Urteil vom Landgericht Dortmund - 8 O 105/13 [Kart]
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zur Vollstreckung gestellten Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerinnen sind jeweils Tochterunternehmen der T S.A. und betreiben stromintensive Produktionsanlagen für Glas- und Gipskarton an mehreren Standorten in Deutschland, unter anderem an den streitgegenständlichen Standorten in F und H. Dieser energieintensive Herstellungsprozess erfordert eine kontinuierliche Versorgung mit großen Strommengen. Die Stromversorgung erfolgt an beiden Standorten über das Stromnetz der Beklagten, wenngleich die Netze im Zeitverlauf, unter anderem aufgrund regulatorischer Vorgaben, erst von der Beklagten zu 1. und schließlich von der Beklagten zu 2. betrieben und/oder vermarktet wurden.
3Am Standort F der Klägerin zu 1. erfolgte die Durchleitung im Jahr 2002 auf Grundlage eines integrierten Stromliefer- und Transportvertrages mit der Beklagten zu 1., die während dieser Zeit auch Netzbetreiberin war. Ab Ende 2003 bis Ende 2005 bestand anschließend ein gesonderter Netznutzungsvertrag mit der Beklagten zu 1., bis schließlich von 2006 bis 2008 die Beklagte zu 2. den Netzbetrieb übernahm und für das Jahr 2008 einen gesonderten Netznutzungsvertrag mit der Klägerin abschloss.
4Am Standort H der Klägerin zu 2. bestand von 2002 bis August 2006 ein integrierter Stromliefer- und Transportvertrag mit der Beklagten zu 1., wobei diese bis Ende 2005 auch Netzbetreiberin war. Von Januar bis August 2006 war die Beklagte zu 2. Netzbetreiberin. Ab September 2006 bis Ende 2008 erfolgte die Durchleitung schließlich auf Grundlage eines direkten Netznutzungsverhältnisses mit der Beklagten zu 2.
5Auf den Antrag der Beklagten zu 1. vom 29.10.2005 erteilte die Bundesnetzagentur eine Genehmigung der Netznutzungsentgelte nach § 23a EnWG mit Wirkung zum 01.06.2007; eine zweite Entgeltgenehmigung wurde der Beklagten zu 2. mit Wirkung ab dem 01.02.2008 erteilt.
6Die Klägerinnen meinen, dass die gezahlten Netzentgelte für den gesamten Zeitraum 2002 bis 2008 deutlich überhöht gewesen seien und ihnen dadurch ein erheblicher Schaden entstanden sei; die Klägerinnen legen dies durch Sachverständigengutachten der M dar. Die Klägerinnen führen aus, inwieweit durch die Gutachten und die dort angewendeten Methoden anhand des Vergleichs mit einer Best Practice Gruppe die entsprechenden missbräuchlichen Überhöhungen und Unbilligkeiten der geforderten Netznutzungsentgelte ergäben. Die Klägerinnen haben angesichts der durch die Gutachtenergänzungen sich ergebenden neuen Zahlen ihren Antrag mehrfach umgestellt. Sie haben zuletzt beantragt,
71. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, an die Klägerin zu 1 einen vom Gericht in der Höhe zu bestimmenden Betrag, mindestens EUR 2.279.000,00 zzgl. Umsatzsteuer, nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins auf
8a) den auf das Jahr 2002 entfallenden Teilbetrag in der vom Gericht bestimmten Höhe ab dem 9. Februar 2003,
9b) den auf das Jahr 2003 entfallenden Teilbetrag in der vom Gericht bestimmten Höhe ab dem 23. März 2004,
10c) den auf das Jahr 2004 entfallenden Teilbetrag in der vom Gericht bestimmten Höhe ab dem 18. Februar 2005,
11d) den auf das Jahr 2005 entfallenden Teilbetrag in der vom Gericht bestimmten Höhe ab dem 11. Februar 2006
12zu zahlen;
132. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, an die Klägerin zu 1 einen vom Gericht in der Höhe zu bestimmenden Betrag, mindestens EUR 1.167.000,00 zzgl. Umsatzsteuer, nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins auf
14a) den auf das Jahr 2006 entfallenden Teilbetrag in der vom Gericht bestimmten Höhe ab dem 3. Februar 2007,
15b) den auf das Jahr 2007 entfallenden Teilbetrag in der vom Gericht bestimmten Höhe ab dem 2. Februar 2008,
16c) den auf das Jahr 2008 entfallenden Teilbetrag in der vom Gericht bestimmten Höhe ab dem 5. Februar 2009
17zu zahlen;
183. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, an die Klägerin zu 2 einen vom Gericht in der Höhe zu bestimmenden Betrag, mindestens EUR 391.000,00 zzgl. Umsatzsteuer, nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins auf
19a) den auf das Jahr 2002 entfallenden Teilbetrag in der vom Gericht bestimmten Höhe ab dem 9. Februar 2003,
20b) den auf das Jahr 2003 entfallenden Teilbetrag in der vom Gericht bestimmten Höhe ab dem 9. Februar 2004,
21c) den auf das Jahr 2004 entfallenden Teilbetrag in der vom Gericht bestimmten Höhe ab dem 8. Februar 2005,
22d) den auf das Jahr 2005 entfallenden Teilbetrag in der vom Gericht bestimmten Höhe ab dem 12. Februar 2006
23zu zahlen;
244. die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin zu 2 einen vom Gericht in der Höhe zu bestimmenden Betrag, mindestens EUR 69.000,00 zzgl. Umsatzsteuer, nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 9. Oktober 2006, zu zahlen;
255. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, an die Klägerin zu 2 einen vom Gericht in der Höhe zu bestimmenden Betrag, mindestens EUR 221.000,00 zzgl. Umsatzsteuer, nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins auf
26a) den auf den Zeitraum September bis Dezember 2006 entfallenden Teilbetrag in der vom Gericht bestimmten Höhe ab dem 21. Februar 2007,
27b) den auf das Jahr 2007 entfallenden Teilbetrag in der vom Gericht bestimmten Höhe ab dem 6. Februar 2008,
28c) den auf das Jahr 2008 entfallenden Teilbetrag in der vom Gericht bestimmten Höhe ab dem 8. Februar 2009
29zu zahlen;
306. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, an die Klägerin zu 1 Rechtsverfolgungskosten i. H. v. EUR 4.774,90 zzgl. gezahlter Umsatzsteuer nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
317. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, an die Klägerin zu 1 Rechtsverfolgungskosten i. H. v. EUR 3.799,90 zzgl. gezahlter Umsatzsteuer nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
328. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, an die Klägerin zu 2 Rechtsverfolgungskosten i. H. v. EUR 1.257,10 zzgl. gezahlter Umsatzsteuer nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
339. die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin zu 2 Rechtsverfolgungskosten i. H. v. EUR 539,50 zzgl. gezahlter Umsatzsteuer nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
3410. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, an die Klägerin zu 2 Rechtsverfolgungskosten i. H. v. EUR 1.410,50 zzgl. gezahlter Umsatzsteuer nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
35Die Beklagten beantragen,
36die Klage abzuweisen
37Die Beklagten rügen die Zulässigkeit der Klage und wenden Verjährung und auch Verwirkung ein.
38Die Beklagten bestreiten eine Überhöhung der geltend gemachten Netzentgelte und tragen die Auffassung vor, die durch die Klägerinnen geltend gemachte Art und Weise der Ermittlung der zutreffenden Netzentgelte sei unter vielerlei Gesichtspunkten methodisch falsch. Die Beklagten berufen sich insbesondere auch auf die aus den Genehmigungen der Bundesnetzagentur herrührende Indizwirkung für die Billigkeit der geltend gemachten Entgelte. Die Beklagten sind der Auffassung, die Klägerinnen hätten bei ihrer gutachterlichen Ermittlung insbesondere auch kostensteigernde Auswirkungen aufgrund der speziellen Gegebenheiten für die Kabelverlegung wie Bergsenkungen etc. sowie den erheblichen industriellen Strukturwandel im Netzgebiet berücksichtigen müssen.
