Beschluss vom Landgericht Dortmund - 1 S 127/14
Tenor
weist die Kammer die Parteien darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung nach dem Vorbringen in der Berufungsbegründung aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat, eine Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Die Ausführungen in der Berufungsbegründung führen nicht zu einer anderen Beurteilung.
Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).
1
Gründe
2I.
31.Die in den AGB der Beklagten unter Ziffer 4.1. enthaltene Preisanpassungsklausel ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
4a)Anders als Leistungsbeschreibungen, welche den Umfang der Hauptleistungspflichten umschreiben, etwa eine Preisvereinbarung, die Art und Umfang der Vergütung unmittelbar regeln, unterliegen Preisanpassungsklauseln der Inhaltskontrolle der §§ 307 ff BGB (vgl. Palandt, BGB, 73. Aufl., § 307, Rn. 44 ff). Diese sind, soweit sie -wie die vorliegende Preisanpassungsklausel- nicht in den Anwendungsbereich des § 309 Nr. 1 BGB fallen, an der Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB zu messen (vgl. Palandt, BGB, 73. Aufl., § 308, Rn. 8). Danach ist eine Preisanpassungsklausel unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, wobei eine unangemessene Benachteiligung sich auch daraus ergeben kann, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Unangemessen ist die Benachteiligung, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigenen Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (vgl. Palandt, BGB, 73. Aufl., § 307, Rn. 12). Eine Kompensation von Vor- und Nachteilen ist grundsätzlich zulässig, wenn es sich um sachlich zusammengehörende Regelungen handelt, die zueinander in einem Wechselverhältnis stehen (vgl. Palandt, BGB, 73. Aufl., § 307, Rn. 14).
5b)Für die Frage, ob eine unangemessene Benachteiligung vorliegt, ist im Hinblick auf eine Preisänderungsklausel, die von einem Energieversorgungsunternehmen verwendet wird, nach der Rechtsprechung des BGH von wesentlicher Bedeutung, ob diese bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung den Anlass und den Modus der Änderung der Entgelte für die zu erbringenden Leistung so transparent darstellt, dass der Verbraucher die etwaigen Änderungen dieser Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien vorhersehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 31.07.2013, Aktenzeichen VIII ZR 162/09, Rn. 38 f, 59 -zitiert nach juris). Diesen Anforderungen genügt die unter Ziffer 4.1.1. enthaltene Preisanpassungsklausel zwar nicht, weil letztlich offen ist, unter welchen Voraussetzungen eine Preisanpassung erfolgen kann. Jedoch kann eine in der Preisanpassungsklausel für sich gesehen liegende unangemessene Benachteiligung dadurch kompensiert werden, dass dem Vertragspartner ein Recht zur Lösung vom Vertrag eingeräumt wird (vgl. BGH, Urt. v. 31.07.2013, VIII ZR 162/09, Rn. 60 -zitiert nach juris; OLG Hamm, Urt. v. 07.06.2011, 19 U 184/10 unter II. 1) b) dd), Palandt, BGB, 73. Aufl., § 307, Rn. 14). Dies ist nach Auffassung der Kammer vorliegend der Fall, denn gemäß Ziffer. 4. 1.2. ist der Kunde bei einer Preiserhöhung, welche gemäß Ziffer 4.1.1. mit einer Frist von mindestens zwei Monaten schriftlich vorher anzukündigen ist, berechtigt, den Vertrag mit einer Frist von zwei Wochen bis zum Ende der Ankündigungsfrist zu kündigen.
6aa)Soweit der Kläger seine Rechtsauffassung, wonach ein Kündigungsrecht eine unangemessene Benachteiligung nicht kompensieren kann, auf eine Entscheidung des OLG Koblenz stützt (Urt. v. 21.02.2013, U 692/12 Kart., Rn. 82 -zitiert nach juris), verkennt der Kläger, dass das OLG Koblenz in den Entscheidungsgründen auf die Entscheidung BGH NJW-RR 2010, 1202, Rn. 18 ff Bezug nimmt, in der eine Kompensation durch die Einräumung eines Kündigungsrechts deswegen verneint wurde, weil in der streitgegenständlichen Preisänderungsklausel nicht vorgesehen war, dass der Kunde vorab über die beabsichtigte Preiserhöhung informiert wird und er sich somit vom Vertrag lösen kann, bevor die Preiserhöhung wirksam wird (BGH NJW-RR 2010, 1202, Rn. 21 -zitiert nach juris).
