Urteil vom Landgericht Dortmund - 24 O 201/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach diesem Urteil jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin verlangt Schadensersatz für einen Unfall, welchen sie beim Verlassen ihres Einfamilienhauses I-Straße in L erlitten hat.
3Die Klägerin zog sich durch einen Sturz gegen 16:00 Uhr insbesondere einen Oberschenkelhalsbruch rechts und einen Bruch am rechten Arm zu. Die Klägerin befand sich zunächst in stationärer Behandlung im I Krankenhaus in L.
4Über die weiteren Unfallfolgen herrscht Streit zwischen den Parteien.
5Zu dem Sturzereignis behauptet die Klägerin, sie sei über ein bzw. mehrere Kabel, die direkt vor der Eingangstreppe ihres Einfamilienhauses gelegen hätten und dort beim Verlassen des Hauses nicht zu erkennen gewesen wären, gestolpert. Dabei habe es sich noch um auf ihrem Privatgrundstück liegende Versorgungskabel gehandelt, welche die Beklagte im Rahmen der alljährigen Q-Kirmes im Herbst verlegt hätte. Die Kabel seien frei beweglich und ungesichert gewesen. Es sei die Beklagte gewesen, die ihre Wohn- und Kirmeswagen vor dem Haus abgestellt hätte. Die Stromkabel und Wasserkabel hätten von den Versorgungskästen zum Wohnwagen der Beklagten geführt.
6Die Beklagte habe damit die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem sie die ein großes Gefahrenpotential enthaltenen Versorgungsleitungen nicht ordnungsgemäß kenntlich gemacht und zusätzlich gesichert habe.
7Als Folge des Unfalls habe sie sich einer langwierigen stationären Rehabilitation vom 05.10. bis 26.10.2009 unterziehen müssen. Bis zum Jahresende 2009 sei sie arbeitsunfähig gewesen. Es habe lediglich eine Beschwerdelinderung und eine verbesserte körperliche Belastbarkeit erzielt werden können. Auch im Jahre 2010 habe sie, die Klägerin, nur bedingt mit einer Unterarmgehstütze sich bewegen können, 2011 sei es dann sogar zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen. Bei einer Kernspintomographie der rechten Hüfte sei am 12.12.2011 eine Arthrose in Höhe der ehemaligen Fraktur festgestellt worden. Dies habe einen operativen Eingriff im Jahre 2012 erforderlich gemacht, wobei Kopf und Pfanne der rechten Hüfte ausgetauscht worden wären.
8Auf Grund dieses Vorfalls hält die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000,00 € für angemessen und erforderlich. Für die Zukunft stehe ihr auch ein Anspruch auf Feststellung der immateriellen Ersatzpflicht der Beklagten zu.
9Der immaterielle Schaden belaufe sich auf 9.693,63 €, wobei allein 5.355,43 € den Verdienstausfallschaden ausmachten, welchen sie als Mitarbeiterin im Augenoptikgeschäft des Ehemannes erlitten habe.
10Wegen des weiteren Sachvortrags bezüglich der Unfallfolgen und der hier entstandenen Kosten wird auf die Ausführungen in der Klageschrift vom 22.07.2013 Bezug genommen.
11Die Klägerin beantragt daher,
12die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes, in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Klagezustellung zu zahlen
13und ferner festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden weiteren immateriellen und materiellen Schaden aus dem Unfall vom 20.09.2009 zu ersetzen.
14Die Klägerin beantragt des Weiteren,
15die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 9.693,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Klagezustellung (das ist der 24.08.2013) zu zahlen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Die Beklagte bestreitet die Unfallverursachung und den Hergang des Unfallgeschehens. Es sei ebenso gut möglich, dass sie, die Klägerin, auf der Treppe gestürzt sei. Jedenfalls habe sie nicht sorgfältig nach Hindernissen geschaut. Im Übrigen handele es sich bei den verlegten Kabeln um solche, die ihr nicht in Gänze zugeordnet werden könnten. Ein Wasserschlauch, welcher das größte Hindernis dargestellt habe, sei nicht zu dem Geschäft der Beklagten gehörig. Schließlich habe der Unfall am helligten Tag stattgefunden und die Kabel seien ohne weiteres zu erkennen gewesen. Die Klägerin sei zudem ortskundig. Kirmesbeginn sei am Freitag gewesen. Der Sturz sei am Sonntagnachmittag erfolgt. Die Klägerin habe deshalb gewusst, dass dort Leitungen gelegen hätten.