39Im Hinblick auf durch die Klägerinnen geltend gemachte Ansprüche aus § 852 BGB berufen sich die Beklagten auf Bereicherung. Ferner sind sie der Auffassung, dass aufgrund der Mehrerlösabschöpfung durch die Bundesnetzagentur ab dem Zeitpunkt, in dem diese eintrat, Ansprüche der Klägerinnen ohnehin ausscheiden würden.
40Die Klägerinnen replizieren darauf, dass Strukturprobleme auf Seiten der Beklagten, wie auch die Antragstellung an die Bundesnetzagentur und der Umstand der Abschöpfung sogenannter Mehrerlöse durch die Bundesnetzagentur, mit Nichtwissen bestritten werden.
41Die Klägerinnen haben unter dem 27.12.2012 den Erlass eines Mahnbescheides gegen die Beklagte zu 1. und mit Antrag vom 22.12.2012 den Erlass eines Mahnbescheides gegen die Beklagte zu 2. beantragt. Gegenüber der Beklagten zu 1. ist dieser Bescheid am 17.01.2013, gegenüber der Beklagten zu 2. am 07.01.2013, zugestellt worden.
42Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Anlagen Bezug genommen.
43E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
44Die Klage ist zulässig.
45Gegen die Bestimmtheit des Antrags der Klägerinnen bestehen keine Bedenken. Der Antrag kann im Rahmen des § 287 ZPO in das Ermessen des Gerichts gestellt werden, wenn er die Berechnungs- oder Schätzgrundlagen umfassend dargelegt und eine Größenordnung angibt. Dies versteht sich für einen Anspruch aus Bereicherungsrecht aufgrund eines im Sinne von § 315 BGB unbillig festgesetzten Netznutzungsentgeltes von allein, da die Anspruchshöhe hier von einer gerichtlichen Bestimmung des billigen Entgelts abhängt (vgl. BGH, VI ZR 162/80, Rn. 6 zitiert nach juris; ferner LG Leipzig, 5 O 2648/13, Anlage B 33, S. 12).
46Nicht anders liegt es im Hinblick auf den geltend gemachten Schadensersatz. Auch hier können die Klägerinnen auf § 287 ZPO abstellen, da sie ihren Schaden entgegen der Auffassung der Beklagten nicht ohne größere Schwierigkeiten berechnen können. Grundsätzlich ist im Hinblick auf den kartellrechtlichen Schadensersatzanspruch zwar ein bezifferter Antrag erforderlich (Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl., Rn. 5), doch ist auch dann ein unbezifferter Leistungsantrag zulässig, wenn dem Kläger eine Bezifferung überhaupt nicht möglich, oder aus besonderen Gründen nicht zumutbar ist (vgl. BGH, VI ZR 85/68, Rn. 15, zitiert nach juris). So liegt der Fall hier, da die Klägerinnen den aus ihrer Sicht eingetretenen Schaden nicht konkreter bestimmen können, als durch Berechnung des ihrer Auffassung nach angemessenen Entgelts, dessen Bestimmung aber gleichwohl von gerichtlicher Schätzung abhängig ist, da dies letztlich an die Bestimmung des billigen Entgelts nach § 315 BGB geknüpft ist (vgl. OLG Düsseldorf, 2 U (Kart) 2/13, Rn. 14, zitiert nach juris; LG Leipzig, a.a.O., S. 13).
47Auch eine konkretere Aufschlüsselung des klageweise geltend gemachten Betrages ist nicht erforderlich. Werden in einer Klage mehrere Ansprüche erhoben, sind grundsätzlich die für jeden Anspruch geforderten Teilbeträge anzugeben; insbesondere ist bei einer Teilleistungsklage, mit der mehrere selbstständige Ansprüche geltend gemacht werden, genau anzugeben, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge diese Ansprüche zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen (vgl. BGH NJW 2013, 1367 TZ 13, zitiert nach juris, m.z.N.). Dem sind die Klägerinnen hier aber gerecht geworden. Sie haben ihre Forderung damit begründet, dass ihnen für den gesamten streitigen Zeitraum unbillige Netznutzungsentgelte in Rechnung gestellt worden seien und sie haben einen Gesamtbetrag für diesen Zeitraum angegeben. Damit haben sie gerade keine Teilforderung geltend gemacht, sondern die gesamte von ihnen noch beanspruchte Überzahlung der Netznutzungsentgelte für den streitigen Zeitraum eingeklagt. Dieser einheitliche Gesamtanspruch ist hinreichend bestimmt. Kleinschrittigere Angaben, etwa für jeden Monat einzeln, sind insoweit nicht erforderlich, weil sie weder für den Entscheidungsumfang des Gerichts nach § 308 ZPO noch zur Ermittlung der Rechtskraft einer späteren gerichtlichen Entscheidung oder einer Zwangsvollstreckung von Bedeutung wären.
48Die Klage ist aber nicht begründet.
49I.
50Für den Zeitraum bis zur Erteilung der ersten Genehmigung durch die Netzagentur (also von 2002 bis zum 01.06.2007) haben die Klägerinnen die Geltendmachung etwaiger Ansprüche verwirkt, weshalb alle Streitpunkte der Parteien einschließlich der Fragen der Aktiv- bzw. Passivlegitimation und der Verjährung dahinstehen können.
51Ein Recht ist dann verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (sogenanntes Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment; vgl. statt aller BGH, EnZR 16/12, TZ 13, zitiert nach juris). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Gerichts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH, a.a.O.; ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Urteile vom 06.03.1986, III ZR 195/84, BGHZ 97, 212, 220 f. und vom 20.07.2010, EnZR 23/09, RDE 2010, 385 Rn. 20 – „Stromnetznutzungsentgelt IV“, jeweils m.w.N.). Nach diesem Maßstab liegen die Voraussetzungen der Verwirkung hier vor.
521.
53Das für die Verwirkung erforderliche Zeitmoment ist angesichts des Umstandes, dass der kürzeste Abstand zwischen einer Zahlung aufgrund endgültiger Abrechnung – selbst unter Zugrundelegung der Auffassung der Klägerinnen – und der Geltendmachung gegenüber den Beklagten in der außergerichtlichen Korrespondenz annähernd 6 Jahre beträgt und im Übrigen für die Jahre davor noch deutlich größer ist. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Mahnbescheide von Ende 2012 selber lediglich Ansprüche bezüglich des Jahres 2008 zum Inhalt hatten, die hier interessierenden Zeiträume aber erst in der außergerichtlichen Korrespondenz Mitte des Jahres 2013 erwähnt wurden, ohne dass sie zu diesem Zeitpunkt rechtshängig gemacht worden wären. Damit haben aber die Klägerinnen einen Zeitraum verstreichen lassen, der bereits im günstigsten Fall mehr als das Doppelte der mit der gesetzlichen Regelverjährung von 3 Jahren verbundenen Überlegungsfrist betrug. Die durch die Klägerinnen behaupteten Rückzahlungsansprüche entstanden bereits mit den Zahlungen der Klägerinnen aufgrund einer entsprechend endgültigen Abrechnung und nicht etwa erst mit gerichtlicher Bestimmung des billigen Entgelts (vgl. BGH, EnZR 49/08, Rn. 4, zitiert nach juris).
542.
55Da bei objektiver Betrachtung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände die Beklagten aus dem Verhalten der Klägerinnen entnehmen durfte, dass diese ihr Recht nicht mehr geltend machen würden, liegt auch das Umstandsmoment vor.