7bb)Einer Kompensation einer unangemessenen Benachteiligung durch die Einräumung eines Kündigungsrechts steht nicht entgegen, dass ein Kunde im Falle einer Kündigung keine Möglichkeit hat, seinen Strombedarf über einen anderen Anbieter zu decken. Anders als in dem vom BGH mit Urteil vom 31.07.2013 entschiedenen Fall, in dem unstreitig war, dass die Kunden des Versorgungsunternehmens keine Ausweichmöglichkeiten auf andere Anbieter hatten und daher eine Kompensation durch das eingeräumte Kündigungsrecht verneint wurde (vgl. BGH, Urt. v. 31.07.2013, VIII ZR 162/09, Rn. 60 -zitiert nach juris), hatte der Kläger die Möglichkeit, seinen Strombedarf über andere Anbieter zu decken. Zutreffend hat die Beklagte auf die von dem -für das Vorliegen der Unwirksamkeitsvoraussetzungen einer Klausel darlegungs- und beweispflichtigen (vgl. Palandt, BGB, 73. Aufl., § 307, Rn. 9)- Kläger nicht näher bestrittene, grundsätzliche Möglichkeit verwiesen, dass seit der Liberalisierung des Strommarktes im Jahre 1998 ein Wechsel zu einem anderen Stromanbieter in Betracht gekommen wäre. Soweit die Beklagte das einzige Unternehmen ist, welches preisgünstigen Nachtstrom an Kunden liefert, die nur einen Stromzähler haben und die den Kunden damit eine Erfassung des Verbrauchs im Wege einer Einzählermessung mit Drehstromzweitarifzählern ermöglicht, ist dieser Umstand aus Sicht der Kammer unerheblich. Die Kammer teilt insoweit die Auffassung des OLG Hamm, wonach allein maßgeblich ist, dass der Kläger anderweitig Strom beziehen kann, weil es sich insoweit nicht um ein vom Wärmespeicherstrom verschiedenes Produkt handelt (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 07.06.2011, 19 U 184/10 unter II. 1) b) ee)). Der von dem Kläger in der Berufungsbegründung angesprochene kartellrechtliche Betrachtung der 10. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes, die vom Vorhandensein eines eigenen Heizstrommarktes ausgeht, ändert nichts an dem Umstand, dass sowohl Heizstrom als auch Haushaltsstrom das gleiche Produkt darstellen und in gleicher Weise zum Heizungsbetrieb geeignet sind.
82.Selbst wenn die von dem Kläger beanstandete Preisanpassungsklausel unwirksam wäre, hätte die Klage nur in geringem Umfang Aussicht auf Erfolg. Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein Kunde die Unwirksamkeit einer Preiserhöhung, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führt, nicht mehr geltend machen, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (Urt. vom 23.01.2013, Az.: VIII ZR 80/12, Rn. 23 -zitiert nach juris). Der Kläger hat erstmals mit dem Schriftsatz vom 21.12.2010, in dem er das Rückzahlungsbegehren gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat, einen Widerspruch gegen die Abrechnungen erhoben, weswegen der in der Jahresrechnung vom 29.09.2007 enthaltene Preis (8,12 ct/kWh) maßgeblich für die Berechnung eines etwaigen Rückforderungsanspruchs wäre und nicht der bei Vertragsschluss vereinbarte Preis von 5,92 ct/kWh.
93.Die in den AGB der Beklagten unter Ziffer 3. verwendete Klausel ist nicht unwirksam.
10a)Die verwendete Klausel führt zu keiner unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB, denn die vorgesehene Ausgleichsregelung hat ihren sachlichen Grund darin, dass bei der Erfassung des Stromverbrauchs über einen Zähler es aus technischen Gründen unmöglich ist, zwischen dem Verbrauch des allgemeinen Stroms und des Wärmespeicherstroms zu differenzieren, wie die Beklagte in erster Instanz ausführlich dargelegt hat.
11b)Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Höhe der vorgesehenen Ausgleichsmenge von 25 % des außerhalb der Freigabestunden verbrauchten Stroms nicht willkürlich festgesetzt worden. Die Beklagte hat in erster Instanz unter Verweis auf Erhebungen des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft ausgeführt, weswegen die Ausgleichsmenge auf 25 % festgesetzt worden ist. Diesen Ausführungen ist der Kläger weder in erster Instanz noch in der Berufungsinstanz in qualifizierter Weise entgegen getreten.
12II.
13Den Parteien wird Gelegenheit gegeben, zu den erteilten Hinweisen binnen einer Frist von zwei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen. Auf die kostenrechtliche Privilegierung der Berufungsrücknahme wird hingewiesen.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.