Urteil vom Landgericht Dortmund - 25 O 34/16
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Beklagte ist ein Energieversorger und bietet Verbrauchern unter anderem Fernwärmeversorgung an. Die entsprechenden Verträge werden auf der Grundlage von allgemeinen – von der Beklagten formulierten – Versorgungsbedingungen geschlossen.
3Die Beklagte wirbt wie in Anl. K1 und Anl. K2 wiedergegeben für die von ihr angebotene Fernwärmeversorgung.
4Klickt der Verbraucher auf der Homepage der Beklagten auf den Button mit der Anschrift „Mehr Informationen“ gelangt er auf eine Seite, wo er aufgefordert wird, seine Postleitzahl einzugeben. Nach Eingabe der Postleitzahl und dem Anklicken des Buttons mit der Aufschrift „finden“ erscheinen Kontaktdaten zur S-Fernwärmeversorgung in der näheren Umgebung, an die sich der Verbraucher wenden kann. Es erscheint dem Verbraucher dann eine Adresse sowie Telefonnummern zur Kontaktaufnahme, nähere Informationen zu dem konkreten Fernwärmeprodukt, welches für ihn infrage kommen könnte oder zu einem möglichen Vertragsinhalt erhält er jedoch nicht. Etwaige Informationen zu den Tarifbedingungen oder zum Preis finden sich an dieser Stelle ebenfalls nicht. Auch an sonstiger Stelle auf der Internetseite der Beklagten finden sich keine Hinweise auf die Vertragsbedingungen und die Preise.
5Des Weiteren hält die Beklagte auf ihrer Internetseite eine „Fernwärme Infothek“ (Anl. K2) vor. Dort befinden sich zahlreiche allgemeine Informationen zu dem angebotenen Produkt, nicht jedoch die Preise bzw. die Allgemeinen Vertragsbedingungen.
6Insoweit der Kunde Kontakt zu den auf der Internetseite der Beklagten genannten Ansprechpartnern aufgenommen hat, befasst sich der zuständige Kundenmanager der Beklagten mit der Klärung der Möglichkeit einer Fernwärmeversorgung am Wohn- bzw. Geschäftsort des potentiellen Kunden, gegebenenfalls mit den technischen Parametern der Kundenanlage und fertigt sodann ein Vertragsangebot aus, dass zusammen mit den Anlagen zum Vertrag (wozu auch die ergänzenden Lieferbedingungen, die Preislisten, die AVBFernwärmeV u.a. gehören) per Post an den betreffenden Kunden versandt wird. Dabei wird zunächst geprüft, ob das Haus des Interessenten überhaupt an das Fernwärmenetz angeschlossen werden kann.
7Die Fernwärmeversorgungsverträge der Beklagten mit interessierten Kunden werden nicht online, sondern nur schriftlich geschlossen.
8Die für die Versorgung mit Fernwärme geltenden Versorgungsbedingungen gibt die Beklagte originär und anlassbezogen, wie etwa bei bekanntzugebenden Änderungen, in öffentlichen Printmedien, in der Regel in der das jeweilige Fernwärmeversorgungsgebiet abdeckenden lokalen Tageszeitung, bekannt. Die Liefer- und ergänzenden Bedingungen hängen in den jeweiligen regionalen Heizwerken vor Ort zur Einsicht der Kunden aus bzw. werden dort in Ordnern zur Einsichtnahme bereitgehalten. Eine Übersendung der Unterlagen kann auf Nachfrage erfolgen.
9Mit Schreiben vom 14.12.2015 mahnte der Kläger die Beklagte ab und forderte sie auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, da die Internetseite der Beklagten gegen § 1 Abs. 4 AVB FernwärmeV und § 1 PAngV verstoße.
10Mit Schreiben vom 08.01.2016 wies die Beklagte die Forderung zurück.
11Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte verstoße sowohl gegen § 1 Abs. 4 AVB FernwärmeV als auch gegen § 1 PAngV.