56Entgegen der auf die Entscheidung BGH NJW 2011, 212 gestützten Auffassung der Klägerinnen müssen vorliegend nicht „ganz besondere Umstände“ angesichts des soeben geschilderten großen zeitlichen Abstandes vorliegen, um eine Verwirkung annehmen zu können. Solche besonderen Umstände müssen nach der Rechtsprechung des BGH allein dann vorliegen, wenn ein Rückforderungsanspruch der kurzen regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren unterliegt und durch Verwirkung eine weitere Abkürzung dieser Verjährungsfrist vorgenommen werden würde, da dem Gläubiger die Regelverjährung grundsätzlich ungekürzt erhalten bleiben soll, um ihm die Möglichkeit zur Überprüfung und Überlegung zu geben, den Anspruch gerichtlich geltend zu machen (vgl. BGH, a.a.O., TZ 22, zitiert nach juris). Die Klägerinnen haben hier durch jahrelanges vorbehaltloses Zahlen der Netzentgelte, trotz massiver Umwälzungen im Strommarkt aufgrund der Rechtsprechungsentwicklung und der Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, auch einen Vertrauenstatbestand bei den Beklagten geschaffen. Zu nennen sind insoweit insbesondere die Entscheidung des BGH „Stromnetznutzungsentgelt I“ vom 18.10.2005 (vgl. NJW 2006, 684) sowie der Umstand, dass die im Jahre 2007 aufsichtsbehördlich genehmigten Netznutzungsentgelte geringer waren, als die zuvor von den Beklagten verlangten Netzentgelte. Zudem kam es im Jahr 2008 zu einer abermaligen Absenkung der Netzentgelte. Vor diesem Hintergrund ist es, entgegen der Auffassung der Klägerinnen, für die Beurteilung des Umstandsmomentes auch sehr wohl von Bedeutung, unter welchen Umständen die Zahlung erfolgte. Daher kann es auch nicht als lediglich unerhebliche Untätigkeit der Klägerinnen gewertet werden, dass diese zu keinem Zeitpunkt unter Vorbehalt zahlten und auch bis zum außergerichtlichen Schreiben aus August 2013 den Beklagten gegenüber gar nicht zu erkennen gaben, dass sie Einwände gegen die Höhe des Netznutzungsentgeltes im hier interessierenden Zeitraum hatten. Insoweit ist von Bedeutung, dass das Zahlungsverhalten der Klägerinnen ohne jegliche Beanstandung in Form eines Vorbehalts aus Sicht der Beklagten den Eindruck erweckte, sie würden, trotz der oben geschilderten Umstände, ihr Recht nicht mehr geltend machen.
57In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich auch ein Privatkunde nicht unbegrenzt Zeit lassen darf, bevor er eine etwaige Unbilligkeit im Sinne von § 315 BGB bei vorher unbeanstandeter Hinnahme von Preiserhöhungen rügen kann (vgl. BGH NJW 2007, 2540, TZ 336, zitiert nach juris). Umso mehr konnten die Beklagten deshalb auf die kontinuierlichen Zahlungen der Klägerinnen Vertrauen bauen, da es sich bei diesen gerade nicht um gewöhnliche Endverbraucher, sondern um Formkaufleute nach § 6 Abs. 1 HGB handelt und die insbesondere auch Teil eines weltweit agierenden Konzerns mit Umsätzen im Milliardenbereich sind, der gerade im Bereich stromintensiver Fertigung tätig ist. Sämtliche Parteien bewegen sich im geschäftlichen Verkehr auf professionellem Terrain, wo allgemein schon an der schnellen Abwicklung von Rechtsgeschäften ein großes schützenwertes Interesse besteht, wie dies beispielsweise auch Ausdruck in der Regelung des § 377 HGB findet. Im Übrigen finden sich im Gesetz diverse Vorschriften, die im Interesse der Rechtsicherheit vergleichsweise kurze Fristen setzen (vgl. dazu LG Saarbrücken, 7 KFH O 52/08, TZ 89, zitiert nach juris). Dabei trifft das Beschleunigungsgebot nicht nur den Verpflichteten, sondern auch den Berechtigten, weshalb, entgegen der Auffassung der Klägerinnen, im Rahmen des § 315 BGB Verwirkung möglich ist (vgl. zum Ganzen auch LG Saarbrücken, a.a.O.; OLG Saarbrücken, 1 U 262/08; OLG Jena, NJOZ 08, 612, 615; vgl. zum Bedürfnis bei Energielieferungsverträgen Rückforderungsansprüche nur innerhalb zeitlicher Grenzen geltend machen zu können, instruktiv, wenn auch für den Fall allgemeiner Geschäftsbedingungen, BGH, VIII ZR 113/11, TZ 25 ff., sämtliche Zitate nach juris).
58Wie zahlreiche Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zum Stromnetznutzungsentgelt belegen (vgl. z.B. BGH, EnZR 16/12, KZR 21/09, EnZR 23/09) hat in der Energiewirtschaft die Zahlung unter Vorbehalt zur Sicherung von Ansprüchen wegen einer etwaigen Überhöhung weite Verbreitung gefunden, weshalb sich die Klägerinnen zunächst einmal ihre Zahlung ohne Vorbehalt, wie sie kontinuierlich über viele Jahre erfolgte, auch als vertrauensbegründendes Verhalten gegenüber den Beklagten entgegenhalten lassen müssen. Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob womöglich, wie die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, diesbezügliche Vorbehalte nicht die Regel im Rahmen des produzierenden Gewerbes seien. Denn die vorbehaltlose Zahlung wiegt unter dem Aspekt der Schnelllebigkeit und Professionalität des Handelsverkehrs gerade auch vor dem Hintergrund schwer, dass die bereits oben angesprochenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 18.10.2005 (KZR 36/04, zitiert nach juris) in der Energiebranche derart bekannt war, dass aus Sicht der Beklagten die Klägerinnen ihre Ansprüche in absehbarer Zeit anmelden würde, wenn sie dies überhaupt beabsichtigten (vgl. so ausdrücklich OLG Düsseldorf, VI-2 (Kart) 3/11, TZ 37). Dass nun in einem Konzern, wenn auch einem solchen des produzierenden Gewerbes, dem die Klägerinnen angehören, diese vom Bundesgerichtshof eröffnete Möglichkeit, Netznutzungsentgelte gerichtlich überprüfen zu lassen, gänzlich unbemerkt geblieben sein soll, ist nicht lebensnah und wird so auch durch die Klägerinnen nicht substantiiert vorgetragen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Klägerinnen selber vortragen, über äußerst stromintensive Fertigungen zu verfügen, so dass Änderungen im Preisgefügt sofort auffallen müssen. Selbst wenn, wie die Klägerinnen in mündlicher Verhandlung vorgetragen haben, der Gesamtkonzern insoweit nur über einen einzigen Einkäufer verfügt, wäre vor diesem Hintergrund doch entsprechendes Know-how vorhanden gewesen und die Preisbewegungen im Zuge der durch die Bundesnetzagentur erteilten Genehmigungen hätten vor diesem Hintergrund nicht unbemerkt bleiben können.
59Dem steht entgegen der Auffassung der Klägerinnen auch nicht die Entscheidung BGH, EnZR 16/12 entgegen, da der Bundesgerichtshof dort zwar ausgeführt hat, dass das Fehlen eines Vorbehalts nicht zu dem positiven Schluss führt, der Gläubiger würde einen Rückforderungsanspruch nicht mehr geltend machen (BGH, a.a.O., TZ 15, zitiert nach juris). Der Bundesgerichtshof hat dort aber letztlich nur herausgestellt, dass die Vorinstanz der fehlenden Reaktion auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2005 zu große Bedeutung beigemessen habe (BGH, a.a.O., TZ 16, zitiert nach juris). Keinesfalls aber hat der Bundesgerichtshof dort ausgeschlossen, das Zuwarten des Netznutzungsentgeltpflichtigen im Hinblick auf die Frage der Verwirkung als erheblich zu werten, zumal es im dortigen Fall um eine Verkürzung der Regelverjährung durch die Verwirkung ging und nicht etwa, wie hier, um den Ablauf einer Frist, die doppelt so lang wie die Verjährungsfrist wäre.
60Schließlich kommt im vorliegenden Fall hinzu, dass die Klägerin zu 1) in Bezug auf den Standort F mit der Beklagten zu 2) noch nach Vorliegen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2005 sowie des Beginns der aufsichtsbehördlichen Regulierung durch die Bundesnetzagentur im Jahre 2006 und die im Zusammenhang damit im Juni 2007 ergangene Entscheidung sogar ab dem Jahr 2008 einen weiteren, gesonderten Netznutzungsvertrag geschlossen hat, ohne dass Aspekte einer Preisübererhöhung angesprochen worden wären, obwohl sich ihr vor dem oben geschilderten Hintergrund eventuelle Überzahlungen in den Vorjahren vor Genehmigungserteilung geradezu aufdrängen mussten, zumal sie ab dem Einsetzen der Regulierung im Jahre 2007 auch weniger Netznutzungsentgelte angesichts der durch sie vorgetragenen Zahlen zu zahlen hatte.
