehler korrigiert und den betriebsfertigen Einbau zum 14.07.2012 angezeigt. Im gleichen Schreiben hat sie deshalb um wohlwollende Überprüfung der Vergütungssperre vom 01.07. bis 14.08.2012 gebeten. Eine Mahnung kann hierin indes nicht gesehen werden. Eine solche ist erst in dem anwaltlichen Mahnschreiben vom 4. Dezember 2013 zum 18.12.2013 belegt. Die Beklagte schuldet deshalb Verzugszinsen seit dem 19.12.2013, bezüglich der vollen Summe indes nur bis zur Zahlung der 15.911,67 € am 28.02.2014.
32Die vorgerichtlichen Kosten resultieren wegen des Verzuges der Beklagten aus den Kosten des Aufforderungsschreibens der Klägervertreter vom 04.12.2013. Sie setzen sich aus einer 1,3-Gebühr aus einem Forderungswert nach Nummer 2300 VV RVG mit 845,00 € sowie der Auslagenpauschale nach Nummer 7002 VV RVG mit 20,00 €, insgesamt 865,00 € zusammen. Deren Erstattung kann im Hinblick auf die Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin lediglich netto verlangt werden. Die Reduzierung der Kostenaufstellung vom 4. Dezember 2013 beruht darauf, dass 1.044,40 € bezogen auf eine Geschäftsgebühr aus 22.288,22 € eingesetzt worden sind, indes die Forderung nach dem vorher Gesagten jedoch nur wegen des Zahlbetrages von 15.911,67 € berechtigt war.
33Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a ZPO. Bezüglich der prozessual geleisteten 15.911,67 € entspricht es billigem Ermessen, dass diese Kosten die Beklagte zu tragen hat. Sie hat auf das Mahnschreiben der Klägervertreter vom 04.12.2013 nicht innerhalb der gesetzten Frist zum 18.12.2013 reagiert und gezahlt. Sie hat auch gegen den am 23.12.2013 gestellten Mahnantrag Widerspruch eingelegt und erst am 28.02.2014 schließlich die Zahlung von 15.911,67 € geleistet. Sie hat deshalb bezüglich des erledigten Teils die Kosten in voller Höhe zu tragen. Dem entspricht die Quotelung der Kosten.
34Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf dem Gesetz.
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