12§ 1 Abs. 4 AVB FernwärmeV erfordere auch die Bekanntgabe der Allgemeinen Versorgungsbedingungen einschließlich der dazugehörigen Preisregelungen und Preislisten auf der Internetseite des Versorgungsunternehmens. Im Jahr 1980 – in welchem die AVB FernwärmeV erlassen wurde – sei die Veröffentlichung in der Tagespresse noch eine geeignete Information gewesen, im Jahr 2016 könne dies hingegen nicht mehr gelten. Im Jahr 2016 könne die alleinige Veröffentlichung in der Tagespresse nicht mehr als ausreichende Bekanntgabe angesehen werden, weil diese Information lediglich zu einem bestimmten Datum erfolgt. Daher liege eine geeignete öffentliche Bekanntgabe nur dann vor, wenn eine solche Information auf der Internetseite des Versorgers erfolgt.
13Für § 1 PAngV – und somit für das Tatbestandsmerkmal des Angebots – sei es unerheblich, dass die Verbraucher auf der Internetseite der Beklagten noch nicht ihre zum Vertragsabschluss führende Willenserklärung abgeben. Ausreichend sei, dass die Beklagte ihr Produkt umfassend beschreibt und für die Verbraucher somit erkennbar sei, was der Gegenstand des Vertrages ist. Die Leistung sei auch durch Eingabe der Postleitzahl örtlich konkretisiert. Es seien somit Fakten zusammengetragen, die aus Sicht des Kunden den Abschluss des Geschäfts zulassen.
14Der Kläger beantragt,
151. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken am Geschäftsführer, zu unterlassen,
16auf der Internetseite www.S.de für Fernwärmeverträge zu werben bzw. den Abschluss von Fernwärmeverträgen anzubieten, ohne über die Allgemeinen Versorgungsbedingungen und die dazugehörigen Preisregeln und Preislisten zu informieren bzw. informieren zu lassen.
172. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 214,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
18Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Sie ist der Ansicht, ein Verstoß gegen § 1 PAngV liege nicht vor, da die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift nicht erfüllt seien.
21Die Internetseite der Beklagten beinhalte weder ein Angebot für Waren oder Leistungen noch eine Werbung unter Preisangaben. Der Kunde werde nicht gezielt auf den Kauf einer Ware oder die Abnahme einer Leistung angesprochen, so dass ein Angebot nicht vorliege. Die Ankündigung der Ware oder Leistung sei auch nicht derart konkret gefasst, dass sie den Geschäftsabschluss aus Kundensicht ohne weiteres zulasse und der Abschluss des Geschäfts aus der Sicht der Kunden ohne weiteres möglich erscheint.
22Ein Angebot im Sinne des § 1 PAngV liege nicht vor, da der Besucher auf der Homepage weder nähere Informationen zu dem konkreten Fernwärmeprodukt, welches für ihn infrage kommen könnte, noch zu einem möglichen Vertragsinhalt erhalte. Er erhalte nicht alle notwendigen Informationen, die er benötigen würde, um sich zum Abschluss eines Vertrages zu entscheiden. An die notwendigen Informationen gelangt der Besucher erst dann, wenn er von sich aus Kontakt zu den angegebenen Ansprechpartnern aufnimmt, damit die Individualisierung in Bezug auf das Produkt Fernwärme in vertraglicher und preislicher Hinsicht stattfinden kann.
23Bei den Fernwärmeprojekten handelt es sich um objektbezogen-individuelle Projekte, so dass die auf der Internetseite der Beklagten enthaltenen Informationen zu unbestimmt seien, um aus Kundensicht als Angebot verstanden werden zu können.
24Bei der angebotenen Fernwärme handele es sich nicht etwa um den Fall der Bewerbung und des Angebots von Strom- und Gaslieferungsverträgen, da eine entsprechende Individualisierung bei Strom- und Gaslieferungsverträgen durch die Angabe der Postleitzahl und des durchschnittlichen Verbrauchs erfolgen kann, was bei Fernwärmeprojekten jedoch nicht möglich ist.
25Der Internetauftritt der Beklagten in Bezug auf Fernwärme sei lediglich als Werbung im Sinne der Preisangabenverordnung zu werten.
26Die Werbeangabe auf der Internetseite der Beklagten enthalte an keiner Stelle Preise oder auch nur Preiselemente, so dass die Preisangabenverordnung auch unter diesem Aspekt nicht zur Anwendung komme.
27Es liege auch kein Verstoß gegen § 1 Abs. 4 AVB FernwärmeV vor.