613.
62Durch die verspätete Durchsetzung des Rechts würde den Beklagten auch ein unzumutbarer Nachteil entstehen. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen sind die Beklagten nicht verpflichtet, vorzutragen, welche genauen Vermögensdispositionen sich vor dem Hintergrund der Annahme, die von den Klägerinnen erhaltenen Zahlungen behalten zu dürfen, getroffen haben. Der unzumutbare Nachteil besteht schon darin, dass die Beklagten veranlasst würden, längst abgeschlossene Sachverhalte wieder aufzugreifen und die Berechnung der Netznutzungsentgelte für die Jahre ab 2002 neu vorzunehmen (vgl. so auch OLG Saarbrücken, 1 U (Kart) 262/08, TZ 94; bestätigt durch BGH, KZR 21/09, jeweils zitiert nach juris), und sei es nur, um den Berechnungen der Klägerinnen entgegentreten zu können. Zudem ist vor dem Hintergrund der in § 257 HGB geregelten Aufbewahrungsfrist schon fraglich, ob die Beklagten überhaupt aufgrund eigener Unterlagen noch in der Lage wäre, angemessen zu erwidern (vgl. zu diesem Aspekt auch LG Leipzig, a.a.O., S. 36 f.). Darüber hinaus wäre es den Beklagten aber auch unzumutbar, gegebenenfalls in erheblichem Umfang Netznutzungsentgelte zurückzuzahlen (zum Maßstab insoweit vgl. OLG Saarbrücken, a.a.O.). Die erstrebte Rückzahlung der Klägerinnen trägt, angesichts der zuletzt gestellten Anträge, einen erheblichen Prozentanteil der insgesamt für die Netznutzung an die Beklagten gezahlten Entgelte. Angesichts der Größenordnung und Umstände der Zahlung liegt es auf der Hand, dass die Beklagten als Wirtschaftsunternehmen nicht für theoretische Rückzahlungsansprüche in solch erheblicher Höhe finanzielle Rückstellungen bilden durften oder sich in anderer Form auf solche Rückforderungsansprüche hätte einstellen müssen, sondern vielmehr die erhaltenen Zahlungen investieren oder als Gewinn ausschütten konnten.
634.
64Die somit gegebene Verwirkung führt zum Anspruchsverlust, und zwar im Hinblick auf alle hier in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen, sei es aus Bereicherungsrecht, sei es aus § 33 GWB und auch aus § 852 BGB (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf, VI-2 (Kart) 3/11, TZ 33, zitiert nach juris). Damit kommt es im Übrigen für den Zeitraum von 2002 bis zum 30.05.2007 auf die zahlreichen weiteren Streitpunkte zwischen den Parteien schon nicht an.
65II.
66Auch für den Folgezeitraum, nämlich ab Genehmigung der Nutzungsentgelte, stehen den Klägerinnen gegen die Beklagten keine Rückforderungs- beziehungsweise Schadensersatzansprüche wegen überzahlter Netznutzungsentgelte zu, und zwar weder aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt., 315 Abs. 3 BGB, noch aus § 33 Abs. 3 S. 3 GWB in Verbindung mit Art. 82 S. 2 Buchstabe a EGV (= Art. 102 S. 2 Buchstabe a AEUV).
67Dabei kann offen bleiben, ob angesichts des vom Bundesgerichtshof entwickelten Instituts der Mehrerlösabschöpfung ab dem 29.10.2005, also erst recht im hier interessierenden Zeitraum, den Ansprüchen – jedenfalls denen aus Bereicherungsrecht - ohnehin schon ein Rückforderungsausschluss im Individualverhältnis aufgrund der Regelung des § 23a Abs. 5 S. 1 EnWG entgegensteht (vgl. dazu BGH KZR 70/10 Tz 2, grundlegend BGH KVR 39/07, TZ 21 „Vattenfall“, zitiert jeweils nach Juris), oder ob, wie die Klägerinnen meinen, die Entscheidung des BGH keine Aussage darüber treffe, ob der Ausschluss auch dann gelten soll, wenn die zuständige Behörde die Mehrerlöse tatsächlich gar nicht abschöpfe. Ansatzpunkte für diese Ansicht der Klägerinnen vermag die Kammer den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs nicht zu entnehmen; auch besteht entgegen der Auffassung der Klägerinnen aus Sicht der Kammer insoweit nicht auf Seiten der Beklagten die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass in die Bundesnetzagentur überhaupt beziehungsweise in welcher Höhe Mehrerlöse abgeschöpft; zumal die Beklagte mit Anlage B28 den Beschluss der Netzagentur vom 27.11.09 vorgelegt hat, aus dem unter 3.3.3 explizit hervorgeht, dass die Abschöpfung des gesamten Mehrerlöses sichergestellt wird. Vielmehr ist mit dem OLG Celle (13 U 155/09) davon auszugehen, dass in Anbetracht der Rechtsprechung des BGH (Vattenfall) jedenfalls Ansprüche auf Überprüfung der von den Netzbetreibern bestimmten Netznutzungsentgelte nach § 315 Abs. 3 BGB und die Herausgabe einer sich hieraus ergebenden ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alternative BGB ab dem 29. Oktober 2005 ausscheiden, da in der vom Bundesgerichtshof vorgenommenen und vom Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 21. Dezember 2009, 1 BvR 273/08) bestätigten Auslegung das Energiewirtschaftsrecht durch die periodenübergreifende Saldierung nach den §§ 9, 11 StromNEV alanog ein spezielles Abwicklungsregime zur Abschöpfung der von dem Netzbetreiber vereinnahmten Mehrerlöse geschaffen hat. § 23a Abs. 5 S. 1 EnWG stellt vor diesem Hintergrund einen modifiziert fortbestehenden Rechtsgrund dar, der eine Bereicherungskondiktion im Verhältnis zwischen Netzbetreiber und Netznutzer ausschließt (vgl. insoweit OLG Celle aaO, TZ 65 sowie TZ 66 zu weiteren Argumenten).
68Dies wie auch die Fragen, ob einerseits diese Mehrerlösabschöpfung, wie die Klägerinnen meinen, ohnehin nicht die Überhöhung zum billigen bzw. wettbewerbsanalogen Entgelt erfasst und andererseits die Mehrerlösabschöpfung nicht auch Schadensersatzansprüche aufgrund des Vorteilsausgleichsgedankens erfassen müsste - da durch den Ausschluss von Rückforderungsansprüchen im Zeitraum der Mehrerlösabschöpfung verhindert werden soll, dass der Berechtigte doppelt profitieren soll (OLG Celle 13 U 155/09 Tz 68 zitiert nach Juris) und sich dieses Problem auch im Rahmen von Schadensersatzansprüchen stellen würde – braucht hier jedoch nicht entschieden zu werden.
69Aufgrund der aus den bestehenden Genehmigungen der Bundesnetzagentur herzuleitenden Indizwirkung folgt nämlich die Billigkeit der hier in Rede stehenden Entgelte, wobei die Klägerinnen diese Indizwirkung nicht erschüttert haben, was insoweit gegenüber allen Anspruchsgrundlagen gesamterheblich ist.
70Zu berücksichtigen ist, dass eine Vertragspartei – hier die Beklagten – die nach § 315 zur Bestimmung der Leistung befugt ist, einen Ermessensspielraum besitzt, so dass die von ihr vorgenommene Bestimmung erst dann durch ein Gericht zu ersetzen wäre, wenn die durch § 315 Abs. 3 BGB gezogene Grenze überschritten ist, nicht aber schon dann, wenn das Gericht eine andere Festsetzung für die richtig hält (BGHZ 163,119, 130); nach BGH ist demnach die Prämisse, nur ein einziges Entgelt könne der Billigkeit entsprechen, unzutreffend.