19Zu den Unfallfolgen - insbesondere den weitreichenden - hat die Beklagte umfassend bestritten. Insofern wird auf den Klageabweisungsschriftsatz vom 03.11.2013 vollinhaltlich Bezug genommen.
20Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
22Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
23Die Klägerin hat nämlich nicht darzulegen vermocht, dass sie aufgrund eines objektiven Sorgfaltsverstoßes der Beklagten im Rahmen der Erfüllung ihrer Verkehrssicherungspflicht am 20.09.2009 gestürzt ist. Zu dem Unfallgeschehen hat die Klägerin selbst vorgetragen, dass sie über ein Versorgungskabel gestürzt ist, welches nicht sichtbar direkt vor der Eingangstreppe auf dem metallenen Schutzfangrost gelegen hätte. Sie hat zudem behauptet, dass es sich um Strom- und Wasserkabel gehandelt hat, welche von den Versorgungskästen zum Wohnwagen der Beklagten geführt hätten.
24Die Klägerin hat aber auch einräumen müssen, dass sie, so ihr Sachvortrag in der Klage, über ein bzw. mehrere Kabel, die direkt vor der Eingangstür gelegen hätten, gestolpert sei. Die Klägerin weiß deshalb selbst nicht, ob sie über ein oder mehrere Kabel gestürzt ist und um welches Kabel es sich dabei gegebenenfalls gehandelt hat.
25Dies ist indes nach dem Sachvortrag der Beklagten, dem die Klägerin nicht weiter widersprochen hat, gerade entscheidungserheblich. Die Beklagte hat nämlich behauptet, der Wasserschlauch habe nicht zum Geschäft der Beklagten gehört. Ausweislich der von der Klägerin überreichten Fotos handele es sich bei diesem Schlauch, so die Beklagte ausdrücklich weiter, um das größte Hindernis auf dem Bürgersteig, über das die Klägerin gestürzt sein wolle. Ein Sturz über den Wasserschlauch sei aber der Beklagten nicht zurechenbar.
26Soweit die Kammer versucht hat, das Unfallgeschehen durch Anhörung der Klägerin gemäß § 141 ZPO im Hauptverhandlungstermin am 17.06.2014 weiter aufzuklären, ist dies nicht gelungen. Auch hier hat die Klägerin nur angeben können, dass sie über ein Kabel gestolpert sei, das unmittelbar vor ihrer Treppe gelegen hätte. Auch die von der Klägerin überreichten Lichtbilder vom 21.09.2009 haben keine weitere Klärung herbeiführen können. Die Klägerin hat dazu noch weiter erklärt, dass auf einem dieser Fotos ihre Treppe zu sehen sei. Dies sei die Treppe mit dem Gitterrost davon. Dort hätten die Kabel direkt vor der Treppe gelegen, weshalb sie beim Heruntergehen für sie nicht sichtbar gewesen seien.
27Auf Grund der gefertigten Lichtbilder kann aber der entscheidende Umstand, ob sämtliche dort liegenden Strom- und Wasserkabel der Beklagten zuzurechnen sind, gerade nicht geklärt werden.
28Zeugen für den Sturz der Beklagten stehen ebenfalls nicht zur Verfügung. Nach dem Sturz herbeigeeilte Nachbarn haben nur den Rettungswagen verständigen können und können ebenfalls nur belegen, dass dort drei Stromkabel sowie ein Wasserschlauch lose verlegt waren, ohne dass sie besonders gesichert gewesen wären. Diese Tatsache trägt indes für die entscheidende Frage, ob es die Beklagte war, die den Sturz verursacht hat, nichts bei.
29Damit kann die Klägerin dem Gericht keinen Sachverhalt bieten, bei dem es feststellen könnte, dass ein objektiver Sorgfaltsverstoß im Rahmen der Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten zur Last gelegt werden kann.
30Zu Recht trägt die Beklagte auch vor, dass eine Haftung nach § 830 Abs. 1 BGB nicht eingreift. Diese Anspruchsvoraussetzungen sind nach dem Vortrag der Klägerin gerade nicht erfüllt. Ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken beim Verlegen der Kabel kann nämlich nicht festgestellt werden. Damit sind auch nicht die Voraussetzungen für eine gesamtschuldnerische Haftung gegeben, weil eben nicht feststeht, dass die Klägerin über ein Kabel der Beklagten gestürzt ist, damit die Beklagte für den Schaden Mitverursacherin wäre.
31Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
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