28Mit der Veröffentlichung der Versorgungsbedingungen in einer örtlichen Tageszeitung und dem Aushang, bzw. Vorhalten der Unterlagen zur Einsichtnahme in den jeweiligen Heizwerken sowie der Übersendung auf Nachfrage veröffentliche die Beklagte diese in geeigneter Weise und komme den Pflichten aus § 1 Abs. 4 AVB FernwärmeV vollumfänglich nach. Eine Pflicht zur Veröffentlichung der Allgemeinen Versorgungsbedingungen im Internet existiere nicht. Dies ergebe sich daraus, dass der Gesetzgeber in anderen Versorgungsverordnungen explizit eine Pflicht zur Veröffentlichung im Internet vorgesehen hat, wie z.B. in § 2 Abs. 4 GasGVV sowie in der StromGVV. Da die AVB FernwärmeV erst mit Wirkung zum 01.01.2015 geändert wurde, der Gesetzgeber aber keine Pflicht zur Veröffentlichung im Internet statuiert hat, sei eine solche vorliegend auch nicht anzunehmen.
29Das von § 1 Abs. 4 AVB FernwärmeV aufgestellte Publizitätserfordernis werde durch die Gewährung einer bloß abstrakten Kenntnisnahmemöglichkeit erfüllt. Eine bloße Veröffentlichung von Preisen im Internet für den Verbraucher entfalte an sich keinen Aufklärungs-, Transparenz- und Informationsmehrwert, da er hieraus noch keinen Rückschluss auf die möglicherweise abweichenden, besonderen, projektspezifisch wirtschaftlichen Besonderheiten des ihn interessierenden eigenen Wärmeversorgungssachverhalts ziehen könne.
30Entscheidungsgründe:
31Die zulässige Klage ist unbegründet.
32A.
33Das Landgericht Dortmund ist sachlich und örtlich zuständig, was aus § 6 Abs. 2 UKlaG i.V.m. §§ 1, 2 VO UKlaG folgt. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Dies folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 UKlaG. Denn der Kläger ist ein eingetragener Verein, der als qualifizierte Einrichtung in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragen ist.
34B.
35Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Unterlassung des Werbens bzw. Anbietens auf der Internetseite www.s.de für Fernwärmeverträge ohne über die Allgemeinen Versorgungsbedingungen und die dazugehörigen Preisregeln und Preislisten zu informieren bzw. informieren zu lassen aus § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG bzw. § 8 Abs. 1 S. 1 UWG zu.
36Voraussetzung für einen derartigen Unterlassungsanspruch wäre, dass die Beklagte im vorliegenden Fall mit der durch den Kläger angegriffenen Werbung auf ihrer Internetseite Verbraucherschutzgesetzen zuwiderhandelt – § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG – bzw. sich das Verhalten der Beklagten als unzulässige geschäftliche Handlung – § 8 Abs. 1 S. 1 UWG – darstellt.
37Diese Voraussetzungen liegen vorliegend jedoch nicht vor.
38Denn ein Verstoß der Beklagten kann weder gegen § 1 PAngV noch gegen § 1 Abs. 4 AVB FernwärmeV festgestellt werden.
39I.
40Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV hat, wer Verbrauchern gemäß § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise).
41Diese Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV liegen jedoch nicht vor.
421.
43Denn im Falle der Internetseite der Beklagten, so wie sie sich aus den zur Akte gereichten Anlagen K1 - K2 ergibt, bietet die Beklagte im Hinblick auf das Produkt Fernwärme keine Waren oder Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. PAngV an.
44Unter den Begriff des Anbietens i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. PAngV fallen alle Vertragsangebote i.S.d. § 145 BGB. Darüber hinaus sind ihm alle sonstigen Erklärungen eines Kaufmanns zuzurechnen, die vom Verkehr in einem rein tatsächlichen Sinne üblicherweise als Angebot aufgefasst werden. Notwendig für den Begriff des Anbietens i.S.d PAngV ist aber, dass der Kunde, wenn auch rechtlich noch unverbindlich, tatsächlich aber schon gezielt auf die Anbahnung geschäftlicher Beziehungen, d.h. auf den Kauf einer Ware oder die Abnahme einer Leistung angesprochen wird. (Sosnitza in: Ohly/Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 7. Auflage 2016, § 1 PAngV, Rn. 15).