71Der Billigkeitsmaßstab ist nicht individuell zu bestimmen, sondern muss aus der typischen Interessenlage des Netznutzungsverhältnisses und den für dessen Ausgestaltung maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben der §§ 21 ff EnWG gewonnen werden. Die Entgeltbildung muss sich an § 1 Abs. 1, Abs. 2 EnWG, § 21 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 EnWG orientieren, sowie die für die Entgeltermittlung maßgeblichen Vorschriften der StromNEV einhalten. Von besonderer Bedeutung ist § 21 Abs. 2 S. 2 EnWG, wonach im Entgelt keine Kosten oder Kostenbestandteile enthalten sein dürfen, die sich in ihrem Umfang nach im Wettbewerb nicht einstellen würden. Das geforderte Netzentgelt dient der Deckung der Kosten des Netzbetriebs und der Erzielung eines im vertretbaren Rahmen bleibenden Gewinns (OLG Düsseldorf VI-2 U Kart 2/13, TZH 18 zitiert nach Juris; siehe zum Ganzen: Urteils des Bundesgerichtshof (Kartellsenat) vom 15.05.2012, ENZR 105/10, Stromnetznutzungsentgelt V, juris, Rn. 23 u. 33ff).
72In der vorliegenden Konstellation oblag es den Klägerinnen, eine durch die Genehmigung der von den Beklagten verlangten Netznutzungsentgelte für den hier relevanten Zeitraum erzeugte Indizwirkung für die Angemessenheit und Billigkeit dieser Entgelte zu erschüttern.
73Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat zwar grundsätzlich der Netzbetreiber, hier also die Beklagten, die Billigkeit der von ihm verlangten Netznutzungsentgelte darzulegen und ggf. zu beweisen (vgl. Urteil v. 15.05.2012, EnZR 105/10 „Stromnetznutzungsentgelt V“, RdE 2012, 382, in juris Tz. 17 ff.; so bereits BGH Urteil v. 20.07.2010, EnZR 23/09 „Stromnetznutzungsentgelt IV“, RdE 2010, 385; vgl. ferner OLG Düsseldorf VI-2 U Kart 2/13 TZ 18; OLG Naumburg 2 U 5/13 Kart Tz 33, jeweils zitiert nach Juris). Der Bundesgerichtshof hat aber weiter festgehalten, dass sich der Netzbetreiber zur Darlegung der Billigkeit der von ihm verlangten Netznutzungsentgelte seit dem Inkrafttreten des EnWG 2005 – in einem ersten Schritt – auf die ihm erteilte Entgeltgenehmigung nach § 23a EnWG stützen kann (BGH, Urteil v. 15.05.2012, a.a.O., in juris Tz. 36). Dieser Rechtsauffassung folgt die Kammer (so auch OLG Naumburg aaO. und OLG Düsseldorf aaO.).
74Da der Maßstab der zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle ganz überwiegend den Vorgaben der Entgeltkontrolle nach den energiewirtschaftsrechtlichen Vorschriften entspricht (vgl. zu den Unterschieden BGH, a.a.O., in juris Tz. 23) und die im Genehmigungsverfahren tätigen Regulierungsbehörden aufgrund der engen Vorgaben dieser Vorschriften bei einem rechtmäßigen Vorgehen regelmäßig eine hohe Prüftiefe erreichen, stellt eine dem Netzbetreiber erteilte Genehmigung für die von ihm verlangten Netznutzungsentgelte ein gewichtiges Indiz für die Billigkeit und Angemessenheit dieser Entgelte dar (so ausdrücklich OLG Naumburg aaO. und OLG Düsseldorf aaO.)
75Liegt - wie hier - eine bestandskräftige Entgeltgenehmigung vor, so obliegt es dem Netznutzer, die hierdurch erzeugte indizielle Wirkung der Entgeltgenehmigung – die sich auf alle der Entgeltberechnung zugrundeliegenden Teile der Entgeltgenehmigung erstreckt - zu erschüttern, und zwar dadurch, dass er im Einzelnen darzulegen hat, aus welchen Gründen die behördlich genehmigten Netznutzungsentgelte unbillig überhöht sein sollten (BGH, aaO., Tz. 36, OLG Naumburg aaO, TZ 35; OLG Düsseldorf aaO., TZ 20).
76Wenn sich der Netzbetreiber auf diese Indizwirkung beruft, muss zunächst der Netznutzer im Einzelnen substantiiert und nachvollziehbar darlegen sowie gegebenenfalls beweisen, aus welchen Gründen das behördlich genehmigte Entgelt im konkreten Einzelfall unbillig überhöht sein soll, um die indizielle Wirkung der Entgeltgenehmigung insgesamt und nicht nur einzelner Berechnungs- und Prüfungsteile zu erschüttern. Dabei muss er insbesondere darlegen, dass das verlangte Entgelt die Kosten des Netzbetriebs übersteigt, und dass dies beim Netzbetreiber zu einem unvertretbar hohen, marktwirtschaftlich und unternehmerisch nicht mehr zu rechtfertigenden Gewinn führt. Erst wenn es dem Netznutzer gelingt, dies darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, muss der Netzbetreiber die ungeschwärzte Entgeltgenehmigung und seine vollständige Kostenkalkulation vorzulegen und letztere erläutern (siehe zum Ganzen: BGH, a.a.O.).
77Vor diesem Hintergrund geht das Monitum der Klägerinnen, aus der bloßen Vorlage zweier Abdrucke könne schon von vornherein die vom Bundesgerichtshof entwickelte Indizwirkung nicht folgen, fehl. Denn die vorgelegten Genehmigungsbescheide, wie sie durch die Anlagen B 22 und B 23 dokumentiert werden, sind bereits Ausdruck der Prüfung der Regulierungsbehörde, welche all das, was die billige Bestimmung der Entgelthöhe beeinflussen kann, bei der Festsetzung der Höchstgrenze nach § 23a EnWG unter Einhaltung der in § 24 S. 2 Nr. 4 EnWG normierten Zielsetzungen berücksichtigt hat. Zu weiterer Offenlegung sind die Beklagten nicht verpflichtet, da insoweit der Eigentumsschutz des Art. 14 Grundgesetz (vgl.dazu z.B. LG Magdeburg vom 05.12.12, 36 O 205/12) im Hinblick auf ihre schutzbedürftigen Betriebs-und Geschäftsgeheimnisse (vergleiche dazu schon OLG Düsseldorf,VI-3 Kart 289/06 V, TZ 7 zitiert nach Juris) für die Beklagten streitet.
78Dass Genehmigungen vorlagen, stellen die Klägerinnen selber nicht in Abrede, weshalb der Umstand des Vorliegens der Genehmigungen durch die zitierten Anlagen, welche die Beklagten überreicht haben, hinreichend dargelegt ist, zumal diesen auch die genehmigten Preise beigefügt sind. Von daher wäre es an den Klägerinnen gewesen, die Indizwirkung anhand der im folgenden darzustellenden, durch die höchst-und obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien, zu erschüttern. Die Vorlage umfangreicherer Unterlagen zur Substantiierung ihres Vortrages können sie dazu nicht verlangen, zumal ihnen auch § 142 Abs. 1 ZPO nicht hilft, da auch diese Vorschrift die Klägerinnen nicht von ihrer Darlegungs-und Substantiierungslast befreien würde (vergleiche zum ganzen OLG Düsseldorf VI-2 U Kart 2/13 TZ 35 zitiert nach Juris und BGH XI ZR 277/05 TZ 20 und LG Leipzig, 5 O 2648/13, Anlage B30 S. 18). Vor diesem Hintergrund sind die Annahmen des LG Stuttgart (vom 30.04.15, 41 O 93/10 KfH), welche sich die Klägerinnen zu eigen machen, auch bereits im Ansatz verfehlt.
79Der Bundesgerichtshof hat die Indizwirkung der in der so genannten ersten Entgeltgenehmigungsrunde der Entgeltregulierung von der Bundesnetzagentur erteilten Entgeltgenehmigungen in Kenntnis der seitens der Netzbetreiber gelieferten und von der Bundesnetzagentur zugrunde gelegten Kostendaten sowie von Art und Umfang der Prüfung dieser Daten durch die Bundesnetzagentur im Entgeltgenehmigungsverfahren bejaht. Über die notwendigen Erkenntnisse zur Datengrundlage sowie zum Prüfungs- und Genehmigungsverfahren durch die Bundesnetzagentur verfügte der Bundesgerichtshof aufgrund einer Vielzahl von Rechtsbeschwerdeverfahren im Rahmen der Kosten- und der nachfolgenden Anreizregulierung (so OLG Düsseldorf VI-2 U Kart 2/13 TZ 21, zitiert nach Juris, unter Verweis auf BGH EnZR 105/10 Stromnetznutzungsentgelt V).
