Urteil vom Landgericht Dortmund - 1 S 369/13
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Bottrop vom 31.10.2013, unter dem Aktenzeichen 20 C 28/13, teilweise abgeändert:
Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 26.04.2013 zu dem TOP 6 (Wahl des Verwalters) wird für nichtig erklärt.
Es wird festgestellt, dass der durch den Beirat geschlossene Verwaltervertrag unwirksam ist.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits 1. und 2. Instanz.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2I.
3Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. § 62 Abs. 2 WEG abgesehen.
4II.
5Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung des Klägers ist insgesamt zulässig.
6Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
71.
8Die Berufung ist begründet, soweit der Kläger den Beschluss zu TOP 6 der Eigentümerversammlung vom 26.04.2013 über die Neubestellung eines Verwalters anficht.
9Diese Verwalterbestellung ist aus mindestens zwei Gründen unwirksam.
10a)
11Der Beschluss mit dem Wortlaut „Die Firma I wurde bei 2 Gegenstimmen und keiner Enthaltung ab dem 01.06.2013 zum neuen Verwalter gewählt“ ist mangels hinreichender Bestimmtheit bereits nichtig.
12aa)
13Allein aus der Beschlussfassung erschließt sich nicht, welche natürliche Person oder welche Rechtsform nach objektiver Betrachtungsweise sich hinter der „Firma I“ verbirgt.
14Die Verwaltung kann aus Gründen der erforderlichen Klarheit der Verantwortlichkeit nur einer einzigen Person übertragen werden. Zum Verwalter können dabei geschäfts- und handlungsfähige natürliche und juristische Personen bestellt werden. Nicht jedoch kann eine Personenmehrheit in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zur Verwalterin bestellt werden; eine solche Bestellung wäre nichtig. (BGH, Beschl. v. 26.01.2006 - V ZB 132/05)
15Eine GbR als Verwalterin könnte die erforderliche Handlungsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtsverkehr nicht sicher stellen. Denn über die Identität und Befugnis des Verwalters zur Vertretung der Wohnungseigentümer bzw. der Wohnungseigentümergemeinschaft dürfen keine Zweifel bestehen. Dies wäre bei einer GbR als Verwalterin aber der Fall, weil ein Wechsel der Gesellschaftereigenschaft und eine Änderung der Vertretungsbefugnisse ein Internum der GbR sind und Dritte hiervon nicht durch ein öffentliches Register sichere Kenntnis erlangen können. Für die GbR wird kein Register geführt und mithin das Vertrauen in die Gesellschaftereigenschaft und die im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Vertretungsregelung nicht geschützt, was sich auch nicht durch Einsichtnahme in den Gesellschaftervertrag ausgleichen lässt. (Bärmann, 11. Auflage, § 26 Rn. 13 f.)
16bb)
17Vorliegend wurde ausweislich des Versammlungsprotokolls nicht nur der Hausverwalter I der Eigentümergemeinschaft vorgestellt, sondern auch dessen Sohn, der namentlich nicht weiter benannt ist.
18Es ist nicht auszuschließen, dass nicht nur Herr I als Verwalter gegenüber der WEG auftritt, sondern auch dessen Sohn eine Tätigkeit im Rahmen der Hausverwaltung zugedacht ist. Für einen außenstehenden Dritten, sowie für neu in die Gemeinschaft eintretende Eigentümer, ist in diesem Zusammenhang nicht erkennbar, ob sich hinter der Firma I eine aus Vater und Sohn bestehende GbR verbirgt. Die erforderliche Handlungsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft wäre dann im Rechtsverkehr nicht sicher gestellt.
19b)
20Darüber hinaus ist der Beschluss mangels Vorlage verschiedener Alternativangebote unwirksam.
21aa)
22Der Beschlussfassung über die Neubestellung eines Verwalters mangelt es an der notwendigen die Einholung mehrere Angebote (BGH, Urt. v. 01.04.11 – V ZR 96/10; OLG Hamm, Beschl. v. 03.01.08 – 15 W 240/07).
23Ausweislich des Versammlungsprotokolls ist den Eigentümern in der Versammlung jedoch nur ein Vorschlag für die Wahl eines Verwalters, nämlich die Firma I, unterbreitet worden. Etwaige Vergleichsangebote sind den Eigentümer auch nicht vorab übersandt worden.
24bb)
25Eine Vorauswahl unter mehreren Bewerbern kann vor der Abstimmung zwar getroffen werden. Dies jedoch nur, solange dadurch das Recht der Eigentümer nicht ausgeschlossen wird, auch über die anderen Bewerber abzustimmen (Bärmann, 11. Auflage, § 26 Rn. 35). So ist es zum Beispiel möglich, im Rahmen einer Vorauswahl die Anzahl der Vorschlagsangebote von 10 auf 3 zu reduzieren. Diese drei Angebote müssen dann aber in der Eigentümerversammlung zur Abstimmung gestellt werden. Auch bei der Vorauswahl durch eine Findungskommission, wie hier dem Verwaltungsbeirat, erfordert der Maßstab ordnungsgemäßer Verwaltung, dass der einzelne Wohnungseigentümer die Möglichkeit erhält, von den eingeholten Alternativangeboten Kenntnis zu nehmen und daraus sowie ergänzend aus etwaigen eigenen Informationen Wahlvorschläge in die Eigentümerversammlung einzubringen (OLG Hamm, Beschl. v. 03.01.08 – 15 W 240/07).
26Diesen Anforderungen ist hier nicht genügt worden. Denn auch nach dem Vortrag der Beklagten ist erst im Rahmen der Versammlung nur ein Vorschlag unterbreitet worden. Dem Protokoll ist nicht zu entnehmen, dass über weitere Angebote berichtet worden ist. Dies wäre im Zeitpunkt der Versammlung auch zu spät erfolgt, da eine Vorbefassung der einzelnen Eigentümer mit den Angeboten dann nicht mehr möglich gewesen wäre.
272.
28Die Berufung ist auch begründet, sofern der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit des Verwaltervertrages begehrt. Es fehlt bereits an der Ermächtigung zum Vertragsabschluss.
29a) Es liegt kein ausdrücklich gefasster Beschluss vor, mit dem der Verwaltungsbeirat zum Abschluss des Verwaltervertrages ermächtigt worden ist. Absatz 3 zu TOP 7 der Versammlung vom 26.04.2013 stellt ein „Nullum“ im Beschlusssinne dar. Aufgrund der unwirksamen Verwalterbestellung (TOP 6) ist eine derartige Ermächtigung zudem nicht mehr möglich.
30b) Es liegt auch kein konkludent gefasster Beschluss vor. Denn anders als bei den sonst zu den übrigen Tagesordnungspunkten gefassten Beschlüssen weist einzig Absatz 3 zu TOP 7 keine Feststellung eines Abstimmungsergebnisses aus. Nach dem Protokoll fehlt es hier mithin schon an einer Willensbildung der Eigentümergemeinschaft. Ein Beschluss kommt zudem erst mit der formellen Feststellung des Abstimmungsergebnisses und Verkündung der sich daraus ergebenden Rechtsfolge zustande (Bärmann, 11. Aufl., § 43 Rn. 92).
31III.
32Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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