45Der Begriff des Anbietens von Waren gemäß § 1 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. PAngV ist also jede gezielt auf den Absatz eines bestimmten Produkts gerichtete werbliche Ankündigung und entspricht dem Begriff der Aufforderung zum Kauf gemäß Art. 7 IV RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken und dem Begriff des Angebots von Waren gemäß § 5 Abs. 3 UWG. Hierunter ist jede Form der Werbung zu verstehen, durch die der Verbraucher so viel über das Produkt und dessen Preis erfährt, dass er sich für den Kauf entscheiden kann, ohne dass er durch die Art der kommerziellen Kommunikation schon die tatsächliche Möglichkeit zum Kauf erlangt oder die Auswahl anderer Ausführungen des Produkts aufgegeben haben muss (BGH, Urteil vom 12.09.2013 – I ZR 123/12).
46Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist für ein Angebot im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. PAngV somit erforderlich, dass der Inhalt einer Anzeige so konkret gestaltet ist, dass der Abschluss des Geschäfts aus der Sicht des Kunden ohne weiteres möglich erscheint. In dem Fall, in dem es ergänzender Angaben und weiterer Verhandlungen bedarf, um das konkrete Geschäft zustande zu bringen, liegt ein Angebot im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. PAngV noch nicht vor. (BGH GRUR 82, 493, 494 – Sonnenring; GRUR 83, 658, 660 – Hersteller – Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung; GRUR 83, 661, 662 – Sie sparen 4000 DM; GRUR 14, 403 Rn 8 – DER NEUE).
47Es muss nicht jede Erklärung, mit der sich der Kaufmann zwecks Verkaufs seiner Ware an den Kunden wendet und seine Bereitschaft zum Abschluss eines Vertrages zum Ausdruck bringt, als Angebot verstanden werden. Anderenfalls wäre für die nach § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV vom „Anbieten“ zu unterscheidende Tätigkeit des „Werbens“ kein Raum mehr. Für die Frage, ob der Verkehr in einer werbenden Erklärung eines Kaufmanns bereits das Angebot zum Abschluss eines Vertrages erblickt, kann es nicht allein darauf ankommen, ob der Kaufmann seine ohnehin allgemein vorausgesetzte Verkaufsbereitschaft ankündigt, wie er seine Waren dabei bezeichnet und wie er sie durch Abbildungen oder auf andere Weise dem Publikum vor Augen führt. Es ist maßgebend, ob die Ankündigung ihrem Inhalt nach so konkret gefasst ist, dass sie nach der Auffassung des Verkehrs den Abschluss eines Geschäfts auch aus Sicht des Kunden ohne weiteres zulässt. Dies kommt beispielsweise bei der Übersendung von Warenkatalogen mit beigefügtem Bestellzettel, bei der Zusage, Kredite auf Abruf lediglich gegen Einsendung einer Werbepostkarte zur Verfügung zu stellen und häufig auch bei Schaufensterauslagen in Betracht, jedoch nicht, wenn der Ankündigung wesentliche, für den Entschluss zum Abschluss des Geschäfts notwendige Angaben fehlen und die Ankündigung deshalb zu unbestimmt ist, um von den angesprochenen Verkehrskreisen bereits als Angebot verstanden zu werden (BGH, Urteil vom 23.06.1983 I ZR 75/81).
48Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der beklagtenseits dargebotenen Fernwärme auf ihrer Internetseite nicht um ein Angebot im Sinne der Regelung des § 1 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. PAngV handeln.
49Denn der Verbraucher erfährt auf der Homepage der Beklagten, so wie sie sich aus den zur Akte gereichten Anlagen K1 – K2 ergibt, nicht so viel über das Produkt der Fernwärme und dessen Preis, dass er sich für das Produkt entscheiden kann, auch ohne dass er bereits die tatsächliche Möglichkeit zum Vertragsabschluss erlangt. Der Inhalt der Homepage der Beklagten ist nicht derart konkret gestaltet, dass der Abschluss des Geschäfts aus der Sicht des Verbrauchers ohne weiteres möglich er-scheint.
50Denn der Ankündigung der Beklagten auf ihrer Homepage bezüglich des Produktes Fernwärme fehlen wesentliche, für den Entschluss zum Abschluss des Geschäfts notwendige Angaben, sodass die Ankündigungen der Beklagten auf ihrer Homepage deshalb zu unbestimmt sind, um von den angesprochenen Verkehrskreisen bereits als Angebot verstanden zu werden. Es bedarf für den Abschluss eines Fernwärmevertrages mit der Beklagten vielmehr ergänzender Angaben und ggf. weiterer Verhandlungen, um das konkrete Geschäft überhaupt zustande zu bringen.