80Folglich ist ein Netznutzer entgegen der Ansicht der Klägerinnen mit allen Argumenten ausgeschlossen, die sich auf die generellen Schwächen der Datenerhebung sowie die generelle Dichte und Tiefe der Prüfung durch die Bundesnetzagentur beziehen. Er muss daher darüber hinausgehende Umstände des konkreten Einzelfalls vortragen, um die Indizwirkung der Entgeltgenehmigung insgesamt zu erschüttern. Beispielsweise muss er, wie der Bundesgerichtshof ausgeführt hat, einen Verstoß der Bundesnetzagentur gegen Vorschriften des EnWG und/oder der StromNEV oder auch unrichtige Angaben des Netzbetreibers im Genehmigungsverfahren, deren Fehlerhaftigkeit seinerzeit nicht aufgedeckt worden ist, substantiiert und nachvollziehbar darlegen und gegebenenfalls beweisen (so OLG Düsseldorf VI-2 U Kart 2/13 TZ 22 zitiert nach Juris).
81Die Annahme der Indizwirkung der ersten Entgeltgenehmigung durch den Bundesgerichtshof soll erschweren, dass die Gerichte im Rahmen der Rückforderung angeblich überzahlter Netznutzentgelte durch einzelne Stromlieferanten in einer Vielzahl von Fällen mit sachverständiger Hilfe - unter Umständen sogar mit unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich eines Netzbetreibers - die Entgeltberechnungen der Bundesnetzagentur und der Landesregulierungsbehörden, deren seit Jahren rechtskräftige Entgeltgenehmigungen oftmals schon in energieverwaltungsrechtlichen Verfahren durch die Oberlandesgerichte und den Bundesgerichtshof überprüft worden sind, in den anhängig gemachten Fällen nochmals in allen Einzelheiten auf ihre Richtigkeit und Rechtmäßigkeit überprüfen müssen (OLG Düsseldorf VI-2 U Kart 2/13 TZ 23 zitiert nach Juris).
82Nur in Ausnahmefällen, wie in den vom Bundesgerichtshof beispielhaft genannten Fällen (Rechtsverstoß der Bundesnetzagentur, weil überhöhte Kosten und überhöhte Gewinne anerkannt wurden, oder weil unrichtige Angaben des Netzbetreibers berücksichtigt wurden), soll bei entsprechendem Vortrag des Netznutzers die Indizwirkung erschüttert werden können und eine umfassende Entgeltüberprüfung durch die Gerichte im Rahmen einer Billigkeitsprüfung ermöglicht werden, wenngleich nicht zu verkennen ist, dass für die ordentliche Gerichte auch mit sachverständiger Hilfe problematisch werden dürfte, auch nur gleiche oder gar bessere Erkenntnisse als die auf diese Fragen spezialisierten Beschlusskammern der Bundesnetzagentur zu erlangen, die zudem auf den zusätzlich notwendigen wirtschaftlichen Sachverstand innerhalb ihrer Behörde zugreifen können (so OLG Düsseldorf VI-2 U Kart 2/13 TZ 24 zitiert nach Juris).
83Ohnehin ist zu beachten, dass der Rechtsbegriff der Billigkeit dem Netzbetreiber einen Kalkulationsspielraum eröffnet - es gibt nicht nur ein billiges Netzentgelt, sondern eine Bandbreite innerhalb derer ein Netznutzungsentgelt als billig angesehen werden kann - und die Annahme der Unbilligkeit eine erhebliche Abweichung von den Netznutzungsentgelten vergleichbarer Stromverteilnetzbetreiber voraussetzt. Allerdings ist zu beachten, dass eine Überschreitung des genehmigten Entgelts ohnehin unzulässig ist und bei einem Unterschreiten des genehmigten Entgelts das Gleichbehandlungsgebot beziehungsweise das Diskriminierungsverbot zu beachten ist, was den Netzbetreiber verpflichtet, von allen Netznutzern grundsätzlich das gleiche Entgelt zu verlangen (§§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 EnWG; siehe auch: BGH, a.a.O., Rn. 20 u. 30; vgl. OLG Düsseldorf VI-2 U Kart 2/13 TZ 25 zitiert nach Juris).
84Die vom Bundesgerichtshof für Entgeltgenehmigungen der ersten Genehmigungsrunde angenommene Indizwirkung gilt nach Auffassung des OLG Düsseldorf, der sich die Kammer anschließt, erst recht für Entgeltgenehmigungen der so genannten zweiten Genehmigungsrunde der Entgeltregulierung aus dem Jahr 2008, die auf den Daten des Jahres 2006 beruht. In der zweiten Genehmigungsrunde erfolgte eine noch umfassendere Überprüfung und Auswertung der von den Netzbetreibern mitgeteilten Daten als in der ersten Genehmigungsrunde, so dass viele Schwächen der ersten Genehmigungsrunde nicht mehr auftraten und folglich das Ergebnis der zweiten Genehmigungsrunde wesentlich treffsicherer war als das Ergebnis der ersten Genehmigungsrunde und zu weiteren erheblichen Kürzungen der beantragten Netzentgelte führte. Daher ist auch die Indizwirkung einer zweiten Entgeltgenehmigung nach Auffassung stärker als die Indizwirkung einer ersten Entgeltgenehmigung zu gewichten, so dass an die Erschütterung der Indizwirkung einer zweiten Entgeltgenehmigung gesteigerte Anforderungen gegenüber einer ersten Entgeltgenehmigung zu stellen sind (so explizit OLG Düsseldorf VI-2 U Kart 2/13 TZ 26 zitiert nach Juris).
85Dabei führt auch der Umstand, dass die erste Genehmigung nur bis zum 31.12.07 galt und die zweite Genehmigung ihre Wirkung erst ab dem 01.02.08 entfaltete, zu keinem anderen Ergebnis, d.h. nicht zu einem Entfallen der Indizwirkung für Januar 2008 oder ähnlichem. Gemäß § 23a Abs. 5 EnWG können nämlich bei rechtzeitiger Beantragung der Folgegenehmigung die bisherigen Entgelte bis zur Entscheidung der Behörde beibehalten werden, weshalb auch insoweit die Indizwirkung fortwirken muss. Zwar wurde der Vortrag der Beklagten, die Genehmigung rechtzeitig beantragt zu haben, durch die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung mit Nichtwissen bestritten. Doch ist der Ablauf der ersten Genehmigung mit dem 31.12.07 erfolgt, die neue Genehmigung aber zum 01.02.08 erteilt. Insoweit spricht nichts dafür, dass – wie nach obiger Prämisse erforderlich – die Beantragung der Genehmigung nicht vor dem Ablauf des 31.12.07 erfolgt wäre, denn aus den hier vor der Kammer geführten Verfahren ist gerichtsbekannt, dass die Bearbeitung und Bescheidung der Genehmigung durch die Behörde länger als einen Monat in Anspruch nimmt und der Antrag somit zwingend vor dem Ablauf des 31.12.07 gestellt worden sein muss.
86In beiden Genehmigungsrunden haben die Beklagten, deren Effizienzprüfung durch die Bundesnetzagentur in der ersten Genehmigungsrunde der der Kostenregulierung nachfolgenden Anreizregulierung schließlich einen Wert von 98,6 % ergeben hat (Gutachten I, S. 36), jeweils erhebliche Reduzierungen der beantragten Netzentgelte hinnehmen müssen, die ihren unternehmerischen Spielraum bei der Entgeltkalkulation nicht unerheblich eingeschränkt haben dürften.
87Unter Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze ist es den Klägerinnen nicht gelungen, die vom Bundesgerichtshof angenommene gewichtige Indizwirkung der Entgeltgenehmigung zu erschüttern. Es fehlt eine substantiierte und nachvollziehbare Darlegung der Klägerinnen, aus welchen Gründen das behördlich genehmigte Entgelt der Beklagten im konkreten Einzelfall überhöht sein soll.
