Urteil vom Landgericht Dortmund - 2 O 290/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von 14.351,57 € der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger hat bei dem Beklagten im Jahre 2006 eine Krankheitskostenversicherung abgeschlossen. Als er in finanzielle Schwierigkeiten geriet, zahlte er die Versicherungsprämie nicht mehr, so dass der Beklagte mit Schreiben vom 30.10.2009 die Bezahlung der Beitragsrückstände in der Krankenpflicht- und Zusatzversicherung von weit mehr als 2.000,00 € anmahnte. Da die Rückstände weiter anwuchsen, stellte der Beklagte nach erneuter Mahnung wegen eines Beitragsrückstandes von mehr als 5.000,00 € mit Schreiben vom 17.08.2010 das Ruhen der Leistungen nach dem Tarif fest, der der Pflicht zur Krankenversicherung entspricht und teilte dem Kläger mit, dass die Krankenversicherung im Basistarif fortgesetzt werde, sofern die ausstehenden Zahlungen nach einem Jahr nach Feststellung des Ruhens noch offen sei. Deshalb erstattet der Beklagte dem Kläger nur noch die Kosten für die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände.
3Am 14.06.2011 wurde über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet. Seitdem bezahlt der Kläger die Versicherungsprämie in Höhe von 627,13 € für den Basistarif. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Zahlung der rückständigen Prämie gleich stehe. Andernfalls wäre der Beklagte gegenüber anderen Gläubigern des Klägers bevorteilt, was der Zielrichtung des Insolvenzverfahrens widerspreche.
4Der Kläger beantragt,
51. festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt ist die
6Leistungen im Rahmen des mit dem Beklagten bestehenden Vertrages Service-Nr. ########, über privaten Krankenkostenvollversorgung im Tarif PNW und PNZ aufgrund der Beitragsrückstände zu verweigern, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögens des Klägers entstanden sind,
72. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.589,08 € nebst Zinsen
8in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
9Der Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er bezieht sich auf Wortlaut, Sinn und Zweck des § 193 VVG, der nur Zahlung der Rückstände als Ende für das Ruhen der Leistungen vorsehe. Darin ändere auch die beantragte Restschuldbefreiung für den Kläger nichts, da der Kläger sich sonst besser stehe als ein Schuldner, der keine Restschuldbefreiung beantrage.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien, wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie wie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
14Die Klage ist unbegründet.
15Das Ruhen der Leistungen nach § 193 VVG ist nicht beendet, so dass der Beklagte gemäß § 193 Abs. 6 Satz 6 VVG ausschließlich für Aufwendungen haftet, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderlich sind. Dieser Umfang der Leistungspflicht des Beklagten ist jedoch nicht im Streit. Eine volle Leistungspflicht der Beklagten aus den abgeschlossenen Tarifen besteht entgegen der Auffassung des Klägers während der Ruhenszeit nicht. Vielmehr blieben auch die Leistungen im Basistarif weiter ruhend. Hierfür spricht bereits der Gesetzeswortlaut, wonach im Hinblick auf die Fortsetzung der Versicherungs im Basistarif die Bestimmung des § 193 Abs. 6 Satz 6 VVG unberührt bleibt. Hierfür spricht weiter, dass es sich bei dem Wechsel in dem Basistarif nicht um den Abschluss eines neuen Vertrags handelt. Vielmehr handelt es sich um die Fortführung des ursprünglichen Vertragsverhältnisses. Insoweit bestehen die Voraussetzungen für das Ruhen der Leistungen auch im Basistarif ohne Weiteres fort. Schließlich sieht § 8 Abs. 6 Satz 7 BB/KK eine Fortdauer der Ruhenszeit bei dem Wechsel in den Basistarif ausdrücklich vor.
16Die Ruhenszeit endete auch nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Anmeldung der Rückstände in die Insolvenztabelle. Der Gesetzgeber sieht in § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG bei fortbestehendem Versicherungsverhältnis lediglich zwei Möglichkeiten vor, die Ruhenszeit zu beenden. Die eine Möglichkeit ist die vollständige Zahlung der Rückstände und die andere der Eintritt für Hilfebedürftigkeit. Die letztere Variante liegt unstreitig nicht vor. Auch eine vollständige Zahlung der Rückstände ist bislang nicht erfolgt. Die Anmeldung der Rückstände zur Insolvenztabelle bzw. auch nur die Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen keine dritte Möglichkeit zur Beendigung der Ruhenszeit dar; sie sind insbesondere keine „Zahlung der Rückstände“ im Sinne des Gesetzes (OLG Celle NJW-RR 2013, 1192). Das erkennende Gericht schließt sich der Auffassung des OLG Celle an. Ungeachtet aller vom Kläger angestellten insolvenzrechtlichen Betrachtungsweisen lässt sich dem maßgeblichen § 193 VVG nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und/oder die Anmeldung der Beitragsrückstände zur Insolvenztabelle als Grund für die Beendigung des Ruhens der Leistungen herangezogen werden könnte. Dem Gesetzgeber war bei Schaffung des VVG 2008 bewusst, dass ein prämiensäumiger Versicherungsnehmer hilfebedürftig werden kann, wie die ausdrückliche Regelung bei der Eintretung der Hilfebedürftigkeit zeigt. Damit war dem Gesetzgeber auch bewusst, dass der Insolvenzfall eintreten kann. Wenn er dennoch keine Regelung für diesen Fall getroffen hat, muss davon ausgegangen werden, dass der Eintritt der Insolvenz und die Anmeldung des Prämienrückstandes zur Insolvenztabelle keinen Einfluss auf das Ruhen der Leistungen hat und insbesondere der Zahlung des Beitragsrückstandes nicht gleich steht.
17Soweit der Kläger mit dem Klageantrag zu Ziffer 2 auch die Erstattung von Heilbehandlungskosten begehrt, deren Erstattung nicht allein unter Hinweis auf das Ruhen des Versicherungsvertrages gemäß § 193 VVG von der Beklagten verweigert wurde, ist die Klage ebenfalls abweisungsreif. Denn der Kläger hat nichts dazu vorgetragen, inwieweit der Beklagte hinsichtlicher dieser Beträge verpflichtet sein sollte, die Heilbehandlungskosten zu erstatten.
18Die Klage war insgesamt abweisungsreif.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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