51Denn der interessierte Kunde kann mit der Beklagten nicht bereits online, sondern nur schriftlich einen Fernwärmeversorgungsvertrag abschließen. Erst wenn der Kunde über die Internetseite der Beklagten Kontakt mit dem durch die Eingabe der Postleitzahl genannten Ansprechpartner aufnimmt, befasst sich der zuständige Kundenmanager der Beklagten mit der Klärung der Möglichkeit einer Fernwärmeversorgung am Wohn- bzw. Geschäftsort des potenziellen Kunden, gegebenenfalls mit den technischen Parametern der Kundenanlage, und fertigt erst dann ein Vertragsangebot aus. Das heißt, dass vorab geprüft werden muss, ob das Haus des Interessenten überhaupt an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden kann. Auf diese Individualität der jeweiligen Fernwärmeversorgung wird der Verbraucher auch unter der Rubrik „Fernwärme-Infothek“ auf der Homepage der Beklagten hingewiesen („Jede Fernwärmeversorgung ist anders“).
52Auch enthält der Verbraucher auf der Homepage der Beklagten weder nähere Informationen zu dem konkreten Fernwärmeprodukt, welches für ihn infrage kommen könnte, noch Informationen zu einem möglichen Vertragsinhalt. Demgemäß liegen dem Verbraucher nicht alle notwendigen Informationen vor, die er benötigen würde, um sich für den Abschluss eines Fernwärmevertrages zu entscheiden. Vielmehr werden dem Verbraucher diese Informationen nur dann zugesandt, wenn er von sich aus Kontakt – über die Eingabe der Postleitzahl – zu seinem individualisierten Ansprechpartner aufnimmt. Erst dann ist es der Beklagten möglich, eine Individualisierung in vertraglicher und preislicher Hinsicht auf die Angaben des Kunden hin vorzunehmen. Hieraus ergibt sich, dass die sich auf der Internetseite der Beklagten befindlichen Informationen zu unbestimmt sind, um aus der Sicht eines verständigen Verbrauchers ein Angebot im Sinne des § 1 PAngV darzustellen.
53Schlussendlich wird die Unbestimmtheit der Angaben bzw. die Voraussetzung der Individualisierung des Fernwärmevertrages auch dadurch deutlich, dass im Unterschied zu einem Strom- und Gaslieferungsvertrag der Verbraucher nicht lediglich seine Verbrauchsdaten und die Postleitzahl angeben kann, um einen Vertrag im Internet selbst abschließen zu können.
542.
55Aufgrund dessen handelt es sich bei den hier streitgegenständlichen durch den Kläger angegriffenen Inhalten des Internetauftritts der Beklagten vielmehr um „Werbung“ im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. PAngV und nicht um ein Anbieten im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. PAngV.
56Die Beklagte bewirbt das Produkt der Fernwärme jedoch nicht unter Angabe von Preisen, so dass auch ein Verstoß unter dem Gesichtspunkt „Werben unter Angabe von Preisen “ gegen § 1 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. PAngV ausscheidet.
57II.
58Die Beklagte verstößt vorliegend auch nicht gegen § 1 Abs. 4 AVB FernwärmeV, indem sie unstreitig die Versorgungsbedingungen hinsichtlich des Produkts Fernwärme einschließlich der dazugehörigen Preisregelungen und Preislisten nicht auf ihrer Internetseite, sondern lediglich in Printmedien, bekannt gibt.
59Gemäß § 1 Abs. 4 AVB FernwärmeV hat das Fernwärmeversorgungsunternehmen seine Allgemeinen Versorgungsbedingungen, soweit sie in dieser Verordnung nicht abschließend geregelt sind oder nach Abs. 3 von den §§ 2-34 abweichen, einschließlich der dazugehörigen Preisregelungen und Preislisten in geeigneter Weise öffentlich bekannt zu geben.
60Indem die Beklagte die Allgemeinen Versorgungsbedingungen einschließlich der dazugehörigen Preisregelungen und Preislisten in den jeweiligen Printmedien öffentlich bekannt gibt, genügt sie den Anforderungen des § 1 Abs. 4 AVB FernwärmeV, so dass ein Verstoß gegen diese Norm nicht festzustellen ist.
61Insbesondere ist die Beklagte nicht gemäß § 1 Abs. 4 AVB FernwärmeV verpflichtet, die Allgemeinen Versorgungsbedingungen einschließlich der dazugehörigen Preisregelungen und Preislisten auf ihrer Internetseite bekannt zu geben.