88Die Klägerinnen nehmen hier für sich in Anspruch, unter Einschaltung eines renommierten Gutachterbüros, das unter anderem auch für die Bundesnetzagentur tätigte sei, auf Grundlage anerkannter und allgemein verwendeter, umfangreicher Datenbanken, die auf den veröffentlichten Preisblättern der Netzbetreiber beruhen, eine Preisvergleich angestellt und vorgelegt zu haben, bei dem die Entgelte der Beklagten mit Netzentgelten anderer Netzbetreiber im streitgegenständlichen Zeitraum für die konkret betroffene Spannungsebene am jeweiligen Standort und für den konkreten Abnahmefall der Klägerinnen berücksichtigt seien. Hilfsweise habe die Berücksichtigung möglicher Merkmale der Beklagten und der Vergleichsunternehmen auf Grundlage der einzig veröffentlichten Strukturklassenbildungen durch den Verband der Netzbetreiber beziehungsweise die Bundesnetzagentur im Vergleichsverfahren Strom und Gas 2006 stattgefunden. Die Klägerinnen haben insoweit die Auffassung vertreten, dass dadurch für den konkreten Fall festgestellt worden sei, dass die von der Beklagten abgerechneten Entgelte erheblich über denjenigen der Vergleichsunternehmen gelegen hätten und damit den Maßstäbe in der Wettbewerbsanalogie nicht genügen würde; ferner hätten die Beklagten mit keinem Wort dazu vorgetragen, warum die Entgelte des Jahres 2008, welche durch die Klägerinnen als Maßstab herangezogen worden seien, nicht auch im restlichen streitgegenständlichen Zeitraum möglich gewesen sein sollten. Soweit das Landgericht Leipzig (in oben zitierter Entscheidung) auch den Nachweis eines Verstoßes der Bundesnetzagentur gegen gesetzliche Vorschriften, beispielsweise des EnWG, oder auch unrichtige Angaben des Netzbetreibers im Genehmigungsverfahren, deren Fehlerhaftigkeit seinerzeit nicht aufgedeckt worden sei, fordere, stehe dies nicht mit den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des OLG Düsseldorf in Einklang.
89Der vor dem Hintergrund dieser Rechtsauffassung geleistete Sachvortrag der Klägerinnen genügt aber nicht, um die Indizwirkung auszuschalten. Dabei ist bereits a priori zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen ihre Argumentation im wesentlichen auf einem Preisvergleich mit einer Best-Practice-Gruppe, zuletzt auf Basis eines so genannten 10 %-Quantils, aufbaut. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Indizwirkung der behördlichen Genehmigung gerade auch solche Netzbetreiber erfasst, die nicht zu dieser Gruppe gehören. Die Netzagentur stellt ihre Genehmigungen nicht nur für eine Best-Practice-Gruppe aus, sondern hält ersichtlich auch die Preise solcher Anbieter, die nicht zu dieser gehören, für genehmigungsfähig. Wäre die Sicht der Klägerinnen richtig, würde dies aber dazu führen, dass 90 % der Anbieter kartellrechtswidrig überhöhte beziehungsweise nicht der Billigkeit entsprechende Preise verlangen würden. Dies würde sachlogisch mit sich bringen, dass die Netzagentur in hohem Maße sachlich unbillige und womöglich kartellrechtswidrige Preisgestaltung genehmigen würde, woran gewiss die höchstrichterliche Rechtsprechung keine Indizwirkung knüpfen würde und im übrigen die Frage aufwerfen würde, wozu überhaupt die Überprüfung durch die Bundesnetzagentur dienen sollte. Vielmehr lässt sich dies aber gerade nicht mit den Annahmen des Bundesgerichtshofes , wonach sich der Maßstab der zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle und die Vorgaben der Entgeltkontrolle nach den energiewirtschaftsrechtlichen Vorschriften weitgehend entsprechen (BGH aaO, TZ 23; ferner OLG Naumburg aaO, TZ 34), vereinbaren, zumal auch das OLG Naumburg auf Grundlage der Entscheidung des BGH herausgestellt hat, dass die im Genehmigungsverfahren tätigen Regulierungsbehörden bei einem rechtmäßigen Vorgehen regelmäßig eine hohe Prüftiefe (zur Prüftiefe auch schon BGH aaO, TZ 36 und bereits oben) erreichen, was gerade ein Grund für die Annahme einer Indizwirkung ist (so OLG Naumburg aaO. TZ 34). Gerade daraus folgt der vom BGH vorgegebene Ansatz, dass zwar für die zivilrechtliche Kontrolle ein über die öffentlich-rechtliche Prüfung hinausgehender Anwendungsbereich verbleibt, der dann aber aufgrund des bis dahin identischen Prüfmaßstabs „etwa“ (BGH aaO TZ 23) die Darlegung von Fehlern des Genehmigungsverfahrens zum Gegenstand hat.
90Insoweit geht auch entgegen der Auffassung der Klägerinnen das Landgericht Leipzig in seiner Entscheidung nicht von einem falschen Verständnis der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs und des OLG Düsseldorf aus, denn – neben dem soeben ausgeführten – hat das OLG Düsseldorf in der oben zitierten Entscheidung explizit die Erschütterung der Indizwirkung mit der durch das Landgericht Leipzig geschilderten Art und Weise des erforderlichen Vorbringens in Verbindung gebracht (OLG Düsseldorf aaO, TZ 22), und so deutlich gemacht, dass allein dies Ausdruck und notwendige Folge der Annahme der Indizwirkung ist und gerade ein Eingehen auf diese Parameter auch eingefordert (aaO., TZ 28).
91Wie sowohl das Landgericht Leipzig (aaO) als auch insbesondere das Oberlandesgericht Düsseldorf (aaO, TZ 31 ff.) ausgeführt haben, ist das methodische Vorgehen der Klägerinnen auch nicht geeignet, die Indizwirkung zu erschüttern, da der reine Preisvergleich nicht erklärt, warum eine derart hohe Anzahl von Unternehmen eine mit Indizwirkung versehene Genehmigung erhalten hätten, obwohl sie, wäre der Ansatz der Klägerinnen richtig, unbillige Preise fordern würden.
92Dem von den Klägerinnen selber als konkret und einzelfallbezogen bezeichneten Sachvortrag fehlt es im Übrigen an hinreichenden Darlegungen, weshalb die behördlich genehmigten Nutzungsentgelte überhöht sein sollen (vgl. dazu BGH aaO, TZ 36 und OLG Naumburg TZ 35).
93Denn was genau an der behördlichen Genehmigung falsch sein soll, wird nicht dargetan (vgl. zu diesem Erfordernis OLG Düsseldorf aaO, TZ 28; vgl auf fehlende Darlegungen zur fehlenden sachlichen Richtigkeit der behördlichen Prüfung abstellend auch BGH aaO. TZ 38). Vielmehr werden durch die Klägerinnen behördliche Annahmen allein durch andere – eigene - Annahmen ersetzt; den Vorgaben des Bundesgerichtshofes (siehe die Ausführung dazu oben und BGH aaO TZ 23) entspricht dies nicht, da für die zivilrechtliche Kontrolle (nur) ein darüber hinausgehender Anwendungsbereich verbleibt.
94Hinzu kommt, dass schon in der Sache nicht überzeugt, die Indizwirkung behördlicher Entscheidungen aus dem Jahr 2007 bzw. von Anfang des Jahres 2008 mit Vergleichswerten allein des Jahres 2008, also solchen, die der Entscheidung nicht zugrunde lagen, beseitigen zu wollen.
95Ferner fehlt, soweit ersichtlich, jeder Vortrag dazu, dass die Beklagten durch die Berechnung überhöhter Netzentgelte unangemessen hohe Gewinne erzielt hat, die weder marktwirtschaftlich noch ökonomisch zu rechtfertigen wären (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf aaO. TZ 33, das vorschlägt, insoweit könnten die Bilanzen der beklagten Netzbetreiberin und anderer Netzbetreiber miteinander verglichen werden).