62Dass der Gesetzgeber das Medium des Internets bei Erlass der Verordnung im Jahre 1980 nicht im Rahmen des § 1 Abs. 4 AVB FernwärmeV normiert hat, ist mithin dem Umstand geschuldet, dass das Internet zu diesem Zeitpunkt noch nicht herausgebildet war.
63Demgemäß könnte die Verordnung dann so ausgelegt werden, dass auch das Internet von dem Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Bekanntgabe im Sinne des § 1 Abs. 4 AVB FernwärmeV im Jahr 2016 mit umfasst wäre.
64Von einer solchen Auslegung ist jedoch nicht auszugehen.
65Denn gegen eine derartige Auslegung spricht, dass der Gesetzgeber eine öffentliche Bekanntgabe über das Internet nicht im Rahmen des § 1 Abs. 4 AVB FernwärmeV neben der öffentlichen Bekanntgabe geregelt hat, obwohl dem Gesetzgeber die Trennung zwischen öffentlicher Bekanntgabe und Veröffentlichung auf der Internetseite bekannt ist.
66Dies ergibt sich daraus, dass der Gesetzgeber im Rahmen von anderen Versorgungsverordnungen explizit neben der öffentlichen Bekanntgabe auch die Veröffentlichung auf der Internetseite normiert hat. So erfolgten derartige Normierungen beispielsweise in § 2 Abs. 4 der GasGVV, § 2 Abs. 4 der StromGVV und in § 4 Abs. 2 NVV.
67Hierfür spricht auch, dass die streitgegenständliche AVB FernwärmeV erst vor kurzem mit Wirkung zum 01.01.2015 geändert worden ist. Dabei hat der Gesetzgeber eine Veröffentlichung auf der Internetseite aber nicht neben einer öffentlichen Bekanntgabe im Rahmen des § 1 Abs. 4 AVBFernwärmeV normiert, obwohl ihm dies in Kenntnis der Trennung zwischen öffentlicher Bekanntgabe und Veröffentlichung auf der Internetseite möglich gewesen wäre.
68Dass er dennoch nicht eine Veröffentlichung auf der Internetseite im Rahmen des § 1 Abs. 4 AVBFernwärmeV normiert hat, spricht eindeutig dagegen, den Begriff der öffentlichen Bekanntgabe derart auszulegen, dass auch die Veröffentlichung auf einer Internetseite von dem Begriff umfasst ist.
69Die Beklagte verstößt daher nicht gegen § 1 Abs. 4 AVBFernwärmeV, da sie eine Pflicht zur Veröffentlichung im Internet nicht trifft und sie ihrer Pflicht zur öffentlichen Bekanntgabe dadurch nachkommt, dass sie ihre geltenden Versorgungsbedingungen bzw. deren Änderungen in öffentlichen Printmedien, in der Regel in der das jeweilige Fernwärmeversorgungsgebiet abdeckenden lokalen Tageszeitung bekannt gibt und zudem die Liefer- und ergänzenden Bedingungen in den jeweiligen Heizwerken zur Einsicht der Kunden aushängen.
70Schließlich ist nicht ersichtlich, dass es sich bei der öffentlichen Bekanntgabe über Printmedien nicht um ein geeignetes Mittel der Bekanntgabe handelt. Denn trotz steigender Nutzerzahlen bezüglich des Mediums Internet bleiben die Printmedien daneben weiterhin ein gesellschaftlich überaus bedeutsames Informationsmedium. Dass es dem Verbraucher zudem möglich ist, die jeweiligen Printmedien mittels eines Downloads auf technischen Datenträgern wie z.B. Smartphones bzw. Tabletts abzurufen, spricht zusätzlich für die Bedeutsamkeit der Printmedien. Denn in diesen Fällen ändert sich lediglich der Datenträger, auf dem der Inhalt konsumiert wird. Der insoweit entscheidende Inhalt der Tageszeitung samt bekannt gemachten Versorgungsbedingungen bleibt aber unabhängig vom Datenträger der gleiche.
71III.
72Da es sich vorliegend nicht um eine berechtigte Abmahnung durch den Kläger handelt, steht diesem gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten i.H.v. 240,00 € aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG, § 5 UKlaG zu.
73C.
74Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1, S. 2 ZPO.
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