96Die Klägerinnen haben auch nicht behauptet, dass die Bundesnetzagentur der Entgeltgenehmigung von den Beklagten mitgeteilte unrichtige Kostendaten zugrunde gelegt hat. Sie haben ferner nicht substantiiert vorgetragen, dass die Bundesnetzagentur im Rahmen des Entgeltgenehmigungsverfahrens überhöhte Kosten der Beklagten berücksichtigt hat.
97Der Vortrag der Klägerinnen beschränkt sich – auch wenn die Klägerinnen meinen, nun anders als in vorangegangenen Verfahren dezidiert vorgetragen zu haben – weiterhin auf in erster Linie pauschale und abstrakte Ausführungen, denen es an einer konkreten Auseinandersetzung mit der erteilten Entgeltgenehmigung in der Sache mangelt.
98So werden etwa angeblich überhöhte Entgelte im Prozesskostenvergleich allein auf Grundlage allgemeiner Ausführungen hergeleitet (vgl. Gutachten I, S. 39/40), wobei das Gutachten auf nicht näher namhaft gemachte Marktteilnehmer abstellt und selber erkennt, dass exakte Werte nicht bestimmt werden können. Ferner werden beispielsweise die Ineffizienzen am Gesamtmarkt bestimmt (Gutachten I, S. 42), also gerade nicht auf den Einzelfall bezogen, sondern pauschal dargestellt.
99Dass die Methodik, mit der die Klägerinnen insgesamt vorgehen, auch in der Sache zweifelhaft ist, zeigt schließlich der Umstand, dass die Beklagten im Jahre 2002 sogar jeweils selber zur ausgewählten Best-Practice-Gruppe gehörten, was die Klägerinnen gleichwohl nicht hindert, für dieses Jahr dennoch Rückforderungsansprüche geltend zu machen.
100Soweit die Klägerinnen schließlich eine eingeschränkte Prüftiefe bzw. rudimentäre Prüfung (unter Berufung u.a. auf verschiedene erstinstanzliche Entscheidungen, siehe Bl. 481 mit Fn 186) einer Indizwirkung entgegenhalten wollen, geht dies fehl, da sie nicht substantiiert dargelegt haben, dass auch im konkreten Fall die Prüfung nur rudimentär erfolgte und dadurch zur Genehmigung ungerechtfertigt hoher Preise geführt hat (siehe dazu auch LG Leipzig aaO S. 32 und dazu, dass grds auch von hinreichender Prüftiefe der Aufsichtsbehörde ausgegangen werden kann, bereits OLG Naumburg oben und OLG Düsseldorf oben).
101Die Klägerinnen können ihre Darlegungs- und Beweislast für eine missbräuchliche Überhöhung auch nicht durch das Angebot einer Kostenkontrolle ersetzen, da es ihnen an einem materiell-rechtlichen Anspruch auf Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen gegen die Beklagten mangelt und eine solche auch nicht auf § 242 BGB gestützt werden kann. Dies wie auch die Anwendung der Grundsätze der Entscheidung OLG Düsseldorf vom 26.11.08, VI-2 U Kart 12/07 TZ 10 kommen hier aufgrund der Indizwirkung der Genehmigung nach § 23a EnWG gerade nicht in Betracht (vgl. auch LG Leipzig aaO, S. 32).
102Die Klägerinnen können auch nicht die Vorlage der ungeschwärzten Entgeltgenehmigung und/oder der Entgeltgenehmigungsunterlagen durch die Beklagten beanspruchen, um ihren Vortrag substantiieren zu können. Die Klägerinnen verkennen die Voraussetzungen des § 142 ZPO. Die Vorschrift befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast. Dementsprechend darf das Gericht die Urkundenvorlegung nicht zum bloßen Zweck der Informationsgewinnung, wie vorliegend von den Klägerinnen erstrebt, sondern nur beim Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags anordnen (vgl. BGH, Urteil vom 26.07.2007, XI ZR 277/05, juris, Rn. 20 m.w.N.), an dem es nach dem zuvor Gesagten hier aber fehlt.
103Die Klägerinnen haben gegen die Beklagten auch keinen Anspruch aus § 33 Abs. 1, Abs. 3 GWB i.V.m. §§ 19 Abs. 4 Nr. 2, Nr. 4, 20 Abs., 1 GWB, denn dieser ist gemäß § 111 Abs. 1 EnWG ausgeschlossen (vgl. OLG Düsseldorf VI-2 U Kart 2/13, TZ 37; siehe auch: BGH vom 15.05.2012, ENZR 105/10, Stromnetznutzungsentgelt V, juris, Rn. 20 und OLG München U (k) 4653/09 TZ 41, juris).
104Aus der Richtlinie 2003/54/EG vom 26.06.2003 (ABl. Nr. L 176 S. 37) folgt auch nicht die Unwirksamkeit dieses Ausschlusses kartellrechtlicher Ansprüche. Nach Art. 23 Abs 11 dieser Richtlinie bleiben die einzelstaatlichen Rechtsbehelfe von den in Art. 23 Abs. 5 und Abs. 6 eröffneten Beschwerden unberührt; daraus ergibt sich nicht, dass es einem Mitgliedstaat nicht möglich sei, die Überprüfung von Netznutzungsentgelten einer Sonderregelung zuzuführen. Es ist auch nicht erkennbar, dass 111 EnWG die Zielsetzung der Richtlinie 2003/54/EG verfehlt, da nicht ersichtlich ist, dass der deutsche Gesetzgeber den durch die Richtlinie eröffneten Gestaltungsspielraum überschritten hätte (vgl. OLG München aaO, TZ 42).
105Die Klägerinnen haben gegen die Beklagten ferner keinen Schadensersatzanspruch aus § 33 Abs. 3 S. 3 GWB in Verbindung mit Art. 82 S. 2 Buchstabe a EGV (= Art. 102 S. 2 Buchstabe a AEUV). Die Vorschriften setzen die substantiierte Darlegung eines missbräuchlichen Verhaltens des Netzbetreibers durch den Netznutzer voraus. Auch demgegenüber kann sich der Netzbetreiber auf die gewichtige Indizwirkung der Entgeltgenehmigung berufen (so ausdrücklich OLG Düsseldorf aaO, TZ 38; ebenso OLG Naumburg 1 U 40/10 TZ 69 juris). Die Indizwirkung haben die Klägerinnen, wie vorstehend ausgeführt, nicht erschüttert (siehe auch: BGH, a.a.O., Rn. 41), denn zur Methode der Nachweisführung kann hier nichts anderes gelten (OLG Düsseldorf aaO, TZ 38; so ferner LG Leipzig aaO, S. 31).
106Ein Schadensersatzanspruch scheitert ferner auch daran, dass schwerlich ein schuldhaftes Verhalten eines Netzbetreibers im Sinne von § 33 Abs. 3 GWB beziehungsweise im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB angenommen werden kann, wenn der Netzbetreiber dem Netznutzer ein regulierungsbehördlich genehmigtes Entgelt berechnet hat (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf aaO, TZ 39).
107Soweit die Klägerinnen auch auf Ansprüche aus §§ 30, 32 EnWG abstellen, scheitert dies ebenfalls, da bezüglich der Indizwirkung des § 23a EnWG (auf eine nicht gegebene Sperrwirkung, zu welcher die Klägerinnen ausführen, kommt es hier nicht an) für die Rechtmäßigkeit nichts anderes gelten kann als oben.
108§ 852 BGB scheitert schließlich nach dem zuvor Gesagten ebenfalls am Vorliegen einer unerlaubten Handlung.
109Eine weitere Schriftsatzfrist war den Klägerinnen nicht zu gewähren. Der letzte Schriftsatz der Beklagten enthielt keinen relevanten neuen Sachvortrag. Die rechtlichen Aspekte, welche die Entscheidung hier tragen, wie auch die maßgeblichen ober- und höchstrichterlichen Entscheidungen waren sämtlichen Beteiligten bekannt und Gegenstand ihrer bisherigen schriftsätzlichen Ausführungen. Vor dem Hintergrund des § 139 ZPO war daher die Gewährung einer weiteren Schriftsatzfrist zu den rechtlichen Erörterungen im Termin nicht angezeigt.
110Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
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